Seeblättle <<  >>  Quelle:  Seeblättle  Jg. 2000  Nr.6


Netzwerk gegründet

Gemeinsam dem Rechtsextremismus entgegentreten

Wachsender Rechtsextremismus und -terrorismus, Antisemititsmus und Rassismus in Deutschland sollten auch in Konstanz mit dem gemeinsamen Engagement demokratischer Bürger, Parteien und Organisationen beantwortet werden. Darin waren sich bei einem Treffen Angehörige und Mandatsträger von Parteien, aus den Gewerkschaften, Vertreter des Asta der Uni, der Friedensinitiative und von antirassistischen und antifaschistischen Gruppierungen einig.

Allgemeine Zustimmung fand dabei der Vorschlag, die Bildung eines Netzwerkes vorzubereiten. Statdtrat Dr. Michael Venedey von der PDS/LL, die das Treffen anregte, betonte, dies sei - auch wenn Konstanz selbst noch nicht so betroffen sei - im Hinblick auf die gesamtdeutsche Situation notwendig. Umfragen zum Beispiel belegten, dass etwa 15 Prozent der Deutschen eine antisemitische Einstellung hätten. Angeesichts des mangelnden historischen Wissens müsse auch die Frage der Wurzeln des Faschismus beleuchtet werden. Helmut Luz von der Friedensinitiative regte an, unbedingt das Thema der Zwangsarbeiter zu behandeln. Die Stadträtin der FGL, Ursula Wendland, hob hervor, es sei allerhöchste Zeit, Initiativen zu ergreifen. Als Lehrerin an einer Haupt- und Gesamtschule bekomme sie täglich den institutionellen Rassismus und seine Auswirkungen zu spüren. In ein Netzwerk sollte man deshalb unbedingt Schüler und Pädagogen einbeziehen. In diesem Zusammenhang wies die italienische Lehrerin Nella Thiem, die italienischen Kindern Deutsch-Unterricht erteilt, auf versteckten Rassismus hin. Er reichte bis in die Reihen von Immigrantenkindern und richte sich auch gegen Gruppen wie Asylbewerber, Obdachlose und Sozialhilfeempfänger. Man sollte versuchen, Vorschläge zu erarbeiten, die man der Stadtverwaltung vorlegen könne. Hierzu gehöre vor allem umfassender Deutsch-Unterricht für ausländische Kinder.

Der Stadtrat der Neuen Linie (NLK), Frieder Schindele, betonte, zum Abbau von Ausländerfeindlichkeit könne man am besten beitragen, wenn man dies vorlebe, zum Beispiel durch direkte, gute persönliche Kontakte zu ausländischen Mitbürgern. DGB-Kreisvorsitzender Elvis Capece unterstrich sein Interesse an möglichst zahlreichen Netzwerken und Veranstaltungen gegen Rechts. So habe der DGB bereits als einen Schritt eine gemeinsame Kampagne mit der Handwerkskammer und der IHK vorbereitet, um bei den kommenden Landtagswählen den Wiedereinzug der Republikaner ins Landesparlament zu verhindern. Daher sollte man auch nicht von vorneherein Schranken aufbauen. Ein Netzwerk müsse dazu dienen, "uns gegenseitig zu beflügeln". Die frühere Betriebsratsvorsitzende bei Bertelsmann in Stuttgart beklagt, sie habe selbst in diesem Gremium einen "unterschwellige Rassismus" zu spüren gehabt. Versteckten Rassismus, wie er sich auch in Form von Gesetzen niederschlage, beklagt ebenfalls eine Sozialarbeiterin, die Spätaussiedler betreut.

Der Asta-Vertreter teilte mit, dass an der Uni bereits ein Netzwerk gebildet wurde, das zur Zeit Podiumsdiskussionen zum Thema Asylpolitik vorbereite. Er sehe es als vorteilhaft an, auch Sprecher zu gewinnen, die in der Öffentlichkeit stehen, weil sie andere - insbesondere jüngere Menschen - zum Mitmachen anspornen könnten.

Als Fazit des Treffens stellt Jürgen Geiger von der PDS/LL den gemeinsamen Willen fest, dauerhaft Fortschritte im Kampf gegen rechts zu erreichen, Jugendliche zum Mitmachen zu motivieren, gegen den institutionellen Rassismus anzugehen, wie er z.B. in Zwangsabschiebungen oder CDU-Kampagnen seinen Ausdruck finde, und auch den historischen Aspekt nicht auszusparen. Zu ihm gehörten Auffassungen wie jene, man wolle von den faschistischen Verbrechen "nichts mehr hören."

E.B.


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linksrheincm16.12.2000