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verrückte WM

Der Mann am Plärrer, so Mitte 40, kann es nicht glauben. Als Hartz IV-Empfänger hatte er vor der WM seine letzten Euro in Deutschland investiert. Genauer gesagt in ein Trikot von Michael Ballack, einen schwarz-rot-goldenen Schal, eine Mütze und natürlich die große deutsche Fahne, auf die er besonders stolz war und die tagein tagaus vor seinem kleinen Balkon in der Fürther Straße im Wind wehte. Alles zusammen gab es als Schnäppchen bei Lidl für 69,95 Euro, bereits nach 2 Tagen war das Angebot restlos vergriffen.
Auch "Du bist Deutschland" hatten ihm Politiker und Arbeitgeberverbände immer wieder versprochen, ein Ruck sollte durch´s Land gehen, der nationale Taumel Sozialkürzungen und Arbeitslosigkeit vergessen machen. Und nun das. Gerade hatten WIR gegen Ecuador das letzte Vorrundenspiel, ein grausames Spiel. Erst kürzlich hatten die Südamerikaner zuhause wieder einmal ihren Präsidenten zum Teufel gejagt und spielten UNS vielleicht deshalb förmlich an die Wand. Ausgeschieden. Aus. Schluss. Vorbei.
Schlagartig hat die soziale Realität das Land wieder im Griff, gerade noch wollten Merkel und Müntefering im WM-Hype die Gesundheitsreform durchpeitschen - Pustekuchen. Es ist überhaupt eine kuriose Fussball-Weltmeisterschaft. Ein AWACS-Aufklärungsflugzeug der Bundeswehr stürzte bereits während des Eröffnungsspiels auf der Suche nach Osama Bin Laden in den Starnberger See. Statt 7000 waren es nach dem ersten Spieltag nur mehr 6995 Soldaten, die UNS vor Terror und Giftgas-Attentat schützen sollten. Stattdessen sorgte Nürnbergs Polizeipräsident beim ersten Spiel der iranischen Nationalmannschaft für einen internationalen Skandal. Noch am Flughafen ließ er den iranischen Co-Trainer in Abschiebehaft nehmen, weil er die Frage nach den Namen von 3 deutschen Mittelgebirgen nicht beantworten konnte. Dass der leitende Polizist und Familienvater selbst gegenüber Journalisten den Böhmerwald als Antwort gab, lässt näheres zu seiner politischen Einstellung vermuten.
Tote gab es im Übrigen auch während einer verabredeten Feldschlacht zwischen englischen, polnischen und deutschen Hooligans und Neonazis in der Sächsischen Schweiz. Einer der Toten war überraschenderweise ein Beamter des bayerischen Unterstützungskommandos (USK), der sich in seiner Freizeit mit Kameraden an der Massenkeilerei beteiligte. Schier zur Verzweiflung brachte die Sicherheitskräfte auch der Hacker-Angriff auf die Datenbank der FIFA. Die unbekannten Computer-Freaks hatten die RFID-Chips der Eintrittskarten manipuliert und mit persönlichen Daten afghanischer, irakischer und syrischer Einwohner gespeist. Die Spiele der USA fanden daraufhin vor leeren Rängen statt. Condoleezza Rice und Wolfgang Schäuble kündigten an, den Chaos Computer Club in ihre Terrorlisten aufzunehmen und gnadenlos zu verfolgen.

Partystimmung herrschte hingegen in den VIP-Logen der Stadien. Sponsoren und die Führungsriege der FIFA hatten ihre milliardenschweren Gewinne längst ins Trockene gefahren. In der Schweiz hatte es seit Wochen nicht mehr geregnet. Von den Fussball-Spielen selbst hatten die meisten allerdings nur wenig mitbekommen. Im VIP-Paket waren schließlich Froschschenkel, Kaviar, Hummer, Schampus und osteuropäische Prostituierte inklusive, selbstverständlich legal importiert. Aus diesem Grund hatten die Hauptsponsoren Adidas, Coca-Cola, Deutsche Telecom, Master Card und Mc Donalds die VIP-Logenfenster mit Werbebanner verhängt und damit gleich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Gerüchten zu Folge sollen sich die Firmenmanager, der FIFA-Vorstand und Kaiser Franz während einer Swingerparty in der Münchner Allianz- Arena darauf verständigt haben, spätestens zur nächsten WM 4 Werbepausen pro Spiel einzuführen sowie den Spielern und Zuschauern die Logos der Hauptsponsoren auf die Stirn zu tätowieren. Unklar ist bisher noch, ob bei Live-Übertragungen im Fernsehen bei jeder Spielunterbrechung ein Werbeblock eingeblendet werden soll und das Spiel erst danach wieder angepfiffen werden darf. Willkommen in der schönen neuen Fussballwelt!

Alternative Kick

Die Fussballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland gilt als das sportliche Großereignis in diesem Jahr. Kritik daran gibt es zu Hauf, vom nationalen Massentaumel bis hin zum Fall des Ladenschlussgesetzes. Das Milliardengeschäft WM wirkt nachhaltig, nicht nur für die Konten der Sponsoren und Wirtschaftsunternehmen, sondern auch in Sicherheitsgesetzen und Überwachungsverschärfungen. Kommerzialisierung und Repression lassen kaum Platz für eine lebendige und selbstorganisierte Fankultur, die WM hat längst den (Stadion)-Alltag erreicht. Alternative Kick tritt an, um Kritik zu äußern und Gegenakzente zu setzen.

Kontakt: alternative-kick@web.de

Donnerstag, 11.Mai 2006, ab 8.30 Uhr, Stadthalle Fürth Made in Hell - gegen die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen bei Adidas weltweit
Protestaktion zur Adidas Aktionärsversammlung

Mittwoch, 24. Mai 2006, 19.00 Uhr,
Tatort Stadion - kick racism out of football
Martin Endemann vom Bündnis Aktiver Fussballfans (BAFF) informiert zu Rassismus und Neonazi-Aktivitäten in deutschen und europäischen Fussballstadien sowie Gegenaktivitäten aus der Fanszene
(Alternative Kick in Zusammenarbeit mit Radikale Linke (RL) Nürnberg)

Dienstag, 30. Mai 2006, 19.30 Uhr,
Tatort Fussball-WM....Gegenakzente zu Kommerzialisierung, Repression und Diskriminierung im Fussball
Informations- und Diskussionsveranstaltung zur Kritik an der Fussball-WM sowie den Gegenakzenten zum kommerziellen Ausverkauf, zu staatlicher Repression und Diskriminierung im Fussball-Alltag mit dem Bündnis Aktiver Fussballfans (BAFF), den Ultras Nürnberg sowie einem Organisator der Mondiali Antirazzisti.
Freitag, 02. Juni 2006, ab 19.00 Uhr,
Alternative Culture Kick
Das subkulturelle Fussball-Highlight der außergewöhnlichen Art mit sportlichen Höchstleistungen, grandiosen Filmen, wahren Kicker-Größen und DJ-Teams, die 45 Minuten Zeit haben, ihr Bestes zu geben. Sonst wird abgepfiffen.

alle Veranstaltungen:
Desi/Brückenstr.21/Nürnberg

Mittwoch 12. Juli bis Sonntag, 16. Juli 2006
1 0 . a n t i r a s s i s t i s c h e Fußballweltmeisterschaft in Montecchio (Italien)
www.mondialiantirazzisti.org














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