13.08.2002 - Anonym
Am 9.12.01 wurde Achidi J. Am Universitätsklinikum Eppendorf bei einem sogenannten Brechmitteleinsatz umgebracht. Sie zerren ihn in das Klinikgebäude, zerren ihn in einen Behandlungraum, er wehrt sich. Vier Polizeibeamte halten ihn fest, fixieren ihn wie es offiziell heißen wird, er wehrt sich, schreit »I will die« - Ich werde sterben. Eine Ärztin kommt dazu, versucht ihm mit Gewalt einen Schlauch durch Nase einzuführen, er wehrt sich. Frau Dr. Ute Lockemann lässt nicht nach, bricht den Einsatz nicht ab, versucht es erneut - mit Gewalt. Irgendwann sackt Achidi J. zusammen, bewegt sich nicht mehr, sie dachte er simuliere nur. Das wird sie später zu Protokoll geben, die Afrikaner machen das ihrer Meinung nach manchmal so. Erst nach einigen Minuten kommt sie auf die Idee den leblosen Körper zu untersuchen, zu spät, Achidi J. stirbt. Während in einem Nachbarraum die Wiederbelebungsversuche fortgesetzt werden, ührt Frau Dr. Lockemann bereits den nächsten Brechmitteleinsatz durch. Bis Mitte 2002 werden sie und ihr Kollege Prof. Püschel weit über 150 Mal Brechmittel einsetzen, um im Rahmen der »Beweismittelsicherung« vornehmlich afrikanische Flüchtlinge zum Kotzen zu bringen. Dass das Erzwingen von Beweisen und »Geständnissen« der klassischen Definition von Folter entspricht, scheint weder Klinikleitung noch das Rechtsmedizinische Institut weiter zu interessieren. Statt dessen brüstet man sich in Fachzeitschriften mit der Effizienz dieser Foltermethode. Doch nicht nur die beteiligten Ärzte, Polizisten und Staatanwälte haben mit der Brechmittelfolter in Hamburg kein Problem. Justizsenator Roger Kusch (CDU) stellt in einer Pressekonferenz kurz nach dem Mord fest »wir haben alle gewusst, dass so etwas passieren kann«, und alle stimmen zu. Von Grün bis Schill ist man sich einig, und auch der Mehrheit der Hamburger Bevölkerung scheint die Folter an Schwarzen in ihrer Stadt ins Weltbild zu passen. Auf Fragen wieso Menschen in Deutschland dealen, die dies in ihren Heimatländern nie getan haben? Woher sollen die Drogenabhängigen denn ihren Stoff bekommen wenn alle Dealer weg sind? Darauf werden keine Antworten gegeben. Dann nämlich müsste sich die feine hanseatische Gesellschaft selbst in Frage stellen, und untersuchen weshalb diese Verhältnisse Menschen krank machen und sie in die Sucht treiben. Sie müsste sich eingestehen, dass durch die Kriminalisierung der Dealer, die Suche nach dem Stoff für die KonsumentInnen immer teurer und efährlicher wird. Sie müsste sich eingestehen, dass mensch von den paar Euro die Flüchtlinge bekommen nicht leben kann, und dass Flüchtlinge daher gezwungen sind illegal zu arbeiten. Und sie würde feststellen, dass »schwarze« Dealer mittlerweile von »Weißen« ersetzt werden, die bisherige »Drogenpolitik« unter Schill also nichts anderes darstellt, als die rassistische »Säuberung« der Hamburger Innenstadt. Aber genau das scheint das Anliegen der Bevölkerungsmehrheit zu sein, Ausländer raus und zwar schnell. Der Glaube an die realitätsferne Konstruktion des »Schwarzen Dealers« macht es einem dabei esentlich leichter bei Folter, Abschiebung und Mord kein schlechtes Gewissen zu haben. Doch dass etwas dagegen getan werden kann, zeigt die »Kampagne gegen Brechmitteleinsätze« (Kontakt über die Werkstatt 3, Nernstweg 32, 22765 Hamburg). Unter anderem mit einer Aktionswoche vor und im UKE rückte sie den für den Tod von Achidi J. Verantwortlichen auf den Pelz, machte mit mehreren tausend verteilten Flugblättern jene Tat sichtbar, die all zu viele in Hamburg gerne vergessen würden, die Folter in ihrer Stadt. Sofortige Schließung des Rechtmedizinischen Institutes! Stoppt die rassistische Brechmittelfolter!