land in sicht ordnungswidrige aktionstage 16. bis 22. august 2002 in hamburg

Startseite Programm Handapparat Material
Aufrufe Protokolle Debatte Camp Veranstaltungen
Rechtspopulismus Sexualität Krieg Antisemitismus Camp-Presse

Versuch, Licht ins Dunkel der Debatte um Sexualität zu bringen

24.07.2002 - Frankfurter Vorbereitungskreis

Guten Tag!

Dieser Text ist Teil eines Versuches, Licht ins Dunkel der Debatte um Sexualität zu bringen. Denn auch, wenn Neben der Spur sie - so entpolitisierend wie schlüpfrig - in eine private, schummrige Ecke, nämlich den Schatten der Zelte, verweisen will: da gehört sie nicht hin!

Ich werde in TEIL 1 versuchen, die Anordnung der Diskussion in der Vorbereitungsgruppe zu skizzieren, so, wie ich sie wahrnahm, auf einige Passagen aus den Diskussionsbeiträgen der Debatten-GegnerInnen, also Neben der Spur und Arachne eingehen, um sie zu kritisieren und in TEIL 2 einen möglichen Horizont der Debatte(n) um Sexualität und zwar hier im Kontext von Arbeit, Leistung und Überwachung anreißen. Auf der Grundlage dieser Beschreibung ist dann Kritik sehr willkommen und selbstgerechte Polemik wird sehr überflüssig geworden sein.

TEIL 1

Das Sprechen in der Vorbereitung

Interessant ist in der Diskussion, wie wir sie bislang auf dem bundesweiten Vorbereitungstreffen geführt haben, daß die Anordnung der BeführworterInnen und GegnerInnen eines öffentlichen Sprechens über Sexualität, oder, wie ich es lieber nennen möchte, eine Kritik der Sexualität nicht entlang der Geschlechterlinien verläuft, daß verschiedene Feminismen von Frauen und Männern auf den Tisch gepackt wurden. Das betrachte ich als Fortschritt. Da liegen sie nun, die Positionen und wollen beachtet werden. Spätestens hier beginnt der Ärger und das Dilemma. Wenn die Vielfalt der Gedanken und Positionen zum Thema und der Respekt des Miteinander Sprechens, wie sie auf dem letzten bundesweiten Treffen vorhanden waren, in der Wiedergabe dieses Treffens dann doch wieder in ein "die wollen mal eben über die befreite Sexualität reden" eingetütet wird, eine Position, die nicht nur niemand formulierte, sondern die von allen explizit als Absurdität zurückgewiesen wurde, wenn diese verzerrte Wahrnehmung fortbesteht, läuft was schief. Zumindest läßt sich auf eine adäquate Wiedergabe nicht hoffen. Sei es, daß das aus persönlicher Involviertheit den Berichtenden nicht möglich war, sei es, daß - wie Olga vermutet - machtpolitische Erwägungen eine Rolle spielten, das kann dahingestellt bleiben. Wichtig ist das offenbar unbeeindruckbare Mißtrauen, das sich dahinter breit macht. Auf dieses Mißtrauen, daß aus den Texten der "einige Hamburger Frauen" und "Neben der Spur" sowie aus den Diskussionsbeiträgen von Arachne spricht, möchte ich eingehen und es nach seiner Motivation befragen.

Wohin geht die Reise?

Ich habe mich gefragt, was hinter dem so häufig formulierten Mißtrauen an eigenen Fantasien steckt und bin erst mal auf Mißverständnisse gestoßen. Schon das Zitat aus dem ersten Aufruf zu den Land-in-Sicht-Tagen, mit dem Neben der Spur ihren Text "Lustfaktor nullkommanull über normal No alternativ Sextours" übertiteln wurde zielstrebig falsch verstanden und entsprechend torpediert: "Armut, Reichtum, Rassismus, Glück, alternative Nischen, Drogen, Sex, Linke, antirassistische Gruppen, Kapitalismus, Abschiebeknäste und jede Menge Leute, die das alles auch noch so gut und richtig finden." heißt es im ersten Aufruf zur Vorbereitung eines Land-in-Sicht-Camps. Nach meiner Lesart ist in dieser für einen linken Aufruf sicherlich ungewöhnlichen Sprache mit der Aufzählung dessen, was in Hamburg alles zu finden ist keine Wertung vorgenommen, sondern eine gesellschaftliche Anordnung skizziert. Wenn hier, wie Neben der Spur schreibt "Rassismus noch ganz dialektisch mit antirassistsichen Gruppen ergänzt [wird, so doch] "Sex auf der Sonnenseite des Lebens" verortet wird, so spiegelt das meiner Meinung nach zunächst eure Lesart.

Die fortgesetzte Homogenisierung der bundesweiten Vorbereitung und darin besonders der BefürworterInnen eines politischen Sprechens über Sexualität macht mich zunehmend ärgerlich, wenn es weiter heißt: "Nicht, daß wir grundsätzlich was dagegen hätten, Sexualitäten zu diskutieren, aber schon die Art und Weise in der sich dieser Diskurs nähert, schreckt uns ab. Während einzelne dem Crossover Summercamp in Berlin ablehnend bis feindlich gegenüberstehen, sehen andere gemeinsam mit diesen, im Rahmen der Land in Sicht Tage die Gegebenheit erfüllt, mal so locker über Sex, Sexismus und Sexualität im 21. Jahrhundert zu plaudern".

Wenn zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen den Schreibenden die Positionen der DiskussionbefürworterInnen noch nicht klar sein konnten, weil die Diskussion noch nicht richtig begonnen hatte, so sollte sich das doch inzwischen geändert haben, wo die Positionen bekannt sind und mithin ist das Papier von Neben der Spur eben nicht "vorzüglich" sondern spätestens jetzt und spätestens an diesem Punkt eher ignorant. Zumindest war den Schreibenden zum Zeitpunkt des Schreibens schon klar, daß auch Leute in der Vorbereitung sitzen, die nicht das Crossover-Projekt torpedieren, sondern die sie gerade auf der Bremer Crossover-Konferenz kennengelernt hatten und daß dies zumindest die zaghafte Vermutung nahe legen könnte, daß die bundesweite Vorbereitung keine homogene Gruppe mit einheitlichen politischen Zugängen ist. Ein bißchen tendenziöse Boshaftigkeit kann ich mir nach alledem nicht verkneifen: Ist es euch denn so unvorstellbar, daß Personen mit politisch großen Differenzen diese nicht via Ausschluß und Verbot regeln, sondern statt dessen ein Interesse an - sicherlich anstrengenden, aber auch lustvollen - gemeinsamen Streits haben, gerade, weil sie nicht in allem einer Meinung sind? Wieso ist es undenkbar, daß eine politische Zusammenarbeit auch und gerade dann als spannend angesehen werden kann, wenn von Anfang eben nicht alles klar ist und der gemeinsame Ausgangspunkt keine Einteilung in richtig und falsch ist? Politik machen bedeutet für mich nicht die Setzung von Normen und das Aufstellen von "Kriterien" - auf die ihr euch ebenso konsequent bezogt wie ihr sie schuldig geblieben seid - sondern die Lust an der Auseinandersetzung und der Wille, voneinander zu lernen. Ist es euch undenkbar, von einer Person inspirierendes zu einem Thema anzunehmen, die euch an einem anderen Punkt auf die Palme bringt? Vielleicht ist euch die politische Perspektive des fortgesetzten Befragens und Weiterdenkens von Positionen, um politisch voranzukommen, um Verkrustungen auch untereinander aufzubrechen und eine fortgesetzte Diskussion unattraktiver als die Sicherheit von einmal er-diskutierten Standards? Mir nicht (mehr), und dieses Herangehen an Politik verbindet mich offenbar mit einigen anderen aus der Vorbereitung, obwohl inhaltlich zwischen uns zuweilen Welten liegen. Und für dieses Herangehen an Politik, wenn es wie ich euch hier gemeinerweise unterstelle nicht das eure sein sollte, möchte ich euch dann gerne gewinnen. Wir haben nicht nur zu verlieren, sondern zu gewinnen!

Geschichtsschreibung

Ich finde, eure Geschichtsschreibung der Auseinandersetzungen in der Linken ist etwas durcheinandergeraten. So war der Autonomiekongress Ostern 1995 und nicht - im offenbar Hamburger patriarchalen Supergaujahr - 1994. Auch ist es historisch nicht korrekt, daß auf dem Autonomiekongreß eine gemeinsame Diskussion um Sexismus gesucht wurde. Vielmehr gab es damals noch völlig verhärtete Fronten. Und die Positionen von FrauenLesben auf dem Abschlußplenum blieben - ob aus taktischem Erwägungen und Mißtrauen, von falscher Seite Beifall zu bekommen oder als originärer Ausdruck der tatsächlichen Debatte, weiß ich nicht - tatsächlich hinter dem zurück, was auch damals schon in FrauenLesben-Gruppen diskutiert wurde! Und für mich und andere "FrauenLesben" war zum Beispiel das Abschlußplenum des Autonomiekongresses ein Indiz dafür, daß nicht nur die gemischte Szene ignorant ist, sondern daß es auch mit eigenen Positionen so nicht weitergehen kann, wenn eben aus der Angst vor Beifall von der falschen Seite Richtiges nicht gesagt werden kann. Feministische Positionen, die grundsätzlich die Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen in der Szene forderten und Sexismus kritisierten, haben wunderbar machtvoll Dinge erkämpft, die es sonst nie gegeben hätte. Jedoch nicht erst, wie ihr annehmt, die Erweiterung dieser Positionen in einer selbstkritischen Auseinandersetzung um Sex und Gender, sondern bereits die antirassistische Kritik von schwarzen Frauen hat ein feministisches Sprechen über die eigene Involviertheit in rassistische und patriarchale Machtstrukturen zur Folge gehabt. Dies und die feministische Debatte um Täterinnenschaft hat für viele die Wahrnehmung des eigenen Sprechortes verändert und zwar nicht im Sinne eines Rollback sondern eines kompetenter Werdens und In-Widersprüchen-Denkens.

Talk about Sex in Cottbus, Antira in Jena - immer schön auf die Ordnung achten!

Und so komme ich, obwohl ich inhaltlich einige Bedenken und Kritikpunkte von Neben der Spur teile, z.B. das Mißtrauen gegenüber Leuten, die sich für Feminismus nie interessierten und seit den 90ern auf der Dekonstruktionswelle surfen, dennoch nicht zu euren Konsequenzen aus diesem Mißtrauen, ich halte es vielmehr für notwendig, auch den eignen Ort zu reflektieren, aus dem heraus mißtraut wird. Und diese auch selbstkritische Haltung dem eigenen Sprechen gegenüber fehlt mir in euren Textbeiträgen, die getränkt sind von Gewißheiten über die Unfähigkeit von Anderen.

Von Neben der Spur kam die Idee, das Summercamp als passenden Ort für die Debatte um Sexualität anzusehen, da dort u.a. unter dem Aspekt gender diskutiert werde und anzunehmen sei, daß dort der entsprechende Background und die nötige Sensibilität für eine solche Debatte vorhanden seien. Das erstaunt mich, wenn im gleichen Treffen von einer Frau von Arachne, die als Feministin und Gegnerin eben dieser Debatte sprach - sinngemäß formuliert werden kann, daß es doch klar sein müßte, was eine Frau und was ein Mann sei. Wenn das "der entsprechende Hintergrund" ist, den ich generell im feministisch verorteten Sprechen annehmen soll, so deutet sich jedenfalls auch bei diesem Unsensiblität gegenüber einer inzwischen Jahre alten Debatte um sex und gender an. Und die "intellektuelle Fallhöhe" die "ein aus der Spur gefallener" befürchtet findet sich offenbar auch bei Frauen und auch in den eigenen argumentativen Reihen (ohne hier Arachne und Neben der Spur in eins setzen zu wollen). Das schreibe ich nicht, um irgendwen zu denunzieren, sondern um deutlich zu machen, daß wir wohl alle (an unterschiedlichen Punkten) dumm und hereingefallen und somit geeignet sind, uns aufzufangen und voneinander zu lernen, die Aufprallhärte zu minimieren.

Abgesehen davon halte ich die diesjährige Praxis von vier Camps für keine goldene Lösung der Schwierigkeiten, die sich aus unterschiedlichen politischenInteressen und Hintergründen ergeben. Ich finde es entpolitisierend, wenn die Feministin in mir nach Cottbus fahren soll und entsprechend dann vermutlich die Antirassistin nach Jena geschickt wird. Es gibt Antirassismus auch in Hamburg und unterschiedliche Feminismen ganz offensichtlich ebenfalls.

Starke Männer, schwachen Frauen? Wer verletzt hier wen?

Doch weiter im Text: Ihr schreibt "...glauben wir aus den oben skizzierten Gründen, das diese Diskussionen, als offizielles Plenum, politisch nur dazu führen kann, das die Denunzierung von FrauenLesben-Organisierung und Antisexismus auf dem Camp ein öffentliches Forum erhält". Diese Befürchtung einer zwangsläufigen "Denunzierung von FrauenLesben-Organisierung" und Schwächung von FrauenLesben-Positionen wurde auch wiederholt - von Männern - auf dem letzten bundesweiten Vorbereitungsplenum geäußert und letzteres macht nun wiederum mich mißtrauisch. Offenbar ist diesen Männern nicht vorstellbar, daß FrauenLesben, ich sage lieber: Feministinnen, aus einer Position der Stärke heraus zu sprechen in der Lage sind und sexistisches Sprechen zurückgewiesen werden kann.

Dieser Einwand wurde bereits gemacht und wiederum zurückgewiesen mit dem Hinweis darauf, daß Gesagtes schon verletzend sein kann, auch wenn es erwidert wird.

In dieser Aussage nun verbirgt sich mehrererlei Ungutes: Sie geht zum einen von der Figur der schwachen, hilflosen und - ein altbekanntes patriarchalisches Konstrukt - verletzungsoffenen Frau aus, die sich ruckzuck durch jeden Blödsinn verletzt fühlt und dann in dieser Verletztheit verharrt. Dieses Szenario erinnert mich an die Diskussionsfigur auf dem Frankfurter Camp, wo eine entsprechend imaginierte schwache Frau auch als Begründung für Schutzbedürfnisse einiger (gewiß nicht aller!) AnlaufstellenbefürworterInnen herhalten mußte, und das, obwohl alle Seiten in der Lage waren, sich zu artikulieren.

Mir ist die Problematik der Kategorien Stärke und Schwäche und ihre Implikationen bewußt, die ich nun weiter verwende. Ohne Frage gibt es viel zu viele Situationen, in denen (sexistisches) Sprechen verletzt, so wäre es problemlos möglich, sich auch durch eure Zuschreibungen verletzt zu fühlen. Wenn das meine Argumentation in euren Ohren stichhaltiger macht, beschreibe ich euch gerne das Ausmaß meiner Wut und bei Bedarf auch Verletztheit angesichts dessen, wie einfach ihrs euch mit "der Position von FrauenLesben" und mit dem Feminismus macht. Da ich aber hoffe, auch ohne das überzeugend zu sein, bleibe ich zunächst erst mal sachlich.

Die Wahrnehmung einer Verletzung als solche und das Betrauern der eigenen Verletztheit ist sicher ebenso eine Stärke wie der Kampf gegen eine Situation und in einer Situation, in der sie sich wiederholen könnte. Beides ist verdammt anstrengend und manchmal frustrierend. Es steht jeder und jedem frei, sich entweder Situationen auszusetzen, in denen er oder sie fürchtet, verletzt zu werden, zu versuchen, sich darin zu behaupten, oder sich ihnen zu verweigern. Politisch grundfalsch und kontrollierend ist es, zu versuchen, andere - schlimmstenfalls mit Stellen der Machtfrage wie am Anfang der Debatte durch Arachne, was diese dann zurücknahmen - daran zu hindern, eine solche Konfliktsituation für sich herzustellen. (Niemand muß sich als "Teil eines Abendplenums über Sexualität sehen". Jedem und jeder ist die Organisation von Kleingruppen zu diesem Zweck freigestellt, die Distanzierung von Großveranstaltungen ebenfalls. Anderen aufgezwungen wird die Kleingruppe aber keinesfalls. Ich zum Beispiel halte sie für wenig attraktiv - das hab ich daheim, dazu brauche ich doch nicht nach Hamburg fahren. Das Camp bietet gerade eine Möglichkeit, sich mit mehr und anderen Linken auszutauschen als sonst. Die bisherigen Grenzcamps haben gezeigt, daß ein Sprechen im großen Rahmen nicht nur in Rede- und Gegenrede und nicht nur ideologisch gefärbt sehr wohl möglich ist! Ein Workshop am Nachmittag z.B. wäre für mich der richtige Rahmen.)

Zudem nimmt eure Beschreibung einer imaginierten Diskussion um Sexualität auf dem Camp einen Zustand als mit Sicherheit eintretend vorweg, der nur sexistisch bzw. katastrophisch sein könne und in dem Frauen nur verletzt werden können. Ihr stellt ihn durch beweislose Behauptungen - wie auch im Szenario der Ablehnung einer Großveranstaltung zu Israel - Palästina - Antisemitismus - damit als Diskussionsfigur zum einen her und perpetuiert zum anderen Zustände von sexistisch bedingter Verletztheit als quasi irreversibel und unheilbar. Diese Annahme, die Frauen nur schwach und verletzlich sehen kann und ihnen eine konstante Opferposition zuschreibt weise ich zurück. Ich frage mich vielmehr, was hinter diesem - in diesem Fall des bw. Treffens auffällig einheitlich - von Männern formulierten Schutzbedürfnis steht. Wenn ich euch mit den folgenden Unterstellungen Unrecht tue, so bitte ich euch bereits jetzt um Verzeihung und hilfsweise um Erklärung eurer Motivation, doch euer bequemes Beharren auf eurem Mißtrauen ohne überzeugendere Begründungen als in der Hauptsache den Verweis auf Debatten von vor 6 Jahren und ohne Befragen des eigenen Standpunktes stößt mir sauer auf. Und so frage ich euch: Ist es nicht für Männer auch bequemer, mit vermeintlich "schwachen Frauen", mit "Opfern" zu tun zu haben, für deren Belange mann eintreten kann, die zu beschützen sind, als mit als stark imaginierten oder wahrgenommenen Frauen? Daß "starke" Frauen von vielen Männern gerne als bedrohlich wahrgenommen werden, ist ja ein alter Hut. Im Falle der Identifikation mit der "weiblichen Schwäche" muß mann im vorliegenden Fall dagegen nur "den FrauenLesben-Standpunkt" übernehmen und Auseinandersetzungen erübrigen sich (scheinbar). Bei aller Dekonstruktion und Freude über die gemischte Anordnung in diesem Konflikt, hier vermute ich hinter den Äußerungen von Männern in der Debatte doch anderes als hinter denen der Frauen, was nicht heißt, daß ich die Frauen überzeugender fand. Ich hatte generell nicht den Eindruck, überzeugt werden zu sollen, leider.

Politikverständnisse, was ist zu gewinnen?

Damit komme ich zu einem weiteren Punkt, der mir in eurer pessimistischen Grundannahme nicht gefällt: die Aufgabe einer Vorstellung von gesellschaftlicher Veränderung. Was ist eure Motivation, Politik zu machen, wenn nicht die Vorstellung der Veränderbarkeit von gesellschaftlichen Verhältnissen? Und wie stellt ihr euch vor, kann Veränderung vonstatten gehen, wenn nicht im Konflikt? Wie stellen sich die in euren Ohren "richtigen Positionen und Kriterien" denn her? Vielleicht durch Osmose? Oder im Schlaf? Genetisch codiert? In Uni-Seminaren? Und wenn nein: Wo und wie und von wem habt ihr sie denn gelernt? Oder euch erarbeitet? Und wieso weigert ihr euch so beharrlich, andere an diesem Wissen teilhaben zu lassen?

Bei all den wenig neugierigen und dafür sehr selbstgewissen Zuschreibungen, die ihr vorgenommen habt, die in der Gleichsetzung eines Interesses am Sprechen über Sexualität sowie am Sex mit einem Interesse an der Inanspruchnahme der Dienstleistung Prostitution durch die Interessierten gipfelt: "wo der Matrose Land erblickt, darf auch der Sex nicht fehlen, die geile Meile. Ausnahmsweise allerdings nicht auf der Reeperbahn, sondern ganz selbstorganisiert auf dem Abendplenum des "Land in Sicht"-Camps" bei all dieser Ungenauigkeit und Entfaltung von eigenen Fantasien über Sexorgien "Sex ... selbstorganisiert ... auf dem Abendplenum" braucht es euch jedenfalls nicht zu wundern, daß euch unterstellt wird, ihr hieltet ein Sprechen über Sex für "anrüchig". Ihr habt einiges dafür getan, damit dieser Eindruck entsteht. Und seid versichert: Es gibt auch Matrosinnen mit Interesse sowohl an Land in Sicht wie auch an Sex.

Ich hatte in der Debatte bislang nicht den Eindruck, daß es euch - und damit meine ich auch Arachne - darum geht, Leute für etwas Interessantes zu gewinnen oder auf etwas Spannendes hinzuweisen. Euer Mißtrauen und euer Nein zur Debatte jedenfalls hat mich nicht überzeugt, eure Haltung, wie beschrieben, selbst mißtrauisch gemacht. Das liegt sicher auch daran, daß ich lieber überzeugt oder verführt werde, als Dinge verboten zu bekommen oder ohne überzeugende Begründung immer wieder Axiome zu hören wie "Das geht nicht" und zurückgezogene Positionen wie "Ich bin mißtrauisch". Ein bißchen mehr Bemühen umeinander würde ich mir sehr wünschen.

(Da ich aber trotz aller inhaltlicher Kritik den Stil eurer Textbeiträge zum Teil sehr amüsant fand, richte ich an dieser Stelle die Anfrage an euch, ob es noch einen Termin für eine Lesung im Café gibt. Eine Freundin von mir schreibt sehr gute Kurzgeschichten, die sich kritisch, teils provokant und ironisch, teils auch bedrückend mit den Themen Familie, Gewalt und Sexualität auseinandersetzen und ich möchte sie einladen. Vielleicht könnten wir uns ja an einem gemeinsamen Interesse für Literatur treffen?)

Und um selbst zu überzeugen möchte ich jetzt einen möglichen Horizont der Debatte um Sexualität umreißen und dabei auch die Frage von Neben der Spur, "wie kommt ein Teil der Vorbereitung auf die Idee, diese Diskussion könnte Bestandteil eines Camps gegen autoritäre Formierung sein???" erst mal zurückwerfen: Ja, wie könnt ihr denn denken, sie könne das nicht sein???

TEIL 2

Hinein in die Debatte um die Ordnung der Geschlechter

Subjektposition statt Theoriehammer

In einen möglichen Blickwinkel auf Sexualität und das wechselseitige Verhältnis von Gesellschaft/Moderne und Individuum, in dem dieses lernt, sich als sexuelles Wesen wahrzunehmen und eine Sexualität zu entwickeln, diese so zu benennen und damit in der Gesellschaft eine Rolle einzunehmen, auch auf das Erscheinungsbild von zwanghafter, einander entfremdeter und zugleich polarer Zweigeschlechtlichkeit und als "natürlich" wahrgenommener Heterosexualität als Ergebnis dieses historischen Prozesses, gibt der von Niels auf die Campseite geschickte Artikel von Peter Wagenknecht Einblick und zwar, wenn ich's richtig verstanden habe vor dem Hintergrund einer ökonomischen Kritik der Waren- bzw. Tauschform der Sexualität. So wird kritisch auf die Vernutzbarkeit von geschlechtlichen und rassistischen Zuschreibungen für den Arbeitsprozeß hingewiesen. Kritisiert werden in diesem Text auch Teile queerer Praktiken, die angetreten sind, eben diese polare Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität anzugreifen, als bloße Erweiterung des Angebots auf dem kapitalistisch determinierten Markt der Möglichkeiten.

Sex und Sexismus

So geeignet dieser Text ist, um einen theoretischen Background der Debatte anzureißen, mit ordentlichen Bezügen auf Foucault und Butler, so ungeeignet ist er doch, wenn es darum geht, sich die konkreten Auswirkungen der kritisierten Vergeschlechtlichung und der Vorstellungen der Individuen von ihrer Sexualität anzusehen und ins Sprechen zu kommen. Der Text hinterläßt eine/n überwältigt, im besten Fall ratlos und das liegt m.E. an seiner Perspektive, daran, daß er aus der Position des zum Subjekt gewordenen Kapitalismus und "der Moderne" spricht und die Position des Mensch gebliebenen Subjekts wenig beachtet.

Auf dem Hintergrund des Textes schlage ich dennoch den Versuch einer Begriffsklärung von Sexismus im Kontext des Sprechens über Sex vor: Sexismus bedeutet im Kontext des Sprechens über Sex die Zuordnung eines eindeutigen biologisch-sozialen Geschlechts an eine Person, das Sprechen über diese Person im Rahmen der Rollenerwartung der ihr zugeschriebenen Geschlechtlichkeit. Der eigene Sprechort, der Platz des Sprechers/der Sprecherin ist hierbei Teil machtförmiger, hierarchischer (sexistischer, rassistischer, etc) gesellschaftlicher Anordnungen, die es zu überwinden gilt. Dennoch und deswegen kann er nicht außen vor gelassen werden, darf aber auch nicht der einzige Grund der Legitimation werden. Dieser Definitionsversuch ist ein Versuch und birgt sicherlich Anlaß zu Auseinandersetzung, darum geht es mir, ich verfüge über keine klare Definition, sondern erwarte mir im Laufe unserer Debatten dazu, was zu lernen.

Ich schlage ein Sprechen über Sexualität aus der Position des Subjekts vor und damit das nicht zur Ich-Erzählung innerhalb des Szenetellerrandes gerät, halte ich Beispiele aus der Populärkultur für geeignet, um Eckpunkte einer möglichen Debatte zu umreißen. Denn - auch wenn "Sexualität" mit Foucault lediglich ein Konstrukt, eine Erfindung der Neuzeit und eine Bezeichnung für etwas sein mag, das lange Zeit ohne Titel und Kontextklammer als Praxis existierte, hilft uns das hier wenig, es handelt sich jedenfalls um eine der wirkmächtigsten Erfindungen der Menschheit und von ihrem Vorhandensein sollte daher erstmal ausgegangen werden.

Um folgende Fragen könnte es in einer Sexualitätsdebatte gehen: Wie stellt sich nicht psychologisch oder marxistisch allgemein, sondern konkret heute Begehren her? Welche Angebote macht die Gesellschaft, wie verhalten sich darin die Individuen? Wie und wo wird aktuell der Mensch/der Körper zu einem bestimmten Geschlecht und zur Sexualität definiert/erzogen? (Ein Beispiel: In der Antikriegsbewegung gegen den NATO-Krieg im Kosovo überlegten wir mal, eine antipatriarchale, antimilitaristische Aktion vor Standesämtern zu machen, da dort Geschlecht erstmals fixiert und damit entschieden wird, wer später Soldat, wer Krankenschwester wird., auch wenn diese platte Aufteilung der Geschlechter ja so nicht mehr stimmt. Wir haben es gelassen, weil wir befürchteten, daß das zu weit geht, es niemand versteht.)

Sex, Arbeit und der Blick der Kamera

"Nach einer Umfrage des Online-Dienstes [freenet.de] glauben mehr als 83 Prozent der Nutzer an einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftslage und Sex. Knapp zwei Drittel der Frauen und etwa 87 Prozent der Männer sehen sogar eine Verbindung zwischen Lust auf Sex und Erfolg im Beruf." FR 19.7.2002

Eine gesellschaftliche Anordnung, die Sexualität mit Leistung, die Arbeit und Erfolg mit Sex verknüpft, stellt eine hohe Anforderung an die Leistungswilligkeit der Individuen, wenn es um die Erfüllung ihrer Wünsche geht. Ein Er-Leben von Sexualität ohne zuvor und dabei geleistet und konsumiert zu haben, wird kompliziert. Der body will trainiert, gestylt, geduscht, richtig parfümiert und gekleidet sein, ehe er sich an die schwierige Arbeit des Verführens und Verführtwerdens macht. Die in den Medien inszenierte sexuelle Libertinage wird Teil des Marktes. "Das hedonistische Programm der späten Moderne (Genieße! Erlebe etwas! Habe Spaß!) raubt den Subjekten die Fähigkeit über ihre eigenen Genuss-Erfahrungen ein kompetentes Urteil zu fällen. Sie wissen nicht mehr, was sie sich wirklich wünschen. Jedes Individuum erwartet daher vom anderen, dass er oder sie ihm mitteilt, welches Objekt begehrenswert ist und wie man sich fühlt, wenn das Gewünschte endlich erlangt ist" so zitiert Lutz Ellrich in seinem Aufsatz "Zur Beobachtung des Begehrens im Container" (2000:115) Slavoj Zizek (1999:197).

Ellrich beschreibt die Anordnung des Voyeurismus in Big Brother als Versuch über das Beobachten anderer zu einer Kompetenz über die eigenen Wünsche und sinnvollen Verhaltensweisen zu gelangen, eine Anordnung, die er zum Scheitern verurteilt sieht, da sie sich "im Netz des Beobachtens der Beobachter" verfängt. (Ellrich 115)

Diese Fragestellung macht klar, daß er - und diesen Ansatz finde ich interessant - vom Menschen als einem Bedürfniswesen ausgeht, einem Wesen, daß Bedürfnisse und Wünsche entwickelt und sie erfüllt sehen möchte, wobei in Punkto Sex und Begehren das Überangebot der Gesellschaft an Handlungsweisen und Vorbildern sowie der spätmoderne Imperativ des Begehren- und Konsumieren-Müssens seiner Ansicht nach lähmend wirken. Teilen wir diesen pessimistischen Blick auf die Gesellschaft? Ein anderes Beispiel wäre der Zwang zur Arbeit, der an das menschliche Bedürfnis anknüpft, etwas sinnvolles tun zu wollen und es nur zu oft frustriert. Diese Dialektik finde ich interessanter und produktiver als etwa einen Blick auf Gesellschaft als etwas nur repressiv-ordnendes, das in unserer Debatte bspw. eine an sich "anarchische" Sexualität oder Kreativität reguliert und einzwängt. Was sind weitere äußere/innere Zwangsmechanismen, die an Bedürfnissen ansetzen? Ist das Unglück, das einer auf dem Vorbereitungstreffen in der Sexualität angelegt sah individuelles Schicksal oder gesellschaftlich bedingt? Was an Brüchigkeiten, Unsicherheiten, Bedürftigkeiten, die sich in Sexualität ausdrücken können ist "menschlich", was entspringt der gesellschaftlichen Anordnung? Welche Rolle spielt gender dabei?

So könnten erste Frage lauten und weitere Fragestellung für die Sexualitätsdebatte, die sich hier rausfiltern ließen sind:

Auf welche Weise werden Wünsche nach Sexualität, wird Begehren unserer Meinung/unserem Erleben nach strukturiert, wo erleben Personen sich als handelnd, wo als behandelt? Was daran ist geschlechtsspezifisch?

Gibt es in der Gesellschaft adäquate, sowohl sinnlich als auch moralisch akzeptable Angebote für die Erfüllung dieser Wünsche oder wird Gesellschaft und die eigene Vergesellschaftung als lediglich repressiv erlebt? Und wiederum: was daran wird als geschlechtsspezifisch erlebt?

Angenommen, die Gesellschaft kann keine zufriedenstellenden Angebote machen, wo könnten diese sich finden lassen?

Stimmt es, daß der Akt des Beobachtens aktuell zum Ersatz für eigenes Begehren, für eigene Handlung(ssicherheit) und den Zugang zur Welt wird? Ist Sehen passiv, keine Handlung?

Diese Frage ließe sich weitergehend formulieren: Ist diese unterstellte, begehrenslose, beobachtende Haltung mit ein Grund für das Desinteresse großer Teile der Bevölkerung an gesellschaftlichen Verhältnissen und für den Rückzug ins Private, für eine Haltung die sich im Wortsinn nur noch in Sicherheit sehen möchte?

Spätestens hier sollte der Bezug zu einer Gesellschaftskritik, wie wir sie im Aufruf zu den Land-in-Sicht-Tagen entworfen haben klar sein: >Was also tun, wenn Menschen auf den Hinweis "sie werden von Kameras überwacht" antworten "das ist auch gut so?"<

Der Verweis auf den Blick der Kamera führt mich zurück zu Ellrichs Text über Big Brother. Er beschreibt die Faszination und Akzeptanz der Kamera (in Big Brother) als Gewißheit für die Gefilmten/Beobachteten, gesehen und damit wahrgenommen zu werden, und zwar nicht durch die Existenz eines "unerreichbaren Anderen", einer Person, deren Gegenwart prekär ist, sondern durch die Kamera, die bleibt. "Die Kamera liebt dich". Ellrich skizziert diese Akzeptanz vor dem Hintergrund der romantischen Liebe und Sexualität, die sowohl einen privaten Platz zu zweit als auch die Anerkennung der Gesellschaft braucht. Der "Blick" der Kamera nun bietet beides: Das persönliche Gegenüber und den anerkennenden Blick der Menge. Läßt sich dieser Wunsch wahrgenommen zu werden evtl. auch in der Akzeptanz der Überwachung finden? Vor diesen Gedanken ließe sich eine solche Haltung ganz anders kritisieren, nämlich als Ausdruck eines gesellschaftlichen Mangels.

Rechtspopulismus und Sexualität

Am Ende dieser Sammlung von Fragen noch ein kleiner Exkurs zur Verbindung zwischen Rechtspopulismus und Sexualität, auch unter dem Blickwinkel der Arbeit. Ich zitiere aus einem Junlge-World Artikel von Georg Seeßlen vom 17.11.1999. Ich finde die Passage zugleich anregend und schwer greifbar, sie drückt offenbar auch seine Schwierigkeit aus, für das Phänomen Worte zu finden. Vielleicht können wir uns zusammen schlauer machen, ich kann hier - was er anreißt und nicht erfüllt - auch keine genaue Differenzierung zwischen RechtspopulistInnen und "der Mitte" in ihrer Vorstellung von Sexualität und Arbeit leisten. Aber die Verquickung von Sex-Arbeit-Glücksversprechen und gesellschaftlichem Elend scheinen mir umrissen:

"... So "löst" der Rechtspopulist das Problem der Arbeit, indem er vorwärts und zurück träumt, die Arbeit zugleich als sexuelles und als Macht-Potenzial rekonstruiert. Er sexualisiert nicht nur die Arbeit, er verarbeitet auch Sexualität. Er protestiert scheinhaft gegen die Unklarheit, gegen die Sexualität (gegen das Glück oder auch nur das kleine Brüderlein Vergnügen) und lässt es zur Hintertür herein. Die alte, sehr "deutliche" Form des Sexualneides im Rassismus löst er im Diskurs der Arbeit als einzig verbindende Größe von Körper, Gesellschaft und Ökonomie auf. Er sagt nichts anderes, als dass Sexualität Arbeit ist (seine pornografische Dimension) und zugleich, dass sie nicht vollzogen werden muß. Deswegen verdammt er den Körper, um ihn zu retten, zugleich als phallische Inszenierung. Er ist brünftig und impotent zugleich. Nach der Arbeit macht er also auch die Sexualität zum blinden Fleck im Spiegel; bringt er Sexualität zum Vorschein und zum Verschwinden. So wie der Hass auf die Nicht-Arbeit zum Ersatz für die Arbeit wird, wird Hass auf Sexualität zum Ersatz für Sexualität. Ficken ohne zu lieben und lieben ohne zu ficken. Kein Wunder, dass er mit den alten Strömungen des Wahns so kompatibel ist. Er verspricht die Panzerung gegen die Zumutungen des unklaren Körpers; er verspricht mehr noch: Arbeit und Sexualität berühren den (Volks-)Körper nicht. Und neben den Sexualneid tritt der Gebärneid als sexuell verschärftes Verschwörungsmythem. Da gibt es kein Halten mehr. Dass die Ausländer mit Hormonen gefüttert würden, damit sie mehr Kinder kriegen und uns verdrängen können, sagt einer von Haiders Gefolgsleuten. Im rechtspopulistischen Hass-Gestammel hallt ein Schrei nach der verschwundenen Mutter, so wie im "alten" Faschismus der Schrei nach dem verschwundenen Vater hallte.

Wie bei der Arbeit hat auch bei der Sexualität die schreckliche Mitte der Gesellschaft keine Antwort auf den Rechtspopulisten, der ihre Probleme so perfekt ausdrückt. Auch sie hat sich zugleich pornografisiert und puritanisert, verlangt zugleich nach immer mehr Schweinerei und nach mehr Hexenverbrennung, sie schwätzt von ihrer Sexualität und kann immer weniger davon reden. Der Rechtspopulist bietet Entladung an, dort, wo der Noch-Mainstream nur Spannung anbieten kann. Arbeit und Sexualität also, Identifikationen des Körpers sind es, die den Rechtspopulisten in den Mainstream hineintragen. Weder Ideologiekritik noch Ideen der Interessenkonflikte bringen uns daher weiter."

Die Frage die bleibt, ist nun: was bringt uns da weiter? Wie läßt sich einer Gesellschaft erwidern, die "von Sexualität schwätzt, ohne dabei reden zu können?" Auf welche Weise läßt sich unser Reden über Sexualität so gestalten, daß es etwas subversives erhält und dem "pornografischen Puritanismus" und der delirierenden Freudlosigkeit der Gesellschaft entgegentritt? Welche Aktionsformen sind in diesem Kontext möglich, die nicht als Antihaltung zu Sexualität verstanden werden können, sondern ein Interesse an Sexualität ausdrücken und dabei zugleich eine Kritik ihrer Warenform wie auch ihrer Pornografisierung und darüber hinaus der heterosexuellen Zweigeschlechtlichkeit beinhalten?

Können wir uns diesen Fragen stellen oder fahren wir besser schon Freitag ans Meer?

Soweit erst mal, bis in Hamburg. Beste Grüße

(anonymisiert)