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Leserbrief eines Gewerkschafters13.10.2005, 17:36, BesucherFriedrichshafen | Demobericht | Gewerkschaft | Ein Gewerkschafter der zu Besuch in Friedrichshafen war schildert seine Eindrücke Am Bodensee einige Tage Urlaub machend und aktiver Gewerkschafter seit 38 Jahren, fuhr ich mit meinem Gastgeber am Samstag nach Friedrichshafen, um gegen den Aufzug derer zu demonstrieren, die per Internet das „Erkämpfen einer national befreiten Zone“ ankündigten. Zu dem rühmten sie sich, bei einem Überfall auf Antifaschisten in Heidenheim für „Klarheit gesorgt“ zu haben und unter den Augen der Polizei Linke und Ausländer auf der Straße folgenlos attackiert zu haben. Man habe seitens der Staatsmacht, spätere Demonstrationen ihrerseits fürchtend, bewußt auf Anzeigen verzichtet. Ähnliche Verlautbarungen im Vorfeld linker Demos hätten wahrscheinlich für mehrere Verbote gereicht. Was ich erleben mußte, hat mich entsetzt. Statt wie auch in meiner Heimatstadt Bad Kreuznach und anderswo mit einem breiten Protest aus allen Schichten der Bevölkerung den Nazis den Weg durch persönliches Dabeisein zu versperren, ließen Gewerkschaften, Parteien und Kirchen ihre Anhänger weitab vom Geschehen durch die Stadt laufen, am See feiern und die Jugend im Stich. Was da in ihrem Bericht als 500 „Autonome“ und „linksextreme Demonstranten“ bezeichnet wurde waren wenigstens 1.000 Jugendliche, überwiegend aus der Region, die z.B. Aufrufen ihrer SMV oder der Jusos gefolgt waren. So auch der erwachsene Sohn meines Gastgebers mit einem Freund aus gemeinsamer Bundeswehrzeit. Er wurde, wie andere auch, schnell darüber belehrt, wie ernst es den Verantwortlichen mit dem Aufruf zum „Aufstand der Anständigen“ ist. Nicht schnell genug den Polizisten aus dem Weg gegangen, was man allenfalls als gewaltfreien Widerstand bezeichnen kann, wurde ihm der Knauf eines Polizeiknüppels in die Rippen gerammt und von einem Polizeistiefel das Schienbein blau getreten. Den erwähnten Wasserwerfereinsatz empfand ich als eine völlig willkürliche Machtdemonstration, da die Braunen schon längst vorbei waren und an dieser Stelle deren Umzug nicht mehr „gestört“ werden konnte. War da Ihr Redakteur überhaupt in der Nähe, oder hat er ganz einfach übernommen, was die Polizei verlautbaren ließ? „Die Rechtsextremen verließen die Stadt erst, als ihnen die Polizei zugesichert hatte, daß sämtliche ihrer festgenommenen Anhänger frei kommen“. Sind wir schon so weit, daß diese Nazitruppen der Polizei Bedingungen stellen und diese erfüllt werden? Die Braunen, siehe ihre Internetseiten, werten den Tag in Friedrichshafen als erfolgreich. Eine Stadt und deren gesellschaftlichen und politischen Organisationen, die ihre Jugend im Stich lassen und eine Polizei, die ihnen mit Gewalt den Weg frei macht, das muß sie doch geradezu zu weiteren Aufzügen motivieren.
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