Die Asylbewerber des Heimes in Taucha
Graßdorfer Str. 75
04425 Taucha
An das Regierungspräsidium Leipzig
Braustr. 2
04107 Leipzig
Taucha, den 14. Juni 2000
Betrifft: Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes im Verwaltungsbereich des Regierungspräsidiums Leipzig
Wie Ihnen bekannt ist, sind Asylbewerber, die sich mindestens 36 Monate lang in Deutschland aufhalten, berechtigt, nach dieser Zeit anstelle der Versorgung mit Lebensmittelpaketen Geldlei-stungen zu erhalten. Diese Regelung ist vor einiger Zeit für die ganze Bundesrepublik mit Gültigkeit ab 1. Juni 2000 wieder beschlossen worden. In allen Ländern der BRD sowie im Ver-waltungsbereich der sächsischen Städte Dresden und Chemnitz wurde diese Regelung ebenfalls ab 1. Juni umgesetzt. Nur im Bereich der Stadt und des Regierungspräsidiums Leipzig nicht.
Aus diesem Grunde kam es Anfang Juni dieses Jahres in Leipzig zu Protestaktionen der Asylbewerber: Am Montag, den 5.6.2000, hatten rund 150 Männer, Frauen und Kinder des Asyl-bewerberheimes in der Torgauer Straße dagegen protestiert; einige Tage zuvor waren rund 150 Bewohner des Asylbewerber-heimes in der Liliensteinstraße in Grünau aus Protest in einen Hungerstreik getreten. Über diese Ereignisse wurde auch in der Leipziger Volkszeitung informiert.
Am Mittwoch, den 7.6.2000 hat nun die Stadtverwaltung Leip-zig auf den Asylbewerberstreik reagiert und nach Mitteilung des Sozialbeigeordneten Jürgen Zimmermann soll nun kurzfristig damit begonnen werden, nach Einzelfallprüfungen an die Be-rechtigten das Geld anstatt der Lebensmittelpakte auszuzahlen. Doch dies betrifft nur die Asylbewerber in der Verwaltungsho-heit der Stadt Leipzig, nicht des Landkreises Delitzsch, zu dem das Asylbewerberheim in Taucha gehört. Das verstehen wir nicht.
Hinzu kommt, daß nicht einmal eine Übergangsregelung durch-geführt wurde, die vorher in Leipzig realisiert wurde, indem das Taschengeld ab 1. Juni erhöht wurde: Die Asylbewerber in der Stadt Leipzig, die über drei Jahre hier sind, erhielten statt der bisherigen 80,- DM Taschengeld für den Juni 2000 nun 123,70 DM Taschengeld. Aber wir aus dem Tauchaer Heim erhielten am 7. Juni nur wie bisher 80,- DM Taschengeld.
Wir protestieren dagegen, daß wir Asylbewerber, die im Kreis Delitzsch untergebracht sind, anders behandelt werden als alle anderen Asylbewerber in Sachsen, speziell in den Städten Dres-den, Leipzig und Chemnitz.
Auch wir Asylbewerber im Heim in Taucha sind politische Flüchtlinge; wir sind vor Diktatoren geflohen und viele von uns haben gegen die Diktatur in ihrem Heimatland gekämpft. Viele von uns sind auch schon über 36 Monate lang als Asylbewerber hier. Wir haben die gleichen Rechte, wie die Asylbewerber, die sich in der Zuständigkeit anderer Städte oder Kreise des Landes Sachsen befinden.
Wir bitten daher das Regierungspräsidium Leipzig, dafür zu sorgen, daß das Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend dem Erlaß des Innenministeriums mit Gültigkeit ab 1. Juni 2000 auch im Zuständigkeitsbereich des Kreises Delitzsch für die Asylbe-werber, die sich mindestens 36 Monate lang in Deutschland aufhalten, anstelle der Lebensmittelpakte Geldleistungen erhalten, und zwar rückwirkend ab 1. Juni 2000 entsprechend der gesetzlichen Regelung.
Anfügung:
Seit dem 12. Juni 2000 streiken die 200 Bewohner (incl. 30 Kin-der) des Wohnheimes und verweigern die Annahme der Versorgungspakte.
Wir werden unseren Streik erst beenden, wenn unsere Forderun-gen erfüllt werden.
Die Asylbewerber des Heimes Taucha, die länger als 36 Monate in Deutschland sind
Gemeinsame Forderungen
Forderungen der Flüchtlinge aus Taucha
Offener Brief der Flüchtlinge in Markleeberg an das Regierungspräsidium Leipzig
Protest- und Forderungsschreiben der Flüchtlinge, die in der Stadt Leipzig und in Landkreisen Leipziger Land und Delitzsch leben