Nach Polizeiangaben hatten sich auf dem Platz 500, nach Mitteilung der Veranstalter
über 1 000 Teilnehmer versammelt. Geprägt war die Kundgebung von den Ereignissen des G-8-Gipfels in Genua. In
verschiedenen Redebeiträgen wurde darauf hingewiesen, daß das vierte antirassistische Grenzcamp Teil einer
internationalen Kette von Camps ist, und der Protest gegen den G-8-Gipfel sich in den Widerstand gegen die Politik der
führenden Industrienationen der Welt eingliedert.
Wie in den Jahren zuvor, so der erste Beitrag auf dem Römerberg, richte sich das nun begonnene Grenzcamp »gegen das
deutsche Grenzregime, die Abschottungspolitik der EU und gegen die zahlreichen Formen und das Zusammenspiel von
staatlichem und individuellem Rassismus in diesem Land«. Nachdem das Grenzcamp dreimal an der Ostgrenze
Deutschlands stattgefunden habe, sollten in diesem Jahr besonders die inneren Grenzen in den Blick genommen werden:
Damit gemeint sei unter anderem »das feinmaschige Netz, das sich für die meisten Menschen mit deutschem Paß fast
unbemerkt über das ganze Land erstreckt«. In der Praxis sind das regelmäßige Ausweiskontrollen durch den
Bundesgrenzschutz an den wichtigsten deutschen Bahnhöfen, Videoüberwachung, Razzien an Arbeitsplätzen,
Personenkontrollen an belebten Plätzen der Innenstädte. Dieses unsichtbare Netz, das den »Nicht-Deutschen« und
»Nicht-Weißen« die Luft zum Atmen nehme, solle in den nächsten Tagen mit vielfältigen Mitteln »sichtbar gemacht,
kritisiert und attackiert werden«. Dabei werde insbesondere der Flughafen Frankfurt am Main Ziel verschiedener
Aktionen sein. Schließlich sei der Rhein- Main-Flughafen wichtigste »Außengrenze im Innern der Bundesrepublik«.
»Wem gehört die Welt?« - unter dieser Fragestellung berichtete eine Frau von ihren Erfahrungen in Genua. Ihr war es
dabei wichtig, »daß bei allem Entsetzen über die schrecklichen Bilder vom Tod Carlo Giulianis oder die Blutlachen in der
geräumten Schule eines nicht vergessen werden dürfe: täglich werden Leute auf Demos erschossen, verschwinden,
werden gefoltert, wenn sie es wagen, die herrschenden Besitz- und Machtverhältnisse in Frage zu stellen«. Den Aufschrei
gebe es aber erst dann, wenn im reichen Westen Scheiben zu Bruch gingen und Autos angezündet würden. Deshalb sei
es wichtig, die internen Diskussionen nicht auf die Gewaltfrage zu reduzieren.
Nach der Auftaktkundgebung formierte sich eine Spontandemo, die zunächst zur Kreditanstalt für Wiederaufbau führte.
Dort wurde deren Zusammenarbeit mit der Weltbank bei der Finanzierung kritikwürdiger Großprojekte in verschiedenen
Ländern der Erde angeprangert. Den Abschluß bildete eine Kundgebung vor dem italienischen Konsulat. Hiert hatte die
Polizei starke Kräfte zusammengezogen. Beendet wurde der Protestzug mit der Forderung, alle Inhaftierten freizulassen
sowie mit dem Appell an die deutschen Sprecher von ATTAC, eine nach den Ereignissen von Genua gemachte Einteilung
in guten und schlechten Protest zu unterlassen, sich nicht der unsolidarischen Kritik gegenüber militantem Widerstand
anzuschließen.