Das Flugblatt zu "Alternative Kick"
Die Fussballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland gilt als das sportliche Großereignis in diesem Jahr. Nun ja, irgendwie scheint es zumindest am Rande um Sport und Fussball zu gehen. Die WM ist vielmehr ein Paradebeispiel für den kommerziellen Ausverkauf des Fussballs. Ein Fussballturnier als Wirtschaftsevent, als Werbeshow für Großunternehmen und den „Standort Deutschland“, bei dem es um Milliarden Euro geht und alles nach ökonomischen Gesichtspunkten ausgerichtet ist. Das Unternehmen FIFA, der sog. Fussballweltverband, rechnet mit einem WM-Umsatzerlös von 1,6 Milliarden Euro, die hauptsächlich durch den Verkauf von Fernsehübertragungsrechten und exklusiven Sponsorenverträgen erwirtschaftet werden. Insgesamt 700 Millionen Euro lassen sich global player, wie Adidas, Coca-Cola oder McDonalds die Produktwerbung und Imagepflege im globalen Konkurrenzkampf um Profitmaximierung kosten, während sie Arbeitnehmerrechte in ihren Produktionsstätten überall auf der Welt mit Füßen treten. Doch auch Nürnbergs Unternehmen sollen von der WM profitieren, 35 Millionen Euro Umsatzplus erwartet der hiesige Einzelhandel. Dass nebenbei das Ladenschlussgesetz ausgehebelt und damit auch hier ArbeitnehmerInnenrechte abgebaut wurden, wird kaum wahrgenommen.
Während sich das Wirtschaftsevent WM vornehmlich an finanzkräftige KonsumentInnen wendet, bietet die Fussballweltmeisterschaft aber auch allen anderen das Gefühl dazu zu gehören. Noch nie war der nationale Taumel und die Verkaufszahlen von schwarz-rot-goldenen Identitätsmerkmalen so hoch. Ein Ruck soll durch Deutschland gehen, aber noch vielmehr die weiteren Kürzungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich, Lohnsenkungen und Arbeitsplatzabbau „versüßen“. Ein Schelm wer denkt, dass dadurch auch rassistische Resentiments geschürt werden.
Nachhaltig wirken auch die Sicherheits- und Überwachungsverschärfungen, die im Zuge der Fussball-WM nicht nur in und um die Stadien eingeführt wurden, sondern auch den gesellschaftlichen Alltag mehr und mehr prägen. Gebetsmühlenartig predigt Bayerns Innenminister Beckstein, dass es keine „Polizeifestspiele“ geben werde, die Realität im Bundesliga-Alltag sieht allerdings anders aus. Absurde Vorschriften, polizeiliche Schikanen und Stadionverbote sind für Fussballfans allgegenwärtig und auch in der Nürnberger Innenstadt sollen zur WM all jene entfernt werden, die nicht ins Bild von Umsatz und Konsum passen. 40.000 Polizeibeamte beteiligen sich in ganz Bayern an den „Festspielen“, hinzu kommen zahlreiche private Sicherheitsdienste und die bis zu 7000 Bundeswehrsoldaten, deren Auftreten im Inneren zur gesellschaftlichen Normalität werden soll. Daneben erhält eine datenschutzrechtlich bedenkliche Überwachung Einzug in den (Fussballfan-)Alltag, dies gilt sowohl für die lückenlose Videoüberwachung in Stadien und an öffentlichen Plätzen als auch für die Erprobung neuer Überwachungstechnologien wie das RFID-Chipüberwachungssystem in den WM-Tickets. Schöne neue (Fussball)-Welt...
Mit Veranstaltungen, Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit will „Alternative Kick“ Kritik an der Fussball-WM äußern, Gegenakzente setzen und (Fussball)-Kultur anders präsentieren. Statt Profitmaximierung und kommerziellen Ausverkauf soll die Fussballbegeisterung im Vordergrund stehen, sollen Freiräume und Möglichkeiten für eine lebendige, eigeninitiierte, selbstbestimmte und solidarische (Fussball)-Kultur geschaffen werden, soll Öffentlichkeit und Protest gegen Polizeiwillkür und Repression erzeugt werden, soll Gleichberechtigung und Solidarität im Mittelpunkt stehen.
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