Zur Haftunterbrechung für Christine Kuby:
Nach der Reha wieder in den Knast?
Christine Kuby wurde am 8.11. vorläufig aus dem Lübecker Knast entlassen. Ihre gesundheitliche Situation hatte sich in den vergangenen Wochen so zugespitzt, daß eine Operation ihres Bandscheibenvorfalls sofort notwendig geworden war, um weitere irreparable Schädigungen zu vermeiden. Es ist keine Entscheidung für eine endgültige Freilassung gefallen, sondern die Haft wurde lediglich für die Operation und den anschließenden Rehaklinik-Aufenthalt unterbrochen. Christine befindet sich also in einer Situation, in der sie damit rechnen muß, wieder in den Knast zu kommen. Sie ist nach wie vor der staatlichen Folterlogik ausgesetzt, indem sie mit buchstäblich jedem Schritt der Besserung mit Knast konfrontiert ist.Für uns - für alle, die das Leben der Gefangenen gegen das politische Kalkül der Folter und der physischen Desintegration verteidigen wollen, muß klar sein: Es muß jetzt - in den nächsten Wochen - darum gekämpft werden, daß Christine draußen bleibt, daß wir zusammen mit ihr draußen herausfinden können, was für sie jetzt notwendig ist.Denn Tatsache ist, daß eine wirkliche Rehabilitation Jahre dauern wird und daß sie kaum denkbar ist unter dem Druck, der auf Christine ausgeübt wird. Bis zur allerletzten Minute wurde ihre gesundheitliche Situation so zugespitzt, daß eine Operation unvermeidlich wurde. Die zuständigen Behörden wollten gleichzeitig aber verhindern, daß die irreparablen Schäden so sichtbar werden, daß sie selbst als Verantwortliche identifizierbar sind.Ob die Operation jetzt erfolgreich war, kann noch nicht gesagt werden. Es dauert Wochen, bis das einschätzbar ist. Zur Zeit sind einige Symptome verschwunden, andere schlimmer geworden.Was nach der abschließenden Heilbehandlung passiert, ist noch vollkommen unklar. Aus dem Ablauf bisher - der brutalen Eskalation bis zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem sie Christine erst einmal rausgelassen haben, weil die Situation unkalkulierbar geworden ist - müssen wir befürchten, daß Christine wieder zurück in den Knast soll, bis zur nächsten absehbaren Eskalation.
An Christine soll ein Exempel für alle politischen Gefangenen statuiert werden: Aus dem Vorgehen der Behörden wird deutlich,daß es "normal" sein soll, in der Haft zu erkranken (was dann natürlich nichts mit den Haftbedingungen zu tun hat),daß es "normal" sein soll, wieder eingesperrt zu werden, wenn die schlimmsten sichtbaren Folgen (zumindest vorübergehend) weg sind,daß schließlich die Gefangenen selbst die Verantwortung für ihre Situation tragen, wenn sie mit dem Staat nicht kooperieren. Die Situation der Gefangenen soll entpolitisiert und individualisiert werden, um den Druck zu verschärfen, sie mit der gesundheitlichen Situation zu erpressen.Dieser Druck ist für Christine durch die Haftunterbrechung nicht geringer geworden.Gleichzeitig wird suggeriert, alles sei offen.Realität ist aber: Christine hat 17 Jahre Knast in den Knochen - Isolationsfolter, Kleingruppenisolation, modifizierte Sonderhaftbedingungen - und ihre Erkrankung ist eine Folge dieser Haftbedingungen, der Versuche, sie zu zerstören!
Für uns ist klar, daß wir von denen, die die Isolationsfolter an den Gefangenen exekutiert haben und exekutieren, nicht zu erwarten haben, daß sie damit aufhören - es muß ihnen eine Grenze gesetzt werden.Darum geht es jetzt.Wir wollen aber auch sagen, daß wir uns über die Möglichkeit, unter anderen als Knastbedingungen Christine sehen, mit ihr diskutieren und sie im Unmittelbaren konkret unterstützen zu können, sehr freuen - und daß wir Christines Stärke und Entschlossenheit im gemeinsamen Überlegen für den weiteren Kampf um die Freiheit als sehr mobilisierend erleben.Hannelore Witkofski, Lars Fischer,Christa Eckes, Tjark Kunstreich
An der Demonstration für die sofortige Freilassung von Irmgard Möller am 5.11. in Kiel beteiligten sich etwa 500 Menschen. Es gab Beiträge zu Irmgard, Christine, Birgit, zu Gisel und Anne und zu der kurdischen Gefangenen Gulay Yurdakul. Im Anschluß an die Demonstration gab es noch zwei Kundgebungen vor dem Lübecker Gefängnis. Nachfolgend veröffentlichen wir die Grußadresse der Angehörigen.
Schluß mit der Erpressung! Freiheit für
Irmgard Möller und Christine Kuby!
Wir Angehörigen der politischen Gefangenen grüßen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der heutigen Demonstration "Für die sofortige und bedingungslose Freilassung von Irmgard Möller!".Wir hoffen, daß die heutige Demonstration noch einmal unsere Forderung nach Freiheit für Irmgard Möller den nötigen Nachdruck verleihen wird. Wir denken, daß es gerade jetzt notwendig ist, nicht nachzulassen, während vor allem von der taz und den hinter ihr stehenden Verfassungsschützern die Beruhigungspillen verteilt werden: "Sorgt Euch nicht, Irmgard wird schon freikommen der Staat wird es schon richten." In dieser Manier versuchen sie seit jetzt mindestens zwei Jahren schon, die Öffentlichkeit zu "beruhigen". Das Ergebnis kennen wir alle: Irmgard ist immer noch im Knast.Mit Irmgard eingesperrt ist Christine Kuby. Auch Christine muß sofort und bedingungslos raus aus dem Knast! Eine sog. Haftunterbrechung, um die brutalsten Auswirkungen der jetzt eskalierten Krankheit zu beheben und danach wieder den Bedingungen ausgesetzt zu sein, die die Ursache der Krankheit sind, ist in keiner Weise akzeptabel. Daß der Staat, die Bundesanwaltschaft, der Knast das wollen, ist Ausdruck ihrer Haltung und ihrer Politik den politischen Gefangenen gegenüber.Christine ist seit fast 17 Jahren im Knast. Sie ist durch die Haftbedingungen schwer krank geworden. Zu diesem Zweck sind die Isolationshaftbedingungen entwickelt worden - mit diesem Ziel werden sie angewandt. Die Zerstörung des Körpers, der physischen Integrität ist der Preis, den die politischen Gefangenen dafür zahlen sollen, daß sie sich weigern, vor der Justiz auf die Knie zu fallen und um Gnade zu betteln. Hätte Christine sich, ihre Geschichte und ihre Genossinnen und Genossen verraten, wäre sie längst raus aus dem Knast. Sie ist bis heute im Knast, weil sie sich nicht hat brechen lassen.Mit der gleichen Erpressung wird allen politischen Gefangenen gegenüber versucht, sie in die Knie zu zwingen, sie zu brechen. Wir alle wissen, wie lange die Tortur für Bernd Rößner dauerte, bis er endlich draußen war. Gegen Heidi Schulz wurde und wird seit Jahren ebenfalls das Programm der Verweigerung medizinischer Behandlung eingesetzt. Ihre Gesundheit ist bis auf den Grund zerrüttet, sie muß jetzt dringend in die Universitätsklinik nach Frankfurt verlegt werden - das hessische Justizministerium verweigert seit zwei Monaten die Genehmigung.Diese Form der Haft ist nicht anders als mit VERNICHTUNGSHAFT zu charakterisieren. Diese Politik gegenüber den politischen Gefangenen, mit Hilfe der Isolationshaft sie zum Verrat zu erpressen oder in der Konsequenz die Zerstörung der Gesundheit, des Körpers zu erreichen, ist international als Folter charakterisiert und geächtet.Menschenrechte, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Leben sind für die politischen Gefangenen in der BRD nicht gewährleistet.Wir Angehörigen wissen, daß die Freiheit von Irmgard, von Christine und den anderen politischen Gefangenen nur erreicht wird, wenn das Schweigen über die Vernichtungshaft durchbrochen wird und wir gemeinsam dafür kämpfen.In diesem Sinne schicken wir Euch zu der Demonstration kämpferische und solidarische Grüße.Die Angehörigen der politischen Gefangenen in der BRD
Gulay Yurdakul muß
sofort freikommen!
Am 13.10. mußte Gulay Yurdakul, eine kurdische politische Gefangene in der BRD*, wegen einer lebensgefährlichen Gehirnblutung in eine Kölner Klinik verlegt werden. Obwohl den Verantwortlichen bekannt war, daß sich Gulay als Folge von monatelangen Folterungen in einem türkischen Gefängnis bereits schon einmal einer Gehirnoperation unterziehen mußte, regelmäßige fachärztliche Behandlung nötig ist und sie nicht allein sein darf, befand sie sich seit dem 1.7. in Köln-Ossendorf in Totalisolation. Begründet ausgerechnet mit ihrem Gesundheitszustand ordnete der BGH außerdem dauernde Beobachtung und Beleuchtung der Zelle sowie zusätzliche nächtliche Kontrollen an. Jeglicher Kontakt zu türkischen Gefangenen wurde verboten (Gulay spricht weder deutsch noch eine andere Fremdsprache), selbst Versuche einfacher Hilfeleistungen von anderen Gefangener wurden mit der Androhung von Disziplinarmaßnahmen unterbunden.Diese verschärften Isolationshaftbedingungen und die fehlende ärztliche Versorgung führten zu der lebensgefährlichen Zuspitzung ihrer Krankheit. Inzwischen ist Gulay von dem Kölner Krankenhaus weg in das Knastkrankenhaus Fröndenberg verlegt worden, in dem die notwendige fachärztliche Behandlung nicht möglich ist. Die Gefahr einer erneuten Gehirnblutung ist akut.Gulays Rechtsanwälte haben inzwischen einen Antrag auf Haftentlassung wegen Haftunfähigkeit gestellt. Am 17.11. soll die Überprüfung des Haftbefehls stattfinden, danach werden sich die Anwälte mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit wenden.Gulay Yurdakul muß sofort freikommen!Wer ihr z.B. Grußpostkarten oder einen Blumengruß schicken möchte, hier die Adresse: Gulay Yurdakul, Justizkrankenhaus, Hirschberg 9, 58730 Fröndenberg.*`Gulay Yurdakul wurde Ende Mai diesen Jahres in Saarbrücken bei der Stürmung einer öffentlichen Versammlung von Kurden durch die GSG9 verhaftet. Obwohl Gulay in Belgien politisches Asyl hat, wurde gegen sie Haftbefehl erlassen; erst wegen "illegalen Aufenthalts", dann erweitert wegen @129a ("Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" - PKK). Sie protestierte zusammen mit anderen kurdischen politischen Gefangenen vom 3.8. bis 5.9. gegen den Völkermord der Türkei in Kurdistan und die Beteiligung der BRD sowie gegen ihre Isolationshaft.
Dogan Özserik
im Hungerstreik
Der kurdische politische Gefangene Dogan Özserik hat aus Protest gegen seine Isolationshaft und die unterlassene medizinische Betreuung seine Haftzelle in Brand gesetzt. Herr Özserik verlor dabei das Bewußtsein. Seit dem 28.10.1994 befindet er sich im Hungerstreik.Herr Özserik ist seit dem 3.7.1994 wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der PKK aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart- Stammheim in Untersuchungshaft.Herr Özserik ist schwerbehindert. Bei seiner aktiven Teilnahme am kurdischen Befreiungskampf hatte er sich in der Türkei schwere Erfrierungen zugezogen. Seine Beine mußten bis zu den Knien amputiert werden, ebenso seine Fingerkuppen. Entsprechend erfolgte seine Festnahme in Deutschland am 2.7.1994 auch in einem Bielefelder Krankenhaus.Gegen Herrn Özserik wird strenge Isolationshaft exekutiert. Seine völlige Isolierung wurde durch Beschluß des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof, Dr. Beyer, letztmals am 24.10.1994 festgeschrieben.Aufgrund des 23stündigen Einschlusses ist Herr Özserik einem Bewegungsmangel ausgesetzt. Seit einigen Wochen leidet er unter dauerhaften starken Schmerzen in den Beinstümpfen; der Streß der Isolationshaft hat zu häufigen Kopfschmerzen und Ermüdungserscheinungen geführt.Alle diesbezüglich gestellten Anträge der Verteidigung wurden abgelehnt oder verblieben schlicht folgenlos.Herr Özserik empfindet seine Haft als Todesstrafe auf Raten. Er fordert daher die Aufhebung der Isolationshaft - sein Zusammenkommen mit anderen kurdischen politischen Gefangenen.Seine weiteren Forderungen sind:Bei der Besuchsüberwachung durch das Landeskriminalamt soll statt eines türkisch- ein kurdischsprachiger Dolmetscher anwesend sein; Privatbesuche ohne LKA-Überwachung; die Erlaubnis, Bücher und Zeitungen zu beziehen, die im Handel erhältlich sind; Beendigung der Kriminalisierung von Kurden in der BRD; keine ökonomische und militärische Unterstützung der Türkei durch die BRD; das Europäische Parlament möge eine Beobachterdelegation in die Türkei schicken, um die Folgen des schmutzigen Krieges gegen die Kurden zu dokumentieren. Presseerklärung von Rechtsanwalt Fresenius
Birgit Hogefeld zu
dem Überfall auf sie
Gestern war es hier zu einer Provokation bzw. einem geplanten Überfall von seiten einiger SchließerInnen gegen mich gekommen, der damit endete, daß sie mich mit verdrehten Armen in die "Kammer" geschleift haben, um mir dort alle Kleider vom Leib zu reißen und mir danach Einschluß zu verpassen.Kurz zu den Bedingungen, wie sie seit 6 Wochen hier in Frankfurt für mich sind. Vom Tagesablauf her bin ich im "Normalvollzug", d.h. ich habe dieselben Bedingungen wie alle anderen Frauen in U-Haft auch, Hofgang, mehrere Stunden täglich offene Türen auf der "Station", Sportveranstaltungen usw. - allerdings strikte Trennung von Eva Haule, wir können nirgends zusammen teilnehmen.Von der Knastleitung aus lief die erste Zeit eine ziemliche "Nerverei" und ansonsten das Programm "exzessive Gleichbehandlung". So bin ich beispielsweise in einer Zelle, wo direkt vor dem Fenster eine Baustelle ist, auf der wochenlang 8 Stunden am Tag ein Bagger im Einsatz war, und die überhaupt eine der lautesten auf dieser Station ist. Es hätte genügend leere Zellen ohne diesen Baggerlärm gegeben, aber das wurde mit eben der Begründung Gleichbehandlung und daß sie alle Zellen belegen, verweigert. In Wirklichkeit ist es natürlich so, daß aus den Ergebnissen jahrzehntelanger Isolations- Folterforschung die Wirkung eines ständig hohen Geräuschpegels in unmittelbarem Anschluß an 13 Monate Einzelhaft (bei sehr weitgehender Geräuschisolierung) bekannt ist und bewußt eingesetzt wird. Es war für mich die erste Zeit hier so, wie es wohl für andere Menschen wäre, wenn sie auf dem Rollfeld eines Flughafens leben müßten.Dann ging ein längerer Fight um die Aushändigung meines Dreiersteckers - das muß ich erklären, weil das sonst kein normaler Mensch verstehen kann -, ich habe eine elektrische Schreibmaschine, Lampe und Kassettenrecorder, und um beispielsweise abends oder bei trübem Wetter schreiben zu können, brauche ich diesen Stecker, eben als Stromanschluß für die Maschine und die Lampe. Ich konnte also einige Zeit nur tagsüber und bei gutem Wetter auf der Maschine schreiben - und sie wissen, daß ich sie gerade im Moment sehr viel für die Prozeßvorbereitungen brauche und benutze.Beim Besuch meiner Mutter und meines Bruders (dem einzigen Besuch ohne Trennscheibe) sollte ich mich danach nackt ausziehen und durchsuchen lassen, was seit meiner Verhaftung nie so gelaufen ist. Erst als ich mich geweigert habe und gesagt habe, daß sie dann eben ihr Rollkommando holen müssen, hat die Knastleitung einen Rückzieher gemacht und nicht auf Eskalation gesetzt.Das waren jetzt einige Beispiele aus den letzten Wochen zu meinen unmittelbaren Bedingungen im Knastalltag. Ansonsten läuft in bezug auf Briefzensur, Beschränkungen von Zeitungen/Zeitschriften usw. alles weiter wie vorher auch. Die Besuche werden vom LKA überwacht und finden - außer mit meiner Familie - alle hinter Panzerglas statt, auch mit den AnwältInnen ist das so, und die Verteidigerpost wird weiterhin kontrolliert.
Jetzt zu dieser Provokation gestern nachmittag.Es gibt hier einige reaktionäre SchließerInnen, die, seit ich hier bin, auf Provokationen aus sind und am liebsten eine Art Kleinkrieg gegen mich lostreten würden - was ich aber, wo immer das möglich ist, ins Leere laufen lasse. Das geht vom Stuhl, den ich in die Dusche gestellt habe, weil ich nach mehreren Operationen an den Hüftgelenken mich hinsetzen muß, wenn ich mich anziehe, und den sie mir weggenommen haben; meine CDs zählen sie ständig, ob sie mir eine wegnehmen können, wenn eine "zuviel" in der Zelle ist, bis dahin, daß sie mir das einzige Bild, das ich von Wolfgang (Grams) habe, abnehmen wollten, weil es angeblich an der falschen Stelle aufgehängt war - ein Plan mit Sportveranstaltungen, der auch dort hängt, stört sie bis heute nicht.Es war also absehbar eine Frage der Zeit und daß die entsprechenden SchließerInnen zusammen Dienst haben, bis es zu einer Provokation wie der gestern kommen würde.Zum Hintergrund gehört - es gibt hier eine Frau, die lebt in einer eigenen Welt, zu der andere Menschen, wenn überhaupt, nur sehr begrenzten Zugang haben. Daß Menschen wie Luisa, und sie ist da keine Ausnahme, im Knast eingesperrt werden, zeigt die grenzenlose Verachtung dieses Systems gerade gegen die Schwächsten; sie wird aber auch von anderen Gefangenen getreten, eben weil sie ganz "unten" ist. Wenn andere gegen sie Krach anzetteln, mische ich mich oft ein, das endet sonst immer damit, daß Luisa oft tagelangen Einschluß kriegt. Sie und ich, wir reden öfter zusammen und verabreden uns zum Tischtennisspielen - das haben wir auch gestern wieder gemacht.Nachträglich bin ich mir sicher, daß die SchließerInnen für ihre Provokation gegen mich bewußt einen Zeitpunkt gewählt haben, wo ich mit Luisa zusammen bin und eben auch für sie und nicht nur für mich allein verantwortlich bin.Ich vermute, daß der ursprüngliche Plan der war, mich dazu zu bringen, mich ihnen zu unterwerfen und vor ihnen zu erniedrigen, und daß sie nur dann, wenn das wieder nicht klappt, sich auf mich stürzen, um mich zu mißhandeln.Als Anlaß haben sie folgenden Vorgang genommen - zu Beginn des Tischtennis- Spiels hat mir Luisa ein großes selbstgemaltes Bild geschenkt; das macht sie öfter, und alle wissen das. Eine Stunde später kam dann eine Schließerin an und meinte, sie hätte vorhin eine versteckte Übergabe beobachtet (jeder Knastb. ist natürlich angehalten, bei so was sofort zu reagieren und nicht nach einer Stunde), sie wußte also genau, um was es ging, um ein Bild eben. Ich habe ihr dann sogar das Bild gezeigt, denn ich wollte keine Eskalation, vor allem nicht zusammen mit Luisa - aber zu dem Zeitpunkt war die Provokation längst abgesprochene Sache zwischen den SchließerInnen, sie hatten ja eine Stunde Zeit, sich ihr Vorgehen zu überlegen. Danach haben sie dann behauptet, es wären noch andere Sachen übergeben worden, und ich sollte in die Kammer kommen und mich dort ausziehn und durchsuchen lassen. Dazu muß mensch wissen, daß die Struktur in Frauenknästen die ist, daß hier sehr viele lesbische Schließerinnen arbeiten, die zu ihrem Lesbisch-Sein nicht stehn und das offen leben, sondern die versteckte Formen dafür suchen und deshalb einen Job im Frauenknast annehmen (auch um Macht über andere Frauen ausüben zu können) - solche Übergriffe, wie der gestern gegen mich, liegen hier oft im Grenzbereich zum sexuellen Übergriff.Nachdem ich mich also geweigert habe, mich auszuziehn und körperlich durchsuchen zu lassen, hatten sie sofort ihr Rollkommando zur Stelle, haben mich mit 6-8 Leuten (die Hälfte davon Männer) zur Kammer geschleift und mir dabei die Arme so weit nach hinten hochgezerrt, daß ich abends dachte, im Schultergelenk wäre etwas gerissen. In der Kammer haben sie mir alle Kleider vom Leib gerissen, die Kleider haben sie bezeichnenderweise nicht mal durchsucht, es ging ihnen ganz offen nur um Mißhandlung und Erniedrigung. Das ganze war hier im Knast ein ziemlicher Aufstand - ich habe, als sie anfingen, mich anzugreifen, sofort geschrien, damit die anderen Frauen das mitkriegen (in alten Knästen, in denen die einzelnen Stationen noch nicht geräuschisoliert voneinander abgeschottet sind, funktioniert so was noch gut). Viele Frauen kamen sofort auf die Gänge gerannt, haben gerufen, daß sie mich loslassen sollen usw. - die Schließer haben daraufhin Alarm ausgelöst, was bedeutet, daß alle Frauen auf allen U-Haft-Stationen eingeschlossen werden. Viele Frauen gerade von der Station, wo ich bin, haben sich dagegen gewehrt, und die Hälfte von uns hatte heute "Sicherheitseinschluß".Falls die gestrige Provokation von "oben" gedeckt wird (oder sogar als "Prozeßvorbereitung" geplant war), werden sich solche Sachen in nächster Zeit ständig wiederholen. Es ist ja so, daß jeder Schließer und jede Schließerin jederzeit behaupten kann, er oder sie hätte gesehen, daß irgendetwas übergeben worden wäre, und damit haben sie den Freibrief in der Hand, Gefangene zu mißhandeln und zu entwürdigen.25.10.94
Besuchsbericht beiBirgit HogefeldErster Besuch bei Birgit, am 26.9., nach der Verlegung von Bielefeld nach Frankfurt. Zum Reinkommen die übliche Prozedur, wobei hier schon die ersten Unterschiede zu Bielefeld auffielen. Bei allen Besuchen im letzten Jahr durften wir 12,- DM mit reinnehmen - hier in Frankfurt sind es 10,- DM, auf die Frage, warum, hieß es nur "Das ist hier so". Nachdem wir die 10,- DM für Süßkram und Wasser in den Automaten gelassen hatten und in dem Besuchsraum ankamen, war da ne "Diskussion zur Sitzordnung" in vollem Gange. In dem Besuchsraum stand ein Tisch, ca. 1,20m breit, mit einer Länge, die noch den einseitigen Durchgang zuließ, im "Durchgang" standen 2 Stühle, ebenso an den beiden Längsseiten. Bei der "Diskussion zur Sitzordnung", die jetzt auch an Lautstärke deutlich zunahm, wurde klar, daß die Überwacher an der Stirnseite sitzen wollten und wir an der einen Längsseite und Birgit an der anderen sitzen sollten. In Bielefeld war es bei Besuchen immer möglich, sich die Stühle im Besuchsraum an eine Tischseite zu stellen, um ohne trennenden Tisch zusammensitzen zu können, so wollten wir das auch in Frankfurt haben. In der jetzt sehr lauten "Diskussion" hieß es von den Überwachern nur noch, "Das ist hier so, oder der Besuch findet nicht statt", dann mußten wir den Besuchsraum verlassen (nachdem Birgit die Frage, ob die Besuchszeit denn jetzt schon laufe, dies verneint bekam) und uns in einen anderen Besuchsraum begeben, in dem auch ein "normal" breiter Tisch (ca. 0,80m) ohne trennende Wand unter dem Tisch stand. Nach einiger Zeit kam der Schließer und meinte, Birgit habe die "Sitzordnung" akzeptiert, und wir durften uns zu Beginn und am Ende des Besuchs umarmen. Als wir wieder in den "breittischig" trennenden Besuchsraum kamen, konnten wir uns dann auch umarmen, ebenso auch am Ende des Besuchs. Den Süßkram, der noch auf dem Tisch lag, durfte Birgit nicht mitnehmen. "Das ist hier so."Marianne und Ulrich Hogefeld, 30.9.94
Verhaftung von Ursel Quack wegen @129a
Zum Hintergrund der Vollstreckung desHaftbefehls gegen Ursel Quack (Bericht)Die Hektik und der Eifer der letzten Tage haben mit dazu geführt, daß wir in unserer ersten Presseerklärung zur Verhaftung von Ursel Quack die politische Entwicklung, die zur Vollstreckung des Haftbefehls geführt hat, nicht noch mal ausdrücklich dargestellt haben. Dadurch haben wir selbst dazu beigetragen, daß der Eindruck entstehen konnte, daß Ursels Verhaftung alleine auf ihre unmittelbare politische Praxis in antirassistischen und antifaschistischen Basisinitiativen vor Ort zurückzuführen ist.Zur Erinnerung Der Anlaß für die Verhaftung liegt jedoch eineinhalb Jahre zurück und ist mit den Ereignissen um Bad Kleinen im Juni 1993 verbunden, als Wolfgang Grams erschossen und Birgit Hogefeld verhaftet wurden. Beide waren in der RAF organisiert. Sie hatten sich an diesem Wochenende, wie bereits mehrmals vorher auch, mit Klaus Steinmetz getroffen, im Glauben daran, daß es sich bei ihm um einen Genossen aus der linksradikalen Szene handele, der Interesse an einer Diskussion mit der Guerilla um die Perspektiven revolutionärer Politik habe. In Wirklichkeit ist Steinmetz ein Agent des Verfassungsschutzes, der sich bis dahin 10 Jahre unentdeckt in autonomen und revolutionären Zusammenhängen der Linken bewegt hatte. ()Die Konsequenzen Es ist klar, daß der VS-Agent jede von den herrschenden Stellen gewünschte Version zu Ernissen der letzten 10 Jahre, die in Zusammenhang mit der radikalen Linken und revolutionären Bewegung zu bringen sind, liefern wird. Er wird zu jeder Lüge bereit sein, womit Genossinnen und Genossen kriminalisiert werden können. Bereits jetzt existieren in den Anklageakten gegen Birgit Hogefeld 300 Seiten "Aussagen" von Steinmetz, es kursiert eine Liste der BAW mit Namen von über 20 Personen, die laut ihm dafür in Betracht kommen sollen, Kontakte mit der Guerillagruppe RAF herzustellen. () (Zu den bereits laufenden Ermittlungsverfahren siehe Info 148, 152 und 154)Die Katze ist aus dem Sack Auch Ursel hatte, wie viele in der Zeit, Kontakt zu Steinmetz. Im Frühjahr dieses Jahres wurde ein vom BKA lanciertes 18seitiges Papier mit dem Vermerk "nicht gerichtsverwertbar" der Presse zugespielt. In diesem werden Briefe und andere Schriftstücke angeführt, die in einem Rucksack, der kurz nach der Staatsaktion in Bad Kleinen in der Nähe in einem Schließfach gefunden worden sei und Birgit Hogefeld zugeordnet wurde, gewesen sein sollen. U.a. wird ein persönlich gehaltener Brief erwähnt, der aufgrund darin genannter "autobiografischer Daten" Ursel zugeordnet wurde. Weitere Personen - auch aus Saarbrücken - werden in Verbindung mit Steinmetz in dem BKA-Papier aufgeführt. Aus Broschüren und anderen Texten aus der Saarbrücker Region, die ebenfalls in dem Rucksack von Birgit gewesen sein sollen, wird der Hintergrund gezimmert, der jetzt im Haftbefehl ausgeführt ist: Ursels "Einbindung in die neue Strategie der RAF, einer Gegenmacht von unten".
Erste Presseerklärung vom 9.11.94Erneuter Staatsschutzangriff auf linke Opposition - Haftbefehl gegen unsere Genossin Ursel Quack wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung"Aha! Jetzt hat das vereinte Repressionsorchester aus Bundesanwaltschaft, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz eine neue Partitur. Nach den Konstruktionen "legale RAF" und "Gesamt-RAF" in den achtziger Jahren wird hier - unseres Wissens zum ersten Mal - eine sicher noch vage politische Konzeption einer Gegenmacht von unten kriminalisiert. Und dies, wie es in der Begründung des Haftbefehls deutlich wird, mit einer gleich flächendeckenden Handhabe gegen jede Ansätze von linker Opposition und Selbstorganisierung.Der Dreh, mit dem das ganze aufgezogen wird, ist denkbar einfach. Zuerst wird in dem Haftbefehl dargestellt - wie könnte es auch anders sein -, daß die RAF "terroristisch" und "kriminell" sei. Danach, daß es eine neue Konzeption der RAF gäbe, nämlich die "Gegenmacht von unten", die unsere Genossin in Saarbrükken umgesetzt habe. Am Schluß werden dann die eigenständigen und selbstorganisierten Projekte wie Gelbe Punkt Aktion, Antifaschistisches-Antirassistisches Notruftelefon usw. quasi zu "Terorrorganisationen" und "Unterabteilungen" im Rahmen einer "neuen RAF-Strategie" umgelogen.Die Drohung ist deutlich. Und in der Perspektive können damit auch gleich ganze politische Gruppen und Basisinitiativen kriminalisiert und auf die Anklagebank gehockt werden. ()Seit über 20 Jahren gibt es Isolationsfolter gegen die politischen Gefangenen Nicht von ungefähr wird in dem Haftbefehl gegen Ursel ihre politische Geschichte seit Anfang der 80er Jahre angeführt und darin ihre Auseinandersetzung mit den Gefangenen aus der RAF. Seit über 20 Jahren betreibt der Staat eine Strategie der politischen Isolierung der politischen Gefangenen, die sich bis heute darin fortsetzt, daß bspw. Birgit Hogefeld u.a. mit einem Interview-Verbot belegt wird, um zu verhindern, daß ihre - die authentische Version der Geschichte der RAF der letzten 10 Jahre - einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wird.Nicht von ungefähr wird im Zusammenhang mit der Aktion der BAW und des BKA letzte Woche in Saarbrücken verschwiegen, daß am Mittwoch, den 9.11., das BKA im Gefängnis in Aichach die Zellen von Manuela Happe - seit 10 Jahren Gefangene aus der RAF - durchwühlt und neben anderen Briefen ihre gesamte Korrespondenz mit Ursel beschlagnahmt hat. Manu ist - wie Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar, Rolf Heißler - seit Jahren von anderen Gefangenen aus der RAF isoliert. ()
Noch ein paar ergänzende Faktenzur Verhaftung von UrselAm Dienstag, den 8. November 1994, wurde Ursula Q. in ihrer Wohnung in Saarbrücken verhaftet. Zeitgleich fanden fünf Durchsuchungen in Saarbrücken statt. Sowohl der Haftbefehl gegen Ursula Q. als auch die Durchsuchungsbeschlüsse sind vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe wegen @129a "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" erlassen worden. ()Folgende Räumlichkeiten in Saarbrükken wurden durchsucht: Wohnung von Ursula Q., ihr Arbeitsplatz im TUK, das Büro von basis in der Alten Feuerwache, ein angemieteter Kellerraum sowie die leergeräumte und zum 1. November 1994 gekündigte Wohnung von Ursula Q.Mitgenommmen wurden schriftliches Material, Aktenordner z.B. zu der bundesweiten Initiative Libertad!, Briefe von und an politische Gefangene aus der RAF sowie alle Disketten und die gesamte Computeranlage von basis.Heute wurde in Karlsruhe vom Bundesgerichtshof der Haftbefehl bestätigt.Ursel ist in der JVA Zweibrücken inhaftiert.Post an Ursel muß über BGH, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe geschickt werden. ()(aus Platzgründen gekürzte Mitteilung von basis = Büro und Anlaufstelle für Selbstorganisierung - Internationalismus - soziale Emanzipation, Alte Feuerwache, Am Landwehrplatz 2, 66111 Saarbrücken. Als ausführlichere Hintergrundinformation: Like a rolling stone, Zur Krise der revolutionären Linken, eine Aufarbeitung zu Steinmetz von basis.)
Knastkundgebung am 19.11.12.00 Uhr, JVA ZweibrückenJohann-Schwebel-Str. 33
Nach dem Massaker
in Diyarbakir
Landesweit Hungerstreiks, weitere Tote,Hintergrund des AngriffsNur langsam wird Genaueres über den Überfall auf die politischen Gefangenen in Diyarbakir, der mehrere Tote und zahllose Verletzte zur Folge hatte, bekannt. Die über 300 zunächst verschwunden geglaubten Gefangenen wurden nach Antep verlegt, obwohl die meisten verletzt und einige nicht transportfähig waren. Von dort drangen nur wenige Nachrichten nach draußen; Angehörige und Menschenrechtsorganisationen forderten die Öffentlichkeit zur Wachsamkeit auf, da sie erneute Verbrechen an den Gefangenen befürchteten; erst nach langem juristischem Gezerre wurde die von Gefangenen und Angehörigen geforderte Entsendung einer Delegation von HADEP und IHD in das Gefängnis zugelassen.Diese konnte zwar die Gefangenen nicht besuchen, brachte aber in Erfahrung, daß Aslan Akcakale und Yasin Kale seit dem 20.10. 24 Uhr spurlos verschwunden und die Gefangenen Necdet Basaran, Sahabettin Fidan, Baysal Tas, Zülfikar Bayram, Mehmet Yildiz, Hanifi Arica, Hamit Aktas und Fesih Buj sehr schwer verletzt sind.Definitiv aus dem Gefängnis verschleppt und ermordet worden sind nach Erkenntnissen von Angehörigen die ebenfalls zunächst nach Antep verlegten Yasin Aydin und Suat Kaya.Auf einer Pressekonferenz der hungerstreikenden Angehörigen im IHD in Ankara erklärten diese, daß insgesamt noch 50 Gefangene vermißt werden und 70 schwer verletzt sind.Aus Protest gegen die Massaker befinden sich die politischen Gefangenen zahlreicher Organisationen in den Knästen Diyarbakir, Mardin, Batman, Erzurum, Bursa, Sakarya, Yozgat, Manisa, Ankara, Canakkale, Antep, Urfa, Adiyaman, Konya, Maras, Elbistan, Ceyhan, Bartin, Buca und Aydin im Hungerstreik bzw. Todesfasten (Antep); die gesundheitliche Verfassung der Hungerstreikenden in Konya und besonders in Antep, wo sich auch mehrere der bei dem Überfall in Diyarbakir Verletzten an der Protestaktion beteiligen, ist schlecht bis gefährlich. Die Gefangenen fordern u.a. die Aufklärung der Geschehnisse und die Bestrafung der Schuldigen, angemessene medizinische Versorgung, freien Zugang zu Zeitungen und Büchern, Besuchsrecht, ordentliches Essen und sauberes Wasser, Zugangsmöglichkeiten für BeobachterInnen und daß sie nicht mehr zu Verhören (i.e. Folterungen) aus dem Gefängnis abgeholt werden.Auch Angehörige, HADEP, IHD, GewerkschafterInnen und StudentInnen unterstützen mit verschiedenen Protestaktionen die Forderungen der Gefangenen.Unterdessen hat sich bei Özgür Ülke ein bei dem Überfall in Diyarbakir eingesetzter Wehrpflichtiger gemeldet, der berichtet, daß dieses geplant und vom Gouverneur von Diyarbakir draußen sowie dem RepublikStaatsanwalt, weiteren Staatsanwälten, der Gefängnisverwaltung und den oberen Chargen der Wachmannschaft drinnen per Funk koordiniert worden sei. Der Soldat selbst habe die Information über den bevorstehenden Einsatz, bei dem PKKler ermordet werden sollten, am Morgen durch die Gebietskommandantur erhalten. 800 entsprechend ausgerüstete Soldaten seien ins Gefängnis gebracht worden; sie haben mehrere brutale Angriffe auf die Gefangenen ausgeführt. Er habe gesehen, daß Nebel- und Gasgranaten eingesetzt worden seien und auch, daß während des zweiten Angriffs vier Gefangene nach draußen gebracht worden sind, so der Soldat. Die Kommandanten hätten ihnen befohlen, nicht einen Gefangenen unversehrt zu lassen, sowie diese und deren Mütter unflätigst beschimpft. Seine eigene Einheit habe einen Gefangenen zu Tode gefoltert. Die Gefangenen seien mit den Köpfen gegen die Wände geschlagen worden; Körperteile wie Fleischstücke hätten herumgelegen; ca. 25 Gefangene seien allein bei dieser Gelegenheit schwer verletzt worden. Er wagte es nicht, sich zu übergeben.(Quelle: Özgür Ülke, 13.10. bis 26.10., aus: Kurdistan Rundbrief 22/94)
Die Situation in den türkischen Gefängnissenwird immer schlimmerSeit dem Überfall auf die Gefannen in Diyarbakir, bei dem mindestens zwei Männer ermordet wurden, haben Angriffe auf die politischen Gefangenen zugenommen. In den Gefängnissen finden Hungerstreiks und Todesfasten statt, draußen unterstützen demokratische Organisationen und Angehörige den Kampf der Gefangenen, die teilweise in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung sind. Im folgenden ein Überblick über die Ereignisse.Aktionen der Gefangenen/Beteiligung an Hungerstreiks:Antep: 300 Gefangene sind seit dem 7.10. im unbefristeten Kettenhungerstreik; seit dem 15.10. sind mindestens 26 im Todesfasten. Letztere befinden sich mittlerweile in akuter Lebensgefahr. Konya: 200 sind seit dem 3.10. im Hungerstreik, viele in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Diyarbakir: 1200 weibliche und männliche Gefangene sind dort im Hungerstreik. Malatya: 250 Hungertreikende seit dem 7.10. Mardin: 300 Hungerstreikende seit dem 7.10. Bursa: 170 Hungerstreikende seit dem 10.10. Canakkale: 50 Gefangene begannen am 10.10. einen befristeten Hungerstreik. Batman: Seit dem 9.10. sind 300 Gefangene im Hungerstreik. In Batman wurde eine ähnliche Provokation wie in Diyarbakir versucht. Urfa: 52 Hungerstreikende seit dem 9.10. Adiyaman: 250 Gefangene sind seit dem 20.9. im Hungerstreik wegen fehlender medizinischer Versorgung und gegen ihre unmenschlichen Haftbedingungen, darüber hinaus gibt es weitere Streiks seit Anfang Oktober. Elazig: Von 400 Gefangenen beteiligt sich ein Großteil an dem seit dem 20.10. unbesteten Hungerstreik. Ceyhan: 196 sind seit dem 9.10. im Hungerstreik. Cankiri: befristeter Hungerstreik seit dem 9.10. Nevsehir: 15.10. Beginn eines befristeten Hungerstreiks. Ankara Zentralgefängnis: Hungerstreik seit dem 9.10. und Prozeßboykott. Sivas: 15 PKK Frauen sind seit dem 13.10. im Hungerstreik. Yozgat: Seit dem 10.10. sind 100 Gegene im Hungerstreik und Prozeßboykott. Buca: unbefristeter Kettenhungerstreik seit dem 6.10. von 400 Gefangenen. Aydin: 150 Gefangene sind seit dem 11.10. im befristeten Hungerstreik. Bartin: Hungerstreik seit dem 10.10.Weitere Repression gegen Gefangene:Elbistan: Der Gefangene Imam Yildiz wurde von Militärs zu Tode geprügelt. Batman: Wie bei dem Überfall in Diyarbakir wurde auch hier versucht, einen bereits verurteilten Gefangenen erneut zum Verhör abzuholen und dabei auf jede erdenkliche Art zu provozieren. Die Gefangenen konnten dies zwar verhindern, warnten aber vor einem bevorstehenden Massaker. Malatya: 19 Gefangene, die am 17.10. mit dem Wagen zum Gericht gebracht werden sollten, wurden während der Fahrt von einem Unteroffizier mit Ermordung bedroht. Sagmalcilar: Die dortigen PKKGefangenen haben eine Erklärung veröffentlicht, in der sie auf die körperlich und psychisch beeinträchtigte Situation mehrerer Mitgefangener hinweisen, die durch Folter und jahrelange Haft kaum noch in der Lage seien, jemals wieder ein normales Leben zu führen. Obwohl sich einige der Haftunfähigen in Lebensgefahr befinden, werden sie von Gefängnis- und Krankenhausärzten immer wieder für haftfähig erklärt. Buca: Trotz massiver Proteste der Gefangenen wird nichts gegen die sich aufgrund der miserablen hygienischen Bedingungen weiter ausbreitenden Krankheiten, darunter TBC, Typhus, Lungenentzündung, unternommen. Eine medizinische Versorgung fehlt komplett. Adiyaman: Auch hier sind zahlreiche Gefangene schwer krank, eine medizinische Versorgung wird ihnen verweigert.Aktionen von Angehörigen und Unterzern:Nachdem im IHD Ankara 85 Angehörige einen Hungerstreik durchgeführt haben, haben 11 Mütter von Gefangenen am 27.10. dort ein Todesfasten begonnen. Etwa 100 Angehörige, darunter die hungerstreikenden Mütter und ein 70jähriger Mann, wurden während eines Sitzstreiks vor dem Regierungsgebäude am 9. November zusammengeschlagen und festgenommen. Eine Sprecherin erklärte, daß sie mit aller Konsequenz den Widerstand ihrer Kinder unterstützen und, falls sie das Todesfasten nicht weiterführen könnten, auch bereit sind, sich selbst zu verbrennen. Nurhan Celik ist schwer erkrankt und leidet vermutlich an inneren Blutungen, weigert sich jedoch, die Aktion abzubrechen oder sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Sie wurde mittlerweile ins Krankenhaus gebracht.Im ganzen Land unterstützen Angehörige, IHDs, HADEP, Studenten und andere demokratische Vereinigungen die Forderungen der Gefangenen mit Presseerklärungen und eigenen Aktionen.(Quelle: Özgür Ülke vom 31.10. bis 11.11., aus: Kurdistan Rundbrief 23/94)
Weitere Berichte des IHD und andererTrotz Genehmigung vom türkischen Justizministerium wurden die Untersuchungsdelegationen von Anwälten des Menschenrechtsvereins IHD am 22. Oktober in den Gefängnissen Ankara, Diyarbakir und Antep, wohin 304 politische Gefangene nach dem Angriff auf sie in Diyarbakir zwangsverlegt wurden, nicht eingelassen.Der IHD erklärte, daß die Gefangenen Yasin Aydin und Suat Kaya nach der Zwangsverlegung aus dem Gefängnis Antep erneut verschleppt wurden.Yasin Aydin wurde später im Gefängnis Aydin (in der Türkei) wieder gefunden. Er erklärte in einem offenen Brief, daß sie nach dem Angriff auf die Gefangenen in Diyarbakir am 5.10. zu 70 verletzten Gefangenen gefesselt in einen Wagen übereinandergeworfen und ins Krankenhaus transportiert wurden. Dort rissen ihnen Wärter die Wunden weiter auf, während die Érzte zusahen. Einige Érzte beteiligten sich auch im Krankenhaus aktiv an Folterungen, rissen den schwerverletzten Gefangenen die Wunden weiter auf und brachen ihnen erneut Arme oder Beine. Sie wurden tagelang in einem Keller unter dem Staatssicherheitsgericht Diyarbakir gefangengehalten, ihre Wunden eiterten, und es gab keine frische Luft, die Soldaten, die sie bewachten, betraten diesen Keller nur mit Atemschutzmaske. Nach einigen Tagen wurden sie dann ins Gefängnis Antep transportiert, auch frisch operierte Gefangene waren unter ihnen.Am 20. Oktober wurden die Gefangenen Aslan Akcakale und Yasin Kale, die eine Gehirnblutung hatten, aus dem Gefängnis Antep an einen unbekannten Ort verschleppt.70 Gefangene sind noch immer durch den Angriff schwer verletzt und bekommen keine medizinische Behandlung. Sechs Gefangene haben immer noch mehrere Kugeln im Körper. 50 Gefangene sind noch immer vermißt.Der sechstägige Solidaritätshungerstreik der Angehörigen der politischen Gefangenen im Gebäude der HADEP in Izmir ging am 22. Oktober mit einer Kundgebung vor dem Postamt Basmane zu Ende. 1500 Angehörige, Mitglieder der HADEP, der Gewerkschaft TÜMTIS und des Vereins der Kriegsgegner BSP schickten massenhaft Protesttelegramme gegen die Angriffe auf die politischen Gefangenen und die Massaker und Entvölkerung Dersims an den Parlamentspräsidenten.In Istanbul kamen am gleichen Tag 300 Menschen vor das Postamt Sirkeci, von wo sie Protesttelegramme wegen der Gefangenen und Dersim losschickten. Sie wurden von der Polizei umzingelt und angegriffen. Vier Funktionäre des Kreisverbandes Eminönü der HADEP wurden unter Tritten und Prügel von der Polizei verhaftet.(Quelle: Özgür Ülke vom 25.10., 31.10. und 3.11.94, aus: Kurdistan Rundbrief 23/94)
Brief von Marc Rudin
() Für mich geht es im Moment darum, das wenige, was ich diesen Sommer an Verbesserungen erreichte, zu konsolidieren, auch weitere Verbesserungen meiner Haftbedingungen zu erreichen. Dazu gehört die Zusammenlegungsforderung, die automatisch Verlegung nach Kopenhagen bedeuten würde, da die 3 Gefangenen, mit denen ich zusammengelegt sein möchte, schon dort zusammengelegt sind. Dadurch hätte ich automatisch auch Kontakt zu arabischen Gefangenen, Gefangenen aus Nah-Ost und dem Trikont allgemein, von denen ich hier recht systematisch abgesondert werde. Die 3 Gefangenen, mit denen ich eine Zusammenlegung will, sind ja in einer normalen, nicht isolierten Abteilung, wo sich für mich automatisch diese sehr wichtigen politico- kulturellen Kontaktmöglichkeiten ergeben würden. Da ich im Moment (seit Juli d.J.) ein Lauftraining im normalen Hof machen kann, also nicht mehr Hofgang im Zellenhof habe, habe ich damit meinen Bluthochdruck unter Kontrolle gebracht, ich bin also im Moment kaum mehr auf den Knastarzt angewiesen, dem ich überhaupt nicht traue. Arzt meines Vertrauens ist also im Moment, wo ich mir "selbst mein Arzt sein kann", nicht mehr das allerdringendste der Probleme. Hingegen muß ich auf der Hut sein, daß mir nicht das mühsam Erkämpfte von diesem Sommer wieder genommen wird. Kürzlich versuchten die mich zum Hofgang wieder in den Zellenhof zu sperren (5m x 6m), wo ich natürlich kein Lauftraining machen kann. Der faule Vorwand zu dieser ihrer Provokation war, daß im normalen Hof Erdarbeiten gemacht würden. Die anderen Gefangenen hatten jedoch nach wie vor Hofgang im normalen Hof. Ich habe natürlich noch gleichentags an die Gefängnisdirektion geklagt, lehnte es auch ab, nur einen Fuß in den Zellenhof zu setzen, weshalb ich überhaupt keinen Hofgang hatte. Da aber mein Hofgang im Normalhof diesen Sommer vom Justizminister selbst verordnet wurde, der damals ins Schußfeld kam, unter Druck Dampf ablassen mußte, war also dies eine grobe Verletzung der europäischen Menschenrechtskonvention, die 1 Stunde Hofgang für die Gefangenen täglich vorschreibt. Kopien der Klage schickte ich natürlich ans Justizministerium und an meinen Anwalt in DK (Dänemark) und den in Zürich. Die Direktion hat auch sofort kalte Füße gekriegt, am nächsten Tag hatte ich bereits wieder Hofgang im normalen Hof, obschon die Erdarbeiten munter weitergingen. Das Ganze schien also auch irgendwie ein Versuchsballon, ob sie mich diesen Winter eventuell bei schlechtem Wetter in den Zellenhof stecken könnten. Das stinkt ihnen halt, daß mich im Normalhof extra 2 Wachteln beaufsichtigen müssen, bei Gewitter und Schneesturm, da ich Einzelhofgang habe und keinen "Hof" an keinem Tag auslasse. Also ich hab ihnen da schon mal den Tarif angegeben, denn ich hab ja nicht verlangt, isolierten Einzelhofgang zu haben, wäre dabei ja auch lieber mit den anderen zusammen, soll das also ihr Problem sein, wenn die sich wegen mir die Eier abfrieren müssen, ich jedoch durch mein Laufprogramm schön warmgelaufen bin. Ich muß mich auch gefaßt machen darauf, daß die versuchen werden, meinen Status als Selbststudent auf irgendeine oder die andere Art wieder einzuken. Mensch muß drinnen einfach immer davon ausgehen, daß ihm alles wieder weggenommen werden kann, was er sich errang. Es geht also darum, das wenige Erkämpfte duch ständiges sofortiges Reagieren auf ihre Provokationen zu konsolidieren, ständig auf der Hut zu sein, ihnen das Leben mit Gegenwehr sauer zu machen, damit sie schlußendlich von diesen Provokationen absehen, weil es sie einfach zu viel Mühe und Umständlichkeit kostet. Sie sind ja auch irgendwo so bequem, wie sie auch feige sind, zurückkrebsen, wenn Gegenwehr auf ihre Angriffe kommt.Wenn Du mit der gegenwärtigen Entwicklung in Nah-Ost die diversen "Friedensverträge" meinst, muß ich Dir sagen, daß dies alles meiner Meinung nach ein Umbau des veralteten traditionellen Kolonialismus, der den modernen Anforderungen der Ausbeutung der Gegend nicht mehr genügt, in einen modernen imperialistischen Neokolonialismus, wie ihn die USA verstehen, ist. Als Revolutionäre und internationalistische Antiimperialisten müssen wir also den "Friedensprozeß" ablehnen, weil er keinen Frieden, sondern letzten Endes eine gewaltsame "Befriedung" eines Volkes bringen wird, das sich für seine elementarsten Rechte zu Wehr setzt. ()Meiner Meinung nach wäre es z.B. total wichtig, daß PalästinenserInnen, jüdische Menschen, Deutsche, KurdInnen, TürkInnen etc. zusammen in breiten Bündnissen kämpfen gegen Rassismus, wo und wie er sich auch immer manifestiert, sei dies nun im besetzten Palästina, in Kurdistan, im südlichen Afrika, in den USA oder in Europa gegen MigrantInnen, JüdInnen oder Roma und Sinti. Das funktioniert in den USA z.B. recht gut, wo z.B. die PFLP mit Organisationen antirassistischer JüdInnen, PuertoricanerInnen, AfroamerikanerInnen etc. solche systematische Arbeit betreibt. Dies muß aber mit konkreten Zielen verbunden sein, eine Einheit muß sozusagen im Kampfe geschmiedet werden. Ein Zusammenkommen, nur um sich gegenseitig zu bestaunen, als antirassistische Alibiübung, bringt meines Erachtens nichts außer der Beruhigung etwaiger schlechter Gewissen von Metropolenbewohnern, im schlimmsten Falle eine Befriedung im imperialistischen Sinne.Mein jetziger Tagesablauf ist ein vollgestopftes Programm, das ich mir selbst auferlege, mir reicht die Zeit nie aus, um all das zu tun, was ich mir vornehme. Täglich mache ich natürlich 1 Stunde Lauftraining während des Hofgangs und 1;/2 Stunden Hanteltraining, alles recht hart. 7;/2 Stunden täglich bin ich in meiner Arbeits-/Studierzelle eingeschlossen. Während dieser Zeit arbeite ich meistens an meinem Arabisch oder zeichne. Mache auch etwa eine Übersetzung oder andere Arbeit. Während der 3;/2 Stunden, da abends die Zellen offen sind, bleibe ich meistens in meiner Zelle, schreibe Briefe oder lese (ich habe mit etwa 70 Personen regelmäßigen Briefverkehr). Ich habe mit den anderen Gefangenen dieser kleinen Abteilung, in der ich bin, nicht viel zu tun, da viele von ihnen Verräter sind oder Petzer, aus dem Grunde sich zum eigenen Schutze hier isolieren ließen. Das war natürlich taktisch geschickt von der Knastleitung, mich in so eine Abteilung zu stekken, jedoch nicht mal mit den minimalen Möglichkeiten, die den anderen dieser Abteilung offenstehen, Leute von anderen Abteilungen zu kontaktieren. Habe nicht die normalen Möglichkeiten zu Freizeitaktivitäten, die den anderen hier offenstehen, Sondermaßnahmen für mich als einzigen des ganzen Knastes, so wie ich auch der einzige bin mit isoliertem Einzelhofgang.Für heute mal genug, alles Gute, herzlich, MarcWer Marc schreiben möchte, hier die Adresse: Marc Rudin, PO Box 503,DK-8700 Horsens
4 linke Schweizer
AktivistInnen in Haft
Ende September wurden auf Anordnung der Schweizer Bundesanwaltschaft Olivier und Berthe de Marcellus in Genf sowie Marina Berta und Giorgio Bellini in Locarno verhaftet. Die beiden ersten sitzen seitdem im Genfer Untersuchungsgefängnis, Marina und Giorgio in Bern. Die Verhaftungen erfolgten angeblich aufgrund belastender Geheimdienstunterlagen aus den ehemaligen sozialistischen Staaten Osteuropas, nach denen die vier - und weitere Schweizer und Schweizerinnen - einer Gruppe um "Carlos" Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre angehört haben sollen. In diesem Zusammenhang wird den vieren vorgeworfen, an einem Sprengstoffanschlag im Zug Paris-Toulouse am 29.3.82 beteiligt gewesen zu sein, an dem Mord am französischen Botschafter Cavallo und dessen Ehefrau am 15.4.82 in Beirut, an einem Bombenanschlag gegen die französische Botschaft und auf das Air-France-Büro in Wien am 19.4.82 und an einem Sprengstoffanschlag gegen Mitglieder der saudiarabischen Botschaft am 13.4.83 in Athen.Olivier de Marcellus ist ein engagierter Atomgegner, der sich besonders im Widerstand gegen den "Superphenix", den Schnellen Brüter von Creys-Malville bei Genf, eingesetzt hat. Das Genfer Anti- AKW-Komitee Contratom, das sich mit einer Erklärung zur Verhaftung von Olivier an die Öffentlichkeit wandte, erklärte dazu: "Aus der Presse haben wir erfahren, daß unser Freund verhaftet wurde, auf der Basis von >Dokumenten<, die von Geheimdiensten aus dem ehemaligen Ostblock stammen. Wir finden es erstaunlich, daß man sich auf derartig zweifelhafte Quellen stützt. Die Fichenaffäre in der Schweiz hat allen gezeigt, wie wenig Vertrauen derartigen Quellen entgegenzubringen ist. Im übrigen kann eine Manipulation von Diensten nicht ausgeschlossen werden, die ein Interesse haben, den Kampf gegen Creys-Malville zu diskreditieren." Und die Tessiner Croce Nera Anarchica (das anarchistische schwarze Kreuz, das sich seit dem Prozeß gegen Petra Krause 1976 für politische Gefangene einsetzt) erklärt zur Verhaftung von Giorgio Bellini und Marina Berta: "Bellini wurde bereits 1975 in Zürich verhaftet, ohne daß die Untersuchung etwas gegen ihn ergeben hätte. 1978 war er im Zusammenhang mit der Untersuchung Mantovani von der ägyptischen Regierung ohne jede Grundlage zur Verhaftung ausgeschrieben. 1981 saß er neun Monate illegal in Deutschland im Gefängnis, weil er in Italien aus politischen Gründen gesucht war, dann wurde er mit vielen Entschuldigungen freigelassen und jetzt erneut verhaftet. () Wir fragen uns, ob diese Verfolgungsmanie gegen Bellini nicht damit zu tun hat, was der Zürcher Tages- Anzeiger schon seinerzeit feststellte: >Bellinis juristische Unbill haben nur einen sicheren Grund: Es handelt sich bei ihm um einen unbequemen Staatsbürger.< () Wir befürchten, daß man manipulierte Quellen benützt, um ein Theorem der Schuld zu konstruieren, das keine Handhabe zum Gegenbeweis bietet und so die Gefangenen in einer absurden Rollenumkehr zwingt, die eigene Unschuld zu beweisen."Für den 8.10. hatte der "Assemblee du 29 septembre" (ein Zusammenschluß von Menschen aus zahlreichen Gruppen und Zusammenhängen sowie nahen FreundInnen und Kindern der Gefangenen) zu einer Demonstration in Genf für die Freiheit der vier aufgerufen, an der sich 500 Menschen beteiligten.(d.Red., nach Briefe aus geschlossenen Orten des Infoladens "Le Sabot" in Basel)
Journalist von "egin"in Spanien verhaftetSeit dem 24. August sitzt Pepe Rei, Chef der Rechercheabteilung der baskischen Tageszeitung egin, im Madrider Gefängnis Carabanchel. Ihm wird vorgeworfen, an ETA Informationen weitergegeben zu haben, die diese für ihre Aktionen genutzt habe. Pepe Rei, dessen Enthüllungen z.B. über die Verstrickung der Polizeitruppe Guardia Civil in den Drogenhandel und über Korruption im Baskenland, in die die baskische Regierungspartei PNV verstrickt ist, immer wieder zu (letztlich erfolglosen) Anzeigen gegen ihn wegen Verleumdung und Beleidigung führten, bestreitet diese Vorwürfe entschieden. Immer wieder wurde und wird egin Verbindungen mit ETA vorgeworfen. Im Dezember letzten Jahres wurden nach einer entsprechenden Kampagne die Redaktionsräume durchsucht und 200 Archivordner und zwei Computer beschlagnahmt. Mittlerweile gründeten in Madrid 75 Journalisten aus dem In- und Ausland eine "Plattform zur Verteidigung der Pressefreiheit", um die sofortige Freilassung von Pepe Rei zu erreichen. (d.Red.)(Quelle: junge Welt, 8.11.94)
Prozeß wegen KurdenDemo endet mit FreispruchMit einem Freispruch endete der Prozeß gegen den Anmelder einer Demonstration aus Anlaß des kurdischen Newroz-Festes am 21.3.94 in Kiel.Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten, Jörg Stoeckicht, vorgeworfen, gegen das Vereins- und Versammlungsgesetz verstoßen zu haben, weil auf der Demonstration Kinder mit Fahnen kurdischer Organisationen, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft verboten sind, mitgegangen seien.Nachdem der Angeklagte unter dem Beifall der über 50 Prozeßbesucher eine längere politische Erklärung verlesen hatte, ergab die Zeugenvernehmung des damaligen Einsatzleiters, daß dem Anmelder der Demonstration keine Straftat vorgeworfen werden konnte. Auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte nach der Zeugenaussage auf Freispruch, so daß die spannende Frage, ob die bei der Demonstration verwendeten Fahnen nun als Kennezichen verbotener Organisationen zu begreifen sind, gar nicht mehr geklärt werden brauchte.Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Peter Tode, betonte in seinem Plädoyer noch einmal, daß es sich bei dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft offensichtlich um den Versuch handelt, politisch aktive Menschen zu maßregeln.Rote Hilfe, Ortsgruppe Kiel
@90a-Berufungsprozeßvorläufig eingestelltÜberraschend hat der Berufungsprozeß gegen Stefan K. vor dem Nürnberger Landgericht am zweiten Verhandlungstag ein schnelles Ende gefunden. Die Staatsanwaltschaft beantragte - nachdem der Vorsitzende Richter des 8. Strafsenats Bonner auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen hatte - die vorläufige Einstellung des Verfahrens nach @54 StPO ("unwesentliche Nebenstrafen") mit der Begründung, daß Stefan am 13.10.94 in einem anderen Verfahren bereits zu einer Haftstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden sei und deshalb die zu erwartende Strafe wegen des angeblichen Rufens der Parole nicht beträchtlich ins Gewicht falle. Stefan war in erster Instanz () wegen dem angeblichen Biß in den behandschuhten Finger eines USK-Beamten verurteilt worden (siehe dazu auch die letzte Ausgabe des Infos). Das Gericht entsprach entgegen dem Willen Stefans und seiner Verteidigerin, die die NichtStrafbarkeit dieser Parole gerichtlich entschieden haben wollten, diesem Antrag. Mit dieser plötzlichen Wendung des Verfahrens vermied es das Gericht, sowohl eine Entscheidung über die Zulassung der von der Verteidigung und Stefan gestellten Beweisanträge als auch über die Strafbarkeit der kriminalisierten Parole "BRD-Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt!" zu fällen.(aus einer Pressemitteilung des Infobüros Nürnberg)
ProzeßtermineProzeß gegen Birgit HogefeldDer Prozeß gegen Birgit Hogefeld begann am 15.11.94 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, Gerichtsgebäude E, Saal II, Hammelsgasse 1. Die weiteren Prozeßtermine - Beginn jeweils um 9.30 Uhr - sind am 22.11., 24.11., 29.11., 1.12., 6.12., 8.12., 13.12., 15.12., 20.12., 23.12., 3.1., 5.1., 10.1., 12.1., 17.1., 30.1.
TermineGöttingen. 19.11., 11.00 Uhr, Am Markt, bundesweite antifaschistische Demonstration "Nichts ist vergessen und niemand! Keine Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands!" anläßlich des fünften Todestages von Conny Wißmann.Zweibrücken. 19.11., 12.00 Uhr, JVA, Johann-Schwebel-Platz 33, Knastkundgebung zu Ursel Quack.Rotenburg (Hessen). 19.11., 13.00 Uhr, Marktplatz, Demonstration und anschließende Trauerkundgebung für den von einem Skinhead am 6.11. erstochenen 18jährigen Antifaschisten Pjotr.Berlin. 19.11., 18.00 Uhr, Kneipe "Pink Panther", Lausitzer Platz (Kreuzberg), Veranstaltung "Freilassung von Irmgard Möller und allen politischen Gefangenen" mit dem Film Yol - Der Weg von Yilmaz Güney.Berlin. 20.11., 18.00 Uhr, Kneipe "Paradox", Reichenbergerstr./Nähe Ohlauer Str. (Kreuzberg), Veranstaltung "Freiheit für Irmgard Möller und alle politischen Gefangenen". Veranstalter an beiden Tagen: "Gruppe Wir bleiben dran".
Aufruf zu Demo und Aktionen gegen die Tagung des Europäischen Rates im Dez. 94 in Essen9.12., 18.00-21.00 Uhr, vorauss. Zeche Carl, Auftaktveranstaltung mit Tribunalcharakter, Anklage der EU aus internationalistischer Perspektive. 10.12., 12.00- 17.00 Uhr, bundesweite Demonstration von der Essener Innenstadt in Richtung Tagungszentrum an der Gruga. 11.12., vorauss. Zeche Carl, Gegenkongreß mit vier thematischen Foren.
N Gulay Yurdakul muß freikommen!N Dogan Özserik im HungerstreikN Birgit Hogefeld zum Überfall gegen sieN Verhaftung von Ursel Quack wegen @129aN Nach dem Massaker von DiyarbakirN Brief von Marc RudinN 4 linke SchweizerInnen verhaftetN Intensivierung der Kampagne für Mumia Abu-Jamal jetzt!
Letzte Meldung!
Antifa-Prozeß inBerlin zu EndeAm 11.11. wurden bereits die noch bestehenden Haftbefehle gegen die im Kaindl-Prozeß angeklagten Antifaschisten aufgehoben, so daß alle seitdem frei sind. Die Staatsanwaltschaft plädierte wegen Körperverletzung mit Todesfolge bzw. Körperverletzung bei vier Angeklagten für bis zu vier Jahre Haft, bei zweien für Bewährungsstrafen und bei einem für Freispruch wegen Schuldunfähigkeit. Die Verteidigung forderte für alle Freispruch bzw. niedrige Bewährungsstrafen.Heute, am 15.11., wurden die Urteile gesprochen: Erkan Sönmez ist frei, in einem gesonderten Verfahren wird über die von der Richterin geforderte Zwangseinweisung entschieden werden (wird wahrscheinlich abgelehnt). Fatma Balamir wird wegen Beihilfe zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten - unter Einbeziehung einer alten Bewährungsstrafe - auf Bewährung verurteilt. Mehmet Ramme, Seyho Karaslan und Carlo Blietz werden wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren verurteilt (die Untersuchungshaft wird angerechnet), alle bleiben vorerst frei. Gegen zwei noch Gesuchte wird der Haftbefehl aufgehoben. Bazdin Yoldaz wird zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, davon hat er ein Jahr bereits abgesessen, ein Jahr wird auf Bewährung ausgesetzt, er bleibt ebenfalls vorerst frei.
Intensivierung derKampagne fürMumia Abu-Jamal jetzt!Aus einem Brief von RechtsanwaltLen Weinglass vom 1. November 1994Liebe Freundinnen und Freunde, wir haben intensiv an einer letzten Fassung des Schriftsatzes gearbeitet, mit dem wir im Januar oder Februar 1995 ein neues Verfahren beantragen wollen. Auch die von uns gestellten Nachforschungen werden fortgesetzt und haben in bezug auf bislang unauffindbare ZeugInnen ein paar hoffnungsvolle Entdekkungen erbracht. Vor einem Monat hatte ich Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch mit dem amtierenden Gouverneur von Pennsylvania, William P. Casey. Ich konnte die Angelegenheit ausführlich darstellen, und das Zusammentreffen hinterließ bei mir den Eindruck, daß der scheidende Gouverneur den Hinrichtungsbefehl nicht mehr unterschreiben wird. Wie Ihr wißt, wird noch in diesem Monat ein neuer Gouverneur gewählt werden und die Amtsgeschäfte am oder um den 20. Januar 1995 herum übernehmen. () wir gehen davon aus, daß er kurz nach der Amtsübernahme den Befehl für Mumias Hinrichtung unterzeichnen wird. Wir sind aber darauf vorbereitet, dann unverzüglich vor Gericht zu gehen und einen sofortigen Stop zu erwirken. Wir werden in der Lage sein, diesen Hinrichtungsstop auf Dauer aufrechtzuerhalten. Trotzdem beginnt mit dem Moment der Unterzeichnung ein Wettlauf gegen die Zeit, in dem wir, wie wir hoffen, die Sache Mumias im Laufe der nächsten Jahre vor Gericht durchfechten werden."
"Wir dürfen uns nicht länger damit begnügen, weitere Ergebnisse auf der juristischen Ebene abzuwarten. Denn was wäre, wenn das zuständige Gericht den Wiederaufnahmeantrag ablehnen und auch die Berufung dagegen scheitern würde? Dann käme irgendwann in nicht allzu weiter Zukunft der Tag, an dem auch das letzte juristische Mittel ausgeschöpft sein würde, und dann wäre es allerdings zu spät für eine politische Intervention, die noch etwas zum Positiven wenden sollte."Archiv '92 "Kampagne Mumia Abu-Jamal" ruft deshalb dazu auf, im Dezember hier in der BRD zahlreiche Veranstaltungen durchzuführen und auf sonstige vielfältige Weise aktiv zu werden sowie möglichst viele Menschen, auch gerade Journalisten und Schriftsteller und über sie ihre gewerkschaftlichen oder sonstigen Organisationen, anzusprechen."Ein wesentliches Ziel sollte dabei sein, möglichst viele Menschen, Gruppen und Institutionen dazu zu bewegen, gezielt am und um den 20. Januar 1995 in englischer oder deutscher Sprache den neuen Gouverneur von Pennsylvania bei seinem Amtsantritt durch eine Flut von Briefen, Telegrammen, Faxen und Anrufen mit der Existenz einer internationalen Solidaritätsbewegung für Mumia Abu-Jamal und die anderen von der Todesstrafe bedrohten Gefangenen und mit den zentralen Forderungen zu konfrontieren:Keine Unternung des Hinrichtungsbefehls! Sofortige Wiederaufnahme des Verfahrens und Freilassung von Mumia Abu-Jamal! Abfung der Todesstrafe!"Die Informationen, Brief und Zitate sind aus dem neuesten Bulletin von Archiv '92 ("Kampagne Mumia Abu-Jamal", Postfach 150323, 28093 Bremen), das in den nächsten Tagen herauskommt. Wir werden noch ausführlicher berichten.
Herausgeber: Angehörige und FreundInnen politischer Gefangener in der BRD, Postgerkarte 050205, 65929 Frankfurt/M. Erscheint vierzehntäglich bei GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein/Hamburg m.b.H., Palmaille 24, 22767 Hamburg. V.i.S.d.P.: Christiane Schneider. Redaktionsanschrift und Bestellungen: GNN-Verlag, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel.: (040)381393, Fax: (040)3898331 (mit Empfängervermerk). Einzelpreis: 1,20 DM. Ein Halbjahnement kostet 28,60DM, ein Halbnement 39DM, Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei einer Bestellung ab 3 Stück 30% Rabatt, ab 50 Stück das Heft zu 0,75 DM, jeweils plus Versandkosten. Bei Bestellungen bitte Einmacht beifügen oder Überweisung auf das folgende Verlagskonto: Hamburger Sparkasse, BLZ 20050550, Konto-Nr. 1330/110055. - Herstellung und Drucklegung: GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein/Hamburg m.b.H.Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist das Angehörigen-Info so lange Eigentum des Absenders, bis es dem Gefangenen ausgehändigt wird. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info dem Gefangenen nicht perlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken.Spendenkonto der Angehörigen: Sonderkonto Kiener, Landesgirokasse Stuttgart, BLZ 60050101, Kt.-Nr. 5454194.