texte zum knast
Freiheit kennt keine Knäste (Zur Funktion des Knastes) Knast und Justiz gehören zu den wichtigsten Bestandteilen des staatlichen Versuches, eigene Herrschaftsansprüche durchzusetzen und die Verwertbarkeit der zu Beherrschenden auf längere Sicht zu sichern. Ein gut funktionierendes System sozialer Kontrolle gewährleistet dabei, daß die herrschaftsstabilisierenden Werte und Normen weitervermittelt werden und deren Einhaltung kontrolliert werden kann. Das geschieht in der Familie, im Kindergarten, in der Schule, in der Kirche und auch vor der Glotze. In der Regel klappt " Erziehung " zur braven BürgerIn, die die herrschenden Werte und Normen verinnerlicht hat, auch problemlos. Kommt es trotzdem zu Regelverletzungen oder kommt es zu Versuchen, sich der staatlichen Verwertung zu entziehen oder sie gar zu bekämpfen, treten die verschiedensten Kontroll - und/ oder Bestrafungsinstanzen auf den Plan ( gemeint sind damit vor allem Bullen / Justiz, aber auch Ämter, z.B. Arbeits-, Sozial-, Jugendamt , und psychiatrische Einrichtungen ). Dieses System funktioniert dadurch, daß alle Teile dieser sozialen Kontrolle miteinander verschachtelt sind und aufeinander aufbauen. Versagt eine der Instanzen, schaltet sich sofort die nächste ein und an deren Ende stehen dann Knast und Psychiatrie. Den Menschen wird so die absolute Gültigkeit, aber auch Wirksamkeit der bestehenden Gesetze vor Augen geführt und sie darüber in ihrem angepaßten Verhalten bestärkt. Das Gefühl der Einheit, der Identifikation mit diesem Staat wird aufgebaut. Diejenigen, die sich nicht an diese Regeln halten werden dagegen zu "schlechten Menschen" erklärt. Es wird gezielt der Eindruck erweckt, es handele sich bei den Gefangenen generell um "gewaltätige Verbrecher" ( tatsächlich sitzen ca. 70 % aller Gefangenen wegen Eigentumsdelikten im Knast ), vor deren blutrünstigen Aktivitäten nur der Staat Schutz bieten kann.Beispielhaft ist dies an Hand der Kriminalisierung der vietnamesischen VertragsarbeiterInnen zu sehen.Durch Ineinandergreifen von Medien und Politik wird aus Menschen, die nichts anderes tun als ein paar Mark durch Kippenverkauf zu verdienen, die "alles mordende Zigarettenmafia", die zum Schutz der Bevölkerung schleunigst weggesperrt und aus diesem Lande geschafft gehören. ( So wird in Berlin nach der Eröffnung des Abschiebeknastes in Grünau, der Knast Kruppstraße mit den modernsten Überwachungsanlagen ausgebaut, um von dort die "besonders gefährlichen" VietnamesInnen abzuschieben.) Durch die Schaffung scheinbarer Fronten klappt die Spaltung immer besser. Erwerbslose gegen Erwerbstätige, deutsche ArbeiterInnen gegen die aus anderen Ländern....und im Knast dann DrogengebraucherInnen gegen Nicht - GebraucherInnen, "politische" Gefangene gegen "soziale" oder auch Resozialisierungswillige gegen "VollzugsstörerInnen". So wird gespalten und gegeneinander ausgespielt, bis endlich keineR mehr merkt, wo der eigentliche Feind ist. In Ruhe können die Herrschenden weiter ihre Geschäfte betreiben und es ist für sie relativ egal welche Leute im Knast sitzen, solange das Funktionieren des Gesamtsystems weiter gewährleistet ist. Welche Gruppe wann verstärkt kriminalisiert und eingeknastet wird, ist eher abhängig von ihrer propagandistischen Ausschlachtbarkeit als von der tatsächlichen, von ihr ausgehenden "Gefahr für die Allgemeinheit". Die einzige Gefangenengruppe, die von dieser Austauschbarkeit nicht betroffen ist, ist die, die auf Grund ihrer gegen die herrschenden Verhältnisse gerichteten Aktionen eingefahren ist. In diesem Fall setzt der Staat allein auf unmittelbare Unterdrückung und Vernichtung. Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, daß Forderungen nur in die Richtung der Abschaffung aller Knäste gehen können und daß sie sich dabei nicht auf einzelne Gefangenengruppen beziehen können. Dadurch würde indirekt die herrschaftssichernde Spaltungspolitik des Staates mitgestaltet werden. ( Wir sind uns über die Widersprüchlichkeit des Gesagten wohl bewußt, denn noch haben wir keine Konzepte zum Umgang z.B. mit Vergewaltigern oder Faschisten entwickelt.) Ohne alles gleichmachen zu wollen, spielen im Knast ähnliche Mechanismen eine Rolle, wie das auch "draußen" deutlich wird. Wichtige Forderungen im Kampf drinnen und draußen können dabei sein - Abschaffung von jeglicher Form der Zwangsarbeit - Abschaffung jeglicher Sonderhaftbedingungen - Abschaffung von Zensur und Behinderung von freier Kommunikation - Abschaffung von Maßnahmen, die an die Stelle von Knast getreten sind. Adressat für diese "Forderungen" kann letztendlich nicht der Staat sein, denn sein Überleben hängt ja genau von diesen Strukturen ab. Es sind Bedingungen, die von uns erst erkämpft werden müssen und sich in ihrer Konsequenz nicht nur auf den Knastkampf beziehen dürfen. Wir träumen von einer anderen besseren Welt und die uns die träume nehmen wollen sie wissen warum sie kommen nicht vor darin (Quelle: radikale Zeiten Nr. 1, November 1995)
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kombo(p) | kombo@riffraff.ohz.north.de | 01.07.1997