Seit 11 Mai hat die Muters von Victor und Miguel auch eine Hungerstreik
begonnen. Screiben Sie Bitte eine Briefe zum Konsulate.
*"Was sie fordern, ist die einfachste Sache der Welt"* Hungerstreik in peruanischem Hochsicherheitsgefängnis
Seit dem 1. Mai befinden sich in Peru die politischen Gefangenen Victor Polay, Pieter Cardenas und Miguel Rincon im unbefristeten Hungerstreik. Die drei Aktivisten der Revolutionären Bewegung Túpac Amaru(MRTA) sind im Hochsicherheitsgefängnis Callao, einem un terirdischen Betonbau auf einer Marinebasis, eingesperrt. Per Telefon sprachen wir mit Victors Mutter und der Mutter eines politischen Gefangenen aus der MRTA, der in einem anderen Gefängnis sitzt. Um sie nicht zu geführden, nennen wir unsere zweite Gesprächspartnerin Maria.
Rote Hilfe: Was sind die Forderungen der Hungerstreikenden?
Otilia Polay: Was sie fordern, ist die einfachste Sache der Welt:
das Ende der Isolation. Dass man sie behandelt wie in anderen peruanischen
Gefängnissen auch. Dass sie wöchentlichen Besuch von Verwandten
bekommen können, und dass sie direkt mit ihren Angehörigen sprechen
können. Das ist eine so einfache Sache, sie fordern nicht ihre
Freiheit, sie fordern gar nichts, au er dass man ihnen mehr Zeit für
den Hofgang gibt und dass wir, die Verwandten, wenn wir sie besuchen, direkt
mit ihnen sprechen können.
Maria: Ihre Forderungen haben die Gefangenen in vier Punkten
zusammengefasst: Die Aufhebung der Isolation, die Abschaffung der Antiterrorgesetze,
Zugang zu Informationsmedien, wöchentlicher Verwandtenbesuch.
Rote Hilfe: Diese Forderungen wurden schon beim einmonatigen Hungerstreik im Oktober vergangenen Jahres gestellt. Was hat der damalige Streik bewirkt?
Otilia Polay: Damals haben sie nichts erreicht. Damit sie den Streik beenden, hat man ihnen versprochen, dass man sie mit mehr Menschlichkeit behandelt, aber das ist nicht geschehen, nichts ist geschehen.
Maria: Im Augenblick ist die Situation besonders ernst, denn es gibt hier in Peru kein einziges Medium, das sich dazu gefuert hätte - das wenigstens die Nachricht gebracht hätte, dass die Gefangenen im Hungerstreik sind. Wie Sie wissen, gibt es in Peru keine Pressefreiheit, keine Meinungsfreiheit. Und vor allem ist es hier nicht möglich, das Thema Terrorismus anzusprechen. Das ist das Schlimmste, weil jeder Mensch, der sich für jemanden ausspricht, der mit dem Vorwurf des Terrorismus im Knast ist, angezeigt wird. Ihm wird das Leben unmöglich gemacht. Man kann über diese Dinge nicht reden, sich für niemanden, der wegen Terrorismus einsitzt, einsetzen. Niemand sagt etwas, auch nicht der Ombudsmann für Menschenrechtsfragen.
Rote Hilfe: Wie sieht der Alltag der Häftlinge in Isolationshaft aus?
Otilia Polay: Sie befinden sich schon seit mehr als sieben Jahren
in einer furchtbaren und unmenschlichen Situation, wo man sie in gruftartige
Gefängniszellen eingesperrt hat. Diese Zellen sind einen Meter achtzig
breit und zwei Meter lang. Eine Pritsche aus Zement, die fünfzig
Zentimeter breit ist, ist das einzige mobiliar, das sie haben. Außerdem
ist die Latrine in diese Zelle integriert. Und wenn sie Wasser brauchen,
müssen sie danach fragen.
Die ganze Zelle ist aus Beton, und sie ist drei Meter hoch. In der
Decke befindet sich eine Öffnung von 15 mal 15 Zentimetern, durch
die das Licht füllt. Den ganzen Tag über herrscht also Dümmerlicht
in der Zelle.
Eine Wand ist aus gepanzertem Eisen, in ihr ist ein Schlitz von etwa
30 mal zehn Zentimetern Größe, durch den das Essen durchgeschoben
wird. Die Gefangenen bekommen das Essen also, ohne das Gesicht desjenigen
zu sehen, der das Essen bringt. Sie dürfen nämlich mit keiner
anderen Person als dem Kommandanten der Marinebasis sprechen.
Sie haben Hofgang in einem kleinen Innenhof von etwa acht Quadratmetern
Größe.
Dort können sie jeden Tag für eine halbe Stunde hingehen.
Aber: allein! Sie werden nacheinander dorthin, immer jeder einzelnen, weil
sie einander niemals sehen dürfen. Sie haben weder Radio, noch Zeitungen,
noch Zeitschriften - nichts, absolut nichts wird ihnen ausgehändigt.
Rote Hilfe: Können die Gefangenen besucht werden?
Maria: Seit dem Anfang des Streiks konnten wir noch nicht rein, wir dürfen nur einmal pro Monat, für eine halbe Stunde.
Otilia Polay: Es dürfen nur jeweils zwei Angehörige die Gefangenen besuchen, das müssen Eltern, Kinder oder Ehepartner sein, niemand sonst. Auch wenn du ein Freund oder naher Verwandter bist: Niemand sonst darf sie besuchen. Für Anwälte gibt es nicht die geringste Möglichkeit, das Gefängnis zu betreten. Die Gefangenen schicken Briefe an den Ombudsmann für Menschenrechte, an den Justizminister, doch dort kommen sie nie an. Für uns ist es eine Tragöde, die wir nun seit fast acht Jahren erleben. Ich denke, dass Sie in keinem Teil der Welt ein solches Justizvollzugssystem wie in Peru finden werden. Das Ganze ist einfach ein Akt der Rache, weil die Gefangenen nie zugestimmt haben, Papiere zu unterschreiben, die die Regierung in gutem Licht darstellen - sie waren nie bereit abzuschwören.
Rote Hilfe Hamburg