In diesem Extra haben wir Materialien zur geplanten Raeumung des von anarchistischen und autonomen Gruppen betriebenen sozialen und kulturellen Zentrums "Villa Varvara" in der griechischen Stadt Thessaloniki zusammengestellt. Das besetzte Haus soll geraeumt werden, um Platz zu schaffen fuer ein sogenanntes "Kulturzentrum", das zu den Strukturveraenderungen gehoert, die der Stadt den Titel "europaeische Kulturhauptstadt 1997" sichern sollen. Die BesetzerInnen rufen dazu auf, mittels einer Faxblockadeaktion gegen die geplante Raeumung des Gebaeudes zu protestieren.
Der erste Text wurde von einer Ortsgruppe der FAU (Freie ArbeiterInnen Union) herausgegeben. Die FAU ist die deutsche Sektion der IAA (Internationale der ArbeiterInnen Assoziationen), einem internationalen Zusammenschluss anarcho-syndiaklistischer Organisationen.
Der zweite Aufruf - hier in der von uns aus dem Englischen uebersetzten Fassung abgedruckt, stammt von den BesetzerInnen selbst und wurde an diverse libertaere Gruppen und Organisationen weltweit verschickt. Neben der unten genannten Adresse koennen die BesetzerInnen auch ueber folgende E-Mail Adressen erreicht werden:
Sie bitten darum, eventuelle Nachrichten sicherheitshalber an beide e-mail Adressen zu verschicken, um zu garantieren, dass sie empfangen werden. Ausserdem wurde eine Web-Seite zur Villa Varvara und der geplanten Raeumung eingerichtet, die staendig aktualisiert wird. Die URL lautet:
A-Infos (D) 13. Nov. 1996
Thessaloniki in Griechenland soll "Europaeische Kulturhauptstadt 97" sein. Deshalb wird einiges an Strukturveraenderung unternommen. Eine davon soll die Raeumung des sozialen Zentrums "Varvara" sein.
Villa Varvara ist ein Gebaeude in der Altstadt, seit fast 3 Jahren besetzt und eine wichtige Einrichtung der anarchistisch-antiautoritaeren szene. Konzerte, Sommerkino, Theater, Ausstellungen, Buchladen, Leihbibliothek, Gaesteraum u.a. machen die Villa aber auch fuer viele andere Leute und die Nachbarschaft interessant.
Am 25.10. ist das Ultimatum der Stadt abgelaufen. Die BewonerInnen machen stattdessen mit der Renovierung der Hausfassade weiter. Sie protestieren, mobilisieren und bitten auch um internationale Hilfe. Die Gefahr einer Raeumung ist um den 17.11. (traditioneller Unruhe Tag) umso groesser. Nun ist der 14. November zum Griechenland- u. weltweiten Faxblockade Tag ausgesucht worden. An diesem Tag sollen mwglichst viele Protestfaxe von den Geraeten der Stadt und der "Kulturhauptstadt-97-Gesellschaft" ausgespuckt werden. Ziel ist es die Geraete dicht zu machen. Von hier aus haette es natuerlich noch den Nebeneffekt die Telekom-Aktien (In Deutschland beginnt die Telecom im Zuge ihrer Privatisierung mit der Emission ihrer Aktioen - Anm. A-Infos) hoch zu kurbeln. Einmal faxen muss es auch tun, koennte bloss eventuell besetzt sein...
Die besetzte "Villa Varvara" existiert und arbeitet seit dem 3. Januar 1994 als kulturelles und soziales Zentrum 1994 im Gebaeude der Krispou str., Nr. 7, in Ano Poli, Thessaloniki. Es ist ein Ort freien Schaffens und Ausdrucks, gegen jegliche Form von Unterdrueckung eines menschlichen Wesens durch ein anderes (Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus), gegen staatliche Kontrolle und Unterdrueckung, gegen die Entfremdung des menschlichen Geistes, gegen verfaelschte Unterhaltung, Medien, die Vermarktung unserer Leben.
Es ist ein autonomer und selbstverwalteter Ort kultureller und politischer Einmischung, menschlichen Kontaktes und Austauschs, mit dem Ziel, unsere Beduerfnisse zu befriedigen, weil niemand sie besser kennt als wir. Unsere kollektiven Versuche, die gluecklichen Momente und die Enttaeuschungen sind unsere Wirklichkeit und Wahrheit, die uns helfen, weiterzumachen, uns staerkt und uns vereint.
Aber wir brauchen auch Euch, denn unsere Aktivitaeten und unser Kampf sind keine persoenliche Angelegenheit, die nur eine begrenzte Gruppe von Menschen betrifft, sondern eine offene und allgemeine Angelegenheit, die jede/n betrifft. Die Organisation "Thessaloniki, Europaeische Kulturhauptstadt 1997" hat das besetzte Gebaeude gekauft und beabsichtigt nun, es als "kulturelles Zentrum" zu nutzen. Durch eine Gerichtsentscheidung wurde den BesetzerInnen das Ultimatum gestellt, das Haus bis zum 25.10.1996 (der schon vorbei ist) zu verlassen. Die BesetzerInnen haben beschlossen, das Gebaeude nicht zu verlassen, da es:
Wir halten Kontakt zu allen, die Anregungen geben, mit uns diskutieren, uns fragen stellen oder all dies mit uns teilen wollen, um ein besseres und dynamischeres Fortbestehen der Villa Varvara zu ermoeglichen. Wir bitten alle, die die Notwendigkeit, das Existenzrecht und die Funktion der Besetzung anerkennen, unseren Kampf zu unterstuetzen und sich daran zu beteiligen.
Eine Meldung der deutschen A-Infos Gruppe. Nachdruck mit Quellenangabe erwuenscht, ueber Belegexemplare wuerden wir uns freuen.