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sw, Konstanz 26.12.00

Antwort von Stefan Winkler auf den Kommentar von Christof Mainberger

Hallo Christof,

> Alles im allen liest sich für mich der Text von Stefan zu laut. Zu oft
> wird beispielsweise das Wort "links" betont, ohne dass gesagt wird, was
> man damit meinen will.

Das ist einmal eine Stilfrage zum anderen aber auch eine inhaltliche. Bisher ist der Begriff "links" nur im LinksRhein-Logo als bewusstes Tripel von politischem, räumlichen und informatischem Begriff aufgetaucht sowie in der Bestimmung der Inhalte als "links" oder "linksalternativ" (Startseite). Im bisherigen Impressum wird in coolem Understatement nur von irgendwelchen Inhalten gesprochen. Ich gebe dir aber Recht, dass eine nähere Bestimmung für uns hier noch aussteht und ich wäre der letzte, der sich dem entziehen würde. Umgekehrt halte ich es aber für falsch bis dahin auf diesen Begriff zu verzichten, weil ich (und auch andere, die bei LinksRhein mitmachen) ihn für zentral halten.

> Ich halte es für besser einfach zu sagen, was man
> tut, anstatt mit Worthülsen rumzuwerfen. Beispielsweise ging es mir
> sicher nie an erster Stelle darum, "ein eigenes linkes
> Selbstverständnis" zu bilden, sondern zunächst ging es mir darum, Texte
> einzustellen. Deshalb ist auch das erstere bis jetzt nicht passiert, das
> zweite schon.

Vielleicht unterscheiden wir uns da tatsächlich in der Herangehensweise. Ich habe nicht nur Lust irgendetwas zu "machen" (quasi sinn- und zwecklos) sondern für mich ist neben dem "das" auch das "was", "wie" und "warum" (in politischer Hinsicht) wichtig. Deshalb gehören Themen wie der Grund meiner Motivation in diesem politischen Projekt (und nur als solches interessiert es mich) mitzuarbeiten, mit in die Selbstdarstellung. Es stimmt, dass wir in der Vergangenheit wenig über solche Dinge diskutiert haben. Um so dringender scheint es mir zu sein, dies nachzuholen, und ich würde es mir wünschen, dass die Diskussion um eine Selbstdarstellung dazu beiträgt.

Es ist aber umgekehrt auch nicht so, als hätten wir kein "linkes" Selbstverständnis. Und dieser Entwurf einer Selbstdarstellung enthält einige Hinweise zu einem Begriff von "links" im Rahmen eines Internet-Projekts:

hinsichtlich

  • des Eigentums an digitalen Produkten und der verwendeten Mittel (Ablehnung von warenförmigen Strukturen)
  • der Gruppenstruktur (gleich) und der Arbeitsteilung (möglichst wenig)
  • der Art der Inhalte (linke) und wie wir uns darauf beziehen
  • dem Bezug zu sozialen Bewegungen
  • der kritischen Nutzung des Mediums Internet

> Für ein Selbstverständnis wäre es mir dagegen wichtig, Dinge
> anzusprechen und zu problematisieren, die in Stefans Text schon gelöst
> zu sein scheinen.

Naja, irgendwie musste ja mal begonnen werden. Dieser Entwurf drückt viel von meinen Vorstellungen aus, auch wenn ich versucht habe andere mitzudenken. Er ist ja auch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluß und kann diskutiert werden

> Eine zentrale Auseinandersetzung ist für mich
> beispielsweise die zwischen der Rolle des Chronisten, der auch noch den
> dümmsten Text sorgfältig verzeichnet und sich mit Kommentaren vornehm
> und neutral zurückhält, und jenem, der in die politischen Entwicklungen
> einzuwirken versucht, eigene Texte schreibt und die fremden Texte durch
> Kommentare in einen (subjektiven) politischen Zusammenhang stellt. Damit
> hat auch der Unterschied zwischen der Ausrichtung als Archiv und der des
> Nachrichtenmediums zu tun. Es ist für mich daher nicht klar, ob ich in
> Linksrhein oder ob Linksrhein als Ganzes "für die Inhalte politisch die
> Veranstwortung übernehmen will", wie früher eine Redaktion.

Meine Position kennst du; welcher Meinung bist du denn? ;-)

> Sehr spannend, und auch bedeutsam für die Entwicklungen, die Linksrhein
> genommen hat, ist die Frage, wie es eigentlich genutzt wird und die
> Resonanz ist. Wer ist die Zielgruppe, wie hat sie Zugang und
> Alltagspraxis mit dem Medium Internet, wie hat sich dies über die Zeit
> verändert. Wie läuft die Unterstützung von Linksrhein bzw. wie wird das
> Internet als Publikationsmedium begriffen usw. Wie werden Möglichkeiten
> der Interaktion angeboten und genutzt.
> Dies sind zwei Fragenkomplexe, die ich in einem Selbstverständnis
> ansprechen möchte.

Dem kann ich nur zustimmen. Wär schön, wenn du deine Vorstellungen dazu mal aufschreibst

> Vieles andere, anekdotenhafte, würde ich dagegen
> schlicht rauslassen.

Was genau meinst du?

> Auch, wer Linksrhein zusammensetzt, was ich auch
> anders sehe als Stefan,

Wie siehst du das denn?

> die Frage der "juristischen Verantwortung", die
> nicht zu diskutieren ist, sondern halt einfach bei mir liegt, etc. pp.

Die juristische Verantwortlichkeit (sprich die strafrechtliche Relevanz der Inhalte) bei Internet-Projekten ist recht kompliziert und sehr umstritten (vgl. nur die Prozesse von Angela Markquard, Burkhard Schröder oder Stefan Münz) und ist bei weitem nicht damit erledigt, dass du eine domain bei Strato mit deinem Namen angemeldet hast oder dein Name im Impressum steht.

> Was das Technische betrifft, würde ich mir sowieso einen eigenen Text
> wünschen, der dann aber wirklich versucht, im Detail eine technische
> Dokumentation zu leisten und auch jeweils aktualisiert wird.

Zustimm. Dazu habe ich jetzt mal einen Anfang gemacht.(vgl. die Technix-Doku).

> Ich sehe schon, dass das Impressums etwas dürftig ist, und an der Stelle
> etwas mehr stehen müßte. Ich würde es auch für möglich halten, Stefans
> Entwurf, als solcher gekennzeichnet und kommentiert von dieser Mail, vom
> Impressum aus zu verlinken.

Was hiermit geschehen ist...

> Allerdings sehe ich derzeit nicht die Zeit,
> da mehr dazu zu schreiben, weil andere dringendere Dinge anstehen: Z.B.
> die Publikation der alten Texte über die Entwicklung des
> Antifa-Komitees, was ein Vorläufer des jetzigen "Netzwerks gegen rechts"
> ist. Oder die Artikel von und über Rolf Pape im Nebelhorn und anderstwo.
> Oder eine Geschichte Aufstieg und Niedergang der Infokneipe. Es gibt
> viel zu tun.

Das sind sicher alles wichtige Dinge. Wir können aber das eine tun, ohne das andere zu lassen. "Machen" ohne Reflexion ist Aktionismus.

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