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Neofaschismus
in Italien


Zur politischen Situation in Italien -

Ein Überblick in Schlagzeilen


An Italiens Alltag scheint sich seit dem Amtsantritt Silvio Berlusconis 2001 nichts verändert zu haben. Zeitungen geben ein breites Spektrum politischer Meinungen wider, die Sonne scheint, die Touristen kommen, und man isst ausgesprochen gut. Aber unter Forza Italia, Lega Nord und Allianza Nazionale vollzieht sich ein Wandel, der vielleicht tiefgreifendere Auswirkungen haben wird und die scheinbare Normalität dient nur dazu diese zu kaschieren.


Zu nennen sind die:

- maßgeblichen Beschneidungen und Deformierungen der Justiz, wenn diese dem Finivest Konzern des Regierungschefs in die Quere kommt (bei 20000 Angestellten und einen jährlichen Umsatz von 4,32 Milliarden Euro steht Berlusconi auf der Liste der reichsten Männer der Welt auf Platz 14)

- die enorme Medienmacht Berlusconis, die er zum einen schamlos für seine Politik ausnutzt, zum anderen mit der Kündigung kritischer JournalistInnen und KünstlerInnen ein quasi Berufsverbot ausspricht

- die neuen Steuergesetze, welche die die ökonomische Ungleichheit weiter verstärken

- die Angleichung der „Reform“ des Arbeitsmarkts an die Forderung des Unternehmensverbands „Confindustria“

- die unter Gianfranco Fini (AN) und Umberto Bossi (Lega Nord) eingebrachte neuen Einwanderungsgesetze. Die Kritik der „Kommission gegen Rassismus und Intoleranz“ aus dem Europarat an die Lega Nord wurde vom Justizminister zurückgewiesen mit den Worten, die Freiheit eines Individuums schließe auch die Freiheit ein „sich selbst gegenüber einem anderen als höherwertig zu betrachten“ ( 27.4.`02; il manifesto)

- Die Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten nach dem 11.Sept.2001 laut dem Motto des Verteidigungsministers Antonio Martino “Kampf der Zivilisation gegen die Barbarei“ (taz; 8.11.2001) Berlusconis geopolitische Einstellung: “Der Westen ist dazu bestimmt, die Völker zu verwestlichen und zu erobern“ (3.10.2001; il manifesto)

- Was die staatlichen Ordnungskräfte Italiens unter Zivilisation und Barbarei verstehen war bei den Vorgängen in der lingurischen Hafenstadt Genova noch kurz vor dem 11. Sept. 2001 zu sehen. Die Ermordung Carlo Giulianis, die Menschenjagten, massenhaften Verletzungen, Inhaftierungen, Misshandlungen, die blutige Razzia in der Scuola Diaz und die Folterungen im Gefängnis Marrassi haben europäische Polizeigeschichte geschrieben.

- Die von Berlusconi angestrebte Schaffung einer Präsidialrepublik. Was einer Bündelung von gesellschaftliche Institutionen und Machtzentrierung herbeiführen würde, die gerade durch die italienische Verfassung von 1947 mit den Erfahrung von über 20 Jahren faschistischer Diktatur ausgeschlossen werden sollte.

- Der autoritäre Habitus, die Kritikresistenz, die Kopie faschistischer Rhetorik von der Regierungsbank bis in das hinterste abruzzische Dorf. Der Kult des starken Mannes, der allenthalben zelebriert wird.

- Die im Windschatten dieser Politik anwachsenden faschistischen Nazigruppierungen, die seit ca. 2 Jahren immer häufiger und immer brutaler gegen Linke vorgehen. Seien es mit Bomben, Brandsätzen oder gezielten Übergriffen. Forza Nuova Aktivisten, Naziskins oder rechte Fußballfans gehen dabei immer brutaler vor. Der in der BRD wohl bekannteste Fall, ist die Ermordung Davide Cesares, einem Aktivisten des Sozialzentrums O.R.S.O., 2003 in Mailand.