Infocafe der AJA zum Thema Bankraub anhand des Buches "Va Banque"
und einem darauf basierenden Dokumentarfilm.
"Die Tresore der Banken beflügeln seit jeher die Phantasie. Hier ist gelagert,
an was es den meisten Menschen mangelt. Wer der Arbeit überdrüssig ist oder
sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, träumt von einem Lottogewinn
oder phantasiert von dem Veränderung versprechenden Bankraub. Und bei keinen
weiteren Delikt können die Täter nach einem gelungenen Coup auf soviel Sympathie
hoffen, wie nach einem Einbruch in eine Bank oder einem Banküberfall"
Wer kennt sie nicht, diese in der Einleitung zum Buch "Va Banque" geschilderte Phantasie des Banküberfalls? Genau daher stoßen der Bankräuber oder die Bankräuberin auf so viel Sympathie, bei Leuten die absolut nichts mit Kriminalität zu tun haben. Ein Bankraub ist eine Aktion bei der sich eine einzelne Person, oder eine Gruppe, einen Teil des Vermögens einer Bank aneignet. Dabei schlagen die TäterInnen im Idealfall allen, vermeintlich unüberwindbaren, Sicherheitsmaßnahmen ein Schnippchen. Die Geschichte des Bankraubs ist daher geprägt von den skurielsten Verkleidungen und Fluchtarten. Dieses Bild der BankräuberInnen als Einzelkämpferinnen die es mit Cleverness und Witz immer wieder schaffen einen übermächtigen Gegner zu besiegen macht sie so symphatisch. Bankräuber sind keine Kriminellen Superhirne oder brutale Schlägertypen. Bankräuber kann jeder und jede sein, ob nun der kleine Beamte, der sein ganzes Leben mal "was" machen wollte, die arme Rentnerin, die ihre Rente aufbessern will oder Leute die den Banküberfall zur Finanzierung politischer Arbeit nutzen.
Wen aber genau trifft jetzt der Bankraub?
Anders als etwa bei Mord oder Diebstahl, gibt es beim Bankraub keine "kleinen" Opfer. Der einzige Schaden entsteht im Allgemeinen den unbeliebten Banken bzw. deren Versicherungen. So handelt es sich beim Bankraub bzw. Tresoreinbruch um ein Verbrechen, bei dem es im Idealfall keinen Schaden für irgendeine Person gibt, sondern nur den rein materiellen Schaden für die Bank. In der Regel jedoch bleiben Banküberfälle absolut gewaltfrei, da die Bankangestellten dazu angehalten sind, das Geld ohne großen Widerstand an die Räuberin oder den Räuber auszuhändigen.
Das Buch "Va Banque" stellt eine Sammlung von kurzen Anekdoten , denk- und merkwürdigen Geschichten, rechtlichen Hinweisen, Texten zu Theorie, Praxis und Geschichte des Bankraubs dar , hat dabei jedoch keinerlei aufmunternden Charakter sondern stellt lediglich eine Bestandsaufnahme des Phänomens Bankraub dar. In Kurzen Texten wird die Entwicklung vom brutalen Postkutschenüberfall im "Wilden Westen" über den geschickten Einbruch in unterirdische Tresore bis hin zum heutigen Bankraub bzw. Bankraub per Internet geschildert. Außerdem stellt das Buch berühmte, erfolgreiche oder unglückliche Bankräuberinnen dar, erzählt etwas über politisch motivierten Bankraub und die dahinter stehende Theorie. Es werden die Spektakulärsten Raubzüge der Geschichte geschildert, ob nun von Serientätern in den USA der 20er Jahre oder von verzweifelten Ersttäterinnen die durch Glück ein "großes" Ding landen.
Bankraub als Teil linker Politik
"Politik kostet Geld- militante Politik kostet mehr Geld. Nur der geworfene
Stein ist kostenlos, auch der Molli hängt kaum vom Spritpreis und dem der Pfandflasche
ab. Utensilien zum Fälschen von Papieren sind schon teurer, illegale Wohnungen
und Autos erst recht. Deshalb standen schon die Anfang der siebziger Jahre gegründeten
Stadtguerillagruppen wie eigentlich die gesamte linke vor der Frage: Wer soll
das bezahlen, wer hat soviel Geld?"
Für einige, wie die "Bewegung 2. Juni" war diese Frage schnell geklärt. Sie wollten nicht, dass - im Gegensatz zur kapitalistischen Normalität- für Geld jemand dran glauben muss, ihnen ging es nicht um Einbrüche in Kioske oder Privatwohnungen, ihnen ging es um ein in Frage stellen des Systems. Die Umverteilung von oben nach unten war jedoch nur ein netter Nebeneffekt, der Hauptgrund für die Banküberfälle der Bewegung 2. Juni war die Finanzierung der eigenen Arbeit oder anderer linker Projekte.
Klaus Viehnmann, ehemals Aktivist der Bewegung 2. Juni, schildert in einem lebhaften Artikel die Entwicklung der Gruppe im Umgang mit Banküberfällen. "Eine Bank zu machen" oder noch schlichter "banken", war die damalige Ausdrucksweise, nie wurde davon gesprochen eine Bank zu Überfallen." Manche, die bei anderen Anlässen ihren Mut bewiesen hatten, bekamen hier zittrige Knie. Bei den Überfällen des 2.Juni, waren meist 2 erfahrene Leute und zwei unerfahrene beteiligt, so sollten Ängste abgebaut und durch zahlenmäßige Überlegenheit das Risiko von Gegenwehr reduziert werden. Die Polit - "Banker" versuchten das Bedrohungszenario für Bankangestellte und KundInnen so erträglich wie möglich zu gestallten, sie ließen zwar durch das offene zur Schau Stellen schwerer Bewaffnung keinen Zweifel an ihren Absichten, versuchten jedoch durch nette zuvorkommende Art, die Ängste der Menschen zu mildern.
Trotz der wachsenden Abgebrühtheit der AktivistInnen kam es immer wieder zu kleinen Pannen. So erzählt Klaus Viehmann über das Einpacken der Beute: " Man sollte meinen, in einer deutschen Bank, bei deutschem Kassenpersonal würde Ordnung herrschen. Weit gefehlt, nur manche Geldbündel lagen ordnungsgemäß in der Geldschublade und auf dem Zählbrett. Mehr wurde in diversen Schubladen, in der Butterbrotdose oder gar ganz unten im Papierkorb aufbewahrt- kein Wunder, dass man /frau dazu überging die ganze Kassenbox zu filzen und alles auf den Boden zu kippen. In der Hektik konnte es geschehen auf einen nun von Papierstapeln bedeckten Alarmknopf zu treten, was neben einem durchdringenden Klingeln ein mehrstimmiges " Das war ich nicht" der Bankangestellten erzeugte.
Bei all der Leichtigkeit mit der Klaus Viehmann die Banküberfälle beschreibt, darf mensch nicht vergessen, dass die meisten der Aktivistinnen des 2.Juni, wegen ihren anderen Aktionen ohnehin schon mit langjährigen Haftstrafen zu rechnen hatten und die zu erwartenden Strafen für die Banküberfälle nicht ins Gewicht fielen
Abschließend zieht Klaus Viehmann Bilanz: " Die Frage, ob sich "banken" gelohnt haben, ist die Frage, ob sich linke Politik lohnt. Bei der zählt aber nicht der Gewinn, sondern zu gewinnen. Ohne die "Banken" wäre Stadtguerillagruppen und andere mit dem Geld agierenden Projekten wenig effektiv gewesen. Aber ihr politischer Erfolg hing viel stärker von der historischen Situation und der politischen Kräfteverhältnissen ab. Genügend Notgroschen war da nur ein einzelner Aspekt. und eine Sorge weniger.