Unvollständige Chronologie neonazistischer Vorfälle in Aachen & Umgebung ab dem Jahre 2000
Bei dieser Auflistung handelt es sich um eine Auswertung der örtlichen Presse und der Beobachtungen von AntifaschistInnen. Zu beachten ist, daß sehr viele ähnlich gelagerte Vorfälle erst gar nicht ans Licht der Öffentlichkeit geraten und/oder durch die Polizei ein neonazistischer Hintergrund verschwiegen oder geleugnet wird.
Frühjahr 2000:
Aachen und Eschweiler (Kreis Aachen): Auf mehreren Schulhöfen werden über Nacht neonazistische Flugzettel verstreut, größtenteils mit Aufdruck der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten". Im gleichen Maße werden rechtsextreme, vor allem ausländerfeindliche Parolen auf Wänden aufgesprüht.
Baesweiler (Kreis Aachen): Zahlreiche SchülerInnen des örtlichen Gymnasiums scharen sich um zwei, drei Jungnazi-Aktivisten und lassen sich immer wieder zum Verkleben rechtsextremer Propaganda animieren
Aachen: Im Bereich Lindenplatz/Eilfschornsteinstraße kommt es zu mehreren Pöbeleien und tätlichen Übergriffen auf Jugendliche, in einem Fall auf einen Obdachlosen. Begleitet sind diese Vorfälle von ausländer- bzw. "linken"-feindlichen Kommentaren. Die Täter sind augenscheinlich Gäste der Kneipe "Söller" am Lindenplatz. Neonazis werden auch häufig in der Kneipe "Cheers" am Templergraben gesehen.
Aachen: Die neonazistische Burschenschaft "Libertas Brünn" am Muffeter Weg 15 veranstaltet einen Diskussionabend mit dem Neonazi Horst Mahler.
Aachen: In auffälliger zeitlicher Nähe zu Fußballspielen des örtlichen Vereins "Alemannia Aachen" tauchen immer wieder neonazistische Aufkleber und Schmierereien im Innenstadtbereich und entlang der Jülicher Straße auf. Während dieser Fußballspiele werden von einer bis zu 80-köpfigen Gruppe, die sich vor allem aus Jungnazis aus den Städten im Kreis Aachen zusammensetzt, wiederholt neonazistische Parolen skandiert.
Aachen: Zwei Fensterscheiben der antifaschistisch orientierten Fachschaft Philosophie in der Kármánstraße werden mit Steinen eingeworfen. Weiterer Schaden wird nur durch einen zufällig anwesenden Fachschaftsangehörigen vereitelt, auf dessen Auftauchen hin die Täter die Flucht ergreifen.
Inden und Langerwehe (Kreis Düren): Eine Clique von jugendlichen Neonazis und ihrem Anhang bedroht wiederholt nicht-rechte Jugendliche. Die Aktivisten der Gruppe haben regen Kontakt zum neonazistischen Schulungszentrum "Bildungswerk Deutsche Volksgemeinschaft" (BDVG) in Eschweiler-Dürwiß.
Aachen: Der örtliche Neonazi Reinhard Wolter unternimmt mehrere provokante Auftritte in von AntifaschistInnen frequentierten Kneipen sowie im "Autonomen Zentrum".
Sommer 2000:
Aachen: Über Nacht werden im gesamten Innenstadtgebiet tausende anti-amerikanische Flugzettel der neonazistischen Hooligan-Gruppe "Grenzland Szene" verstreut
Aachen: Ca. 15 Neonazis, überwiegend auswärtige Führungskader der "Jungen Nationaldemokraten", marschieren am Rande der Karlspreisverleihung am Aachener Lindenplatz auf und lauschen einer antisemitischen Rede des Neonazi Horst Mahler. Einzige örtliche TeilnehmerInnen sind Oliver Harf und zwei weitere von der Burschenschaft "Libertas Brünn". Durch massiven Polizeischutz können die Neonazis ihre Kundgebung trotz wütender Proteste herbeigeeilter AntifaschistInnen planmäßig abhalten. Einige AntifaschistInnen werden von der völlig überforderten Polizei kurzzeitig in Gewahrsam genommen.
Aachen: Ein Mitglied der Burschenschaftsliste "aktiv" verkündet am Rande der Hochschulwahlen Drohungen gegen eine nicht-rechte Studentin.
Herzogenrath (Kreis Aachen): Im Stadtteil Kohlscheid werden unzählige rechtsextreme Flugzettel verstreut, die zum Gedenken an den Nazi-Kriegsverbrecher Rudolf Heß aufrufen. An mehreren Plätzen werden entsprechende Parolen auf Wände gesprüht.
Aachen: Die Burschenschaft "Libertas Brünn" am Muffeter Weg lädt zu einem Diskussionsabend mit dem NPD-Funktionär Jürgen Schwab. Die Veranstaltung kann nur wegen des massiven Protests von ca. 80 AntifaschistInnen nicht stattfinden.
Aachen: Der "Cartellverband der Katholischen Studentenverbindungen" (CV) hält sein jährliches Treffen in Aachen ab. Die Schirmherrschaft übernimmt der RWTH-Geschichtsprofessor Max Kerner. An einem "Festzug" vom Dom zum Markt nehmen auch Mitglieder der neofaschistischen Burschenschaft "Libertas Brünn" teil.
Aachen: In der offiziellen Programmzeitschrift zum "Historikertag", der in diesem Jahr an der RWTH-Aachen stattfindet, findet sich ein Inserat des "Grabert Verlag", der unter anderem Bücher vertreibt, die den Holocaust leugnen.
Aachen: Ein älterer Mann wird in einem Linienbus am Elisenbrunnen von jugendlichen Neonazis tätlich angegriffen, nachdem er sie wegen ihrer ausländerfeindlichen Sprüche zur Rede gestellt hatte. Der Vorfall wird nur publik, weil es sich bei dem Mann um einen Schauspieler an einem Aachener Theater handelt.
Eschweiler (Kreis Aachen): Im Stadtteil Dürwiß wird das erst kurz zuvor aufgestellte Ortseingangsschild "Stadt ohne Rassismus" über Nacht abgeknickt und entfernt. Gleichzeitig werden tausende von der "Grenzland Szene" unterzeichnete neonazistische Flugzettel im Stadtteil verstreut.
Echt (Niederlande): Ca. 60 deutsche und niederländische Neonazis formieren sich zu einem "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch".
Aachen: Im Frankenberger Viertel tauchen Plakate auf, die zu einem DVU-Parteitag einladen.
Aachen: In der Brabantstraße wird ein Getränkemarkt, dessen albanischer Betreiber zuvor Streit mit drei Skinheads hatte, mit Hakenkreuzen beschmiert. Vier Tage später wird der Getränkemarkt durch einen Brandanschlag verwüstet.
Düren: Der "Bund der Vertriebenen" veranstaltet seinen "Tag der Heimat" unter örtlicher CDU-Schirmherrschaft mit Rüdiger Goldmann als Festredner. Goldmann hatte sich wiederholt in neofaschistischen Publikationen geäußert.
Herbst 2000:
Roetgen (Kreis Aachen): Eine Buchhandlung, die sich in ihrer Schaufenster- dekoration gegen Rechtsextremismus und Gewalt ausgesprochen hatte, wird auf ihrer gesamten Fassadenfläche mit Aufklebern der NPD beklebt.
Ostbelgien: Vor allem in den ländlichen Regionen werden flächendeckend Wahlwerbeplakate des "Front National" geklebt.
Erkelenz (Kreis Heinsberg): Etwa zehn Jugendliche ziehen ausländerfeindliche Parolen brüllend durch den Stadtteil Gerderath.
Wassenberg (Kreis Heinsberg): Der örtliche Friedhof wird zum Teil verwüstet. Einzelne Gräber werden mit Davidsternen und Hakenkreuzen beschmiert. Kurz zuvor hat sich - zufällig? - der rechtsextremistische "Thule Multimedia Verlag" von Maria-Luise Malcoci in der Gemeinde angesiedelt. Malcocis Ehemann Christian war bereits in den 80er Jahren in der inzwischen verbotenen FAP aktiv.
Eschweiler (Kreis Aachen): In der Nacht nach einem bundesweiten Aufmarsch von Neonazis in Dortmund werden an zahlreichen Stellen Hakenkreuze und rassistische Parolen geschmiert.
Kerkrade (Niederlande): Der Neonazi Christian Malcoci aus Neuss gibt seine geplante Kandidatur für den Gemeinderat im Jahr 2002 bekannt. Er will für die Partei "Nederlandse Volks Unie" (NVU) antreten, in deren Reihen auch immer wieder militante Neonazis auftauchen.
Winter 2000:
Geilenkirchen (Kreis Heinsberg): In dem Dorf Kogenbroich kommt es zu zahlreichen Anschlägen auf das im Bau befindliche Asylbewerberheim, auch nach dem Einzug der BewohnerInnen werden weitere Angriffe verübt, u.a. ein Schußwaffen- anschlag. Die Dorfbevölkerung stellt sich nahezu geschlossen gegen die Anwesenheit der AsylbewerberInnen.
Aachen: Wiederholt kommt es im Innenstadtbereich zu tätlichen Angriffen gegen alternativ gekleidete Menschen. Begleitet sind diese Übergriffe von faschistischen Kommentaren. In einem Fall erleidet eine Studentin schwere Gesichts- verletzungen.
Kerkrade (Niederlande): Rund 20 Neonazis aus Deutschland und den Niederlanden, unter ihnen die ehemaligen FAP-Funktionäre Siegfried Borchardt ("SS-Siggi") aus Dortmund und Christian Malcoci, versammeln sich mit der Absicht, ausländerInnenfeindliche Flugblätter zu verteilen.
Aachen: Die Neonazis Reinhard Wolter, ehemals FAP, und Sascha Wagner, Junge Nationaldemokraten, versuchen Einfluß auf die "Interessengemeinschaft der Alemannia-Fanclubs" zu nehmen.
Frühjahr/Sommer 2001:
Herzogenrath (Kreis Aachen): Im Ortsteil Kohlscheid tauchen zunehmend großflächige Hakenkreuzschmierereien auf.
Kerkrade (Niederlande) und Würselen (Kreis Aachen): Bis zu 150 aus ganz Deutschland und den Niederlanden angereiste Neonazis marschieren in beiden Städten unter dem Schutz der Polizei auf und verbreiten faschistische Propaganda.
Aachen: Am Rande des Fußballspiels Alemannia Aachen - FC St. Pauli versammeln sich bis zu 50 Neonazis.
Düren: Ein Schüler droht in einem anonymen Schreiben mit einem "Massaker" an mehreren Schulen, für den Fall daß diese weiterhin von ausländischen SchülerInnen besucht werden.
Aachen: Im Stadtgebiet sind zunehmend Neonazis unterwegs. Parallel dazu sind gehäuft Autos, die mit neonazistischer Propaganda bedruckt sind, zu sehen. Den Vogel schießt ein Stolberger Neonazi ab, dessen silberner Opel Astra AC-AT 195 mit einem großflächigen Keltenkreuz, das in der Nazi-Szene als Hakenkreuz-Ersatz gilt, und dem Schriftzug "world wide white pride" beklebt ist.
Aachen: Die antisemitische Sekte "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" (BüSo) tritt über Wochen beinahe täglich mit Infotischen vor der zentralen RWTH-Bibliothek in Erscheinung.
Aachen: Erneut lädt die neofaschistische Burschenschaft "Libertas Brünn zu öffentlichen Vortragsveranstaltungen auf ihr Haus ein. Zeitgleich wird bekannt, daß der "Alte Herr" Holger Dux (Burschenschaft Alania) als Mitglied einer revisionistischen Vereinigung ausgerechnet Projektleiter der Anne-Frank- Ausstellung in Aachen ist.
Stolberg: In der Nacht zum 14. Juli ziehen neun angetrunkene Neonazis randalierend durch die Innenstadt. Sie rufen Parolen wie "Deutschland den Deutschen" und "Sieg Heil", bedrohen einen Anwohner und werfen mit Bierflaschen. Selbst in einer neofaschistischen Hochburg wie Stolberg (wo nicht nur die DVU im Stadtrat sitzt und sich jahrzehntelang die Zentrale der "Wiking-Jugend" befand, sondern auch die örtliche "Junge Union" zur "Zeckenjagd" aufruft) ist ein solcher Vorfall nicht alltäglich. Die Polizei greift zunächst ungewohnt konsequent durch und nimmt alle Beteiligten vorübergehend fest. Aber schon zwei Tage später ist von einer "wahrscheinlich nicht politisch motivierten Tat" die Rede...
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