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MEDIEN
Christoph Butterwegge u.a.: Rechtsextremisten in Parlamenten. Forschungsstand _ Fallstudien _ Gegenstrategien, Opladen 1997 (Leske + Budrich), 318 S.
Dieses Buch ist so aktuell wie nie, obwohl es vermutlich aus der Sicht von Politiker/innen, die den nicht rechtsextremistischen Parteien angehören, eine lästige Lektüre darstellt. Dafür spricht auch, dass sie nach der Bundestagswahl kein Wort verloren haben über die Wahlergebnisse der rechtsextremistischen Parteien. Dann hätten sie an den eigenen "Rechtsruck", der sich in ihren Parteien vollzogen hat, erinnern müssen.
An vier Beispielen wird anschaulich erläutert, wie Rechtsextremisten in Parlamenten "arbeiten": 1) "Bremen _ das kleinste Bundesland als parlamentarisches Experimentierfeld für die extreme Rechte" (1951/52, 1967-1971, 1987-1995); 2) "Rechtsextremisten in nordrhein-westfälischen Kommunalparlamenten" (1989-1994); 3) "Die REPublikaner im Landtag von Baden-Württemberg" (1992-1996); 4) "Der REP-Bundestagswahlkampf 1994".
Die Lektüre macht deutlich, dass es falsch wäre, rechtsextremistische Politiker/innen als inkompetent oder dumm zu bezeichnen. Vielmehr verfolgen sie mit ihrer politischen Arbeit klare Ziel. "Parlamentarier von DVU, NPD und REPublikanern verbindet, dass sie demokratische Diskurse zu beeinflussen suchen. Ihre wichtigsten Argumentationsmuster weisen überraschend viele Berührungspunkte zu Positionen der übrigen Abgeordneten und Parteien auf. Schnittstellen finden sich vor allem dort, wo Schlüsselelemente der DVU-, NPD- und REPublikaner-Programmatik (z.B. Verschärfung der Ausländer- und Asylpolitik) auf soziale Problemfelder (Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Kriminalität, Drogenmissbrauch usw.) bezogen und mit populistischen Forderungen verbrämt werden." Bei der Thematisierung im Rahmen parlamentarischer Plenums- und Ausschussarbeit entwickeln rechtsextremistische Politiker/innen erhebliche anti-demokratische Kreativität, wie die Fallbeispiele klar belegen.
Im 40-seitigen Schlusskapitel des Buches diskutiert Christoph Butterwegge Strategien gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Eine "Fundgrube" für die politische Bildung! "So wenig der Rechtsextremismus monokausal zu erklären ist, so wenig lässt er sich eindimensional bekämpfen. Vielmehr kommt es darauf an, verschiedene Handlungsfelder (Staat, Politik, Pädagogik, Wirtschaft, Kultur) einzubeziehen, alle möglichen Zielgruppen zu erreichen und sie durch spezifische Angebote für den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und (Deutsch-)Nationalismus zu gewinnen."
Überzeugend sind Christoph Butterwegges Vorschläge, die er aus einer gesellschaftskritischen und friedenspolitischen Perspektive entwickelt:
Wenn der Rechtsextremismus und die Jugendgewalt keine Randerscheinungen sind, sondern ein Resultat der modernen Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft, muss diese grundlegend reformiert und radikal demokratisiert werden. [...] Hierzu bedarf es vornehmlich einer Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, einer Minderung der Angst vor Erwerbslosigkeit, Armut und sozialem Abstieg durch eine allgemeine, bedarfsorientierte Grundsicherung, aber auch einer Vermehrung der Partizipationsmöglichkeiten in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. [...] Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg wären die Einrichtung von Runden Tischen sowie die Ergänzung des parlamentarisch-demokratischen Repräsentativsystem um plebizitäre Elemente. [...] Chancengleichheit für alle, soziale Gerechtigkeit und die Glaubwürdigkeit demokratischer Institutionen sind Gift für den Neofaschismus, plebizitäre Regelungen nicht nur eine Möglichkeit, mehr Bürger/innen für die Politik zu interessieren, sondern auch eine Waffe im Kampf gegen Rechts."
"Rechtsextremisten in Parlamenten" spricht eine klare Sprache, die zur Versachlichung der Debatte beiträgt. Wieder einmal sind Politiker/innen aufgefordert nachzuholen, was die Aktiven in der politischen Bildung ihnen vormachen.
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