Die Energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse (EDRFA)
Die EDRFA ist eine physikalische Analysemethode, die es ermöglicht, flüssige und feste Proben auf ihre Elementzusammensetzung hin zu untersuchen. Mit einem Meßgang wird dabei die Probenzusammensetzung sowohl qualitativ (d.h. es wird erkannt, welche chemischen Elemente vorliegen) als auch quantitativ (d.h. die Menge der entsprechenden Elemente wird bestimmt) bestimmt. Die Nachweisgrenzen (d.h. die kleinste nachweisbare Menge) liegen im ppm-Bereich (ppm = parts per million - d.h.: ein Element kann noch nachgewiesen werden, auch wenn sein Gewichtsanteil in der Probe nur einige Millionstel des Gesamtgewichts der Probe ausmacht.
Das Prinzip der EDRFA
Die Röntgenfluoreszenzanalyse nutzt den physikalischen Effekt der charakteristischen Fluoreszenzstrahlung aus. Atome, die auf geeignete Weise angeregt werden, senden elektromagnetische Strahlung (Licht, Röntgenstrahlung) bestimmter Frequenzen (Farben) aus. Dieser Effekt ist z.B. bekannt durch Leuchtsterne, die an die Zimmerdecke geklebt werden können oder durch fluoreszierende Ziffernblätter usw. Die Atome senden, nachdem sie vorher mit Licht (oder in früheren Zeiten mit radioaktiven Materialien, die in die Leuchtfarbe mit eingemischt wurden) angeregt worden sind, ein eigenes Leuchten aus, das immer eine bestimmte Farbe hat. Die Farbe ist eine Mischung aus mehreren Licht-Frequenzen und charakteristisch für das jeweilige chemische Element. Werden die Frequenzen des ausgestrahlten Lichts gemessen, kann daraus auf das Element geschlossen werden, das das Licht aussendet.
Ein Atom kann mensch sich am einfachsten mit dem Schalenmodell vorstellen - als einen Kern aus Protonen und Neutronen, um den herum Elektronen kreisen. Die Elektronen können dabei nur in ganz bestimmten Radien vom Kern entfernt - also auf einer Schale - kreisen. Um auf einer Kreisbahn zu bleiben, muß das Elektron eine durch seine Geschwindigkeit genau definierte Energie besitzen.
Ein Beispiel ist auf der folgenden 1.Abbildung zu sehen:
Bild 1
Eingezeichnet sind hier die verschiedenen Energieniveaus, auf denen sich Elektronen befinden können. Diese Energieniveaus sind von Element zu Element verschieden. Geht ein Atom eine chemische Verbindung ein, verändern sich die Niveaus noch einmal. Allerdings betrifft dies nur die äußeren Elektronen des Atoms. Die inneren Elektronenenergien sind bei allen Atomen eines Elementes gleich.
Ebenfalls eingezeichnet sind in diesem Bild mögliche Elektronenübergänge von einem Energieniveau auf ein anderes. Um von einem Niveau zu einem anderen zu springen, muß das Elektron entweder Energie aufnehmen oder abgeben. Die Energieabgabe geschieht, indem das Elektron ein Photon - also eine elektromagnetische Welle - mit genau der erforderlichen Energiedifferenz zwischen den beiden Niveaus aussendet. Das ist die oben beschriebene charakteristische Fluoreszenzstrahlung. Solche Photonen werden zur EDRFA benutzt, indem sie gezählt und ihre jeweilige Energie gemessen wird. Die für die verschiedenen Elemente möglichen Übergangsenergien sind bekannt und natürlich auch von Element zu Element verschieden. Über die gemessene Photonenenergie kann damit das Element bestimmt werden, von dem das Photon ausging.
Solche Elektronenübergänge finden jedoch nicht von alleine statt. Das Atom muß zuerst angeregt werden. Dies geschieht, indem ein Elektron aus seiner Bahn herausgeschlagen wird. Der nun freigewordene Platz wird von einem Elektron aus einer höher gelegenen Bahn aufgefüllt. Dieser nun wieder freigewordene Platz wird von einem Elektron eingenommen, das auf einem noch höheren Energieniveau liegt usw. Jeder dieser Übergänge hat die Aussendung eines Photons zur Folge, weil die jeweiligen Elektronen Energie abgeben müssen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Elektronen aus der Atomhülle zu schlagen. Mensch braucht lediglich kleine "Geschosse", die genügend Energie haben. Mensch kann z.B. einen Elektronenstrahl verwenden wie in einer Fernseh-Bildröhre, bei der die Atome des Leuchtschirms so zum Leuchten gebracht werden. Eine andere Möglichkeit ist die Bestrahlung mit Licht wie bei den oben erwähnten fluoreszierenden Leuchtfarben. Bei diesen beiden Beispielen werden allerdings nur Elektronen aus den äußeren Schalen der Atome herausgeschlagen und somit auch nur Photonen mit niedriger Energie ausgesandt (sichtbares Licht).
Bei der EDRFA wird zur Anregung Röntgenstrahlung aus einer Röntgenröhre verwendet. Röntgenstrahlung ist - wie sichtbares Licht - elektromagnetische Strahlung, jedoch besitzen die einzelnen Photonen eine höhere Energie. Dadurch wird es möglich, auch die Elektronen aus den Atomen zu schlagen, die dem Kern am nahesten sind, und deren Energien unabhängig von der chemischen Verbindung sind, in der sich das Atom befindet. Die so erzeugten Fluoreszenzenergien liegen ebenfalls im Bereich der Röntgenstrahlung.
Die Elemente in der Probe werden also zur Fluoreszenz angeregt und senden ihre charakteristische elektromagnetische Stahlung aus. Diese wird energiedispersiv gemessen, d.h. die Frequenzen des ausgestrahlten Lichts werden ermittelt, um die in der Probe enthaltenen Elemente zu bestimmen. Das Ergebnis einer EDRFA-Messung sieht demnach auch folgendermaßen aus:
Bild 2 Spektrum
Abbildung 2: Ein typisches Meßspektrum einer EDRFA-Messung
Elektromagnetische Strahlung kann quantenmechanisch dadurch beschrieben werden, daß Energiepakete mit bestimmter Energie (Photonen) ausgesandt werden. Die Energie des einzelnen Photons ist äquivalent zur Frequenz der ausgesandten Strahlung. Die Anzahl der Photonen stellt die Intensität (Leuchtstärke) der Strahlung dar. Das abgebildete Spektrum stellt genau dies dar: Die Anzahl der gezählten Photonen bei bestimmter Frequenz.
Die Spitzen in dem Spektrum zeigen an, daß Photonen mit dieser Energie von der Probe ausgesandt worden sind. Sie lassen sich den Elementen zuordnen. Die Größe der Spitzen ist ein Maß dafür, wieviel von dem entsprechenden Element in der Probe vorhanden ist.
Apparativer Aufbau
Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau einer EDRFA-Anlage. Die zu analysierende Probe wird durch eine Röntgenstrahlquelle angeregt. Die dadurch entstehende charakteristische Fluoreszenzstrahlung aus der Probe wird durch einen Detektor registriert. Über geeignete nachgeschaltete Elektronik wird das Signal des Detektors so umgeformt, daß es in einem Multi Channel Analyzer (MCA) verarbeitet werden kann. Dieser sammelt die gemessenen Signale (also die im Detektor registrierten Photonen) in Abhängigkeit von ihrer Energie. Das Ergebnis ist ein Spektrum wie in Abb. 1. Aus den so erhaltenen Daten können anschließend mit geeigneter Auswerte-Software die Elemente in der Probe und ihre Masse bestimmt werden.
Bild3 Apparativer Aufbau
Abbildung 3: Prinzipieller Aufbau einer EDRFA-Anlage
Die Meßkammer
Die folgende Abbildung zeigt den Strahlenverlauf in unserer Meßkammer für Routine-Messungen. Die Strahlung aus einer Röntgenröhre wird auf ein sog. Sekundärtarget geleitet. Dieses Sekundärtarget besteht aus einem reinen Metall. In unserer Kammer ist das - je nach Elementbereich, der untersucht werden soll - Zink, Zinn oder Terbium. In dem Sekundärtarget wird durch die Röntgenröhre Fluoreszenzstrahlung erzeugt. Erst diese Fluoreszenzstrahlung wird nun benutzt, um die Probe anzuregen. Diese Methode mit dem Einsatz von Sekundärtargets wird angewendet, um die Anregungsbedingungen zu optimieren und die größtmögliche Genauigkeit bei der Messung zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Atom angeregt wird hängt nämlich von der Energie der anrgenden Strahlung ab. Sollen leichte Elemente in der Probe nachgewiesen werden, wird ein Zn-Sekundärtarget verwendet, da die Strahlung aus diesem die leichten Elemente stärker zur Fluoreszenz anregt als die Strahlung aus z.B. einem Sn-Target. Allerdings können mit einem Zn-Target Elemente, die eine höhere Ordnungszahl haben als Kupfer, nicht mehr entsprechend angeregt werden. Deshalb muß für diesen Elementbereich ein Target aus einem schwereren Element benutzt werden, wie z.B. Zinn.
Die geometrische Anordnung des Strahlverlaufs unter jeweils 90o dient dazu, die Strahlung der Röntgenröhre, die keine Information über die zu untersuchende Probe liefert so auszufiltern, daß sie nicht in den Detektor gelangt.
Bild4 Strahlverlauf
Abbildung 4: Geometrischer Strahlverlauf in der Meßkammer
Der Detektor
Der Detektor ist ein Halbleiterkristall aus Silicium und Lithium, der ein Photon, das in ihn einfällt, abbremst und seine so aufgefangene Energie in eine Ladungsportion umwandelt, die von der nachgeschalteten Elektronik gemessen werden kann. Die Größe der Ladungsportion ist proportional zu der Energie des aufgefangenen Photons. So kann die Energie direkt gemessen und weiterverarbeitet und registriert werden.
Die Erzeugung des Meßspektrums
Indem die Photonen nach ihrer Energie sortiert und gezählt werden, wird ein Meßspektrum erzeugt. Dafür wird ein Multi Channel Analyzer (MCA) eingesetzt, der nichts anderes tut, als die registrierten Photonen, je nach ihrer Energie, in bis zu 2048 Kanälen aufsummiert. Jeder Kanal stellt dabei ein Energieinterwall dar. Der gesamte eingestellte Energiebereich, der gemessen werden soll, wird in diese 2048 Abschnitte aufgeteilt.
Die Auswertung des Meßspektrums
Im Anschluß an die Messung muß das so erhaltene Spektrum noch ausgewertet werden. Dies geschieht auf dem PC mit geeigneten Auswerteprogrammen, die aus den Peakflächen des Spektrums die Masse der einzelnen Elemente berechnen.
Vor- und Nachteile gegenüber anderen Analyseverfahren
Die EDRFA bietet gegenüber anderen Analyseverfahren mehrere Vorteile:
- Bei einer Analyse werden alle Elemente registriert - unabhängig davon, ob nach ihnen gesucht wurde oder nicht.
- Die Probe wird bei der Analyse nicht zertört. Sie kann zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit wiederholt gemessen und überprüft werden.
- Der bei vielen anderen Analysemethoden notwendige chemische Aufschluß entfällt. Dadurch werden Fehlerquellen vermieden, die das Meßergebnis verfälschen können.
Außerdem entfallen lange Proben-Aufbereitungszeiten.
Die gravierendsten Nachteile der Methode sind folgende:
- Mit der Röntgenfluoreszenzanalyse können nur die in der Probe vorhandenen Elemente nachgewiesen werden. Es können keine Aussagen darüber gemacht werden, in welchen chemischen Verbindungen die Elemente vorliegen.
- Elemente, die eine kleinere Ordnungszahl als 14 (Aluminium) haben, können nicht oder nur schwer gemessen werden.
- Die Arbeit mit Röntgenstrahlung erfordert strenge Sicherheitsmaßnahmen.
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