Die erste Sondernummer vom Sommersemester 1996 wurde aus Anlaß der Kandidatur des "Bundes Freier Bürger (BFB)" zur niedersächsischen Kommunalwahl herausgegeben und bietet folgende Artikel:

Sie kandidieren zum Osnabrücker Stadtrat!

Frischen Wind wollen sie in das Kommunalparlament einbringen. Sachgerechte Interessenvertretung soll der bisherigen Pöstchenpolitik als Alternative entgegengesetzt werden. Dem Ausleben von Ideologien (was auch immer das ist), dem politischen Extremismus wollen sie vor Ort den Kampf ansagen. Sie, dass ist eine scheinbar zufällig zusammengewürfelte Gruppe junger Leute, Studenten in der Mehrzahl, die sich für eine "bürgernahe Politik" einsetzen wollen.

Die wenigen programmatischen Vorschläge, die von diesen JungBurschen vorliegen, sind nach bekanntem Muster gestrickt: Allen wohl und scheinbar keinem wehe. Besserer öffentlicher Nahverkehr, besserer Fluß des Autoverkehrs, bezahlbare Parkplätze und alles gleichzeitig, versteht sich. Sinnvolle Umweltpolitik soll Umweltkosmetik ablösen und so weiter. Da drängt sich die Annahme auf, die Jungen Herrn von der Universität möchten eigentlich nur das Beste, sie sind erst kurz im Geschäft, da kommen solche Fehler vor. Warum sollte man ein paar engagierten jungen Leuten nicht die Chance lassen, neue Wege zu gehen? Vielleicht wird ja was draus? Nur, mit neuen Wegen, die da gegangen werden sollen, hat die Kandidatur herzlich wenig zu tun.

Die Beteiligten sind Angehörige des "Waffenstudentums", wie sie sich selbst nennen mit einer assoziierten "Gattin". Angehörige der beiden schlagenden Verbindungen in Osnabrück, der Burschenschaft Arkadia Mittweida und der Landsmannschaft Marchia Berlin. Der Geist, der sich da zur Wahl stellt, bezieht seine Ideen und Ideale aus der Vergangenheit des deutschen Nationalstaats bismarkscher Prägung und der sogenannten Konservativen Revolution der 20ger Jahre, dessen Nähe und ideologische Verwandtschaft mit dem deutschen Faschismus allgemein bekannt sind.

Mit "Schluß-Jetzt!" fing es an...

So neu in der Politik sind die JungBurschen auch nicht. Vor ein paar Jahren nannten sie sich noch "Schluß-Jetzt!", kandidierten als Hochschulgruppe zum Studierendenparlament der Universität Osnabrück und machten aus Mangel an vertretbaren Inhalten hauptsächlich Front gegen das Semesterticket. Es sei zu teuer, die StudentInnen würden lieber mit dem Rad fahren und überhaupt... Wenn Mann wie die Mitglieder der Burschenschaft Arkadia Mittweida in der Herderstr. wohnte, geht Mann sowieso zu Fuß zur Uni, sprich zum Fachbereich Jura an der Ecke Martinistr./Wall. Einige Mitglieder von "Schluß-Jetzt!" haben sogar vor dem Verwaltungsgericht gegen das Semesterticket geklagt. Vom Ausgang des Verfahrens ist nichts bekannt. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit war der Kampf gegen studentische Initiativen an der Universität. Pauschal wurde der Vorwurf erhoben, hier handele es sich um Kleinstgruppen, die sich lediglich einen "Namen und ein gesellschaftspolitisches Ziel" gäben, "Geld beim AStA" beantragen würden, es bekämen und "dann in den meisten Fällen nicht mehr gesehen" würden. Belege für diese Behauptungen konnten nicht erbracht werden. Mit ihrer Demagogie gelang der Gruppe "Schluß-Jetzt!" der Einzug ins Studierendenparlament, gut 6% der Stimmen erzielte sie im ersten Versuch. Danach stellte sich heraus, das sie außer den oben genannten Themen nichts anzubieten hatte. Ihre Arbeit im Studierendenparlament der Universität und ihre Flugblätter erschöpften sich in allgemeinen Angriffen gegen Inititativen.

... dann waren sie die "Konstruktive Alternative"...

Die treibende Kraft von "Schluß-Jetzt!", Eberhard Frohnecke von der Burschenschaft Arkadia Mittweida, begann sich auf seine Prüfungen zum ersten Staatsexamen in Jura zu konzentrieren. Die Gruppe dümpelte vor sich hin. Ein neuer Name sollte neuen Schwung bringen. Seit 1994 nannte sich die Gruppe plötzlich "Konstruktive Alternative", die von ihr betriebene Politik blieb die alte. Zitat aus ihrem 94ger Erstsemsesterinfo: Der Jahresetat der StudentInnenschaft sei so hoch, weil "aus diesem Topf teilweise Gruppen und Initiativen gefördert werden, die keinen direkten Bezug zum Studium oder zu Studenten besitzen. Dafür sollten Studierende kein Geld aufwenden müssen. Weiterhin sind wir gegen das Semesterticket in der jetzigen Form. Zur Zeit finanziert die gesamte Studierendenschaft die winzige busfahrende Minderheit voll." Allgemeine Behauptungen, die den Nachweis schuldig blieben. Keine Namen der Gruppen, auf die die Behauptungen zutreffen würden, keine Belege, keine Zahlen, nichts. Statt dessen Demagogie, Unterstellungen, Schürung von Sozialneid (winzige busfahrende Minderheit).

... und jetzt kommen sie als "Bund Freier Bürger" daher.

Mit den Wahlen im Wintersemester 95/96 kam das Aus. Die Konstruktive Alternative hatte sich totgelaufen, ihre Aktivisten näherten sich dem Studienabschluß, neue Themen waren nicht gefunden. Eine Kandidatur zum Studierendenparlament kam nicht mehr zustande. Stattdessen wurde die erstaunte Öffentlichkeit am 31. 7. 96 in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) mit einer zweifarbigen, 4-spaltigen Anzeige des "Bundes Freier Bürger" überrascht. Manfred Brunner rief auf zum Protest gegen Arbeitslosigkeit und Euro-Wahn. Parallel wurden Flugblätter versandt, die zur Veranstaltung aufriefen und eine angestrebte Kandidatur zum Osnabrücker Stadtrat ankündigten.

Da waren sie wieder, die "Schluß-Jetzt!" Aktivisten der ersten Stunde: Eberhard Frohnecke, Burschenschaft Arkadia-Mittweida und mittlerweise im Bundesvorstand des BFB, Heiko Granzin, Landsmannschaft Marchia-Berlin, Thomas Goetze, Mitverfasser der Schluß-Jetzt! Erstsemesterbroschüre von 1993.

Und die Themen? Neben dem Versuch, sich an die allgemeine CDU-Propaganda für den Individualverkehr anzuhängen, das alte Lied. Jetzt sind es keine studentischen Initiativen, jetzt heißt es unter der Überschrift: "Osnabrück darf nicht weiterhin politisch extreme Gruppen mit immensen Geldern fördern. Die Stadt Osnabrück läßt sog. Kulturvereinen, Workshops und Aktionszentren zusammen mehrere Hunderttausend D-Mark jährlich zukommen. Diese Vereinigungen werden von politisch engagierten Extremisten ausgenutzt und dienen nicht der Osnabrücker Allgemeinheit." Wieder wird nicht gesagt, um wen es sich handelt, wieder wird Sozialneid (immense Gelder) geschürt, wieder fehlt jeder Beleg für die pauschal erhobenen Vorwürfe. Die Demagogie dieses "Bundes Freier Bürger" ist uns aus ihren studentischen Tagen wohl bekannt. Im Studierenparlament konnte der Spuk beendet werden, im Stadtrat sollte er erst gar nicht Einzug halten:


Ein Bursche, der der Seilschaft abschwört, ist wie ein Wolf der behauptet Vegetarier zu sein!

Das regionale Werbematerial der Brunner-Partei BUND FREIER BÜRGER ist nicht dazu angetan, WählerInnen intellektuell zu überfordern. Der Aufruf zur "Großveranstaltung" mit Brunner in Osnabrück, bei der wir knappe 100 Leute einschließlich der eigenen Chargen zählen konnten, ist sehr übersichtlich gestaltet. Die Osnabrücker KandidatInnenliste setzt sich ausschließlich aus zwei JungakademikerInnen (Ehepaar/ Juristen) und sieben Studenten zusammen. Dies wird eigens in einer Fußnote damit erklärt,daß "viele nichtstudentische Mitglieder/Sympathisanten nicht den Mut (hätten) zu kandidieren, weil sie berufliche Nachteile befürchten!"

Eine wesentlich wichtigere Information zu diesem äußerlich, jedoch nicht inhaltlich "jungen Team" wäre ihre Einbindung in die örtlichen schlagenden Verbindungen gewesen. Zur Stadtratskandidatur hat der BFB ein Flugblatt mit bemerkenswertem Inhalt erstellt: Zum Auftakt wird der "bisherigen Pöstchenpolitik" eine Absage erteilt. Unabdingbares Element von Politikverständnis und Einflußnahme der Verbindungen sind die Seilschaften. Bei einer Gruppe, die sich im wesentlichen aus schlagenden Verbindungsstudenten zusammensetzt, kann dies nur meinen, daß bestehender Filz, durch eigenen Filz abgelöst werden soll.