13.08.2002 - Frankfurter Vorbereitungskreis
Der Rechtspopulist und die Rechtspopulistin fühlen sich bedroht und als Opfer. Sie fühlen sich betrogen und hintergangen. Sie hassen sich selbst und alle anderen, aber noch mehr die Fremden und die Feinde. Und Feinde gibt es viele und überall, sie gönnen ihnen keine Ruhe, keinen Wohlstand, nicht die Rente und die glorreiche Vergangenheit. Die Rechtspopulistin und der Rechtspopulist fühlen sich nicht ausreichend geschützt, nicht mehr zuhause, nicht verstanden und bestätigt, nicht anerkannt und geführt. Und dabei wissen sie es doch besser, wie es zu sein hätte, was zu tun wäre, was recht ist, was erlaubt und was nicht, wer was verdient und wer auf keinen Fall, woran es mangelt und was einfach zuviel ist. Und das alles wollen sie sagen dürfen, weil sie es sowieso denken und fühlen, sich nichts mehr verbieten lassen wollen. Sie wollen endlich ehrlich sein und wahrhaftig, aufrecht und mutig. Sie wollen endlich wieder aufblicken, stolz, zuhause und sicher, stark und anerkannt sein. Das lassen sie sich jetzt und in Zukunft nicht mehr nehmen, und die Feinde, die sie an dem hindern wollen, was sie unter Glück verstehen, sollen sich in Acht nehmen. Weil alles eine Grenze hat, unerträglich wird, nicht mehr hingenommen wird, und damit wird dann Schluss gemacht. Das kann schmerzhaft für die Feinde sein, aber es ist ihre gerechte Strafe. Sie sind selbst schuld, haben sie nicht uns lange mit ihrer Anwesenheit, ihrer Meinung, ihrem Verhalten und ihrer Existenz gequält, verunsichert, gedemütigt, beunruhigt und bedroht? Eigentlich ist der Rechtspopulist und die Rechtspopulistin ihren Feinden überlegen, sie sind die Mehrheit, und das war schon immer so, sie sind normal und erfolgreich, arbeiten und leisten, sind Experten, Manager und wissen Bescheid. Sie wissen längst, wie der Hase läuft, lassen sich nichts mehr vormachen oder sich beeindrucken, durchschauen alles und warten auf ihre Stunde. Denn die Zukunft gehört ihnen, da sind sie sich sicher, wer soll sie denn daran hindern? Und dann wird aufgeräumt, die Rechnung präsentiert, aussortiert, beseitigt, gesäubert. Den Erfolg und Sieg wollen sie genießen, triumphieren, begeistert sein, sich berauschen. Wer ist es dann noch Wert, im Vergleich zu ihnen? Hohn und Spott ihren Feinden, die dann am Boden kriechen werden, geschlagen, bestraft. Während sie, die Potenz in Person, mit stolz geschwellter Brust über die Geschlagenen hinweg gehen und sie zu ihrer Beute machen. Niemand wird sie darin übertrumpfen, so radikal weit den Sieg auszukosten, so vollkommen den Hunger nach Beute und Recht zu stillen. Unvergessen soll der Sieg sein, für die Zukunft und Generationen einzigartig. Dieses Ziel verfolgen sie sportlich und fanatisch, arbeiten und schinden sich. Den Sieg wollen sie sich verdienen, wer nicht mittut, gehört nicht dazu. Dabeisein wollen aber immer mehr, denn der Erfolg rehabilitiert jede Tat, jede Lüge und jedes Unrecht. Und doch werden die RechtspopulistInnen in der Langeweile ihrer Vergnügungsparks und Volksfeste, in der Sattheit ihrer Dinners und Völlereien, in der Mimik ihrer Stars und Sternchen, in der edlen oder billigen Pornographisierung ihrer Sexualität, in der inneren Leere ihrer Monologe und Geschwätzigkeit spüren, dass sie verloren haben und verlieren werden: nicht in der Frage von Macht und Erfolg, aber als Menschen.