Aussageverweigerung
Wenn die Sache irre wird - werden die Irren zu Profis (Teil V)

Infos und Texte zur Aussageverweigerung und Beugehaft

Inhaltsverzeichnis

Gedankenfragmente

Die Frage, wie mit den Zeuginnenvorladungen umzugehen sei, ist bislang rigoros auf die generelle Aussageverweigerung reduziert worden.
Die Leichtigkeit, mit der Aussageverweigerung propagiert wurde, und deren Konsequenzen nicht diskutiert wurden, erinnert eher an die VoBo-Debatte. Dies scheint die erste gravierende Fehleinschätzung gewesen zu sein.
Es geht in diesem Fall um die Verfolgung von flüchtigen Personen, die der Mitgliedschaft in der RZ und konkreter Taten beschuldigt werden. Die Beweisnöte und Schwierigkeiten bei den Ermittlungen sind offensichtlich. Also ist eigentlich davon auszugehen, daß BKA und BAW bei der Verfolgung von "Terroristlnnen" jeden Spielraum, der ihnen durch Gesetze, StPo u. ä. geboten wird, auch nutzen.
Die Repressionsmöglichkeit der Beugehaft trifft jede Einzelne in ihrer gesamten Lebenssituation:
Sie ist nicht nur mal eben ein halbes Jahr weg vom Fenster, sondern sie hat weitreichende Konsequenzen zu tragen. An diesem Punkt stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Preis, der für die Verweigerung zu zahlen ist, (nämlich Knast,) und dem Schaden, den eine Aussage anrichten kann. Es gibt kein.Patentrezept, was diese Frage eindeutig lösen könnte, denn jede Zeugin ist in einer unterschiedlichen Situation, was ihre persönliche Lebenssituation und den möglichen, von ihr gestifteten Schaden angeht.
Diese Auseinandersetzung ist für die einzelne Zeugin eine ganz entscheidende. Die Fixierung auf Aussageverweigerung als einzig mögliche Verhaltensweise hat eine rechtzeitige und gründliche Auseinandersetzung aber eher unmöglich gemacht. Deshalb unmöglich gemacht, weil niemand (außer den Betroffenen?) diese Frage ernsthaft zulassen wollte.
Mit den Widersprüchen haben sich die Betroffenen geplagt, wobei diese jedoch nicht zur Diskussion gestellt wurden - Welchen Sinn macht eine solche Forderung (Auss.Verw.) an das Verhalten jeder einzelnen Zeugin, wenn dies dazu führt, daß sie allesamt in den Knast wandern? Ist denn tatsächlich die politische Situation so, daß eine Chance gesehen wird, dies verhindern zu können? Ist es ein sinnvoller Akt der Solidarität mit den §129a Verfolgten, selbst in den Knast zu gehen? Wird sich daran der große gesellschaftliche Aufschrei entzünden?
Eine solche Herausforderung kann nur dann sinnvoll sein, wenn eine ernsthafte Möglichkeit gesehen wird, auch gewinnen zu können oder selbst wenigstens keinen großen Schaden zu erleiden. (wie beispielsweise beim VoBo). Trotzdem von allen Zeuglnnen weiterhin ein Gleichverhalten (generelle Aussageverweigerung bis in den Knast) zu fordern heißt: entweder die realen Machtverhältnisse zu ignorieren oder nicht wahrhaben zu wollen, oder aber durch die Schaffung von "Heldlnnen" weiterhin eine Ideologie hochzuhalten, die einer realen Basis entbehrt.
Dies führt zu einer Situation, die nur das Verhalten der Zeuglnnen in den Mittelpunkt rückt und nicht mehr deutlich macht, wer denn eigentlich Menschen zu Zeuglnnen machen kann, wer denn eigentlich den Allzweckparagraphen 129a mit welchen Zielen einsetzt, welches Instrumentarium zur Verfügung steht, politische Gegnerschaft als "Terorrismus" zu definieren und zu verfolgen.
Nur wenn alle Seiten/Standpunkte in der Diskussion zugelassen werden, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Zeuglnnenvorladungen möglich.
Kollektives Handeln kann nicht zum Ziel haben, ein einzig mögliches Verhalten für alle als Ideal zu propagieren, sondern muß sich vielmehr an den Möglichkeiten der Einzelnen orientieren und diese zur Diskussion stellen.
Außerdem:
Die Zeuglnnenvorladung ist nur eine Methode, Informationen zu gewinnen. Dies sollte bei der ganzen Diskussion nicht außer Acht gelassen werden.

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kombo(p) | kombo@riffraff.ohz.north.de | 27.6.1997