18.08.2002 - Pressegruppe
Um 12.45 Uhr am Sonntag fuhr eine Gruppe von ca. 30 TouristInnen aus Darmstadt mit einem regulären Bus der HVV bis direkt vor das Camp. Durchschnitttsalter dieser Combo: 60 Jahre aufwärts. Die relativ geschlossen auftretende Grupppe der TouristInnen aus Darmstadt marschierte dann von der Bushaltestelle bis zum Platz in die Mitte vom Info- und Plenumszelt. An dieser Stelle gelang es einigen von uns, sich dieser Gruppe entgegen zu stellen. Und spätestens ab diesem Moment fing auch schon eine kunterbunte, engagiert geführte, gleichwohl von allen Seiten konfus geführte Diskussion an. Die Darmstadt-Touris erzählten uns, dass sie das Camp von der anderen Seite der Elbe gesehen hätten und dass sie es sich nun "einmal direkt sehen" wollten. "Worum es denn gehe" wollten sie von uns wissen. Schon in diesem Moment wußte ein Aktivist nicht mehr genau, ob er nun die Sonnenbrille auf- oder wieder absetzen sollte. Denn wenn offen gefragt wird, sollte man den Leuten auch schon direkt in die Augen gucken, wenn man antwortet. Also erzählten wir den Darstadt-Touris, dass wir Linksradikale seien und mit diesem Camp gegen die Ungerechtigkeit und Unfreiheit auf der Welt protestieren wollten. Danach kam es mit mehren Diskussionsteilnehmern ungefähr zu folgedem Dialog:
Touri: Die Stadt ist ja sehr großzügig, euch hier das Camp zur Verfügung zu stellen.
Aktivist: Ja, dafür haben wir sie ja auch lange genug herum genervt. Wenn wir den Platz nicht bekommen hätten, hätten wir tagelang in der Stadt Dauerkundgebung gemacht.
Touri: Was wollen sie erreichen?
Aktivist: Das sie sich ändern und wir uns auch. Das ist ganz schön kompliziert, aber darunter ist es nun mal nicht zu haben. Gerade läuft auf der anderen Elbeseite eine Aktion gegen die ganzen Kontrollen von der Polizei
Anderer Touri: Ja, das mit Rußland und China hat ja nicht geklappt.
Aktivist: Ja, da haben sie Recht, deswegen muss sich ja jetzt auch wieder etwas tun. Sie müssen sich ändern, ich muss mich ändern. Das mit Grünen an der Regierung ist ja nun ganz verkehrt.
Touri: Na, was sie glauben sie denn: Ich bin für die Kontrollen
Aktivist: Das habe ich mir schon fast gedacht. Ich finde das nicht richtig.
Touri: Sie sind ja nur eine Minderheit, die Mehrheit will etwas anderes als sie!
Aktivist: Kann sein, aber es ist das Recht der Minderheit Mehrheit zu werden.
Anderer Touri: Eine Minderheit muss das tun was die Mehrheit will.
Aktivist: Dann sind wir aber in der Dikatatur. Was soll das?
Anderer Touri: Was arbeiten Sie?
Aktivist: Ich bin arbeitslos
Anderer Touri: Das ist doch hier eine Veranstaltung für Oberschüler und Studenten.
Aktivist: Weiß ich nicht, aber mir sind alle willkommen
Touri: Als Arbeitsloser liegen sie ja der Allgemeinheit auf der Tasche
Aktivist: Ja, wo soll ich denn sonst liegen? Die Allgemeinheit soll mich nicht hängen lassen.
Touri: Aber dann müssen Sie doch was für die Allgemeinheit tun.
Aktivist: Ja klar, ich und wir protestieren hier doch eine ganze Woche. Das ist doch das Beste was wir hier für die Gesellschaft tun können.
Touri: Haben sie für die Flutopfer in Dresden gespendet?
Aktivist: Nee, aber wir sind nicht dafür das diese Ökoflüchtlinge in Abschiebegefängnisse gesperrt werden. Wir spenden für unsere Leute, wenn sie von der Polizei gefangen werden oder für die Flüchtlinge in den Abschiebgefängnissen.
Touri: Als ich jung war, hatte ich ja auch noch Ideale. Heute gehöre ich zum Establishment. Sie werden auch noch älter. Aber man muss etwas für die Gesellschaft tun.
Aktivist: Das finde ich auch.
Touri: Ich wünsche ihnen viel Erfolg. Nein, das weiss ich nicht, ob ich ihnen das wünschen kann. Finden sie einfach Arbeit.