Seeblättle  <<  >>  Quelle:  Seeblättle  Jg. 2000  Nr. 1 

Atomausstieg - Alle können mitmachen

Sauberer Strom ist nicht teuer!

Seit einigen Monaten kann jede und jeder seinen Stromverkäufer mehr oder weniger frei wählen; die Preise sind gefallen, ob sie aber weiter fallen werden, darf bezweifelt werden: Regionalversorger und Stadtwerke haben reagiert und effektive Gegenstrategien entwickelt: So haben die Stadtwerke Konstanz 70% ihrer Haushalte und 60% ihrer gewerblichen Kunden für die nächsten drei Jahre fest an sich gebunden, sowie eine Wechselgebühr von knapp 50 DM eingeführt. Man muss davon ausgehen, dass absehbar nahezu alle Regionalversorger und Stadtwerke eine ähnliche Gebühr einführen werden. Weitere Preissenkungen sind deshalb nicht zu erwarten.

Beim Strom sollte es aber nicht nur darum gehen, wer am billigsten ist, sondern auch, welchen Strom man bezieht und wer ihn liefert! Etwa die Hälfte des produzierten Stroms wird von den Privathaushalten abgenommen. Jede und jeder hat die Wahlmöglichkeit und damit auch die Verantwortung dafür, wie ihr oder sein Strom produziert wird. Die Frage des Atomausstieges und der Klimaverträglichkeit der Stromproduktion liegt auch in der Verantwortung jedes und jeder einzelnen: Wenn alle die, die sich in Umfragen für den sofortigen Atomausstieg aussprechen, zu einem Ökostromhändler wechseln, ist mindestens ein Atomkraftwerk sofort überflüssig. Außerdem ist sauberer Strom billig, zumindest billiger, als noch letzten Sommer Atomstrom war. Vielfach ist er sogar billiger als Ihr Regionalversorger, bzw. Ihre Stadtwerke.

Welchen Strom?

Es gibt drei Arten von Strom: Die meisten beziehen immer noch Strom nach dem gängigen Energiemix. Dieser kommt hauptsächlich aus Atom- und großen Kohlekraftwerken.

Am stärksten in der Diskussion sind zur Zeit die neuen Billiganbieter. Diese "bereichern" unseren gewohnten Energiemix noch um Strom aus ausländischen (Atom-) Kraftwerken. Wer seinen Strom hier kauft, hat teil am Fortbestand von Reaktoren wie dem in Tschernobyl.

Wir können aber auch neuen, zukunftsfähigen Strom beziehen:

Sauberer Strom kommt ausschließlich aus regenerativen Energiequellen (Sonne, Wasser, Wind und Biomasse) und Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung. Letztere pusten die bei der Stromerzeugung entstehende Wärme nicht einfach in die Luft, sondern beheizen damit Wohnungen oder Betriebe. Allein mit der von deutschen Kohlekraftwerken durch den Schornstein gejagten Wärme könnte man ganz Deutschland 1,5 mal beheizen.

Entscheidend ist aber nicht nur, welchen Strom man bezieht; mindestens ebenso wichtig ist die Frage, von wem man seinen Strom bezieht: Insbesondere, ob der Stromverkäufer in neue, saubere Energiegewinnung investiert und somit die alten Dreckschleudern und die bestehenden Atomkraftwerke überflüssig macht, oder ob er lediglich den Teil des Stroms, den er sowieso sauber produziert, teurer weiterverkauft und alle anderen KundInnen entsprechend mehr Atom- und Kohlestrom erhalten.

Von Wem?

Es gibt eine Vielfalt unterschiedlicher Anbieter; die meisten der Ökostrom- Preisbrecher sind wohl nicht seriös. Auch auf die Angebote der großen Atomkonzerne sollten wir nicht eingehen, denn das sind diejenigen, die garantiert kein Interesse an ökologischer Energieerzeugung haben. Schließlich wehren diese sich momentan mit allen Mitteln und sehr erfolgreich gegen den Atomausstieg.

Für verantwortungsbewusste VerbraucherInnen kommen eigentlich nur Stromhändler in Frage, die von den großen Atomkonzernen unabhängig agieren und in den Neubau von sauberen Kraftwerken investieren. Im folgenden stelle ich zwei Anbieter vor, die seriös, unabhängig und preiswert sind:

Stadtwerke Konstanz:

Die Stadtwerke Konstanz verkaufen zur Zeit noch ausschließlich Atomstrom zu günstigen Preisen. Es ist allerdings geplant, irgendwann zusätzlich Ökostrom anzubieten. Der genaue Preis und der genaue Termin der Einführung wurden noch nicht bekannt gegeben. Der Konstanzer Ökostrom soll zu 100% aus regenerativen Kraftwerken bestehen. Er wird deshalb relativ teuer werden - relativ zu den Preisen irgendwelcher Billiganbieter. Relativ zu dem Strompreis vom letzten Sommer wird der Aufpreis wohl eher gering sein. Wer es sich leisten kann, für super-sauberen Strom ein wenig mehr auszugeben, sollte bei den Stadtwerken bleiben und sobald wie möglich auf deren Ökostrom wechseln. Dass die Stadtwerke zukünftig in ökologische Kraftwerke investieren, wird durch das angestrebte Zertifikat des Ökoinstituts Freiburg sichergestellt.

Außerdem sind die Stadtwerke nicht irgendein Stromanbieter, sondern werden vom Gemeinderat der Stadt Konstanz kontrolliert und subventionieren aus ihren Gewinnen im Bereich der Stromerzeugung den Konstanzer Busverkehr.

Wer bereits einen Drei-Jahres-Vertrag ("H3") unterschrieben hat, kann bis auf weiteres sowieso seinen Stromverkäufer nicht wechseln, sondern hat als einzige Alternative zum - noch nicht existierenden - Ökostrom der Stadtwerke den durchleitungsfreien Ökostrom "Watt-Ihr-Volt" aus Schönau.

Leider ist aber völlig unklar, wann die Stadtwerke Konstanz auch sauberen Strom anbieten werden. Bisher haben sie keinen der angekündigten Termine eingehalten. Bis es soweit ist - falls es jemals soweit sein wird - empfiehlt sich eine Kombination aus dem normalen Strom der Stadtwerke mit dem durchleitungsfreien Ökostrom "Watt-Ihr-Volt" aus Schönau; diesen Zusatzvertrag kann man dann, wenn der konstanzer Ökostrom lieferbar ist, wieder kündigen (oder zusätzlich beibehalten).

Elektrizitätswerke Schönau:

Die "Stromrebellen aus dem Schwarzwald" gehen auf eine Anti-Atomkraft- BürgerInnen-Initiative zurück. Das Kapital kommt überwie gend von Atomkraft-GegnerInnen aus der ganzen Bundesrepublik, die ihre Einlage grundsätzlich nur mit Sparbuchzinsen vergütet bekommen. Der Gewinn geht in die Förderung des ökologischen Umbaus der Energiewirtschaft. Die Elektrizitätswerke Schönau bieten zwei Modelle für Ökostrom an:

Zum einen das durchleitungsfreie Modell "Watt-Ihr-Volt". Der Verbraucher, bzw. die Verbraucherin bezieht weiterhin seinen/ihren Strom von dem bisherigen Lieferanten und zahlt zusätzlich 9,3 Pf pro Kilowattstunde an die Elektrizitätswerke Schönau. Diese verwenden davon mindestens 75% zur Förderung unabhängiger KleineinspeiserInnen von sauberem Strom. Es sein nochmals daran erinnert: Nur durch den Bau neuer sauberer Kraftwerke kommt der Atomausstieg voran!

Zum anderen bieten die Elektrizitätswerke Schönau auch sauberen Billigstrom - "Watt-Ihr-Spart" - an. Der Strom ist ausschließlich aus regenerativen Energien und Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung. Im Preis inbegriffen ist ein "Schönauer Sonnenpfennig" pro KWStd, der zu 100% in die Förderung des Neubaus sauberer Kraftwerke bei unabhängigen BetreiberInnen fließt.

"Watt-Ihr-Spart" ist billiger als der Standarttarif für Atomstrom bei den Stadtwerken Konstanz. Insbesondere kleine Haushalte können durch den Wechsel deutlich Geld sparen. (siehe Tabelle)

Preisvergleich

Wie eingangs schon festgestellt, ist sauberer Strom nicht teuer: Keines der hier vorgestellten Angebote kostet wesentlich mehr, als noch im letzten Sommer der (Atom-)Strom der Stadtwerke Konstanz. Die Elektrizitätswerke Schönau sind sogar billiger als die Stadtwerke in ihrem Standardtarif "H0" für Atomstrom. Hinzu kommt, dass jeder durchschnittliche Haushalt seine Stromrechnung um rund 20% durch einfache Stromsparmaßnahmen verringern kann (v.a.: Geräte ausschalten!); das ist wesentlich mehr, als der geringe Aufpreis für Konstanzer Ökostrom.

as

Kontaktadressen

Stadtwerke Konstanz:
Max-Stromayer-Str. 21-29,
78467 Konstanz
Tel.: 07531-8030,
Fax: 803293
www.konstanz.de

Elektrizitätswerke Schönau:
79675 Schönau
Tel.: 07673-88850
Fax: 888519
www.watt-ihr-spart.de
www.watt-ihr-volt.de


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Linksrheincm26.09.2000