Wasserstände (juristische Hintergründe)
Deutsche Generalbundesanwaltschaft verfolgt Spanier in den Niederlanden

Teil II (Interview mit Miguel D.)

Nachdem die deutsche Justiz vor wenigen Monaten versucht hat ihre Zensurmaßstäbe dessen, was Menschen im Internet denken und verbreiten dürfen, weltweit durchzusetzen und den Zugang des niederländischen Providers XS4All in die Bunderepublik sperrte, interveniert sie nun direkt im Ausland. Bzgl. eines neuen Ermittlungsverfahrens gegen die Zeitschrift »Radikal« wurde in den Niederlanden auf Antrag der BAW eine Wohnung durchsucht.

Am 11. 12. 96 um 9.50 Uhr fand in Vaals (Niederlande) bei Aachen eine Hausdurchsuchung statt. Die Hausdurchsuchung wurde durchgeführt von 10 niederländischen, ortsansässigen Polizisten, einem Rechter Comissaris in Strafsachen von der Rechtsbank Maastricht (Ermittlungsrichter), 2 LKA und 2 BKA Beamten.

Die insgesamt 16 deutschen und niederländischen Staatsdiener verschafften sich mit Hilfe eines Schlüsseldienstes Zutritt zur Wohnung. Die zu diesem Zeitpunkt einzig anwesende Mitbewohnerin wurde erst auf die Durchsuchung aufmerksam, als schon das Nebenzimmer durchwühlt wurde. Auf wiederholtes Nachfragen wurde Ihr weder von niederländischer noch von deutscher Seite der Grund der Durchsuchung mitgeteilt. Dabei berief sich die deutsche auf die niederländische Seite und umgekehrt. Auf weiteres Drangen hin wurde lediglich mitgeteilt, daß der Durchsuchungsbefehl von der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe ausgestellt wurde.

Bei der zwei Stunden dauernden Aktion wurden zwei PC' s. Disketten, Fotos, ein Flugblatt und Radikal-Aufkleber beschlagnahmt. Wahrend der ganzen Zeit wurde nicht klar, gegen wen sich die Aktion richtete und weshalb durchsucht wurde. Erst als nach der Durchsuchung ein weiterer Mitbewohner von der Arbeit nach Hause kam und seine Mutter (in Aachen, BRD) anrief, klärte sich der Sachverhalt. Wie sich herausstellte, fand auch bei der Mutter eine Durchsuchung statt. Beschlagnahmt wurde dabei nichts.

Hier waren 6 LKA'ler am Werk. Als Grund dieser Durchsuchung wurde ein Hinweis, der angeblich bei der Durchsuchung in Vaals gefunden wurde, angegeben. In der bei der Mutter hinterlassenen Begründung heißt es: "Es wurden anläßlich der Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten [...], am heutigen Tag Unterlagen festgestellt, aus denen hervorgeht, daß der Beschuldigte auch die Wohnung seiner Mutter [...] mitbenutzt." Diese "Unterlagen" sind ein in Vaals aufgefundener Fahrzeugbrief der Mutter.

Als Ziel der Durchsuchung wurde im gleichen Schriftstuck folgendes angegeben: "Auffinden der Druckschrift Radikal, Abonentenlisten, Abrechnungsbelege.". Vorgeworfen wird dem Beschuldigten an der Herstellung und Verbreitung der ausschließlich in der BRD verbotenen Zeitschrift Radikal mitgearbeitet zu haben. Die daraus für die BAW resultierenden Straftatbestände sind: Mitgliedschaft in einer Kriminellen Vereinigung, Werbung und Unterstützung einer Terroristischen Vereinigung sowie sonstiger Straftaten.

Die unterstellte Mitarbeit an einer politischen, in der BRD kriminalisierten Zeitschrift, reicht den niederländischen Behörden aus, um Handlangerarbeiten für die deutschen Verfolgungsbehörden zu leisten. Hierbei fuhrt die deutsche Rechtsauffassung im Bezug auf den Inhalt einer Zeitschrift zur gemeinsamen Verfolgung eines in den Niederlanden lebenden Spaniers. Und dies obwohl die Zeitschrift Radikal in den Niederlanden nicht kriminalisiert wird.

Die Dimension der Zusammenarbeit zwischen der BRD und den Niederlanden im Rahmen der neuen europäischen "Sicherheitspolitik" spiegelt sich an diesem Fall deutlich wieder. Somit stellen die Vorfalle einen Versuch dar, eine neue Qualität in der Verfolgung politisch unliebsamer Menschen über Grenzen hinweg zu etablieren.

Ermittlungsausschuß Aachen
Vereinsstr. 25
52062 Aachen

Für weitere Informationen ebenfalls ansprechbar:

Soliplenum 13.6. Koeln
c/o Infoladen Koeln
Ludolf-Camphausen-Str. 36
50672 Koeln
Fax: 02 21/510 27 65

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