Flüchtlingsdiskussion unerwünscht
Fraport kündigte geplantem Hearing des Grenzcamps die Räume
von Thomas Klein, junge welt 4.08.01 -
- 03.08.2001 23:43
Auf einem Hearing am Freitag an der Frankfurter Uni, veranstaltet vom antirassistischen Grenzcamp, diskutierten
Fachleute das Thema »Tod im Transit«. Als Reaktion auf eine spontane Demonstration am Flughafen hatte die Fraport
AG, Betreiberin des Rhein-Main-Flughafens, kurzfristig den Veranstaltern den Konferenzraum im »Frankfurt Airport
Center« gekündigt. Für Regine Trenkle-Freund vom Aktionsbündnis Rhein-Main gegen Abschiebungen kein Beinbruch:
»Unser Plan war es, eine Veranstaltung in der Höhle des Löwen durchzuführen. Die Kündigung ist eher ein Erfolg - wir
sind der Fraport ein Dorn im Auge.« Man werde auch weiterhin, so Trenkle-Freund zu Beginn des Hearings mit
Aktionen das Schweigen um die Abschiebungen durchbrechen. Schließlich zeige der öffentliche Druck durchaus
Wirkung: Immerhin hätten die Lufthansa und die rumänische Fluggesellschaft Tarom angekündigt, keine Abschiebungen
gegen den Willen von Flüchtlingen mehr durchzuführen.
Während des Hearings warf Claus Metz, Vertreter der Organisation »IPPNW - Ärzte in sozialer Verantwortung«
Frankfurter Rechtsmedizinern vor, Verletzungen von Flüchtlingen und die Umstände des Todes des Flüchtlings Kola
Bankole nicht ernsthaft zu überprüfen.
Zum sogenannten Flughafenverfahren merkte der Frankfurter Rechtsanwalt Helmut Becker an, daß dies ein Baustein der
Abschottung sei. Die Bundesregierung habe diese Praxis in einer Antwort auf eine Bundestagsanfrage der PDS als
»notwendig« bezeichnet. Begründung: Andernfalls käme es wieder zu einem Anstieg der Flüchtlingszahlen. Das
Flughafenverfahren zeichne sich dadurch aus, daß es nur einen verkürzten Rechtsschutz habe. Das häufig gesprochene
Urteil »offensichtlich unbegründet« bedeute, daß viele Flüchtlinge keine Zeit hätten, dagegen vorzugehen. Ein »weiterer
Hammer dieses Verfahrens« sei, daß auch traumatisierte Menschen, die während der Internierung gar nicht über die teils
schrecklichen Umstände ihrer Flucht reden könnten, in dieses Verfahren gepreßt würden. Sein Fazit: »Das
Flughafenverfahren gehört abgeschafft.«
Die Rechtsanwältin Susanne Rohfleisch, sie arbeitet in einer Abschiebehaftanstalt in Mannheim, berichtete danach von
skandalösen Vorfallen im Umgang mit Flüchtlingen. Mindestens jeder zweite Flüchtling, mit dem sie zu tun habe, würde
von Beleidigungen, Demütigungen und körperlichen Übergriffen seitens der BGS-Beamten berichten. »Wir müssen immer
wieder feststellen, daß Flüchtlinge nach versuchten Abschiebungen verletzt zurückkehren«. Daß die Flüchtlinge wie
Kriminelle behandelt würden, zeige ihre Unterbringung. In Mannheim liege die Abschiebeanstalt auf dem Gelände der
Justizvollzugsanstalt, es handele sich praktisch um einen »Knast im Knast. Und diese Menschen sind fast rund um die Uhr
eingesperrt. Die Häftlinge müssen außerdem ständig damit rechnen, daß sie abgeholt und abgeschoben werden.« Obwohl
es bei Abschiebeversuchen immer wieder zu Verletzungen komme, gingen die Flüchtlinge nur selten juristisch dagegen
vor. Auf eine Anzeige wegen Körperverletzung folge immer eine Gegenanzeige des BGS. Außerdem gebe es bei diesen
Vorfällen meist keine Zeugen, eine Anzeige wegen Körperverletzung sei so aussichtslos. »Ich habe nur dann Anzeige
erstattet, wenn es klare Beweise gab. Also blutige Kleidung, entsprechende Atteste von Ärzten und natürlich das
Einverständnis des verletzten Flüchtlings.«
Dirk Vogelskamp vom Komitee für Grundrechte und Demokratie erklärte abschließend, daß beim Umgang mit
Flüchtlingen und Migranten Benachteiligungen, Ausgrenzungen und auch Menschenrechtsverletzungen an der
Tagesordnung seien. Es gebe auch hierzulande eine große Gruppe, die von elementaren Menschenrechten ausgeschlossen
bliebe. »Menschen werden in Krieg und Folter zurückgeschickt.«
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