land in sicht ordnungswidrige aktionstage 16. bis 22. august 2002 in hamburg

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Schill-Out

13.08.2002 - Anonym

Schill-Out Der gnadenlose Protest der Amtsrichters Schill Lausige Zeiten im Hamburger Filz

Nach mehr als vier Jahrzehnten sozialdemokratischer Herrschaft braute sich in den letzten zehn Jahren in Hamburg etwas zusammen. Zunächst artikulierte sich die Revolte noch in der Form der »Statt-Partei«, seit 2001 übernahm die sog. Schillpartei diesen Part im Parteientheater der Hansestadt. Als »Richter Gnadenlos« hatte sich Schill bereits in den 90er Jahren einen Namen gemacht, und in vielen umstrittenen Urteilen unter Beweis gestellt, was er von bisherigen gesellschaftlichen Arrangements hielt. Mit einem Haufen politischer Desperados und Amateure gelang es ihm die etablierten Parteien mit immer neuen, und bisweilen abstrusen Vorschlägen, vor sich her zu treiben. Wie auch das niederländische Pendant Lijst Pim Fortyn verfügt die Schillpartei offensichtlich nicht über einen Parteiapparat. Hier ein Posten für die Gattin, dort einen für den Anwalt oder guten Freund, alle Posten und Entscheidungen sind an die Person Schill geknüpft. Des Amstrichters Partei ähnelt von daher mehr einem Clan denn einer Volkspartei konventionellen Zuschnitts. Allein der Protest gegen den »Filz« der Sozialdemokratie kann jedoch nicht den Erfolg der Partei Rechtstaatlicher Offensive (PRO) erklären.

Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann Als zweite Erfolgskomponente gesellte sich zum rebellischen Gestus der Anti-Filz-Partei eine Politik mit der Angst. Glaubt man den Tiraden des Inquisitors und seinem Organ dem Hamburger Abendblatt, lauert die Gefahr hinter Büschen in den Parks, in der S-Bahn und nicht zuletzt am hochfrequentierten Hauptbahnhof, und sie ist schwarz. Wie keinem anderen Politiker Hamburgs gelang es Schill den diffusen Ängsten und Resentiments der Bürger eine Gestalt, einen Ort zu geben. Der Schwarze Mann geht um und statt eines Plumssackes führt er kleine Kügelchen mit sich, deren betäubender Inhalt auf mystische Weise vor allem Jugendliche in den Orkus der Drogensucht ziehen (siehe auch »Tatort UKE«). Plötzlich begann mensch sich in Barmbek und Rissen, in Eppendorf und Wandsbek zu fürchten. Wann würde er um die Ecke biegen und »unsre« Kinder mit sich nehmen? Nur einer konnte da Abhilfe schaffen, Richter Gnadenlos. Die Politik mit der Angst, das Feld der Inneren Sicherheit stellte sich dabei erneut als »dankbares« politisches Thema heraus. Dabei kann Sicherheit per se nie erreicht werden. Doch durch das Schüren von Ängsten kann immer wieder aufs neue Handlungsbedarf, und politische Handlungsbereitschaft demonstriert werden. Doch Schill ist kein Faschist. Sein Widerwille gegen die Zuwanderung speist sich nicht aus völkischen Gründen, sondern folgt ökonomischen Erwägungen. Nicht die »Durchrassung der Gesellschaft« (Stoiber) ist sein Problem, sondern seine Furcht die »Ausländer verfrühstückten den Reichtum der Deutschen« (Schill). Was aber tun wenn sich nicht nur die Parteien als beratungsresistent erweisen, sondern auch deren WählerInnen. Wo sich die Angst Bahn bricht, was ist da noch mit Argumenten, mit Aufklärung auszurichten?

Über den Tellerrand hinaus Rechtspopulismus ist kein Hamburger Phänomen. Fast alle Europäischen Länder können mit Gestalten dieses Genres aufwarten. Doch in wie weit ähneln sich die Berlusconis, Haiders und Fortyns wirklich, und lässt sich aus den Politiken gegen diese Herren etwas auf die Verhältnisse in der BRD übertragen? Fragen über Fragen also, deren Lösung sich die VeranstalterInnen des Camps durch die große Versammlung am Sonntag den 18.8.02 versprechen.

Versammlung »Rechtspopulismus in Europa« mit Gästen aus Frankreich und Österreich Sonntag den 18.8.02 ab 20.00 im Versammlungszelt