Perus politische Gefangene, etwa 5000 Menschen, sind unmenschlichen
Haftbedingungen ausgeliefert, die auf ihren langsamen Tod zielen. Die Zellen
sind entweder überfüllt oder - in der Isolationshaft - winzig
klein. In einigen Gefängnissen sind die Häftlinge rund ums Jahr
Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ausgesetzt. Viele der in Isolationshaft
gehaltenen Gefangenen werden über Monate und Jahre hinweg in, teils
fensterlose, Zellen von sechs
Quadratmetern Größe eingesperrt. Das Essen ist oft nicht
ausreichend oder ungenießbar. Die Wasserration beträgt zwei
Liter täglich pro Person, sie muß zum Trinken, zum Waschen des
Körpers und der Kleidung und mitunter zum Kochen
ausreichen. Es ist eine übliche Strafe, diese Wasserration zu
streichen.
Folter und Vergewaltigung sind gängige Praxis. Amnesty International,
von Fujimori als "terroristische Organisation" bezeichnet, darf nicht in
die Gefängnisse. Im Falle der MRTA-Häftlinge wird dies auch dem
Internationalen Roten Kreuz verwehrt.
Die etwa 450 Gefangenen aus der Revolutionären Bewegung Tupac
Amaru befürchten, daß die peruanische Regierung ein Massaker
an ihnen plant. Dafür gibt es mehrere Anzeichen: Während das
Fujimori-Regime einerseits seit vergangenem Dezember behauptet, es habe
"Erkenntnisse" darüber, daß eine MRTA-Einheit die Erstürmung
des berüchtigten Anden-Hochsicherheitsknasts Yanamayo vorbereite,
verlegt es andererseits seit Monaten MRTA-Gefangene dorthin. Es besteht
die Gefahr, daß der wachsende internationale Druck auf die peruanische
Regierung, die schleichende Ermordung ihrer politischen Gefangenen
zu beenden zu einer "schnellen Lösung" führt: Die unter einem
Vorwand vollzogene Liquidation des aufsässigsten Teils der Inhaftierten.
Schon in der Vergangenheit, zuletzt 1992, hatte es Massaker an politischen
Gefangenen gegeben.
Um die internationale Aufmerksamkeit auf die Gefahr eines Massakers
aufmerksam zu machen und um menschenwürdige Haftbedingungen zu erreichen,
haben die MRTA-Häftlinge am 22. April einen unbefristeten Hungerstreik
begonnen. Sie fordern .
- die Abschaffung des unmenschlichen Haftstatuts, das die Gefangenen
23 Stunden am Tag in den Zellen hält. Diese Forderung wird von allen
Menschenrechtsorganisationen unterstützt
- ein Ende der körperlichen und psychologischen Folter, der Strafzellen
und ähnlicher Einrichtungen
- die Rückkehr zu den Quantitäten und Qualit2ten an Nahrung,
wie sie in den Tagen des Gefängnisbesuchs der UN-Kommission (im Januar
98) ausgegeben wurden
- die Verlegung in die Nähe ihrer Heimatorte, damit es ihren Verwandten
nicht länger unmöglich ist, wegen der riesigen Entfernungen keine
oder nur seltene Besuche zu machen
- die Durchführung neuer Verfahren, die prozessuale Rechte respektieren,
mit öffentlicher Verhandlung, unabhängigen Gerichten und einem
Recht auf Verteidigung
- die Erhöhung des Etats für die medizinische Versorgung
in den Gefängnissen. Außerdem soll der Gefängniskrankenschwester
dauerhaft eine Ärztin bzw. ein Arzt zur Seite gestellt werden.
In den peruanischen Medien wurde über den Hungerstreik bislang
nicht berichtet. Der Öffentlichkeitsarbeit des internationalen Sprechers
der MRTA, Isaac Velazco, kommt damit umso größere Bedeutung
zu. Die Bundesrepublik
Deutschland versucht seit langem, diese Arbeit zu verunmöglichen.
Schon Mitte des vergangenen Jahres versuchte das Bundesinnenministerium,
ein politisches Betätigungsverbot zu erwirken. Die dafür zuständige
Hamburger Innen behörde
verhängte ein solches im September, das Verbot ist aber nicht
rechtskräftig, da Velazco Widerspruch eingelegt hat. Die Angelegenheit
wird irgendwann in näherer Zukunft vorm Verwaltungsgericht verhandelt
werden.
Am vergangenen Dienstag nun, der der 14. Tag des Hungerstreiks war,
durchsuchte die Bundesanwaltschaft (BAW) in einer großangelegten
Aktion die Wohnung von Isaac Velazco und Ada Beraun. Sie beschlagnahmte
alle handschriftlichen Unterlagen, sämtliche Disketten und eine Unmenge
anderer Materialien. Die Festplatte des Computers wurde kopiert. Der Vorwurf
des Durchsuchungsbeschlusses lautet auf "erpresserischen Menschenraub"
und "Geiselnahme" während der Residenzbesetzung in Lima, an der die
beiden Aktivisten sich von Hamburg aus beteiligt haben sollen. Für
diese absur
de Behauptung konnte die BAW nicht einmal Indizien nennen. Einer Information
der Presseagentur AP zufolge bezeichnet die Karlsruher Verfolgungsbehörde
bereits die öffentlichen Stellungnahmen, die das Ehepaar in den Tagen
der
Residenzbesetzung abgegeben hat, als Beihilfe zu Geiselnahme und Menschenraub.
Damit wird die Öffentlichkeitsarbeit, die die beiden politischen Flüchtlinge
leisten, zur schwer strafbaren Handlung erklärt.
Einige Tage vor der Durchsuchung hatte die Schweiz Isaac Velazco ein Schreiben zugesandt, das ein Einreiseverbot enthielt. Dieses Verbot stammte aus dem Juni 1997 und wurde erst jetzt durch die Zustellung rechtswirksam.
Der zeitliche Zusammenhang mit dem Hungerstreik in Peru macht einmal
mehr deutlich, was das Auswärtige Amt schon vor Monaten klar gesagt
hat: Die BRD sieht, wie auch die Schweiz, durch die Öffentlichkeitsarbeit
der Velazcos
ihre außenpolitischen Interessen "erheblich gefährdet".
Um gegen den neuerlichen Knebelungsversuch zu protestieren und aus Solidarität mit den Hungerstreikenden in Peru ist Isaac Velazco am 5. Mai in Hungerstreik getreten. Wir unterstützen diesen Hungerstreik und rufen für Samstag, den 9. Mai zur Demonstration auf.
Hamburg, den 7. Mai 98
Rote Hilfe Hamburg + Initiative "Kein Maulkorb für Isaac Velazco!"
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Solidarität mit Isaac Velazco und Ada Beraun!
Freiheit für Perus politische Gefangene!
Solidarität mit dem Hungerstreik Isaac Velazcos und der politischen Gefangenen in Peru!
Solidarität mit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen in der Türkei und Kurdistan!
Gemeinsame Demonstration mit dem Komitee zur Unterstützung der
Samstagsmütter in der Türkei und Kurdistan
Samstag, 9. Mai, 10 Uhr 30 vom Volkshaus (Neuer Kamp) zum Bismarckbad
(am Altonaer Bahnhof) Hamburg.