Kleine Paulskirchennachlese

Corpsstudenten und Burschenschafter im Clinch

Die Deutsche Burschenschaft (DB) hat es wieder einmal geschafft. Aus Anlass des "Revolutionsjubiläums" wollte sie einen Festakt in der Frankfurter Paulskirche abhalten. Alleine jedoch wollte selbst der Frankfurter Magistrat der DB die Kirche nicht überlassen. So halfen der katholische CV und die im CDA zusammengeschlossenen Korporationsverbände der DB aus der Bredrouille. Ein ad-hoc-Zusammenschluß der Korporationsverbände trat als offizieller Veranstalter auf und ermöglichte dem Magistrat die Vermietung der Paulskirche an die Burschen (siehe auch BR 5, Sommer 1998).

Die DB versuchte nun, durch ein von ihr veranstaltetes Rahmenprogramm in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, es handele sich bei dem Festakt um eine Veranstaltung der Deutschen Burschenschaft. Mit einem nächtlichen Fackelzug zur Paulskirche und einer Gedenkveranstaltung für Heinrich von Gagern wurde der Festakt von Aktionen der DB abgerundet.

Die Partner aus anderen Korporationsverbänden wurden dabei anscheinend von der DB überrumpelt. "Über diese Pläne wurden die anderen Verbände erst Ende September über die Burschenschaftlichen Blätter informiert," so der CV'er Neuß im Studentenkurier 4/98. "Auch der CDA-Vorstand kritisierte, 'daß sich die deutsche Burschenschaft nicht korrekt verhalten hat und praktisch mit diesen beiden Veranstaltungen in der Öffentlichkeit dem Festakt den Charakter einer burschenschaftlichen Veranstaltung aufgedrückt'" hat, so Neuß weiter.

Bei einigen Vorstandsherren der Corpsstudenten müssen daraufhin die Sicherungen durchgebrannt sein. Sie wollten nicht weiter als "trojanische Esel" für die DB dienen, in der es eine Reihe von Verbindungen gebe, "in denen nachweisbar rechtsextremistisches und nationalistisches Gedankengut vertreten wird und in denen frauenfeindliche und rassistische Ideen fröhliche Urständ feiern," erklärten Rolf Heinrichs und Dieter Schmoeckel für die Corps und verteilten ihre Äußerungen als Presseerklärung. Am 19. 8. 98 schrieb der Vorstand der Corpsstudenten dem Frankfurter Organisator des Festaktes, dem Corpsstudenten Dr. Paul, die Corps würden nicht mehr als Mitveranstalter der Feier auftreten. Am 7. November erklärten die Corps ihren Austritt aus dem CDA.

So weit, so gut. Bleibt die Frage, ob hier nicht der Vorwurf des Rechtsextremismus in Verbindungen der DB genutzt wurde, um alte Rechnungen innerhalb des Korporationsstudententums zu begleichen. So erklärt die Redaktion des Studentenkuriers (SK): "Die Corps haben ihre Einwände allerdings recht spät (dafür aber mit erheblicher Lautstärke) kundgetan, und es fällt schon auf, daß einer der Unterzeichner - der VAC-Vorsitzende Rolf Heinrichs - im letzten Jahr noch als 'Hardliner' (so die Süddeutsche Zeitung) beim CDA auftrat und eine Diskussion über die NS-Vergangenheit in den Korporationen zu unterbinden suchte." (SK 4/98). Im Corpsstudent 2-98 hatte sich Heinrichs an der Besprechung einer Broschüre über das Korporationswesens versucht und gegen "linke Chaoten" gehetzt. Die angesprochene Broschüre zeigt an ausgewählten Beispielen den Zusammenhang von Rechtsextremisten und Mitgliedern der DB, ein Umstand, den Heinrichs noch im Frühjahr 98 nicht für erwähnenswert hielt. (siehe BR 5, Sommer 98). Heinrich soll "mit dem Versuch gescheitert (sein), den CDA zur Ablösung seines Vorsitzenden Walther Benno Kießel (Corps Franconia München) zu zwingen". (SK 1/99)

Seine Kritiker im eigenen Lager übersähen Entscheidendes, meint Heinrichs: "Bereits im Vorfeld wurde in den Medien ausschließlich von einem Treffen der Burschenschaftler gesprochen. Was, bitte, nützt das uns Corpsstudenten?

'Burschenschaftler' gelten als 'rechtsradikal'. Was, bitte, nützt es uns Corpsstudenten, an einem Festakt unter dem Etikett der 'Rechtsradikalen Burschenschaftler' teilzunehmen?" (Corpsstudent 4/98).

Dazu passt die Äußerung des Corpsbruders Belusa beim Vorortübergabekommers (Übergabe des Vorsitzes) in Erfurt am 31. Oktober 98: "Wir haben nicht vergessen, daß der (Kösener) Verband auch gegründet wurde, um die Corps 'gegen ihren gemeinsamen Feind, die Burschenschaft', zu einen." (SK 1/99).

Ob sich die Corps wirklich von rechtsextremistischen Verbänden abgrenzen wollen oder ihnen seit längerem bekannte Vorgänge im Korporationswesen nutzen, um andere, ungenannte Rechnungen zu begleichen, muss sich noch zeigen.

Peter AR!