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PRAXIS
Bernhard Nolz
Es gibt z.Z. wohl keinen Ort in Deutschland, der den "Kindern des Fernsehens" besser die Leiden der Kinder im Krieg verdeutlichen könnte, als das Friedensdorf Oberhausen. Vierzehn Schülerinnen und Schüler haben zusammen mit mir das Friedensdorf im März 1998 für drei Tage besucht. Im Dorf werden Kinder betreut, die zu Opfern des Krieges geworden sind. Kriegsleid und Kriegsleiden sind Jugendlichen nicht unbekannt. Als Fernsehzuschauer/innen erleben sie Krieg, Tod und Gewalt fast täglich als Unterhaltung frei Haus. Friedensberichterstattung findet höchstens in Ansätzen statt. Und Friedenserziehung erhält im "Schonraum Schule" ihren Platz.
Aktuelle Projekte zur Friedenserziehung in der Schule setzen bei den Defiziten an, die beim Fernsehen unbearbeitet bleiben. Erfolgreich ist Friedenserziehung vor allem dann, wenn Projekte realisiert werden, die schüler- und handlungsorientiert sind und Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Friedenskompetenzen zu erwerben, wozu Empathie, Kritikfähigkeit und Ablehnung von Gewalt ebenso gehören wie das Wissen von den Gründen des Krieges und den Bedingungen des Friedens. Im schulischen Rahmen kommt es darauf an, alle an der Schule beteiligten Menschen für die Perspektive des Friedens zu sensibilisieren, Orte aufzusuchen, an denen Friedensarbeit geleistet wird, oder Menschen in die Schule zu holen, an denen Schüler/innen sich orientieren oder mit denen sie sich identifizieren können (vgl. Balser/Schrewe/Schaaf 1997).
Schulische Erziehungserziehung kann und will nicht beides: "Erziehung zur Gewaltfreiheit und zur Gewaltakzeptanz", behauptete ich in W&F 4/93. Daraus folgt: Friedenserziehung ist Aufklärungsarbeit. Jede neue Schüler/innen-Generation muss sich mit dem gesellschaftlichen Dauerskandal auseinander setzen, dass immer wieder Milliardenbeträge für Kriege, Rüstung und Gewalt von den politisch Verantwortlichen zur Verfügung gestellt werden, während die Projekte und Initiativen für den Frieden ohne ausreichende Unterstützung bleiben.
Wenn in einer Gesellschaft das politische Handeln fast ausschließlich vom ökonomischen Denken bestimmt wird, versagen soziale Kontrollmechanismen und gewinnen sozialdarwinistische Maximen die Oberhand. Je mehr sich politisches Handeln von moralischen Kategorien wie Humanität, Frieden und Nächstenliebe entfernt, desto eindringlicher erwarten die politisch Verantwortlichen, dass die Schule Kompensationsarbeit leistet.
So behält Friedenserziehung ihre zeitlose Aktualität. Doch bedeutsamer für die Entwicklung friedenspädagogischer Prozesse ist Kontinuität. Mit dem Begriff der "Nachhaltigkeit" hat die pädagogische Basiskategorie Eingang in den naturwissenschaftlichen sowie in den politischen Diskurs gefunden. Auf diese Weise kehrt sie in die schulische Diskussion zurück, findet bei den Platzhaltern der Friedenserziehung freudige Aufnahme und stößt neue Lernprozesse an.
Sieben der 14 Schülerinnen und Schüler, mit denen ich das Friedensdorf Oberhausen besuche, gehören zur Lerngruppe "Kommunikation und Konflikt" (KoKo). Sie haben sich für eine zweijährige Teilnahme (9./10. Schuljahr) entschieden. Im Mittelpunkt stehen der Erwerb von Handlungskompetenz zur friedlichen Konfliktlösung, eine Einführung in das Streit-Schlichter-Programm (vgl. Jefferys/Noack) und das Bemühen, Wege aus der Gewalt zu finden. Lange habe ich nach einem geeigneten KoKo-Projekt gesucht, das Schülerinnen und Schülern Praxiserfahrungen ermöglicht. Im Rahmen des Frühjahrstreffen der "Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden" (PPF) lernte ich das Friedensdorf Oberhausen kennen.
Es wird von den Schülerinnen und Schülern als
KoKo-Projekt positiv aufgenommen, doch fahren letztlich 60% von ihnen
nicht mit. An den Gründen werden die Problemlagen der
Friedenserziehung ebenso deutlich wie die Unfähigkeit der
Schule, den eigenen Zielsetzungen gerecht zu werden. Beispielsweise
werden die Grenzen der Integration erfahrbar, weil vier türkischen
Mädchen die Teilnahme von der Familie verboten wird. Vier
KoKo-Schüler/innen entwickeln Leistungsängste. Ihnen
erscheint _ von einigen Fachlehrern darin bestärkt - das Risiko,
durch eine dreitägige Abwesenheit vom Unterricht leistungsmäßig
zurückzufallen, zu groß. Ganzheitliches Lernen in
Projekten,
das
kognitive, affektive und soziale Lernziele umfasst, ist auf Grund
seines holistischen Charakters der Unübersichtlichkeit
verdächtig. Solange die schulische Leistungsbeurteilung
vorwiegend von schnell abfragbaren Wissensbeständen abhängig
gemacht wird, wundert es den Friedenspädagogen nicht, wenn
potenzielle Projektteilnehmer/innen mit Bedauern absagen.
Von einer anderen Qualität ist die Absage aus finanziellen Gründen. Die Anzahl der Schüler/innen, die jobben, um das Familieneinkommen aufzubessern, steigt. Die KoKo-Mitglieder haben auf diesen Hinderungsgrund mit Kreativität und mit sozialpolitischem Gespür reagiert: Eine kleinen Werbekampagne und eine gezielte Spendenaktion bei Ärzten, Krankengymnasten und Masseuren werden gestartet. Den Zuschuss des Fördervereins der Schule eingerechnet, sind über tausend Mark zusammengekommen. Und in unserer Stadt weiß man jetzt, wofür sich die Gesamtschule einsetzt. Diese Aktivitäten in den Wochen vor dem Dorfbesuch haben zu einer verstärkten Identifikation mit KoKo geführt und die Schüler/innen motiviert, sich intensiver mit der Kriegsthematik zu beschäftigen.
Die Schülerinnen und Schüler geben verschiedene Gründe an, warum sie mit ins Friedensdorf fahren möchten: "Im Fernsehen habe ich schon viele Bilder von Kriegsopfern gesehen! Mich kann nichts mehr erschüttern!" "Im Friedensdorf, da kann man mal richtig was tun." "Wir können den Kindern helfen, mit ihnen spielen und basteln und ihnen ein wenig Freude bereiten." "Ich suche einen Praktikumsplatz, weil ich Sozialpädagogin werden will." "Ich will sehen, ob ich dort meinen Zivildienst machen kann." "Ausländische Kinder sind immer so niedlich!" "Die Informationsbroschüre des Friedensdorfes hat mich neugierig gemacht."
"Das Programm besteht aus drei Elementen.
Behandlung von Kindern in Europa als letzte Überlebenschance
"Verletzte und kranke Kinder, die in den Heimatländern
nicht medizinisch versorgt werden können, nimmt das
Friedensdorf in Oberhausen auf und stellt die kurzfristige
medizinische Versorgung sicher. Das geschieht in enger
Zusammenarbeit mit zahlreichen europäischen Kliniken, die die
stationäre Behandlung kostenlos übernehmen. Nach erfolgter
Rehabilitation kehren die Kinder wieder in ihre Heimatländer
zurück.
Das Friedensdorf wird im Bereich der
Einzelfallhilfe tätig, wenn vier Grundsatzkriterien zur
Aufnahme von Kindern erfüllt sind:
Eine medizinische Behandlung der Kinder im Heimatland ist nicht möglich.
Die Chance auf eine erfolgreiche Behandlung der Kinder in Europa muss gegeben sein.
Die Familien und Heimatländer der Kinder müssen eine Garantiererklärung abgeben, dass die Kinder nach erfolgreicher Rehabilitation zurückkehren können.
Die soziale Indikation muss gegeben sein, d.h. Friedensdorf International hilft den Ärmsten.
Das Friedensdorf konnte seit 1967 vielen tausend Kindern helfen, von denen die meisten in ihren Heimatländern keine Überlebenschancen gehabt hätten.
Projekte in den Heimatländern der Kinder
Katastrophenhilfe, medizinische Unterstützung und
eigene Friedensdorf-Projekte sollen Not, Leid und Elend lindern, die
wichtige Frage der Nachsorge für die Kinder, die in Europa
behandelt wurden, beantworten und verhindern, dass zahlreiche Kinder
die Trennung von ihrer Familie in Kauf nehmen müssen.
Friedensdörfer arbeiten erfolgreich bzw. sind im Aufbau in
VietNam, Afghanistan, Sri Lanka, Rumänien, Angola, Georgien,
Kasachstan und Litauen. Hilfsgüter und medizinische
Einrichtungen sind laufend auf dem Weg. Bisher erreichten sie
Afghanistan, Albanien, Angola, Armenien, Georgien, Kasachstan,
Litauen und andere ehemalige Staaten der UdSSR, Guatemala, Haiti,
Kenia, Nicaragua, Pakistan, Rumänien, VietNam.
Friedenspädagogische Arbeit
Wir sind der
Meinung, dass wir damit, dass wir Verwundete verbinden, noch nichts
gegen den Krieg und für die Erlangung eines dauerhaften
Friedens in der Welt getan haben. Denn wir wissen, dass der
Weltfrieden nicht von allein kommt. Die Umsetzung dieses Gedankens
erfolgte auf zwei Ebenen. Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten
erfahren im Friedensdorf Oberhausen, dass ein friedliches
Zusammenleben mit anderen Kindern anderer Völker, Rassen
und Religionsgemeinschaften möglich ist. Im Friedensdorf
Oberhausen gibt es keine Feindbilder. Die Kinder kehren in ihre
Heimatländer zurück und fast alle werden zu Botschaftern
für Toleranz, Verständigung und Frieden. Zum Zweiten wurde
das Friedensdorf Bildungswerk gegründet. Mit dem
friedenspädagogischen Ansatz und den Seminarangeboten hat das
Friedensdorf Oberhausen bewiesen, dass jeder etwas tun kann für
das friedliche Zusammenleben der Menschen aller Völker, Rassen
und Religionsgemeinschaften." (Informationsbroschüre
Friedensdorf Bildungswerk)
Das Schlimmste für die Kriegskinder sind nicht ihre Verletzungen, sagen die Mitarbeiter/innen des Friedensdorfes, sondern es ist die Erfahrung, dass sie den Erwachsenen nicht mehr vertrauen können. Im Krieg geht aller Schutz verloren, für den zu sorgen Erwachsene da sind. Stattdessen morden, verletzen, zerstören Erwachsene andere Menschen und Sachen, vor den Augen der Kinder, und sie verletzen und töten auch die Kinder. Bei der Versorgung der Verletzungen oder bei Amputationen müssen die Kinder erfahren, dass auch die Hilfe der Erwachsenen mit unsäglichen Schmerzen verbunden ist, weil es meistens an Verbandsmaterial, an Spritzen, an allem fehlt.
Die Mitarbeiter/innen des Friedensdorfes fahren in die Kriegsländer. Dort geht nichts ohne örtliche Partnerorganisationen. Jede/r kann ermessen, wie viel Vertrauensarbeit bei den Kindern, ihren Familien, bei Behörden, Geistlichen u.v.a. nötig ist, bis klar ist, dass den MitarbeiterInnen des Friedensdorfes vertraut werden kann, das eigene Kind ihnen anvertraut werden kann. Es sind dieselben Personen, die sich auch in Deutschland um die Kinder kümmern. Sie begleiten die Kinder zu den Operationen, die die Ärzte in Deutschland und in Nachbarländern unentgeltlich ausführen, und sind auch nachher da. Darüber hinaus gibt es für Betreuungs- und Organisationsaufgaben einen großen Kreis ehrenamtlicher Helfer/innen.
Endlich stehen wir am Tor zum Friedensdorf. Nach einer Einführungsphase in die Arbeit der Einrichtung treffen die Schüler/innen zum ersten Mal auf die Kriegskinder. Das verläuft völlig unspektakulär. Man lächelt, sagt ein paar Worte und schon sitzt man zusammen auf einer Bank oder einer Mauer. Besonders die kleineren Kinder hängen sich an die "großen" Mädchen und Jungen und wollen sie gar nicht wieder loslassen. Das gesamte Repertoire der Kommunikationsformen zwischen Menschen, die sich kennen lernen, wird ausgespielt. Im Laufe der drei Tage basteln und spielen, musizieren, singen und tanzen die Gesamtschüler/innen immer wieder mit den Kriegskindern _ oder umgekehrt. An den Abenden sind die Schüler/innen erschöpft, aber zufrieden. Es ist befriedigend zu spüren, dass man gebraucht wird und Hilfe geben kann. Es schafft ein angenehmes Gefühl, wenn man bemerkt, dass man die Betreuer/innen der Kriegskinder für ein paar Stunden entlasten kann. Und man fühlt sich gut, wenn man alle Ressentiments oder Ängste, die man vorher gegenüber verletzten und verkrüppelten Kriegskindern gehabt hat, zugunsten von Zuneigung und Vertrauen überwinden konnte. In den abendlichen Gesprächen mit den Zivildienstleistenden _ der Gemeinschaftsfernseher bleibt unbenutzt _ wird das Positive konkretisiert. Die Arbeit mit Kriegskindern ist anstrengend, aber sie macht den "Zivis" Spaß, weil von Woche zu Woche Fortschritte in der Entwicklung der physischen und psychischen Gesundheit der Kinder zu beobachten sind.
Für solche Erfahrungen reicht ein dreitägiger Aufenthalt
nicht aus. Für etwas anderes wird bei den meisten SchülerInnen
eine Grundlage geschaffen: für den Wunsch zu helfen. Sie wollen
anderen Gutes tun. "Denn", so formuliert es einer, "wann
ist man schon mal so nah dran am Leid anderer Menschen?" Die
meisten Menschen helfen nicht wegen irgendwelcher abstrakter
Prinzipien oder Ideologien, sondern wegen konkreter Menschen (vgl.
Krahulec 1997). So funktionieren u.a. viele erfolgreiche und
dauerhafte Lernbeziehungen in der Schule. Das Wahlpflichtfach KoKo
beispielsweise wurde von der Mehrzahl der Schüler/innen gewählt,
weil sie gerne von mir unterrichtet werden wollten oder sich eine
Freundin für KoKo entschieden hatte. Ein Schüler, der zu
den sieben Schüler/innen gehört, die nicht bei KoKo sind,
hat es so ausgedrückt: "Für alle von uns hat eines den
Ausschlag gegeben, dass wir mit ins Friedensdorf gefahren sind: Dass
Sie dabei sind oder eine Freundin aus KoKo!" Einige koppeln den
Helferwunsch an die Absicht, schon bald zu einem Besuch
ganz bestimmter Personen wiederzukommen. Vier Schülerinnen
möchten Zivildienstleistende wieder sehen. Drei der
Teilnehmenden sind nach zwei Wochen wieder in Oberhausen, weil sie
mit einer angolanischen Kindergruppe noch einmal singen und tanzen
wollen.
Mit der Entwicklung von Helferbewusstsein, das in die Tat umgesetzt werden kann, wird ein wichtiges Teilziel eines friedenspädagogischen Programmes erreicht. In einem 3-Tage-Seminar kommen die Schüler/innen über die Rolle der "Helfershelfer/innen" kaum hinaus. Aber es besteht die Chance, dass sie nach der Rückkehr in den schulischen Alltag in der Lage sind, Informationen und Erfahrungen aus dem Friedensdorf in ihren eigenen Lebenszusammenhang zu integrieren und zusammen mit anderen persönliche und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (vgl. Negt 1997).
Verantwortungsbewusstsein und Bildung sind nicht zu trennen. Jugendliche übernehmen am ehesten dann Verantwortung, wenn sie den Eindruck haben, dass sie etwas konkret und direkt bewirken können (vgl. Jugendwerk der Deutschen Shell 1997). Bildungseinrichtungen und den darin Tätigen fällt die Aufgabe zu, Jugendlichen Orientierungen zu geben. Bei der Planung des Seminars im Friedensdorf glaube ich durch ein besonderes Kontrasterlebnis den Erkenntnisprozess meiner Schüler/innen anregen zu können. Zudem käme ich damit ihrem vor Fahrtantritt geäußerten Wunsch entgegen, in die erwartete spartanische Lebensweise und in das komprimierte Bildungsangebot im Friedensdorf ein wenig Abwechslung zu bringen. Also fahren wir ins Centro, Deutschlands größtes Einkaufszentrum, das eher einem riesigen Unterhaltungszentrum gleicht. Sogar aus den Nachbarländern strömen täglich massenweise Menschen ins Centro. Für fast alle Schülerinnen und Schüler _ und auch für mich _ verliert das Centro binnen Stundenfrist seinen Glanz, so dass sich der Besuch zur lästigen Pflicht entwickelt. Bis auf drei Mädchen finde ich alle nach zwei Stunden im riesigen Rondell-Treffpunkt wieder. In der Mitte hundert Tische und rundherum eine Fressbude neben der anderen. Auf einer Mega-Leinwand wiederholen sich alle paar Minuten dieselben News und Werbespots. Und die Leute sehen auch alle irgendwie gleich aus. Müde stochern die Schüler/innen in ihren Friten rum, die augenscheinlich woanders auch besser schmecken. Ich lege meinen Hotdog auf den Tisch neben ihren Müll. Alle schauen auf die Leinwand. Nach der dritten Wiederholung sagt eine: "Viel lieber wäre ich jetzt bei den Kriegskindern. Was will ich in einem Konsumpalast, wenn ich eh kein Geld habe und genau weiß, dass ich zur gleichen Zeit einem schwer verletzten Kind, das gerade wieder mit einer Prothese gehen gelernt hat, mit seiner Anwesenheit Freude bereiten könnte!"
Was können wir für die Kriegskinder und für die Opfer von Kriegen tun? Was können wir gegen den Krieg tun? Auf diese Fragen wollen wir mit dem Besuch des Friedensdorfes Antworten finden.
Eine erste Antwort lautet: Wir wissen jetzt, was im Friedensdorf Oberhausen geleistet wird. Wir können mit dazu beitragen, dass die Arbeit des Friedensdorfes bekannter wird und sich auch in unserer Region Ärzte und Krankenhäuser finden, die Kriegskinder kostenlos behandeln. Damit ist ein Projekt skizziert, von dem zu hoffen ist, dass es an unserer Schule entstehen wird. In einem solchen Schulprojekt kann auch ein zweiter Aspekt vertieft werden. Etwas für die Kriegskinder zu tun kann auch heißen, Informationen und Kenntnisse über die Situation in den Heimatländern der Kinder zu verbreiten und Hilfsmaßnahmen durch lokale Initiativen zu unterstützen. Das Friedensdorf Bildungswerk verfügt über umfangreiche, ausgezeichnete Materialien, die bestellt werden können.
Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes im Friedensdorf stellt uns ein
Mitarbeiter eine überraschende Frage: "Was könnt ihr
für eine umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung der
Welt in Siegen tun?" Von der "Lokalen Agenda 21" haben
die Schüler/innen noch nichts gehört. "Die Agenda 21
formuliert nicht einfach ein Ziel _ nachhaltige Entwicklung _ und
überlässt dessen Verwirklichung den Regierungschefs und
_chefinnen, sondern sie fordert die Einbindung der Gesellschaft.
Bürger und Bürgerinnen und kommunale Verwaltung sollen
gemeinsam eine Lokale Agenda 21 (LA21) erstellen, die den Weg zu
einer zukunftsfähigen Gemeinde beschreibt. ... (Sie) benennt in
mehr als 40 Einzelkapiteln Handlungsfelder und Leitgedanken für
die Lösung der öko-sozialen Probleme im nächsten
Jahrhundert. ... Die Agenda 21 macht deutlich, dass nachhaltige
Entwicklung, Armuts
bekämpfung und die Erhaltung der Umwelt nicht möglich
sind, ohne die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen den
Bevölkerungsgruppen und den Geschlechtern." Auch nach
weiteren Informationen fällt es den Schülerinnen und
Schülern schwer, die Verbindungslinien von ihrem Engagement für
die Kriegskinder zur Agenda 21 nachzuvollziehen bzw. herzustellen. In
den Gesprächen der Arbeitsgruppen merken wir, dass wir von den
Kriegskinder, die nebenan spielen, nicht loskommen. Stichwörter
wie Veränderung von Konsumgewohnheiten, Erhaltung der
biologischen Vielfalt, Schutz der Süßwasserressourcen oder
nachhaltige Städteplanung verwirren uns anfänglich mehr,
als dass sie uns zu weiteren Erkenntnissen führen, obwohl wir
uns _ etwa in Bezug zum letzten Stichwort - schon manches Mal im
Unterricht über die Siegener Betonorgien empört haben. Erst
als wir uns eine Filmdokumentation über die Arbeit des
Friedensdorfes in Vietnam ansehen, steht uns das Zwingend-Nachhaltige
der Agenda 21 plötzlich vor Augen. Uns wird klar, dass die
Arbeit an einer sozial- und umweltverträglichen Entwicklung
unserer Stadt und unserer Welt nicht in Einklang zu bringen ist mit
Gewalt und Krieg. Militärische Gewalt, die von Soldaten und
Waffen ausgeht, und von deren Produktion und Export, zerstört
alles Lebendige und Wachsende und macht jegliche nachhaltige
Entwicklung zunichte.
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