21.08.2002 - Anonym
Nach 5 Tagen Camp steht nun das Abschlussplenum vor der Tür, zerknischt und erfreut werden die AktivistInnen die Woche bilanzieren. Die schöne Sicht des Elbstrands hat die herrschenden Verhältnisse verblassen lassen, doch auch auf unserer kleinen Insel blieben Konflikte ungeführt. Noch nie hat es ein so dichtes TeilnehmerInnen- Arbeitsgruppenverhältnis wie auf diesem Camp gegeben. Überall Vorbereitungen, Orgakram und Kocherei, Musik und Debatten und Barbetrieb zur Plenumszeit. Zeit für die politische Bestimmung des Camps als ganzen hat es kaum gegeben. Die dafür vorhandenen Möglichkeiten sich mit Draufblick über das Verhältnis von im Vorfeld produzierten Wünschen für's Camp und ihrer Realisierung zu verständigen, wurde kaum genutzt. In die Hamburger Verhältnisse haben wir nur wenig eingegriffen, auch zahlreiche Hamburger GenossInnen ausserhalb der Campzusammenhänge haben sich vornehm zurückgehalten mit uns zu streiten über Ziele und Grenzen von LIS. Mögliche Zuspitzungen gegen tatsächlich Verantwortliche für dies und das Problem haben wir erst gar nicht gesucht. Steht nun die Frage danach, wie ordnungswidrig das Camp wirklich war. Dass mangelnde Organisierung in "Zusammenhängen" und wenig Übung in ordnungswidrigem Verhalten dafür ein Grund sind, ist dafür einfach gesagt gesagt. Doch die vergangenen Camp haben hier unter ähnlichen Bedingungen mehr experimentiert und gemeinsam gelernt. Das selbstbewusste Aussprechen, dass die Verhältnisse zwar umgestürzt werden müssen, weil sie Leid, falsche Kritik und Antisemitismus hervorbringen, aber Thesen für ein eingreifendes Denken und Handeln gleich gar nicht mehr aufgestellt werden müssen, geht nicht nur auf's Konto des engagiert diskutierenden antideutschen Genossen in der Dienstag-Abend-Debatte. Wir haben in Hamburg in beispielhafter Weise Debatten auf die Tagesordnung gesetzt, denen Linke, Autonome und die ganze Welt nicht ausweichen können: Krieg, Sexualität, Antisemitismus, Rechtspopulismus, Drogenpolitik und Kolonialismus. Ausweichmanöver hat es darin allerhand gegeben, aber auch hartnäckiges Beharren. Mit letzterem sollten wir uns weiter unter Druck setzten. Um wenigstens ex post zu bilanzieren, und ein paar ordnungswidrige Schritte im eigenen Vorgarten zu wagen und eher früher als später auf der anderen Elbseite ins Geschehen einzugreifen.