Flüchtlinge: Flughafen war für Protest und Presse zugesperrt
Neues Deutschland 31.07.2001
von Thomas Klein -
- 03.08.2001 02:23
Teilnehmer des Grenzcamps demonstrierten gegen Abschiebungen
Seit Freitag arbeitet in Frankfurt/Main das Grenzcamp "kein mensch ist illegal". Die Teilnehmer protestieren dagegen, dass politische Flüchtlinge über den Flughafen der Bankenstadt in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.
Mit der Veranstaltung "Zwangsarbeit ausgezahlt?" an der Frankfurter Uni eröffnete am Montag das Grenzcamp "kein Mensch ist illegal" sein Programm. Parallel dazu kündigte der Arbeitskreis Umwelt Wiesbaden, eine der über 60 Bürgerinitiativen im Rhein-Main-Gebiet gegen eine Flughafenerweiterung und für ein Nachtflugverbot, eine Infoveranstaltung auf dem Camp zum Widerstand gegen den Flughafenausbau an.
Ein geplantes klassisches Konzert unter dem Titel "Musik gegen Grenzen" und die Reaktion des Flughafenbetreibers Fraport AG hatten am Wochenende am Rhein-Main-Flughafen für chaotische Szenen gesorgt. Erstmals seit den Zeiten, als gegen die Startbahn West demonstriert wurde, durften weder Besucher noch Pressevertreter am Sonntag in den Flughafen von Frankfurt/Main.
"Ja ist das Ding den gar nichts mehr wert?" Diese Frage eines Kollegen, beim Versuch in das Innere des Flughafens zu kommen, blieb unbeantwortet.
Tatsächlich hatte auch das Vorzeigen eines Presseausweises nur einen lapidaren Satz des Fraport-Sicherheitspersonals zur Folge. Der Sicherheitsdienst kontrollierte zusammen mit starken Einsatzkräften der Polizei alle Eingänge zu den Flughafen-Abfertigungshallen und erklärte: "Sie kommen hier nicht herein." Deshalb versuchten zwischen 11 und 18 Uhr auf Deutschlands größtem Flughafen Besucher und Pressevertreter vergeblich ins Flughafengebäude zu gelangen. Grund: Die Veranstalter des diesjährigen Grenzcamps "kein mensch ist illegal" hatten für 15 Uhr ein klassisches Konzert der Gruppe "Lebenslaute" im Terminal 1 angekündigt. Doch die "Musik gegen Grenzen" blieb wie die Grenzcamp-Aktivisten ausgesperrt.
Nur Personen, die ein Flugticket vorzeigen konnten, wurden an den Eingängen durchgelassen. Für Carl Kemper, Pressesprecher des Grenzcamps, eine unverständliche Maßnahme: "Damit hat die Fraport ein Eigentor geschossen." Tatsächlich zeigten sich nicht nur viele Menschen, die ihre Angehörigen und Freunde zum Flug bringen oder abholen wollten, wenig erfreut über die Komplettabriegelung des Flughafens. Auch die weiträumigen Kontrollen der Polizei auf den Autobahnen rund um den Flughafen und an den Eingängen zu den Parkdecks am Airport hatte Konsequenzen, die zu erheblichen Unmut führten. Denn kilometerlange Staus bis zum Frankfurter Kreuz waren die Folge.
"Eine Verhinderung der Betriebsstörung, die die Fraport als Grund für ihre Maßnahme angegeben hat", so Kemper weiter, "wurde in erheblichem Maß durch den Flughafenbetreiber selbst herbeigeführt." Tatsächlich schien am Ende einer mehrstündigen Verhandlung mit einer Delegation der Grenzcamp-Aktivisten Rolf Zintel, Fraport-Sicherheitschef, nicht mehr ganz davon überzeugt gewesen zu sein, in angemessener Weise auf die Proteste gegen Abschiebungen und die Inhaftierung von Flüchtlingen am Flughafen reagiert zu haben. Um 18 Uhr genehmigte er eine Kundgebung im Terminal 1. Zuvor hatten die Musiker auf der Straße vor dem Flughafen mit klassischer Musik die Ausgesperrten unterhalten. Auf Transparenten machten außerdem die über 500 Demonstranten auf ihre Anliegen aufmerksam.
Bereits zu Beginn des Camps am Freitag hatten sich Bürgerinitiativen mit den Aktivisten von "kein mensch ist illegal" solidarisch erklärt. Wer sich, wie die Bürgerinitiativen mit dem Flughafen und seinen vielen Funktionen auseinandersetze, komme nicht umhin, sich mit dem jährlich über 10000 Abschiebungen "und den unmenschlichen Abschiebegefängnissen auf dem Flughafengelände" zu beschäftigen, so deren Erklärung.
Am heutigen Dienstag findet um 15 Uhr eine Führung auf dem »Historischen Lehrpfad« zum KZ-Außenlager der Flughafen-Anrainer-Gemeinde Walldorf statt. Auch weitere Aktionen zum Thema Zwangsarbeiter, so die Camp-Pressegruppe gegenüber dem ND, werde es in den nächsten Tagen geben. Die PDS unterstütze die Proteste in Frankfurt/Main, erklärte die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. Sie forderte, das Flughafenverfahren für Asylbewerber einzustellen.