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Die psychischen Auswirkungen der Staatsgewalt haben schon viele von uns zu spüren bekommen und es ist nicht verwunderlich, dass gerade nach dem Erleben von Repression auch psychische Zusammenbrüche auftreten.
Sei es, dass die Konfrontation ganz hautnah ist, oder dass Menschen hilflos mitansehen müssen, wie andere verprügelt werden. Die Gefühle von Furcht, ohnmächtiger Wut und extremer Hilfslosigkeit, die bei Einsätzen des Gewaltapparates ganz normal und einkalkuliert sind, können dann plötzlich stark ausgeprägt auftreten und in einen Zusammenbruch münden. Zittern, spontane Heulkrämpfe, ziellose Handlungen, Apathie und Teilnahmslosigkeit sind akute Anzeichen eines "Psychoschocks", die schon kurz nach dem Erlebten einsetzen. Aber auch später, manchmal mit langer Verzögerung, kann es zu Schlafstörungen, Alpträumen, filmartigen Erinnerungen an bestimmte Szenen, Stimmungsschwankungen ohne ersichtlichen Grund, ungewöhnlichen Sinneseindrücken, wie beispielsweise CN/CS-Geruch in völlig kampfstoffreier Umgebung, und anderen individuell sehr verschiedenen Folgen kommen. Dauer, Heftigkeit und Ausprägung dieser Symptome sind sehr unterschiedlich und die Übergänge fliessend. Erste Hilfe ist schon, sich drum zu kümmern! Das bedeutet: Raus aus dem Gewühl und für Ruhe und Sicherheit sorgen. Meistens hilft es auch, in den Arm genommen zu werden, aber natürlich niemals gegen den eigenen Willen! Lasse Emotionen einfach frei laufen und nimm sie vor allem ernst.
Manche Menschen sind nach Schockerlebnissen so ausgeklinkt, dass es schwierig ist, sie "runterzuholen". Hier hilft, so bescheuert das klingt, gemeinsames Atmen. Wenn Du Dich nach der schnellen hechelnden Atmung einer Betroffenen anpasst, um laut und gut hörbar immer langsamer zu werden, bis ihr wieder bei Deiner normalen Atemfrequenz angelangt seid, beugst Du schon frühzeitig einer schweren körperlichen Krise, der sogenannen -> Hyperventilation, vor.
Bei Psychokrisen ist es besonders wichtig, alles anzukündigen, was Du tun möchtest. Jede Zweideutigkeit kann Unsicherheit und Angst verstärken. Der beste Schutz ist auch hier wieder die Gruppe, die Demos gemeinsam vorbereitet und auch nachher bespricht. Wichtig ist vor allem der Austausch persönlicher Emotionen. Nach unseren Erfahrungen ist es sinnvoll, Aktionen und die dabei auftretenden Eindrücke und Gefühle gründlich nachzubereiten und innerhalb Deiner Gruppe das Problem psychische Belastungen bei der Konfrontation mit der Staatsgewalt zu diskutieren.
Eine Gruppe, die solidarisch und verbindlich miteinander umgeht, ist der beste Schutz vor Verletzungen, Festnahmen und Resignation.
Medizinisch äussern sich extreme psychische Belastungen häufig in einem Hyperventilationsanfall. Das ist eine Atemstörung, die besonders in Stresssituationen auftreten kann. Erkennen kannst Du sie an der typischen schnellen und sehr flachen Atmung. Manchmal kommt ein Kribbeln in den Händen oder ein Taubheitsgefühl hinzu. Hin und wieder kannst Du auch eine unnatürliche Handhaltung ("Pfötchenstellung") beobachten.
Das Problem bei einer Hyperventilation ist nicht die Atmung an sich, sondern die Psyche der Betroffenen. Gehe behutsam und beruhigend vor, wenn nötig verlasst das Getümmel. Durch ein ruhiges Gespräch kannst Du meistens wieder eine normale Atemfrequenz herstellen. Gelingt das nicht, halte einen Beutel oder eine Plastiktüte vor ihre Nase und Mund. Hierdurch atmet sie ihre eigene Atemluft ein. Das sollte innerhalb weniger Minuten helfen.