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pink & silver bewegt Jena und andere Orte

A new summer of resistance is coming...Ob in Strassbourg, Hamburg, Jena, Cottbus oder sonstwo auf der Welt, auch dieses Jahr wird es an verschiedensten Orten Camps geben - Camps wider Heterosexismus, Rassismus, Kapitalismus, Antisemitismus, Sexismus..., kurz: wider den herrschenden Wahnsinn! Wir, einige pink & silver-AktivistInnen vom letztjährigen Grenzcamp in Frankfurt, rufen alle pink & silver-Interessierten auf, seid mit von der Partie, vor allem aber: startet eure Camp-Tour in Jena, auf dem 5. Antirassistischen Grenzcamp vom 12. - 19. Juli! Was uns nach Jena treibt, darum soll's gleich gehen. Beginnen möchten wir damit, was wir meinen, wenn wir "pink & silver" sagen...

pink & silver ist sozialer Prozess...

Wer fragt, was pink & silver sei, erhält viele Antworten. Für die einen ist Pink & silver schillernde Erfindung der sog. Anti-Globalisierungsbewegung, in's Leben gebracht irgendwann zwischen Seattle und Prag. Andere greifen tiefer, danach hätte pink & silver zahlreiche, vor allem dynamische Verwandte - ob situationistisches Happening, Spaß-Guerilla oder Queer-Spektakel. Dies zeigt, Pink & silver ist vielstimmig, hat keine festgezurrten Identitäts-Grenzen. Ach was! pink & silver ist Experiment, ist üppig und verschwenderisch, entwirft sich immer wieder neu, je nach Anlaß, Situation und Ziel. pink & silver liegt quer zu üblichen Unterteilungen, sucht die Schnitt- und Nahtstellen, nicht nur zwischen Aktionsformen. pink & silver akzeptiert Differenzen und Vielheiten, mehr: begreift sie als Ausgangspunkt! Allein: Wo's paßt, errichtet pink & silver crossovers, ziehlt auf Dynamik, Flut und Verschiebung - ohne jedoch engstirnig und selbstgefällig zu werden. pink & silver mag beides: Solo-Auftritt genauso wie (strategische) Kooperation im Rahmen irgendwelcher Grossevents. Pink & silver ist weder Heilslehre noch Identitätsgarten, auch nicht Pose oder Markenprodukt. Pink & silver ist sozialer Prozeß, ist immer nur das, was lokal daraus gemacht wird.

pink & silver is taktische Frivolität..

pink & silver ist verwegen und spektakulär: ob puschelnd, tanzend oder pyramidenbauend, Pink & silver sucht die Bühne, ist extrovertiert, ist Glitter und Glanz. Pink & silver kleckert, klotzt, ist rhythmisch und laut, kurz, ist glamouröser Pomp! Und doch: pink & silver ist mehr, Pink & silver ist listig und konfrontativ. Show, Luxus und Spektakel, alles das ist Strategie, ist tactical frivolity. Pink & silver spricht mit vielen Zungen, schockiert, wirbt, umschmeichlt, ist Taktik und Coup, und schafft auf diese Weise mancherlei: nicht nur in reale Räume einzubrechen (ob Rote Zonen, Kaufhäuser oder Flughäfen), sondern auch die öffentliche Wahrnehmung zu durchkreuzen. Konkreter: pink & silver ist ex-orbitant. Räume zu erobern (notfalls auch konfrontativ...) ist nur die eine Seite der Medaillie. Auf der anderen lauert die Lust, Menschen ihrem Normalitätsschlummer zu entreissen, sie zu packen, sie mit anderen Formen der Weltsicht zu konfrontieren. In diesem Sinne gehören zur pink & silver-performance Flugblätter, Parolen und Transparente genauso wie schrille Kostüme, Sambatrommeln und Konfrontationsartikel. Soll pink & silver auch zukünftig erfolgreich bleiben, so erfordert dies, Taktik und Style immer wieder zu variieren bzw. weiterzuentwickeln. Andernfalls droht Pink & Silver zum Abziehbild seines eigenen Pomps zu werden, d.h. langweilig und berechenbar!

pink & silver ist Kommunikation...

Egal wie pink & silver-events ansonsten verlaufen, richtig cool sind sie nur, so denn alle Beteiligten gleichermassen in deren Planung und Durchführung eingebunden sind. Praktisch erfordert dies permanentes und anti-hierarchisches Kommunizieren. Oder konkret: 1. pink & silver-Aktionen basieren auf Drehbüchern, werden also im vorheraus detailiiert durchgespielt, incl. Alternativ- und Notfallplänen. Nur so wissen alle, was tatsächlich angesagt ist (nicht zuletzt in taktischer Hinsicht!), und auch ist nur so sichergestellt, dass alle ausschliesslich das tun, wozu sie sich je individuell gewappnet fühlen. Grenzen, Bedenken und Ängste ernstzunehmen, gehört deshalb zum elementaren pink & silver-ABC - ohne dass hierdurch jedoch die ausgebremst werden sollen, die sich auf nicht-mackerhafte Weise (!) kampfeslustig und wagemutig fühlen. 2. Ein Grossteil der internen pink & silver-Kommunikation erfolgt in Kleingruppen; diese wiederum bestimmen Deligierte, welche (in enger Rückkoppelung mit ihren jeweiligen Kleingruppen) die endgültigen Entscheidungen treffen. Dieses Vorgehen beschleunigt das Kommunikationstempo, nicht zuletzt auf Aktionen, und ist ausserdem anti-hierarchisch. 3. Zur Erleichterung der kommunikativen Prozesse bedient sich pink & silver bestimmter Elemente internationaler Zeichensprache.

pink & silver ist queer...

Ganz gleich, ob pink & silver in antirassistischen, antikapitalistischen oder anderen Kämpfen am Start ist, pink & silver ist mehr, pink & silver ist gendertrouble! Denn zur Umsetzung des Konzeptes "taktischer Frivolitäten" haben pink & silver-AktivistInnen bislang vor allem auf solche Kostümierung gesetzt, welche üblicherweise in der rosa-plüschen Glitzerwelt des Queer-Spektakels zuhause ist. Und das, obwohl immer klar war, dass blosses Kleiderspektakel zu wenig ist, d.h. Heterosexismus, Zweigeschlechtlichkeit und Patriarchat überhaupt nicht in Frage stellt. Soll Kleiderspektakel politisch sein, erfordert das Grösseres: Nur wo Geschlecht, Körper und Begehren (samt patriarchaler Herrschaftsverhältnisse) als soziale Macht-Konstrukte dechiffriert und attackiert werden (Kleidertausch also "gerade mal" die Rolle spielt, politische Kritik auch auf persönlicher Ebene erlebbar zu machen), ist pink & silver gendertrouble, mehr noch, ist pink & silver queer. Denn queer zu sein, erschöpft sich nicht in der Kritik patriarchaler Umstände. Queer zu sein, heisst vielmehr, alles das radikal in Frage zu stellen, was der sogenannte Alltagsverstand als normal oder natürlich ausgibt: Geschlechter, Kapital, Ethnien/Rassen, Nationen, Deutschland etc.

pink & silver auf dem 5. Antirassistischen Grenzcamp

Das 5.Antirassistische Grenzcamp wird seine Zelte in Jena aufschlagen, und es wird eine Herausforderung sein. Soviel steht fest, jetzt schon. Denn erstmalig sind politisch organisierte Flüchtlinge (insbesondere seitens der Flüchtlingsselbstorganisation The Voice) zentral an der Vorbereitung des Camps beteiligt. Hierdurch wird nicht nur die soziale Situation von Flüchtlingen stärker als sonst beleuchtet werden. Nein, auch die Frage wird auf's Tapet kommen (bzw. ist es bereits), weshalb die antirassistische Grenzcamp-Community derart deutsch-weiss dominiert ist. Denn dieser Umstand ist alles andere als Zufall, er ist (wie es in einem Diskussionpapier zugespitzt heisst) Ausdruck der WIR-IHR-Effekte rassistischer Ein- und Ausschlussmechanismen: Indem Flüchtlinge, MigrantInnen und deutsche Weisse äusserst unterschiedlichen Existenzbedingungen ausgesetzt sind, reduziert sich die Summe möglicher Überschneidungspunkte systematisch. Das gilt für's Zentrum der deutschen Gesellschaft genauso wie ihre Ränder, also auch die Radikale Linke! Gleichberechtigter als sonst zu kooperieren, verfolgt deshalb das Ziel, gesellschaftlich produzierte Trennungen zu durchbrechen und so (jedenfalls langfristig) die Voraussetzung für trans-identitäre Bündnisse zu schaffen. Es versteht sich von selbst, dass eine solche Zielsetzung dem queeren Selbstverständnis von pink & silver aus dem Herzen spricht, ziehlt doch pink & silver auf Dynamik, Flut und Verschiebung, d.h. auf crossovers - immer und überall, wo's passt! Desto unerquicklicher ist deshalb, dass es rund um die Frage der Kooperation zwischen Flüchtlingen, MigrantInnen und deutschen Weissen zu einer Spaltung innerhalb der Grenzcampvorbereitung gekommen ist - incl. eines weiteren Camp: den Hamburger Land in Sicht Tagen. Und trotzdem: die Gründe der Spaltung mögen noch so problematisch sein - jedenfalls in unseren Augen -, politisch sind sämtliche der von uns favorisierten Camps notwendig und deshalb angesagt: 5. Antirassisitsches Grenzcamp in Jena: 12-19.7. (www.nadir.org/camp02); Internationales no-border-camp in Strassbourg: 19.-28.7. (www.noborder.org); Summercamp in Cottbus (hervorgegangen aus der crossover-conference): 3.-11.8 (www.summercamp.squat.net); Land in Sicht Tage in Hamburg:16.-23.8. (www.landinsicht.nadir.org) Es bleibt die erfreuliche Botschaft, das etliche pink & silver-Zusammenhänge und street-carneval-combos (insbesondere aus England und den Niederlanden) ihr Kommen für Strassbourg angekündigt haben. Das ist hip, chic und transnational - eine Chance, die wir nicht vergeigen sollten! (Erwähnt sei deshalb auch, das Trojan TV einen pink & silver-Mobilisierungsvideo für Strassbourg produziert hat. Please contact: trojan-tv@gmx.de)
26.06.2002