Seit dem Juni-Krieg von 1967 hält Israel den Gaza-Streifen und die Westbank besetzt. Bis heute hat sich keine der grossen Parteien Israels definitiv geäussert, wie sie sich das weitere Schicksal der besetzten Gebiete, und das heisst in erster Linie der dort lebenden palästinensischen Menschen, vorstellt.
Eine Lage perspektivlos in der Schwebe zu lassen, die von allen politischen Kräften als unhaltbar begriffen wird, begünstigt naturgemäss abenteuerliche Lösungsmodelle. Man warnt in Israel quer durch die Parteien vor der "demographischen Zeitbombe". Gemeint ist damit: Schon heute ist die Bevölkerung von "Grossisrael" (Staat Israel plus besetzte Gebiete) zu 38% palästinensisch. Im Jahr 2000 würde die jüdische Mehrheit in "Grossisrael" auf 55-57% geschrumpft sein, und etwa vom Jahr 2020 an würde es eine arabische Mehrheit geben. Ein solcher Staat würde, was von nahezu allen politischen Kräften als grosses Unglück gesehen wird, seinen "jüdischen Charakter" verlieren. Er würde entweder ein bi-nationaler Staat sein, oder er müsste mit diktatorischen Mitteln die Bevölkerung der besetzten Gebiete als Menschen geringeren Rechts behandeln, wie es in der Praxis ja bis heute geschieht.
Also müsste man, um den Jüdischen Charakter. des Staates zu retten, entweder die besetzten Gebiete oder deren Bewohner loswerden. In den letzten Jahren haben die Stimmen zugenommen, die einen "Transfer" der palästinensischen Bevölkerung aus den besetzten Gebieten oder sogar auch aus Israel befürworten. Mit anderen Worten: die Vertreibung! Diese Stimmen kommen seit 1987 nicht mehr allein von den Rechtsextremisten der kleinen Kach-Partei, sondern auch von namhaften Politikern der stärksten Regierungspartei Likud und von den Nationalreligiösen.
Eine Gegendemonstration bei der wöchentlichen Mahnwache der "Frauen in Schwarz" im Frühjahr 1989
Über zwei Punkte besteht bei allen Parteien des zionistischen Spektrums Konsens:
Immerhin betrachtet die sozialdemokratische Arbeitspartei einen Teil der besetzten Gebiete im Prinzip als verhandelbar. Sie stellt dabei sicherheitspolitische Erwägungen in den Vordergrund: Israel brauche in erster Linie einen stabilen Frieden in gesicherten Grenzen; dafür seien "territoriale Zugeständnisse" ein notwendiger Preis.
Das hört sich besser an, als es in der realpolitischen Substanz ist. Erstens will die Arbeitspartei ausser dem schon 1967 annektierten Ostjerusalem auch rund ein Drittel der besetzten Gebiete endgültig dem Staat Israel einverleiben. Zweitens macht die Arbeitspartei die Voraussetzung, dass in den von Israel geräumten Gebieten auf keinen Fall ein palästinensischer Staat entstehen darf.
In der politischen Praxis läuft dies darauf hinaus, die zu räumenden Gebiete an Jordanien zurückzugeben. Diese Idee wird aber von allen Teilen der palästinensischen Gesellschaft abgelehnt. Auch König Hussein hat inzwischen seine Ansprüche auf die Gebiete explizit aufgegeben. Insofern stellt das Projekt der Arbeitspartei keine realpolitische Alternative dar.
Für den Likud steht fest, dass Westbank und Gaza "für ewige Zeiten" israelisch bleiben müssen. Ebenso fest steht aber auch, dass die Rechten die Palästinenser der Westbank und des Gaza-Streifens ausserhalb der israelischen Gesellschaft halten wollen. Israel soll die Gebiete schlucken, aber die Gefahr einer palästinensischen Majorität vermeiden. Dieser Widerspruch scheint ohne Krieg und Vertreibung nicht auflösbar. Deshalb hat der Likud es überhaupt nicht eilig, auf eine formale Annexion der Westbank und des Gaza-Streifens zu drängen.
Die offizielle Option des Likud sieht etwa so aus: Westbank und Gaza werden durch jüdische Einwanderung und strukturelle Massnahmen mehr und mehr "israelisiert". Dazu gehört die allerdings längst illusorische Zahl von einer Million Neueinwanderern und Israelis, die bis zum Jahr 2000 in den Gebieten angesiedelt worden sein sollen. Irgendwann, wenn die Voraussetzungen gegeben und die Umstände günstig sind, würden die Gebiete formal annektiert. Der palästinensischen Bevölkerung könnte kommunale Autonomie gewährt werden, aber sie soll die jordanische Staatsbürgerschaft behalten und vom jedem Einfluss auf die Israelische Politik ausgeschlossen bleiben. Die Palästinenser der Westbank und Gazas würden in dem Staat, der sie politisch und militärisch beherrscht, kein Wahlrecht haben und überhaupt Menschen zweiter oder dritter Klasse bleiben.
Auch dieses Modell ist realpolitisch nicht realisierbar, weil die angestrebte "jüdische Mehrheit in den besetzten Gebieten weniger denn je zu erreichen ist, und weil die Erwartung, dass sich Hunderttausende Palästinenser freiwillig und für alle Zeiten mit einem Kolonialstatus zufriedengeben würden, spätestens durch die Intifada radikal widerlegt ist.
Es ist unwahrscheinlich, dass die Rechten selbst an dieses Modell glauben. Eher scheinen sie sich darauf zu verlassen, dass die Geschichte wieder einmal für Israel arbeiten könnte und dass sich durch den Lauf der Dinge irgendwann die Gelegenheit ergeben wird, den Widerspruch zu lösen, dass man ein Territorium gewinnen, aber dessen Menschen loswerden will. Es geht also um eine Situation, in der im Rahmen eines kündigen Kriegs oder eines bewaffneten Aufstands in den besetzten Gebieten der Mechanismus von Massenflucht und Massenvertreibung noch einmal in Gang gesetzt werden könnte.
Auf dem Schild steht: "Stoppt die Intifada jetzt! Erschiesst nicht die Araber - werft sie aus Israel raus!"
1987 war das Jahr des Peres-Plans, benannt nach dem damaligen sozialdemokratischen Aussenminister Peres, der dieses Projekt im Herbst 1986 gemeinsam mit Ägyptens Mubarak entwickelt hatte. I m Zentrum des Peres-Plans sollte eine Verständigung mit Jordanien über eine Machtteilung in den besetzten Gebieten stehen. Nach den Vorstellungen von Peres sollte Israel etwa ein Drittel der Westbank endgültig annektieren und für den Rest zu einer gemeinsamen Verwaltung mit Jordanien kommen. Letzterem sollten dabei kommunale, fiskalische und teilweise auch polizeiliche Aufgaben zufallen, während die militärische Sicherheit und damit auch die faktische Souveränität in israelischen Händen geblieben wären.
Um Jordaniens König Hussein gegen den Vorwurf des Verrats abzuschirmen und ihm den Einstieg in direkte Verhandlungen mit Israel zu erleichtern, sah der Peres-Plan als Rahmen eine internationale Konferenz unter Einbeziehung der UdSSR vor. Diese Konferenz sollte aber nur eine symbolische Auftaktveranstaltung ohne Kompetenz sein.
Der Peres-Plan wurde vom Regierungschef Schamir blockiert, der von einer internationalen Konferenz und einer Beteiligung der UdSSR an Verhandlungen prinzipiell nichts hält. So nützte es auch nichts, dass Peres mit Hussein im April 1987 insgeheim schon eine weitgehende Verständigung erreicht hatte, die dann durch eine Veröffentlichung der US-Regierung kompromittiert wurde. Hussein reagierte mit einer öffentlichen Erklärung, in der er jede weitere Zuständigkeit für die besetzte Westbank ablehnte.
Der Beginn der Intifada im Dezember 1987 unterstrich die Aussichtslosigkeit der Idee, mit Jordanien anstelle der Palästinenser zu sprechen. Damit war der Peres-Plan definitiv gescheitert.
1988 war das Jahr des Shultz-Plans, benannt nach dem damaligen US-Aussenminister. Auch diese Konstruktion enthielt wieder die internationale Konferenz als rein symbolisches Element, das der Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen Israel und einer gemischten jordanisch- palästinensischen Delegation vorangehen sollte. Gesprochen werden sollte zunächst über eine Übergangsperiode von drei Jahren und dann über den "endgültigen Status. der Gebiete. Wie dieser konkret aussehen sollte, war nicht Gegenstand des Shultz-Plans. Negativ legte sich Shultz aber schliesslich doch fest, indem er sich ausdrücklich zu den "Drei Nein. der israelischen Aussenpolitik bekannte: kein palästinensischer Staat, keine Rückkehr zu den Grenzen von 1967, keine Verhandlungen mit der PLO.
Ausser bei Peres fand Shultz mit seiner Idee nirgendwo Zustimmung. Die angesprochenen arabischen Regierungen erklärten, dass es an der PLO vorbei keine Regelung geben könne. Schamir lehnte nach wie vor die internationale Konferenz ab; ausserdem kritisierte er den Zeitplan des Shultz-Projekts als zu knapp.
Die Parlamentswahlen in Israel am 1. November 1988 stellten einen wichtigen Einschnitt dar, indem sie das rechte und rechtsextreme Lager leicht, aber entscheidend stärkten. Damit war die vor allem 1987 hochgehende Hoffnung der Arbeitspartei, demnächst die Führung in der Regierung zu übernehmen, auf absehbare Zeit zerschlagen. Erledigt war damit auch die in 1987 und in der ersten Hälfte 1988 vorhandene Neigung der US-Regierung und massgeblicher jüdischer Verbände der USA, Peres gegenüber Schamir leicht zu favorisieren. Peres musste aus dem Amt des Aussenministers in das des Finanzministers umziehen, die Arbeitspartei stellte jede aussenpolitische Initiative ein.
Lange Zeit hatte die PLO es abgelehnt, die Existenz des Staates Israel anzuerkennen und mit diesem zu verhandeln. Für die PLO kam nichts anderes als ein Staat auf dem ganzen Territorium des historischen Palästina in Frage, was die Auflösung Israels voraussetzte. In dem palästinensischen Staat sollten Juden nur als Religionsgemeinschaft, aber nicht als Nationalität gleichberechtigt sein.
In diesen Fragen haben sich die Positionen der PLO schon seit Mitte der 70er Jahre schrittweise gewandelt. Schrittweise deshalb, weil die neue Politik, die massgeblich von Arafat entwickelt und durchgesetzt wurde, angesichts der absoluten Unbeweglichkeit Israels immer wieder auf starke Opposition in der PLO stiess. Arafat hatte sich gegen den Vorwurf zu wahren, ein unrealistischer Phantast zu sein, der dem Feind permanent Zugeständnisse mache, ohne Gegenleistungen zu erhalten.
Eine definitive Wende in der PLO-Politik brachte erst die 19. Sitzung des Nationalrats, des palästinensischen Parlaments, im November 1988. Es wurde nicht nur die Gründung des Staates Palästina erklärt, sondern zugleich die Existenz Israels anerkannt. Damit ist klargestellt, dass die Forderung nach einem palästinensischen Staat sich nur auf Westbank, Gaza und Ostjerusalem bezieht. Am Fernziel eines multinationalen Palästina-Staats, der das heutige Israel einschliessen würde, wird zwar festgehalten, doch zugleich gesagt, dass dies zum einen vielleicht nur ein ",Traum. sei, und zweitens keinesfalls anders als mit dem Willen der jüdischen Bevölkerung Israels realisiert werden könnte.
Den Beschlüssen der 19. Nationalratstagung folgte einen Monat später die Erklärung der US-Regierung, sie sei nunmehr zu direkten Gesprächen mit der PLO bereit. Dieser Dialog, von der PLO und weiten Teilen der palästinensischen Bevölkerungen mit grossen Hoffnungen betrachtet, erwies sich allerdings bisher als unfruchtbar. Die USA haben die Gespräche bisher ausschliesslich dazu benutzt, Druck auf die PLO auszuüben und sich zum Sprachrohr israelischer "lnitiativen" und Forderungen zu machen. Die Erwartung, dass die USA vielleicht endlich einmal auch Druck in umgekehrte Richtung machen und ihre absolut einseitige Parteinahme für Israel mässigen könnten, erwies sich als illusorisch.
Nach den Beschlüssen des Nationalrats und der Aufnahme amerikanisch- palästinensischer Gespräche machte die US-Regierung deutlich, dass sie nun auch Neue Ideen. von Israel erwarte. Das müssten aber, um international zu überzeugen, wirklich neue Ideen sein, und nicht etwa solche, die in der Vergangenheit schon einmal diskutiert und abgelehnt wurden.
Jitzchak Schamir erläutert, welche Eigenschaften "der akzeptable Palästinenser" haben soll: Anti-PLO; Informant; Steuerzahler; im Besitz einer Waffenlizenz (die nur Kollaborateure von der israelischen Militärregierung erhalten); Mitglied der (von Israel gegen die PLO installierten) Dorfliga; Leser von Zeitschriften Jabotinskys (Begründer der zionistischen Strömung, die heute vom Likud verkörpert wird) und im Begriff zu emigrieren.
(aus: The Jerusalem Post, 27.9.89)
Schamir sollte diese "neuen Ideen" bei seinem Besuch in den USA im April 1988 vorlegen. Kurz vorher inszenierte er im März das einmalige Schauspiel einer Conference on Jewish Solidarity with Israel in Jerusalem. 700 Leader der jüdischen Diaspora aus aller Welt, vor allem Vertreter der grossen jüdischen Verbände der USA, folgten dem Ruf Schamirs, sich schützend vor Israel zu stellen und ihm damit einen Blankoscheck für die Bekämpfung der Intifada zu geben. Wieder einmal gelang es, unter dem alten Schlachtruf "Israel kämpft um sein Überleben" die grosse Mehrheit der offiziellen Judenheit zum Zurückstellen ihrer Kritik an Israel und zum komplizenhaften Schulterschluss zu nötigen.
So gestärkt hätte Schamir in Washington sogar einen alter Harzerkäse als brandneue Idee auftischen können, und sich dennoch des Beifalls der US-Regierung und der US-Regierung für seinen "konstruktiven Schritt" sicher sein können.
Der Schamir-Plan besteht aus vier Punkten, von denen aber nur der letzte interessant ist. Dort wird vorgeschlagen, unter den Palästinensern der besetzten Gebiete "freie Wahlen" durchzuführen. Das Wort "frei" wird unmissverständlich definiert: die Wahlen sollen "frei sein von Einschüchterung und Terror durch die PLO". In diesem Sinn ist selbstverständlich die Aufrechterhaltung der israelischen Militärverwaltung die entscheidende Voraussetzung für die "Freiheit" des Wahlvorgangs.
Gewählt werden soll einzig und allein eine Delegation, die dann mit Israel über eine "lnterimslösung" zu verhandeln hat, bei der es um "kommunale Selbstverwaltung" gehen soll. Später sollen Verhandlungen über eine "endgültige Lösung" folgen.
Die von Scharon geführte rechtsextreme Fraktion der Likud-Partei setzte Anfang Juli im ZK des Likud eine Reihe von Zusätzen durch:
Alle diese Punkte entsprechen an sich mündlichen Erläuterungen, die Schamir ohnehin schon öffentlich zu seinem "Friedensplan" abgegeben hatte. Mit der formalen Beschlussfassung darüber im Likud-ZK war aber noch einmal ganz provokativ demonstriert worden, dass der Schamir-Plan selbst für die allergemässigsten Sektoren der palästinensischen Nation keine Verhandlungsbasis sein kann.
Die PLO-Spitze hatte auf den Schamir-Plan zunächst widersprüchlich reagiert: einerseits hatte das PLO-Exekutivkomitee ihn als "taktischen Schachzug" zur Täuschung der Weltöffentlichkeit verurteilt. Andererseits hatten Arafat und sein derzeit wohl engster Berater, Bassam Abu Scharif, versucht, sich auf die Idee von Vertretungswahlen in den besetzten Gebieten positiv einzulassen und den Schamir-Plan nur im konkreten Detail mit eigenen Forderungen zu konfrontieren. Diese wären, so Bassam Abu Scharif:
Das Scheitern des Schamir-Plans veranlasste den ägyptischen Präsidenten Mubarak, im September einen eigenen 10-Punkte-Plan zu veröffentlichen, der insgeheim der israelischen Regierung schon im Juni übermittelt worden war. Der Mubarak-Plan sieht vor:
Der Likud lehnte den Mubarak-Plan selbstverständlich sofort und kategorisch ab. Positiv äusserten sich hingegen die Arbeitspartei und die US-Regierung. Diese positive Aufnahme bezieht sich indessen weniger auf die konkreten Punkte des Plans, die teilweise sogar weiter gehen als die von der PLO-Spitze ins Gespräch gebrachten Wahl- Voraussetzungen. (Punkte 4 und 8) Tatsächlich haben die Sprecher der Arbeitspartei auch gar nicht mehr gesagt, als dass der Mubarak-Plan eine "Verhandlungsgrundlage" sein könne. Israels Arbeitspartei und das US-Aussenministerium sind sich überdies einig, dass der Mubarak-Plan überhaupt nicht in Widerspruch oder Konkurrenz zum Schamir-Plan stehe, sondern diesen lediglich konkretisiere und ergänze.
Der interessanteste Teil des Mubarak-Plans steht nämlich gar nicht in den 10 Punkten, sondern separat neben ihnen: Noch vor den Wahlen - die wohlgemerkt nur der Bildung einer Gruppe für Verhandlungen mit Israel dienen sollen - soll unter Vermittlung Kairos ein "israelisch-palästinensischer Dialog" beginnen. Die palästinensischen Teilnehmer dieser Gespräche will Mubarak benennen. Es wäre dann vermutlich schwer einzusehen, warum noch mühevoll eine Verhandlungsgruppe in den besetzten Gebieten gewählt werden soll, während der "Dialog" bereits begannen hätte. Daher läuft der Mubarak-Plan letztlich nur darauf hinaus, irgendeine Art von israelisch- palästinensischen Gesprächen zu beginnen, bei denen die Palästinenser ihre Delegation nicht selbstbestimmt zusammensetzen dürfen.
Die PLO hat folglich diesen Plan, dessen einzige praktische Konsequenz wäre, dass an der PLO vorbeimanövriert werden könnte, abgelehnt. Dies allerdings - im Gegensatz zur Intifada- Führung in den besetzten Gebieten - weder klar noch definitiv, sondern in zweideutigen, teilweise auch direkt einander widersprechenden Äusserungen. Offenbar wollte die PLO nicht einfach den kleinen taktischen Vorteil verspielen, der sich aus der negativen Position des Likud zum Mubarak-Plan und dem erhofften Widerspruch zwischen Likud und US-Regierung in dieser Frage zu ergeben schien.
Tatsächlich drückte die Ablehnung des Mubarak-Plans auf Schamirs Image in den USA, ausgerechnet wenige Wochen vor einer geplanten Reise Schamirs in die USA. In dieser Situation wurde die US-Regierung nach Monaten der totalen Passivität in Sachen Nahost wieder aktiv und lancierte den nach ihrem Aussenminister so benannten Baker-Plan. Dieser Vorschlag knüpfte eng an Mubaraks "Dialog"-ldee an, berücksichtigte jedoch bereits wesentliche Kritikpunkte des Likud an der ägyptischen Initiative. Der Baker-Plan besteht aus folgenden fünf Punkten:
Die PLO lehnte den Baker-Plan erst einmal rundum ab. Arafat erklärte, dass die Mitglieder einer palästinensischen Delegation selbstverständlich nur von der PLO bestimmt werden könnten.
Überraschenderweise blockte aber auch der Likud ab, mit offensichtlich an den Haaren herbeigezogenen Einwänden. So behauptete Schamir, obwohl dies durch den Text der fünf Punkte klar widerlegt wird, dass der Baker-Plan die PLO nicht von Verhandlungen ausschliesse und dass ausserdem nicht sichergestellt sei, dass nur über die Frage der Wahlen gesprochen werden dürfe.
Die US-Regierung kam daraufhin Schamir noch weiter entgegen, indem eine "modifizierte" Version des Baker-Plans nachgereicht wurde. Sie erhält nun noch klarer die Bestimmung, dass als solche bekannte PLO-Mitglieder ebenso wie Personen, die derzeit nicht in den besetzten Gebieten leben (also z.B. auch Ausgewiesene) nicht zur palästinensischen Delegation gehören dürften; ausserdem wurde noch schärfer formuliert, dass ausschliesslich über die Modalitäten der Vertreter- Wahlen gesprochen werden dürfe. In dieser Version stimmte die israelische Regierung schliesslich dem Baker-Plan "unter Vorbehalt" zu.
Da die PLO schon die erste Version des Baker-Plans zurückgewiesen hatte, war die noch weiter zugunsten Israels modifizierte Version selbstverständlich von vornherein kein ernsthafter Vorschlag. Als einziger Zweck blieb nur noch übrig, Schamir ein halbes "Ja" zu ermöglichen und das Ansehen der israelischen "Friedenspolitik" zu verbessern.
Es muss weiter davon ausgegangen werden, dass selbst die moderatesten Positionen in der PLO einerseits, im israelischen Regierungslager andererseits, nach wie vor viel zu weit auseinanderliegen, um eine Vermittlung zuzulassen. Solange die "Drei Nein" in Israel Konsens bleiben, sind gar keine Verhandlungen möglich, weil sie weder einen Verhandlungsgegenstand noch einen Verhandlungspartner vorsehen. Die palästinensische Hoffnung, nach den sehr kompromissbereiten Beschlüssen des PLO- Nationalrats vom November 1988 würden die USA eine "ausgewogenere" Haltung einnehmen, erwies sich als naive Illusion. Zwei Jahre nach Beginn der Intifada ist noch immer kein "Licht am Ende des Tunnels" für eine Friedenslösung zu erkennen.