linksrhein Quelle: AZW Nummer 11, erschienen am 12.10.1995
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Containerunterbringung von AsylbewerberInnen

Probleme erkannt, Lösung auf die lange Bank geschoben.

Ende September beschäftigte sich der Sozial- und Finanzausschuß des Gemeinderates erneut mit der Unterbringung der in Konstanz lebenden Flüchtlinge. Nachdem sich mittlerweile auch in diesen Kreisen die Erkenntnis verbreitet hat, daß die Wohnverhältnisse in den Container unzumutbar - ja "skandalös" sind, wurde über die Perspektiven für die Auflösung der Containerunterkünfte für AsylbewerberInnen diskutiert. Das Ergebnis der Diskussion ist für die in den Containern lebenden Flüchtlinge ernüchternd: Der Vorschlag der FGL, kurzfristig die seit mehr als einem Jahr leerstehende Gottlieberstraße erneut für die Unterbringung zu nutzen, wurde vom Finanzausschuß zurückgewiesen; statt dessen soll bis zum 8. November von der Verwaltung ein Zeit- und Finanzierungskonzept für die langfristige Unterbringung von 200 Flüchtlingen erarbeitet werden. Dessen Realisierung steht in den Sternen.

An der Beschreibung der Unterbringungssituation in der Sitzungsvorlage für den Sozialausschuß kann es nicht gelegen haben, daß für Flüchtlinge, die in den Containern wohnen keine kurzfristige Verbesserung ihrer Wohnsituation beschlossen wurde. In selten klaren Worten ist dort festgehalten, daß "die schlechten raumklimatischen und sanitären Bedingungen, vor allem bei Kindern, vermehrt zu Krankheiten (führen). Die Schimmelbildung ist in einigen Räumen soweit fortgeschritten, daß sie, zumindest vorübergehend, nicht mehr belegt werden können." Verhältnisse, die auch von CDU-Fraktionschef Müller- Fehrenbach als "skandalös" bezeichnet werden. Die Verantwortung hierfür sieht er jedoch nicht beim Gemeinderat, der 1991 und 1992 mehrere Millionen Mark bewilligte, um diese Container anzuschaffen. Nein, die Qualität der Container sei skandalös und die Verwaltung müsse Regreßansprüche gegen den Hersteller prüfen. Ein Vorschlag, der dankbar auch von anderen Gemeinderäten aufgegriffen wird. Neben der Herstellerfirma der Container werden die bösen privaten Vermieter und Häuserbesitzer wegen der mißlichen Unterbringungssituation für AsylbewerberInnen angeprangert: Sie nützten die Zwangssituation der Stadt schamlos aus - ein fast schon erheiternder Vorwurf bei Gemeinderatsvertretern, die ansonsten nicht müde werden, den freien Markt über den Klee zu loben. Auch Eickmeyer wärmte den Mythos von der Zwangssituation in der Finanzausschußsitzung wieder auf. "Wir waren in Not", so zitiert der Südkurier den OB, als die Stadt 1992 die Gottlieberstraße zu einem Preis, der 18% über dem Verkehrswert des Hauses lag, kaufte, um dort AsylbewerberInnen unterzubringen. - Als wenn nicht die jahrelang gepflegte Ignoranz von Verwaltungsspitze und Mehrheit des Gemeinderates dafür verantwortlich zu machen ist, daß angesichts wachsender Flüchtlingszahlen keine festen, dauerhaften und akzeptablen Unterkünfte gebaut worden sind. Die Erhöhung der Aufnahmequote für die Kommunen waren damals Monate im voraus abzusehen. Die Zuweisung von weiteren Flüchtlingen wurde jeweils lange vorher angekündigt.

An Vorschlägen zum Bau fester Unterkünfte mangelte es ebensowenig, auch bevor der Gemeinderat seine für die Flüchtlinge verheerende Entscheidung zur Anschaffung der Container fällte. Statt dessen beschloß die Mehrheit des Gemeinderates ein teures Provisorium nach dem nächsten, immer in der Annahme, daß Problem würde sich irgendwann schon von selbst lösen. (Details hierzu im Neuen Nebelhorn 1/93)

Immerhin in diesem Punkt ist heute auch in der Verwaltungsspitze die Erkenntnis gereift, "daß die Aufnahme von Asylbewerbern eine kommunale Daueraufgabe bleiben wird (Sozialausschußvorlage v. 19.9.95). Die Verwaltungsspitze schlägt vor, "in Ruhe Perspektiven für eine vertretbare, dauerhafte, kommunalverträgliche Lösung (zu) entwickeln... Als Ersatz für die Container, die über kurz oder lang nicht mehr belegbar sein werden, sollte deshalb die Errichtung weiterer dauerhafter Unterkünfte überlegt und geprüft werden." Vorbild für eine solche Lösung sind die Häuser in der Leipzigerstraße. In der Sozialausschußsitzung räumte Hansen offen ein, daß die finanzielle Lage bislang davon abraten ließ, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen "Sollten sich die politischen Gremien zu diesem Schritt (Räumung der Container) entscheiden, hätte das zur Folge, daß die noch nicht abgeschriebenen Investitionskosten für die Container für die Stadt endgültig verloren sind." Auch Leipold will in die Diskussion berücksichtigt sehen, daß die finanzielle Absicherung eines möglichen Millionenrisikos im Fall von Neubauten auf jeden Fall durch den Landkreis gewährleistet werden müsse. Unbeschadet jeder Sachkenntnis gibt er auch noch den Vorschlag zum besten, ob nicht doch durch handwerklichen Einsatz (Hammer und Nagel oder was) eine Verbesserung der Containerbauten und damit deren weitere Nutzung möglich wäre. Aus jeder seiner Äußerungen ist ersichtlich, daß ihm die Probleme der Flüchtlinge einen Meter am Arsch vorbei gehen. Nur keine Emotionen und herben Erkenntnisse über die eigene Ignoranz angesichts der unhaltbaren Zustände in den Containern aufkommen lassen und alles tun, daß die Stadt einen möglichst geringen Betrag der Container- Investitionskosten abschreiben muß. "Wir müssen in den sauren Apfel beißen", so Bürgermeister Hansen in seinem Schlußwort.

Das Definitive folgt nun wohl am 8. November. Dort wird dann die "Trauer" und "Skandalösität" in irgendeine Vorlage eingegraben, die der Gemeinderat dann irgendwann auf dem Tisch hat - dieses Jahr, nächstes Jahr und dann ist noch immer nichts realisiert und man muß fragen, was noch alles an Extremsituationen geschehen muß, damit diese Damen und Herren mehr tun, als lediglich in den sauren Apfel beißen. Die ziehende Säure im Mund, für einen Moment, daß wollen wir ihnen zugestehen, aber der Moment ist wohl zu schnell vorübergegangen.

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