linksrhein Quelle: AZW Nummer 11, erschienen am 12.10.1995
[Startseite]  [AZW]  [11]    
AZW

Überfall einer faschistischen Gruppe in Neumünster

Ein Todesopfer und zwei Schwerverletzte

Am 5. September wurden sechs Kurden von ungefähr 30 faschistischen Türken angegriffen, die als Graue Wölfe bekannt sind und der Nationalistischen Bewegunspartei (MHP) angehören. Dabei kam ein Kurde ums Leben, zwei weitere wurden schwer verletzt. In der deutschen Presse wurde dieser Überfall nur aus der Sicht der Polizeiberichte wiedergegeben. Danach habe eine Gruppe von Kurden, bewaffnet mit Messern und Schlagstöcken, die türkischen Jugendlichen angegriffen. Im Verlauf dieses Angriffs habe ein Türke dann seine Waffe gezogen und einen Menschen getötet und mehrere andere verletzt. Keine einzige Zeitung hat auch nur einen Gedanken darauf verschwendet, warum kein einziger Türke verletzt wurde, wenn die Kurden so geplant angegriffen haben sollen, während ein Kurde getötet und zwei schwer verletzt wurden. Die Opfer wurden als Täter und die Täter als sich verteidigende Opfer dargestellt.

Hinter faschistischen Gruppierungen wie dieser steht ganz deutlich der türkische Staat, der seit Jahren einen schmutzigen Krieg gegen das kurdische Volk führt. Gruppen wie die in Neumünster werden vom türkischen Geheimdienst über die türkischen Konsulate in der BRD organisiert, ausgebildet und unterstützt, und von der türkischen Presse aufgehetzt. Die Medien in der Türkei spielen dabei seit Jahren eine große Rolle: Täglich hetzen sie hier lebende Türken gegen Kurden und Deutsche auf, die sich für die demokratischen Rechten der Kurden einsetzen. Ein Beispiel, das auch in der deutschen Öffentlichkeit bekannt wurde, ist die Hetzkampagne türkischer Zeitungen gegen den Abgeordnete Cem Özdemir, weil er sich für eine politische Lösung der Kurdenfrage einsetzt.

Die faschistischen Gruppen werden unter harmlosen Namen wie Moschee, Gemeinde, Sportverein, türkisch-deutscher Freundschaftsverein usw. organisiert, dadurch kommen sie auch in den Genuß finanzieller Hilfe. vom deutschen Staat. Ihr Ziel ist die Einschüchterung der Kurden und die Schürung von Konflikten zwischen Kurden und Türken in Europa. Kurden und Türken kennen die Praxis dieser Gruppen gut aus Kurdistan und er Türkei: Sind es doch ihre Gesinnungsgenossen, die einen Völkermord auf Raten in Kurdistan begehen

Am 14. Januar 1995 veröffentlichte der türkische Menschenrechtsverein (IHD) die folgende Bilanz der Menschenrechtsverletzungen im Jahre 1994:

"Verhaftungen:1209, Festnahmen 14473, nach Festnahmen verschwunden 328, Morde mit unbekannten Tätern 292, Tod in Polizeihaft/außergerichtliche Hinrichtungen 298, Zahl der Menschen, die gefoltert wurden 1000, Gewalttaten, die gegen Zivilisten gerichtet sind 478 Tote/457 Verletzte, Kriegstote (Streitkräfte und Guerilla) 5000, Zwangsweise geräumte/zerstörte Dörfer und Siedlungen 2000, gezielte Waldverbrennungen 31, verbotene Gewerkschaften, Parteien, Vereine, Zeitschriften 123, Razzien der Sicherheitskräfte bei Vereinen, Gewerkschaften, Verlage 119."

Diese Verbrechen liefern Hinweise darauf, wer in Neumünster Täter und wer Opfer war.

P.S.: An diese Stelle möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß es in Konstanz einige Leute gibt, die nach Anschlägen auf türkische Einrichtungen zum "Südkurier" gerannt sind, um und diese Anschläge zu verurteilen. Sie verbanden dies jedoch mit Distanzierungen von der kurdischen Befreiungsbewegung und diffamierten die PKK. Indem sie schlankweg behaupten, die Anschläge gingen aufs Konto der PKK, gehen sie sogar noch einen Schritt weiter als das Bundeskriminalamt, das immerhin berichtete, daß es keine Hinweise auf die Täter hat. Außerdem wurden diese Anschläge, bei denen einige Scheiben von Reisebüros zu Bruch gingen, mit den Brandanschlägen in Solingen und Möln verglichen, bei denen in der Nacht gezielt Schlafzimmer in Brand gesetzt und Menschen umgebracht wurden.

Es ist ein Widerspruch, kurdenfreundlich sein zu wollen, sich für die demokratischen und politischen Rechte der Kurden einzusetzen, aber gleichzeitig bei jeder Gelegenheit alle zu diffamieren, die für diese Rechte einen legitimen bewaffneten Widerstand in Kurdistan leisten.

[Startseite]  [AZW]  [11]    

linksrhein,cm, 29.5.00