Nach über 22 Jahren Gefangenschaft - das sind seit dem Tag ihrer Verhaftung am 8.7.1972 fast 269 Monate oder genau 8180 Tage - wird Irmgard Möller, Gefangene aus der RAF, am Donnerstag, den 1. Dezember, wieder in Freiheit sein.Die Heidelberger Staatsanwaltschaft hat gegen die Entscheidung des Landgerichts Lübeck, die lebenslange Freiheitsstrafe von Irmgard auf Bewährung auszusetzen, keine Beschwerde eingelegt.Irmgard wünscht sich, daß sie von vielen Menschen am Donnerstag gegen 11.00 Uhr vor dem Lübecker Knast begrüßt wird.

Wir haben hier keine Dörfer oder Stadtviertel, wo die Gemeinschaft - wie z.B. im Baskenland - für die ehemaligen politischen Gefangenen nach ihrer Freilassung sorgt. Wo so viele einzelne und Gruppen zu Irmgards Freilassung beigetragen haben, gibt es hier aber mit Sicherheit auch viele, die mithelfen wollen, daß Irmgard sich nach diesen langen Jahren im Gefängnis ihre Lebensbedingungen schaffen kann, ohne auf jeden Pfennig gucken zu müssen. Irmgard soll auch genug Geld haben, um alles, was möglich ist, für ihre Genesung zu tun.Wir bitten um Spenden auf das Angehörigenkonto: Sonderkonto Kiener, Landesgirokasse Stuttgart, BLZ 60050101, Konto-Nr. 5454194, Stichwort: Irmgard

Aktionskette der Angehörigen

für das Leben und die Freiheit der

politischen Gefangenen, 24.11.

Dauerpräsenz der Angehörigen und FreundInnen vor dem Knast Köln-Ossendorf für die sofortige Verlegung von Heidi Schulz in die Universitätsklinik Frankfurt

Seit Donnerstag, 24.11., sind Angehörige und FreundInnen der politischen Gefangenen vor dem Knast Ossendorf. Die gesundheitliche Situation von Heidi Schulz ist zugespitzt. Die Justiz blockt seit fast vier Jahren Untersuchung und Behandlung von Heidi ab. Es ist inzwischen ein zynisches Spiel mit Heidis Leben. Nachdem über Jahre jede Lebensäußerung belauert, festgehalten und im Apparat gespeichert wurde, behauptet nun das Justizministerium nach dreieinhalbjähriger Auseinandersetzung um medizinische Untersuchung und Behandlung von Heidi, sie bräuchten erst alle "Unterlagen" (!), um über die Verlegung von Heidi in die Uniklinik Frankfurt entscheiden zu können. Von neuem, wie vom Nullpunkt, soll ein Schritt für die Behandlung von Heidi von den Mechanismen der Bürokratie erstickt werden.Die Angehörigen nehmen nicht hin, daß die Folge von jahrelanger Isolation und Sonderbehandlung nun doppelt gegen die Gefangenen und zur Zerstörung der Gefangenen eingesetzt wird.Die Dauerpräsenz ging bis nach Redaktionsschluß weiter. Am Montag, 28.11., fand um 18.00 Uhr eine Kundgebung statt, bei der Beiträge zur Situation von Heidi und Gulay sowie zur Knastmedizin gehalten wurden.

Flugblatt der Angehörigen: Knast und Justizverweigern medizinische Behandlung!Wir stehen hier vor dem Ossendorfer Knast, weil Heidi Schulz hier gefangengehalten wird und weil die Justizbürokratie und der Knast sich weigern, dringend notwendige medizinische Versorgung für sie zu gewährleisten. ()Ossendorf hat eine zwanzigjährige Tradition in der Bekämpfung politischer Gefangener. Anfang der siebziger Jahre waren hier Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Astrid Proll inhaftiert - zeitweise in einem speziell eingerichteten toten Trakt, wo sie vollständig von jedem Menschen, jedem Geräusch, jedem Tageslicht, jedem Leben isoliert wurden.Von Juli bis Oktober dieses Jahres war hier die kurdische politische Gefangene Gulay Yurdakul inhaftiert. Sie war von Anfang der Haft an krank - durch die Folter in türkischen Knästen erlitt Gulay Yurdakul eine Hirnverletzung und mußte sich nach der Haft einer Gehirnoperation unterziehen. Dem Knast und der Justiz war zu jedem Zeitpunkt bekannt, daß Gulay Yurdakul regelmäßige fachärztliche Behandlung brauchte und nicht allein sein durfte. Der Knast hat sie in Isolationshaft gebracht, sie total isoliert von allen Gefangenen, mit denen Gulay hätte reden können. Der Bundesgerichtshof ordnete zusätzlich dauernde Beobachtung und die ununterbrochene Beleuchtung der Zelle sowie zusätzliche nächtliche Kontrollen an. Versuche anderer Gefangener, Gulay zu helfen, beantwortete der Knast mit Androhungen von Disziplinarmaßnahmen. Die verschärften Isolationshaftbedingungen und die fehlende ärztliche Betreuung führten zu einer lebensgefährlichen Zuspitzung des Gesundheitszustandes - Gulay Yurdakul wurde am 13.10.1994 mit einer akuten Gehirnblutung in einem Kölner Klinik eingeliefert. Mittlerweile befindet sie sich im Knastkrankenhaus Fröndenberg - eine Entlassung aus der Haft wird abgelehnt.Auch Heidi Schulz ist in den zwölf Jahren Haft und durch die verschärften Bedingungen krank geworden, ihre Gesundheit ist bis auf den Grund zerrüttet. Dieser Prozeß der Zerstörung der Gesundheit eskaliert vor allem deswegen, weil seit Jahren fachärztliche Betreuung von Érztinnen des Vertrauens entweder überhaupt nicht genehmigt wird oder unerträglich lange verzögert wird.Jeder Arzt oder jede Érztin braucht eine Genehmigung, bevor sie überhaupt in den Knast reinkommt. Mehr als 14 Monate dauerte es 1991/92, bis ein Antrag auf Zulassung einer Gynäkologin für Heidi Schulz genehmigt wurde! Die Érztin muß eine Prozedur von Sicherheitsüberprüfung über sich ergehen lassen - in einem Fall wurde sogar der Nachweis sämtlicher Wohnsitze einer Érztin in den letzten zehn Jahren verlangt! Immer wieder werden Anträge nicht genehmigt, verordnete Medizin wird nicht oder Monate später an Heidi ausgegeben, Gesundheitseinkauf wird nicht oder erst Monate nach der Beantragung und der Verordnung durch die Érztin genehmigt. Eine Behandlung außerhalb des Knasts findet immer nur als Ausnahmezustand statt. Heidi wird an Händen und Füßen gefesselt, begleitet von Schließerinnen und bewaffnetem Sondereinsatzkommando weggebracht. Schließerinnen führen Heidi mit einer Knebelkette in den Behandlungsraum, sind mitunter bei der Untersuchung und der Besprechung der Diagnose anwesend.Immer wieder werden "Sicherheitsfragen" oder bürokratische "Probleme" von den Verantwortlichen als ursächlich dafür benannt, daß alles eben so lange dauert. Im November 1993 beantragen Érzte eine sog. Ausführung für Heidi, damit eine Bauchspiegelung gemacht werden kann. Dieser Antrag wird zunächst überhaupt nicht beantwortet. Heidis Anwalt beantragt im Januar 1994 erneut die Behandlung. Darauf antwortet die Ossendorfer Anstaltsleitung wie folgt: "Aus Sicherheitsgründen kann Ihren im o.g. Schriftsatz gestellten Anträgen nicht entsprochen werden." Auf die Frage nach den Gründen erhält der Anwalt die Antwort: " die hierfür maßgeblichen Überlegungen können aus Sicherheitsgründen nicht mitgeteilt werden."Die "Sicherheitsgründe", die bürokratischen Hürden - all das ist nur die äußere Fassade. Dahinter steht die entschlossene Haltung von Knast und Justizbürokratie, Heidi Schulz die notwendige medizinische Versorgung nicht zu gewähren! Das ist die Realität!Die BRD exekutiert mit der Isolationshaft eine Form von Haft, die international als weiße Folter charakterisiert ist. Kennzeichnend dafür ist, daß diese Folter keine offen sichtbaren Spuren hinterläßt. Diese Form der Haft schließt die Zerstörung der Gesundheit ein - dies ist eine gewollte Folge. Die Gefangenen sollen so zur Kapitulation und zur Zusammenarbeit mit dem Staat, zum Verrat an sich selbst, an ihrer Geschichte und an ihrer politischen Identität erpreßt werden. Die Zerstörung der Gesundheit ist das gewollte Mittel in dieser Erpressung.() Christine Kuby war zwei Jahre mit schweren Bandscheibenschäden im Knast, nur unter starken Schmerzen konnte sie sitzen oder stehen - sie konnte erst jetzt, im November 1994, notoperiert werden, vorher wurde jede adäquate medizinische Versorgung verweigert. Bleibende Schäden wie die Lähmung eines Beines sind nicht ausgeschlossen. Christine Kuby ist nicht etwa in letzter Minute aus der bis dahin 17jährigen Haft entlassen worden. Sie erhält "Haftaussetzung" - d.h. wenn deutsche Staatsschutzbehörden entscheiden, daß sie wieder "gesund" genug ist, soll sie wieder in den Knast, wieder zurück in die Bedingungen, die die Krankheit verursacht haben!Wir sind heute hier, weil wir diese staatliche Erpressung der politischen Gefangenen nicht mehr länger hinnehmen. Wir werden hier vor dem Knast demonstrieren und die Öffentlichkeit über diese menschenverachtenden Verhältnisse informieren.Érzte aus Frankfurt haben zugesagt, Heidi medizinisch zu behandeln.Deswegen muß Heidi jetzt, nachdem der Kampf um ärztliche Behandlung schon Jahre dauert, unverzüglich in die Universitätsklinik Frankfurt verlegt werden. Die Behandlung dort muß unter menschenwürdigen Bedingungen stattfinden können. D.h. die behandelnden Érzte und Heidi bestimmen den Zeitpunkt für die Beendigung des Krankenhausaufenthaltes; d.h. auch, Heidi muß dort Besuch von ihren Angehörigen bekommen können. Schließerinnen und Sondereinsatzkommandos dürfen weder bei den Untersuchungen noch im Krankenzimmer sein!Menschenrechte müssen erkämpft werden!Solidarität mit den politischen Gefangenen!

Statt Freilassung nur Haftunterbrechung für Operation

Christine Kuby muß raus!

Presseerklärung von RechtsanwältinUrsula Ehrhardt vom 18.11.Entgegen anderslautender Meldungen am gestrigen Tag (17.11.) ist meine Mandantin nicht endgültig aus der Haft entlassen.Christine Kuby wurde vielmehr am 8.11.94 vorübergehend aus der JVA Lübeck entlassen und hat sich am 9.11.94 in einer neurochirurgischen Klinik einer dringend notwendigen Bandscheibenoperation unterzogen. In den nächsten Tagen wird sie zur Anschlußheilbehandlungen in eine Rehabilitationsklinik verlegt werden. Mit Ablauf dieser nur wenige Wochen dauernden Anschlußheilbehandlung soll die durch die Bundesanwaltschaft gewährte Haftunterbrechung enden, obwohl meine Mandantin nach Feststellungen des Anstaltsarztes und der behandelnden Fachärztin dauerhaft haftunfähig ist und eine grundlegende Rehabilitation, die in der Haft ausgeschlossen ist, auch in Freiheit einen noch nicht voraussehbaren Zeitraum in Anspruch nehmen würde.Durch diese Entscheidung, meine Mandantin nicht endgültig freizulassen, sondern ihre Haft lediglich zu unterbrechen, kann zwar voraussichtlich die akute Gefahr irreversibler Lähmungen vorerst abgewendet werden, eine umfassende Gesundung ist unter diesen Umständen jedoch nicht möglich. Die in den letzten Monaten eingetretene Zuspitzung der chronischen Erkrankung meiner Mandantin, die die jetzt erfolgte Operation unumgänglich werden ließ, wird sich bei ihrer erneuten Inhaftierung wiederholen.Christine Kuby muß angesichts dieser Situation sofort abschließend aus der Haft entlassen werden!Die Situation Christine Kubys ist exemplarisch für den staatlichen Umgang mit den politischen Gefangenen aus der RAF. Sie alle erfuhren und erfahren massive gesundheitliche Beeinträchtigungen und Erkrankungen unterschiedlicher Art und Intensität als zwangsläufiges Ergebnis der Isolations- und Sonderhaftbedingungen. Eine Chance auf gesundheitliche Wiederherstellung besteht in der Haft unter keinen Umständen mehr. Die Eskalation der gesundheitlichen Situation meiner Mandantin in der letzten Zeit war seit 1991 absehbar. Zugleich ist das Verfahren für eine Haftentlassung mit einer Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung blockiert, und das OLG verhindert eine bedingungslose Freilassung.Die weitere Verweigerung einer endgültigen Freilassung meiner Mandantin kann nur als Versuch gewertet werden, sie mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Risiken ihrer Erkrankung unter Druck zu setzen, endlich abzuschwören.Christine Kuby muß ebenso wie Irmgard Möller bedingungslos entlassen werden.Die übrigen politischen Gefangenen aus der RAF müssen zusammengelegt und ihre gesundheitszerstörenden Haftbedingungen aufgehoben werden.Ursula Ehrhardt

"es ist eine brisante und unkalkulierbareentwicklung geworden "Der folgende Ausschnitt aus einem Brief von Christine Kuby vom 17.10.1994 hat nichts an seiner Aktualität eingebüßt, gerade weil auch die eng befristete Haftunterbrechung das Kalkül, das Christine in ihrem Brief beschreibt, ungebrochen ist. Auch an den medizinischen Tatsachen, die Christine in dem Brief beschreibt - und die zu der jetzt erfolgten Operation geführt haben -, läßt sich noch einmal deutlich nachlesen, wie weit der Staat bereit war, den Druck gegen Christine zu erhöhen, ohne daß zu diesem Zeitpunkt schon absehbar war, daß es eine Haftunterbrechung geben würde." es war ein kontroll-EMG (elektromyogramm), das ganz unerwartet (na, was heißt >unerwartet< bei diesem krankheitsverlauf) eine besorgniserregende verschlechterung zeigte, daß der ischiasnerv des rechten beins am absterben ist - also die seite, wo ich eigentlich keine schmerzen mehr habe, aber jahrelang hatte. ich konnte es erst gar nicht fassen, und es hat eine weile gedauert, bis der schock bei mir ankam und was das bedeutet, daß da was passiert, und ich merke es selbst gar nicht mehr / habe keine eigene >kontrolle< darüber, weil die nervenfasern, die schmerzimpulse noch melden könnten, schon zerstört sind. die ärztin sagte mir, wenn die schädigung der motorischen nervenfasern, wie sie jetzt da ist, auf einen schlag eingetreten wäre, hätte ich lähmungen im rechten bein. dadurch, daß die schädigung über einen langen zeitraum, also schleichend, erfolgt ist, hat ein umbau der betroffenen muskulatur stattgefunden, d.h. die >verwaisten< muskeln wurden z.t. von anderen, noch funktionierenden adoptiert - gleichzeitig wird >oben<, d.h. an der nervenwurzel, kräftig weitergesäbelt, und damit hängt auch dieser ganze umbau an einem seidenen faden, und wenn der ab ist, sind auch die lähmungen da. dann gäbs nur noch die möglichkeit einer notoperation binnen 24 stunden, nach der die aussicht, aber nicht gewißheit besteht, daß die lähmungen nicht bleibend sind. (allein das ist schon ein wahnsinn unter knastbedingungen.)so kann bzw. muß ich noch froh sein über meine schmerzen im linken bein, weil sie sozusagen lebenszeichen des nervs sind, obwohl auch links schon motorische ausfallerscheinungen sind. ()es ist eine brisante/unkalkulierbare situation geworden, und trotzdem oder gerade deshalb ist es mir total wichtig, daß weder ich noch sonst jemand, der in diesem zusammenhang etwas tut, den kopf verliert und begriffslos wird. z.b. bleibt es nach wie vor richtig, wie wir vorher überlegt haben, das ende der haft zu fordern, mit größerer dringlichkeit als zuvor. alles andere von uns aus angestoßene wäre eine scheinlösung, wo sie den druck los sind, nicht aber ich."Christine Kuby

Aktuelle Situation von Christine KubyChristine wurde am 23.11. in eine andere Klinik verlegt, wo die stationäre Behandlung weitergeführt wird. Nach dem Ende dieser Behandlung ist eine Anschlußheilbehandlung vorgesehen. Christines gesundheitliche Situation ist nach wie vor nicht stabil.Nach wie vor sprechen alle Anzeichen dafür, daß Christine wieder in den Knast kommen soll, ginge es nach dem Willen der Bundesanwaltschaft. Dagegen wollen wir jetzt politische Schritte entwickeln. Unter anderem gibt es eine Unterschriftenliste, unter die bis zum 7.12. Unterschriften gesammelt werden. Der Text ist über die Redaktionsadresse zu bekommen.Desweiteren gibt es eine Zusammenstellung zu Christine, die für 2,- DM zu bestellen ist beim ak kassiber berlin, c/o Infoladen Daneben, Liebigstr. 34, 10247 Berlin.

Zweite Prozeßerklärung von

Birgit Hogefeld, 22.11.94

Am letzten Verhandlungstag hat meine Rechtsanwältin den Ausführungen der Bundesanwaltschaft zu meinen Haftbedingungen Fakten entgegengehalten, die die reale Situation widerspiegeln sollten. Es waren Fakten über die Transportdauer von Briefen, über Besuchsbedingungen mit Trennscheibe, über die Anzahl der Monate, in denen ich 24 Std. täglich allein gewesen bin usw. - diese Fakten stimmen zwar alle, aber ich habe den Eindruck oder besser das Gefühl, daß so die Realität, die Isolationshaft ist, nicht wiedergegeben werden kann.Als der Vertreter der Bundesanwaltschaft einen Brief von mir an meine Mutter vorgelesen hat, in dem ich über den auf reichem Standard organisierten Knast in Ländern wie Deutschland geschrieben habe, habe ich mir einige Gesichter in der ersten Reihe, also von Journalistinnen und Journalisten, angeschaut. Ich hatte zum Teil den Eindruck, daß das, was die Bundesanwaltschaft mit der Verlesung all meiner Besitztümer in der Gefängniszelle bezwecken wollte, nämlich daß Leute den Vergleich anstellen mit dem, was sie selber haben, aufgegangen ist. Und es stimmt ja auch, vom Fernseher bis zur Querflöte ist alles da, auch 20 Bücher habe ich in der Zelle und auch 2 Tageszeitungen und mehrere Zeitschriften. Und wenn Sie, Herr Hemberger, dazu anmerken, daß kaum ein Mensch dazu kommt, soviel zu lesen - das sind dann wohl schon die besonderen Vorzüge und Privilegien von Menschen in Einzelhaft, die frei über unbegrenzt viel Zeit verfügen, na ja, das ist Zynismus von der eher platten Sorte. Aber was sagt all das, was sagt die Aufzählung all dieser Gegenstände über Isolationshaft aus? - Nichts, oder zumindest nicht sehr viel.

Ich merke immer, wenn ich versuchen will, anderen Menschen Isolation, ihre Wirkung zu erklären, kommt mir das sofort unmöglich vor. Oft beschreibe ich dann einzelne Ereignisse, die eine Steigerung oder Totalisierung darstellen, aber nie die Isolationswirkung selbst. Oder ich beschreibe den Rahmen - 24 bzw. 23 Stunden über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr in einer 8m+-Zelle mit Blick auf eine Betonmauer allein zu sein, aber was sagt das, gut, viele tausende Stunden Allein-Sein - aber das erklärt auch nichts, oder es weckt Assoziationen in eine falsche Richtung. Beispielsweise, daß einem dann die Decke auf den Kopf fällt, daß man es in dieser Zelle nicht länger auszuhalten glaubt. Das gibt es sicherlich auch, aber bei mir war das nie der Fall, ich habe mich auch nie gelangweilt, sicher auch wegen der ganzen Sachen, die ich habe, ich hatte Möglichkeiten und kann mich ganz gut alleine sinnvoll beschäftigen, das war nie mein Problem.Nein, Isolation ist was anderes, Isolation ist und wirkt darüber, daß du nie mit anderen Menschen zusammensein kannst, daß du immer nur mit dir selber zusammen bist - z.B. realisieren doch Menschen ihre Stimmungen und Gefühle fast immer in und durch andere Menschen, du brauchst den Mitmensch, um dich selber als Mensch zu realisieren. In Isolation läuft jede Stimmung ins Leere, ob du gut gelaunt bist oder wütend oder unheimlich traurig, du kannst immer mit all dem nirgends hin, das heißt, du kannst das nicht leben. Und das bedeutet, all das bleibt immer in dir drin - du bist und sollst das auch, in dir eingeschlossen sein und werden. Der Kampf, den Menschen in Isolationshaft um ihr Leben und Überleben führen, ist v.a. ein Kampf darum, das immer wieder zu durchbrechen, also dieses Eingeschlossensein in einem selber.Für mich war es so, daß ich mir in dieser Zeit immer mehr die Sprache als Ausdrucksmöglichkeit angeeignet habe, vor allem die Trauer um den Tod meines Freundes habe ich in erster Linie in Gedichten ausdrücken können. Solche Gedichte zu schreiben ist sicherlich nur ein sehr reduzierter Ersatz für Gespräche und das Zusammensein und die Nähe mit vertrauten Menschen, gerade in einer solchen Situation, aber für mich war es wie ein Rettungsanker.Ich habe monatelang Gedichte geschrieben über den Verlust, meine Trauer, meine Gefühle, aber auch über abgeschnittene Hände und über Obduktionsbilder, die mir die Bundesanwaltschaft hat zuschikken lassen, auf denen der Körper von Wolfgang Grams aufgehängt abgebildet und seine Kopfhaut abgezogen ist. Hätte ich in dieser Zeit die Sprache als Ausdrucksmöglichkeit für meine innersten Gefühle nicht gefunden bzw. entdeckt, ich glaube, daß die ganze Zeit sehr viel schwerer und mit sehr viel tiefergehenden Wirkungen gewesen wäre.Und da kommen Sie hier mit Fernsehgerät und ähnlichem an. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, an dem ich das TV-Gerät gekriegt habe, es war der Tag von Wolfgangs Beerdigung, und die allererste Sendung, die ich gesehen habe, war eine Nachrichtensendung, in der Bilder von der Beerdigung gezeigt wurden - an der im übrigen Sie mich nicht haben teilnehmen lassen. Der Sarg, seine Eltern, meine Familie, alte Freunde - und über diese und über tausend andere aufwühlende Situationen konnte ich nie mit einem anderen Menschen reden, all das mußte ich immer mit mir allein ausmachen - das ist Isolation, und genau das soll sie sein.Ich hatte mal dazu geschrieben: du sollst dich so weit in dich selber zurückziehen, daß du den Zugang zu dir verlierst - du sollst an dir selber, an deinen eigenen Gefühlen, die nie nach außen dringen sollen, ersticken.Das ist die Methode Isolationshaft, und es geht auch noch weiter, als das Abschneiden von den direkten menschlichen Kontakten - diese lange Postdauer ist einerseits natürlich Be- und Verhinderung von politischer Diskussion, aber sie ist auch dafür da, alles Lebendige, ws ja auch in einem brieflichen Kontakt stattfinden kann, abzutöten. Woran das Programm, also daß es darum geht, die Gefühle in einem Menschen einzusperrren, auch deutlich wird, ist die Sache mit dem Musikinstrument. Es handelt sich dabei um eine Querflöte, und als ich die gekriegt habe, war ich Anfängerin und konnte darauf keinen einzigen Ton spielen. Seit unmittelbar nach meiner Verhaftung laufen Anträge für ein Keyboard, das sind diese elektronischen Orgeln, und daß ich Orgelspielen kann, ist der Bundesanwaltschaft bekannt. Sie haben mir während der ganzen Zeit in Isolation diesen Antrag wegen des Keyboards nicht genehmigt, weil ihnen klar war, daß das dem Isolationsgrundsatz zuwidergelaufen wäre, nämlich Menschen ihrer Ausdrucksmöglichkeiten und Gefühlsäußerungen soweit als möglich zu berauben. Für einen Menschen wie mich ist es möglich, mich/meine Gefühle durch Musik auszudrücken - ich hätte Gefühle der Trauer im Spielen von Bach- Fugen ausdrücken und nach außen bringen können, und genau deshalb wurde mir so ein Gerät nicht genehmigt.Stattdessen die Flöte, von der bekannt war, daß ich das erst lernen muß - mir eine Flöte statt des Keyboards zu genehmigen, kommt mir ähnlich vor, wie einem Verdurstenden Milchpulver zu geben - der weiß dann immer, daß es Milch gibt und es in seiner Situation gut wäre, die zu haben.

Isolation war für mich nicht dieses Dumpf-Erdrückende, wie man sich das vielleicht vorstellt - Isolation ist eine Folter, die auf Langzeitwirkung ausgelegt ist - also die körperlichen Symptome beispielsweise treten nicht sofort auf.Isolation ist für einen selber ziemlich schwer zu verstehen - das, was ich befürchtet hatte, daß ich mich sehr oft allein fühle, daß mir die Decke auf den Kopf fällt, daß ich nichts mit der ganzen Zeit anzufangen weiß, all das ist nicht eingetreten.Das liegt sicherlich auch mit daran, daß es für mich über lange Jahre klar war, daß das nach einer Verhaftung, falls ich sie überlebe, kommen würde; für Menschen, die völlig unvorbereitet in eine solche Situation kommen, ist es vermutlich ganz anders.

Zum Prinzip von Isolation gehört auch, Menschen möglichst umfassend aller sinnlichen Wahrnehmungen zu berauben - das fängt bei der Zelle an (die einzigen Farben, die darin vorkamen, waren grün und weiß - das haben sie wirklich bis zum Zahnbecher durchgezogen, und auch alle Sachen, die ich mir selber gekauft habe, was ja nur über den Knast ging, waren grün oder weiß). Um mich rum waren alle Zellen leer, und in Bielefeld war mir über mehrere Tage nicht klar, ob ich in einem Trakt und dort die einzige Gefangene bin oder ob da noch andere Menschen sind - also die Zelle, und weil eben alles drumrum leergeräumt war, war relativ geräuschisoliert. Außer der Isolierung von anderen Menschen war es auch eine weitgehende Reduzierung visueller und akustischer Reize und auch eine der Gerüche, denn die kommen da ja auch ganz wenig nur noch vor.Also die wichtigsten menschlichen Sinneswahrnehmungen sollen so weit als möglich reduziert werden.Ich kenne mich kaum mit biologischen Fragen aus, aber offensichtlich reagieren die Sinnesorgane von Menschen im Fall einer weitgehend eingeschränkten Wahrnehmungswelt so, daß sich ihre Wahrnehmungsfähigkeit total steigert. Es findet eine unglaubliche Sensibilisierung statt, um wirklich nichts von dem, was in dieser reduzierten Welt noch wahrnehmbar ist, zu verpassen und um Dinge wahrnehmen zu lernen, die vorher nicht wahrgenommen worden sind. Ich will das mal am Beispiel des Geruchsinns versuchen zu verdeutlichen, weil mir das selber schon teilweise verrückt vorgekommen ist, so hat sich das gesteigert.Mein Geruchsinn hatte sich nach etwa einem halben Jahr in Isolation so geschärft, daß ich es vermutlich mit jedem Zollhund hätte aufnehmen können. An Tagen, an denen ich Anwaltsbesuch hatte, wurde häufig die Zelle durchsucht. Wenn ich dann, oft Stunden nach der Durchsuchung und obwohl das Zellenfenster immer einen Spalt offen war, wieder in die Zelle gekommen bin, wußte ich fast immer, wer von den Schließerinnen die Zelle durchsucht hatte, und manchmal war es mir sogar möglich, herauszufinden, welche Sachen sie dabei länger in den Händen hatten - einmal wußte ich beispielsweise bei einem Pappordner mit eingehefteten Papieren ganz genau, daß und von wem er durchwühlt worden war - ich konnte es erriechen.Das hört sich vielleicht jetzt ganz witzig und durchaus praktisch an, ist es in dem Fall ja auch, aber die eine oder andere Wirkung von Isolation, und warum Isolation Folter ist, ist die, daß bei Menschen, deren Sinneswahrnehmungen systematisch gesteigert, auf ein solch überhöhtes Maß gesteigert werden, jedes "Normalmaß" zu einem Reiz und einer Wahrnehmung wird, die einem unerträglich, bis hin zur Schmerzgrenze unerträglich ist.Auch das will ich noch mal am Geruchsinn zu erklären versuchen - als mir das mit den reduzierten Gerüchen aufgefallen war, hatte ich überlegt, daß ich mir Gerüche in die Zelle hole, und habe einem Freund geschrieben, er soll auf den nächsten Brief an mich einige Tropfen Patschuliöl träufeln. Als ich den Brief, der bei dieser rigiden Postzensur lange unterwegs war, endlich hatte, fand ich das zuerst ganz schön, ich konnte mich an dem Geruch nicht sattriechen (der zu dieser Zeit wahrscheinlich schon so weit verflogen war, daß ein normaler Menschen ihn wohl schon nicht mehr gerochen hätte). Aber schon nach kurzer Zeit konnte ich diesen Brief kaum noch in der Zelle ertragen und habe überlegt, ob ich ihn verbrennen soll. Das habe ich dann nicht gemacht, sondern ich habe ihn in Plastiktüten verpackt in die hinterste Ecke vom Schrank gelegt, das ging dann.

Das Prinzip ist also, daß die Sinne durch den Reizentzug ins Unermeßliche gesteigert werden, und darauf folgt, daß in dem Moment, wo ein Mensch wieder von einem normalen oder breiten Band von sinnlich Wahrnehmbarem umgeben ist, das unerträglich ist.Ich war insgesamt mehr als 13 Monate in Einzelhaft, und danach gab es in Bielefeld über mehrere Wochen geringe Lokkerungen - diese ganze Zeit in Isolation, auch die Monate, in denen ich 24 Stunden in der Zelle eingesperrt war und nicht mal Hofgang hatte, diese Zeit habe ich nie als unerträglich empfunden - als schwer ja, das auf jeden Fall, aber auszuhalten und trotzdem für mich selber einen Lebenssinn auch in diesem reduzierten Rahmen zu finden.Als wirklich unerträglich, auch im Sinn von körperlichem Schmerz, habe ich nur eine ganz kurze Zeit erlebt und empfunden, und das war die allererste Zeit hier in Frankfurt.Der Bundesanwaltschaft sind natürlich die Ergebnisse jahrelanger Isolations- bzw. Folterforschung bekannt, und so kam ich hier in den Normalvollzug und in eine Zelle mit einer Baustelle vorm Fenster, wo mehrere Wochen 8 Stunden täglich ein Bagger im Einsatz war, und dazu in die lauteste Zelle auf der ganzen Station. Das war eine Situation, die vermutlich jeden Menschen genervt hätte, für mich war sie kaum auszuhalten - wahrscheinlich würden es andere Menschen ähnlich empfinden, wenn sie gezwungen wären, am Rand des Rollfelds eines Flughafens zu leben.Mittlerweile ist das anders, meine Sinne haben sich wieder Richtung Normalmaß zurückgebildet, aber gerade daran, daß ich die Zeit unmittelbar nach der Isolation als die schlimmste wahrgenommen habe, wurde mir selber die Wirkungsweise noch mal sehr viel deutlicher.

Jean Amery schreibt in seinem Versuch, seine Auschwitz-Erfahrungen zu verarbeiten, daß Menschen, die gefoltert werden, diejenigen, die sie foltern, als "Gegenmensch" wahrnehmen. In Isolation bist du von einer unglaublichen Kälte umgeben (bis auf das wenige, was durch Briefe oder Besuche diese Mauer durchdringt), und du erwartest von denen, die das organisieren, nichts als Gemeinheiten und ständig neue Schläge - und genau das entspricht auch der Realität. Diese Haltung, diese Erwartung hatte ich vom Tag meiner Verhaftung an, und ich kann sagen, es ist in der ganzen Zeit nur selten etwas passiert, was diesen Erwartungen nicht entsprochen hätte. Gerade auch das Niveau, auf dem in Bielefeld die Isolation gegen mich trotz unglaublich hohem Arbeitsaufwand exzessiv durchgesetzt wurde - von der Knastleitung bis dahin, daß die untersten Schließerinnen, wenn ich am Fenster mit anderen Gefangenen über größere Entfernung gerufen habe, in den leeren Zellen dazwischen die Fenster geöffnet und Radio angestellt haben, um zwischen uns eine Geräuschkulisse zu schaffen, daß selbst das Reden am Fenster nicht mehr möglich war. Ein Mensch, der das und nichts anderes als unmittelbare Lebens- und Umwelterfahrung über Monate erlebt, der Mitmenschen eben vor allem als Gegenmenschen erlebt, dem bleibt gar nichts anderes übrig, als sich in sich selber zurückzuziehen, Mauern um sich zu errichten, denn du kannst nicht all diese Schläge bis in dein Innerstes durchhaun lassen, das hält kein Mensch aus; du mußt dich davor schützen.Ich selber habe die Wirkungen der Isolation auf mich immer dann am deutlichsten gespürt und auch verstanden, wenn Dinge passiert sind, die das Isolationsprogramm durchbrochen haben. Wenn Situationen eintreten, in denen du unvorbereitet auf normale und eben nicht gegenmenschliche Umgehensweisen triffst, wird das in einer solchen Lebenssituation durchaus als schmerzhaft erfahren, weil dadurch was aufgerissen wird. Ich kann mich z.B. erinnern, daß ich im Sommer von einem Arzt untersucht worden bin, der sich mir gegenüber völlig normal verhielt; es war eigentlich nicht mehr, als daß er mich nicht entwürdigend behandelt hat, und das war angesichts meiner Lebenssituation ein wirklich herausstechendes Ereignis. Allein die Tatsache, daß entgegen der ständigen Realität keinerlei Entwürdigung stattgefunden hat, hat mich unglaublich aufgewühlt und beschäftigt.

Schon seit einiger Zeit spüre ich, daß ich mich mal ganz in Ruhe mit der Zeit, die ich in Isolationshaft gewesen bin, beschäftigen will und muß; ich spüre, daß das alles für mich noch lange nicht abgeschlossen ist, daß ich vieles noch nicht oder noch nicht vollständig verstehe und begriffen habe und oft über Beschreibungen nicht rauskomme.Das liegt auch daran, daß es über Isolation und ihre Wirkungen bisher nur sehr wenige aufgearbeitete Erfahrungen von Betroffenen gibt. Deshalb habe ich im letzten Jahr sehr viele Bücher von Menschen gelesen, die anderen Formen der Folter ausgesetzt waren - von KZ-Häftlingen z.B. oder von Gefangenen aus lateinamerikanischen Ländern, eben immer auf der Suche, in Éhnlichkeiten oder Beschreibungen, an denen mir Unterschiede deutlich werden, meine eigene Situation besser begreifen zu können.Jetzt, wo ich diese Anfänge hier angefangen habe aufzuschreiben, habe ich an meinem eigenen Aufgewühlt-Sein gemerkt, wie wenig fertig das alles für mich ist. Wahrscheinlich liegt darin schon ein wesentlicher Fehler: Fertig-Sein - die Vorstellung, und die hatte ich bis vor kurzem, ich könnte diese Zeit als Phase meines Lebens jetzt bald abschließen, muß ich vermutlich grundsätzlich in Frage stellen. Oder anders, hinterlassen 13 Monate Einzelhaft in einem Menschen Spuren, die er für den Rest seines Lebens in sich trägt?Amery hat auch geschrieben: "Wer gefoltert wurde, bleibt gefoltert. Unauslöschlich ist die Folter in ihn eingebrannt, auch dann, wenn keine klinisch objektiven Spuren nachzuweisen sind."Wenn er damit recht hat, trifft das auch auf Menschen zu, die Isolationsfolter unterworfen waren? Und wenn ja, was heißt das für mich? Wenn mich jemand fragen würde, ob ich mich als Folteropfer fühle, würde ich das nicht unbedingt bejahen - bei anderen ja, bei mir selber nicht, denn ich will das nicht sein, nicht in der Konsequenz, die Amery behauptet; ich will das abschließen und hinter mir lassen.Am letzten Prozeßtag war ein Genosse von den Tupamaros im Gerichtssaal - er hat mir einen Gruß ausrichten lassen und im Gespräch einen Satz gesagt, der mich seitdem nicht in Ruhe läßt:"Sie kann Blicke nicht halten, sie kann andere Menschen nicht lange anschauen - das ist bei Leuten, die längere Zeit in Isolation waren, immer so, das war bei uns in Uruguay auch so."Mir sind sofort x Gründe eingefallen, warum das nicht stimmt, daß das hier im Gerichtssaal bloß deshalb so ist, weil ich mir wie ein Zootie vorkomme, daß ich beobachtet werde und daß, wenn ich mir in der Nase bohre, das am nächsten Tag in den Zeitungen nachzulesen ist.Aber das ist alles Quatsch, schon an der Schnelligkeit und der Gereiztheit meiner Gegenargumente war mir das schnell klar; es stimmt, ich kann andere nicht lange anschauen. Solche Wirkungen von Isolation bei sich selber zu beobachten, hat natürlich auch was Bedrohliches - was kommt da noch alles, von dem ich heute noch nichts weiß? Und vor allem, was wird bleiben? Gibt es Zerstörungen, die ich Zeit meines Lebens nicht mehr los werde? Werde ich überhaupt jemals wieder fähig sein, intensive Beziehungen mit anderen Menschen zu leben, oder wird ein Teil von mir eingesperrt bleiben?Über all diese Fragen weiß ich heute noch nichts, kann ich auch nicht wissen, weil ich ein Leben führe, in dem unkontrollierbares Zusammensein nur mit Menschen möglich ist, die ständig wechseln, also sich von daher keine intensive Beziehung entwickeln kann.

Das waren ja jetzt alles nur Bruchstücke - erst weniges von mir vollständig begriffen und viele unbeantwortete Fragen; aber es sind Bruchstücke und Fragen, die den Kern von Isolationsfolter und ihrer Wirkung gegen Menschen betreffen.Die Aufzählung von Fernsehgeräten, Querflöten und Büchern berührt diesen Kern nicht; das ist logisch, denn es ist die Bundesanwaltschaft, die seit mehr als 22 Jahren diese Sorte Haftbedingungen gegen uns organisiert und die genauso lange schon behauptet, es würde sich dabei um die humansten Haftbedingungen der Welt handeln.

Rettet das Leben von Mumia Abu-Jamal

Für die Abschaffung der Todesstrafe

Im Angehörigen Info 155 hatten wir den Aufruf "Internationale politische Gefangene gemeinsam für das Leben Mumia Abu-Jamals: Bilder und Texte gegen die Todesstrafe" veröffentlicht. In der Woche vom 10.12., dem internationalen Tag der Menschenrechte, ist in den USA eine Veranstaltungsreihe geplant, in deren Zentrum Beiträge von Gefangenen und ehemaligen Gefangenen in den USA und anderen Ländern stehen.In der letzten Ausgabe haben wir einige Passagen aus dem neuen Bulletin No.5 Freedom Now von Archiv '92 zusammengestellt, die die aktuelle Situation bei Mumia skizzieren, und informierten über die Aktionsvorschläge für Dezember 1994 und Januar 1995. Da dies aus Zeit- und Platzgründen mit einer der Dringlichkeit des Falls völlig unangemessenen Kürze geschah, wollen wir nachfolgend einen ausführlicheren Auszug aus dem Bulletin bringen, der u.a. auch auf die politische Situation nach den US-Wahlen eingeht.

Als wir im Dezember 1993 unser letztes Bulletin No.4 veröffentlichten, gingen wir davon aus, daß die juristischen Schritte zur Durchsetzung der Wiederaufnahme des Verfahrens spätestens im Januar 1994 eingeleitet würden. Nach der letzten Mitteilung von Mumia Abu-Jamals Anwalt Len Weinglass (siehe letztes Info) zögert sich der formale Akt der Antragstellung bei Gericht allerdings noch bis mindestens Januar oder Februar 1995 hinaus. Die ungeheuer aufwendige und schwierige Arbeit des Verteidigungskomitees, mehr als ein Jahrzehnt nach dem ersten Prozeß alle ZeugInnen wieder ausfindig zu machen, versierte Sachverständige zu finden und Berge von Akten akribisch durchzuarbeiten, hat doch noch viel mehr Zeit erfordert, als es im Herbst letzten Jahres vorstellbar war. In einem Todesstrafenverfahren ist Zeit aber keine beliebige Größe, und sie arbeitet auf lange Sicht gegen denjenigen, der versucht, seine Jahr für Jahr schwindenden Rechte gegen seine Henker zu behaupten und ihnen die Verfügungsgewalt über sein Leben zu entreißen.

Rechter Druck auf dasNational Public RadioAndererseits wäre es aber auch falsch, sich bei jedem Anzeichen von ungünstigen Entwicklungen in Panik versetzen zu lassen und die letzten Möglichkeiten und Mittel, öffentlichen Druck auf US-Justiz und -Regierung auszuüben, vorschnell einzusetzen. Eine solche Situation war Anfang September '94 eingetreten, nachdem sich Law&Order-Kreise der Republikanischen Partei in Zusammenarbeit mit der rechtsgerichteten Polizeigewerkschaft Fraternal Order of Police in Pennsylvania seit Wochen öffentlich dafür stark gemacht hatten, der Gouverneur soll endlich den Hinrichtungsbefehl unterschreiben und Jamal exekutieren lassen. Anlaß für die hektische Betriebsamkeit der Todesstrafenlobbyisten war die große Publizität, die Jamal in den USA und in Europa zuteil geworden war, weil ihm der überregionale Washingtoner Sender National Public Radio (NPR), für den er vor seiner Verhaftung schon gearbeitet hatte, ab Mai '94 einen festen Sendeplatz für eine Serie von Beiträgen eingeräumt hatte. Sogar der Spiegel hatte am 23.5.94 unter der Rubrik "Personalien" darüber berichtet, "daß Jamals Reportagen ihm noch mehr Sympathien in der Öffentlichkeit einbringen werden". Nur wenige Tage nach dieser Meldung zog die Leitung des NPR unter dem Eindruck der öffentlichen Hetzkampagne der rechten Kreise die Zusage an Jamal wieder zurück.Die Nachricht, Jamal sei jetzt "von Platz 101 auf Platz 2 der Exekutionsliste vorgerückt", geisterte einige Zeit, nachdem sich Republikaner und Polizeigewerkschafter in den US-Medien auf Jamal eingeschossen hatten, durch die Bundesrepublik. Aus verschiedenen Städten erreichten uns besorgte Anrufe, man müsse doch jetzt schnell etwas tun, vor die US- Konsulate und die Botschaft in Bonn gehen etc. Auf unsere sofortige Nachfrage in New York erklärte uns Rechtsanwalt Weinglass daraufhin am 9. September:"Mumia ist in keiner unmittelbaren Gefahr. Der Hinrichtungsbefehl ist noch nicht unterschrieben worden, und ich schätze es so ein, daß für ihn auch noch für einige Zeit keine akute Gefahr besteht, hingerichtet zu werden. Darüber hinaus trifft es aber zu, daß er nun an dritter oder vierter Stelle derjenigen Fälle ist, bei denen die Unterschrift des Gouverneurs unter dem Hinrichtungsbefehl möglich ist. Sollte der Gouverneur diesen Befehl noch vor Ablauf des Jahres unterzeichnen, sind wir darauf vorbereitet, die Hinrichtung gerichtlich zu stoppen. Ich hoffe, daß Ihr das alles nachvollziehen könnt, und will Euch versichern, daß es im Moment noch keine akute Bedrohung gibt. Wir arbeiten weiter mit Hochdruck am Wiederaufnahmeantrag."

Intensivierung der Kampagne jetzt!Mit dem Verweis auf Len Weinglass' Antwort wollen wir nicht dafür plädieren, uns zurückzulehnen und weiterhin abzuwarten, ob der Wiederaufnahmeantrag Anfang '95 gerichtlich bestätigt und dann irgendwann der Prozeß neu aufgerollt wird. Im Gegenteil, wir sind sogar der Überzeugung, daß es an der Zeit ist, verstärkte Anstrengungen zu entwickeln. Es ist Sache des Verteidigungskomitees, alles Erdenkliche für die juristischen Schritte zu tun. Es ist aber Sache der Solidaritätskampagne, alles dafür zu tun, daß auf der politischen Ebene für die Verantwortlichen Druck entsteht, daß sie sich die anstehenden Entscheidungen nicht leicht machen können. Wir dürfen uns nicht länger damit begnügen, weitere Ergebnisse auf der juristischen Ebene abzuwarten. Denn was wäre, wenn das zuständige Gericht den Wiederaufnahmeantrag ablehnen und auch die Berufung dagegen scheitern würde? Dann käme irgendwann in nicht allzu weiter Zukunft der Tag, an dem auch das letzte juristische Mittel ausgeschöpft sein würde, und dann wäre es allerdings zu spät für eine politische Intervention, die noch etwas zum Positiven wenden sollte.Der Zeitpunkt für ein intensiveres politisches Vorgehen der Kampagne ist deshalb JETZT.Denn auch wenn die politische Entwicklung in den USA noch nicht zu unmittelbaren Konsequenzen für Jamals Leben geführt hat, war die Gegenseite in den letzten Jahren nicht untätig. Mit Bill Clintons "Crime Bill", einem Paket von Gesetzesverschärfungen, durch das nicht nur der Polizei- und Gefängnisapparat ausgebaut, sondern auch 47 weitere Delikte in den Todesstrafenkatalog aufgenommen wurden, ist die jetzige US-Regierung einen großen Schritt auf jene mächtiger werdenden Kräfte zugegangen, die mit Law&Order, Beschwörung von Sitte und Moral sowie einer provokativen Rhetorik gegen MigrantInnen und staatliche Sozialprogramme die wachsende pessimistische Stimmung der weißen Mittelschicht für sich politisch ausschlachten wollen.Die am 8. November gelaufenen Kongreß- und Gouverneurswahlen haben Zeichen gesetzt in dieser Entwicklung. Mit den "midterm elections" wurden 435 Sitze des Repräsentantenhauses und die Gouverneursposten in 36 Bundesstaaten neu besetzt. Robert Dole, Wortführer der Hetzkampagne gegen Jamal und das National Public Radio, ist jetzt Sprecher der republikanischen Mehrheit im Senat und wird 1996 Präsidentschaftskandidat gegen Clinton sein. Rechtsradikale Kandidaten wie Reagans rechte Hand und Cheflügner in der Iran-Contra-Affäre, Oliver North, und die Söhne des Ex-Präsidenten Bush, George jr. und Jeb Bush, gaben im Wahlkampf den Ton an. In ihren Reden vertraten sie beispielhaft jene Positionen, die von der weißen "schweigenden Mehrheit" begrüßt werden. George Bush jr. will 14jährige als erwachsene Straftäter behandelt wissen und meinte: " ein Staat, der jugendliche Kriminelle ins Gefängnis bringt, ist gut." Sein Bruder Jeb, militanter Abtreibungsgegner und "Schützer ungeborenen Lebens", warf seinem Gegenkandidaten vor, er würde zum Tode Verurteilte nicht schnell genug hinrichten lassen. Daß diese Propaganda immer auf die vorwiegend nichtweißen Delinquenten zielt, paßt zu einem neuen Umfrageergebnis, wonach erstmals seit den Tagen der Bürgerrechtsbewegung wieder eine Mehrheit der weißen US-Bevölkerung den Standpunkt vertritt, daß Gesetze und andere Maßnahmen zur Erlangung der Chancengleichheit von Schwarzen und anderen sogenannten Minderheiten "zu weit" getrieben worden seien.Auch die beiden aussichtsreichen Gouverneurskandidaten der Republikaner und der Demokraten in Pennsylvania gehören den Hardlinern an und versuchten, sich mit ihren Vorschlägen zur Verschärfung der Todesstrafenpraxis gegenseitig zu übertrumpfen. Rechtsanwalt Weinglass wird deshalb mit seiner Einschätzung richtig liegen, daß der nun gewählte Republikaner Ridge schon bald nach seinem Amtsantritt unverzüglich einige anstehende Hinrichtungsbefehle unterzeichnen wird. Auch den gegen Mumia Abu-Jamal.Deshalb ist jetzt für die Solidaritätskampagne ein wichtiger Zeitpunkt gekommen, die auf das Wiederaufnahmeverfahren starrende Haltung aufzugeben und wieder verstärkt an die Öffentlichkeit zu gehen.

BRD: Aktionsvorschläge fürDezember 1994 und Januar 1995Am 9. Dezember jährt sich Mumia Abu- Jamals Verhaftung von 1981, am 10. Dezember ist der Internationale Tag der Menschenrechte, an dem seit Jahren Aktivitäten zur Rettung seines Lebens und zur Erkämpfung seiner endgültigen Freiheit und ganz allgemein gegen die Todesstrafe stattfinden.Wir fordern mit diesem Bulletin dazu auf, um diese Termine herum Veranstaltungen durchzuführen oder andere mögliche Aktivitäten zu entfalten. Das können Plakat- und Sprühaktionen, Wandgemälde, Flugblätter, Zeitungs- und Radiobeiträge, Wandzeitungen, Informationstreffen, Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen, Mahnwachen und Picketlines sein oder auch einfach Diskussionsbeiträge und vorbereitete Solidaritätsresolutionen in Schul- und Univeranstaltungen, vor Musikkonzerten, in politischen und Kunstveranstaltungen oder bei sonstigen Gelegenheiten, die sich in Euren Städten zu dem Zeitpunkt bieten. Sprecht auch mit VertreterInnen der in den Stadt-, Landes- und Bundesparlamenten vertretenen Parteien, die erklärtermaßen gegen die Todesstrafe sind. Macht die amnesty international-Gruppen in Eurer Gegend auf den Fall aufmerksam. Sprecht JournalistInnen und SchriftstellerInnen an und fordert sie auf, etwas in ihren Medien, Gewerkschaften und sonstigen Gremien zu tun. Zu lernen wäre dabei von der Initiative der US- Gefangenen, nämlich darauf zu achten, auf der Basis der beiden Hauptforderungen möglichst über die eigene Szene hinaus viele Menschen und Gruppen aus unterschiedlichen kulturellen und politischen Strömungen in den Aktionen zusammenzubringen.

Orientierung 20. Januar 1995Ein wesentliches Ziel sollte dabei sein, möglichst viele Menschen, Gruppen und Institutionen dazu zu bewegen, gezielt am und um den 20. Januar 1995 in englischer oder deutscher Sprache den neuen Gouverneur von Pennsylvania bei seinem Amtsantritt durch eine Flut von Briefen, Telegrammen, Faxen und Anrufen mit der Existenz einer internationalen Solidaritätsbewegung für Mumia Abu-Jamal und die anderen von der Todesstrafe bedrohten Gefangenen und mit den zentralen Forderungen zu konfrontieren:Keine Unterzeichnung des Hinrichtungsbefehls!Sofortige Wiederaufnahme des Verfahrens und Freilassung von Mumia Abu-Jamal!Abschaffung der Todesstrafe!Schreibt oder faxt/ruft an (Durchwahl von Deutschland aus) bei:Governor of Pennsylvania, Mr. Ridge, Main Capitol Building, Room 225, Harrisburg, PA 16652, Tel.: 001-717-783- 1198, Fax: 001-717-783-1396.Text: Dear Mr. Governor, I/we urge you not to sign Mumia Abu-Jamals death warrant, but to ensure him a fair retrial and to release him immediately! I/we demand the abolition of the death penalty!Archiv '92, Postfach 150323, 28093 Bremen, Fax: (0421) 353918

Freiheit für Karen Braunund Andreas Landwehr! "Andreas Landwehr und Karen Braun wurden am 13.11.94 an der türkisch-bulgarischen Grenze unter dem Vorwurf der Kuriertätigkeit für die kurdische Arbeiterpartei PKK von der türkischen Polizei festgenommen und in Istanbul inhaftiert. Die Verhaftung wurde der Öffentlichkeit erst drei Tage später bekannt." So beginnt eine Resolution, die an fast allen Universitäten und Fachhochschulen im Rhein- Main-Gebiet ausliegt und mit der Unterschriften für die Freilassung von Karen, eine Mitarbeiterin des AStA der Uni Bonn, und ihrem Begleiter Andreas gesammelt werden. Die Unterschriften sollen bis zum 5.12. an die folgende Kontaktadresse geschickt werden: Freundeskreis für die Freilassung von K. Braun und A. Landwehr, c/o AStA der Uni Bonn, Nassestr. 11, 53113 Bonn, Tel.: (0228) 737030.Nachdem Karen Braun vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen und unter Hausarrest gestellt worden war, wurde sie erneut nach Einspruch des türkischen Staatsanwalts am 25.11. verhaftet und ist nun im türkischen Staatsgefängnis Bayrampasa in Istanbul.

Ursel Quack wieder freiAm 21. November 1994 - zwei Tage vor dem Haftprüfungstermin beim Bundesgerichtshof, wurde der Haftbefehl gegen Ursel auf Antrag des Generalbundesanwaltes außer Vollzug gesetzt, mit der Auflage, daß sie sich jeden Montag beim Landeskriminalamt Saarbrücken zu melden hat. Der dringende Tatverdacht des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung sei durch die bei den Durchsuchungen vom 8. November 1994 und 14. November 1994 (Zellenrazzia bei Rolf Heißler) sichergestellten Unterlagen bestätigt worden. Es hätten sich jedoch keine Hinweise darauf ergeben, wonach die Beschuldigte noch nach der Festnahme von Birgit Hogefeld Kontakte mit Mitgliedern der Kommandoebene der RAF gehabt habe. Es müsse daher zugunsten der Beschuldigten davon ausgegangen werden, daß sie z.Zt. keine Verbindungen zu sog. Illegalen habe. (BGH-Verfügung, 21.11.)Noch am Morgen des 21. November tauchten zwei BKA-Beamte in der JVA Zweibrücken auf in der Hoffnung, vielleicht doch noch Aussagen von Ursel zu bekommen, die unter anderem im Prozeß gegen Birgit Hogefeld verwendet werden können. "Sie hatten ja jetzt Zeit zum Nachdenken. Für den Haftprümin könnte es gut für Sie sein, wenn Sie mit uns reden " Nach diesen Sätzen war dann auch das "Gespräch" schon beendet.Wir sind mit unseren Diskussionen noch nicht so weit, eine konkretere Einschätzung zum Vorgehen der BAW und des BGH zu haben.basis, Saarbrücken, 28.11.94An der zweistündigen Kundgebung am 19.11. vor dem Knast Saarbrücken beteiligten sich ca. 100 Menschen.

ProzeßtermineProzeß gegen Birgit HogefeldWeitere Termine im Prozeß gegen Birgit Hogefeld vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, Gerichtsgebäude E, Saal II, Hammelsgasse 1: 1.12., 6.12., 8.12., 13.12., 15.12., 20.12., 23.12., 3.1., 5.1., 10.1., 12.1., 17.1., 30.1., Beginn jeweils 9.30 Uhr.

TermineBerlin. 3.12., 18.00 Uhr, Paradox, Reichenbergerstr. 58, Informations- und Diskussionsveranstaltung zur aktuellen Freilassungskampagne für alle Kriegsgefangenen im besetzten Nordirland.Hamburg. 3.12., 11.30 Uhr, U-Bahnhof Garstedt, Demonstration gegen den Abschiebeknast Glasmoor und anderswo.Kiel. 16.12., 20.00 Uhr, Pumpe, Veranstaltung zum Prozeß gg. Birgit Hogefeld.Celle. 20.12., 9.00 Uhr, Knastkundgebung für die irischen polit. Gefangenen.

"Chronologie der Ereignisse" 1967-1989Es gibt 16 Tafeln zur "Chronologie der Ereignisse" 1967-1989: Studentenrevolte - Aktionen der Guerillagruppen - Hungerstreiks der politischen Gefannen - Aktionen des Widerstands.Die Tafeln (100x70cm, Pappe mit Folie überzogen) können gegen einen Solidaritätsbeitrag von mindestens 30,- DM für Ostdeutschland und 50,- DM für Westdeutschland zugunsten der politischen Gefangenen aus der RAF und der Angehörigengruppe ausgeliehen werden bei: Büro Rote Säge - Infos zu und gegen Knast, Falckensteinstr. 46, 10997 Berlin, Tel.: (030) 6182158 (dienstags 18-20 Uhr).

Appell an die Justizministerienin Hessen und Nordrhein-Westfalen000®An das An das000®Hess. Ministerium der Justiz Justizministerium NRW000®z.Hd. Frau Hohmann-Dennhardt z.Hd. Herrn Röver000®Luisenstr. 13 Martin Luther Platz 40000®65185 Wiesbaden 40212 Düsseldorf000®Fax: (0611) 322691 Fax: (0211) 8792456

Sehr geehrte Frau Hohmann-Dennhardt,sehr geehrter Herr Röver,wir haben von den Problemen der medizinischen Versorgung der Gefangenen aus der RAF Adelheid Schulz Kenntnis genommen. Wir möchten Sie auf diesem Wege auffordern, unverzüglich die notwendigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen zu gewährleisten.Neben dem nach zwölf Jahren Haft sehr angegriffenen Allgemeinzustand von Frau Schulz möchten wir insbesondere darauf hinweisen, daß bereits im August 1993 eine Geschwulst getastet wurde und im Februar 1994 weitere zu behandelnde Diagnosen gestellt werden mußten. Eine Therapie hat bisher nicht stattgefunden.Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist unter diesen, von Ihnen zu verantwortenden Bedingungen offensichtlich nicht gewährleistet. Dieser Umstand ist außerordentlich alarmierend und veranlaßt uns, Sie dringend aufzufordern, daß die sofortige Verlegung von Frau Schulz in die Universitätsklinik Frankfurt am Main erfolgt, damit die dringend gebotene medizinische Behandlung unter menschenwürdigen Bedingungen ermöglicht wird.

Verlagsmitteilung

Liebe Leserinnen und Leser,das Angehörigen Info erscheint 1995 im 7. Jahrgang. In diesem Zeitraum wurden Redakteurinnen und Redakteure und der Verlag mit 16 Ermittlungsverfahren konfrontiert. In vier Fällen kam es zu Prozessen, zwei Freisprüchen, zwei Verurteilungen.Das Angehörigen Info ist praktisch ein zensiertes Organ. Das hat die ganzen Jahre über zu großen Schwierigkeiten geführt bei der Abstimmung zwischen Leuten, die Beiträge schickten, Leuten, die für den Abdruck von Beiträgen einten, und schließlich Leuten, die den Abdruck zu verantworten hatten. Dennoch ist die Zahl der Fälle, in denen die letztlich Verantwortlichen meinten, daß nach der gängigen Rechtsprechung die Bestrafung sicher sei und der Abdruck unterbleiben müsse, in eher engen Grenzen geblieben. Aber die Lenen und Leser müssen wissen, daß die Zeitschrift unter Zendruck hergestellt wird und nicht die ungehindert freie Meinungsäußerung der Herausgeber ist.Wir glauben aber als für die Redaktion schließlich Verantwortliche, daß der Diskurs, der über das Angehörigen Info dennoch geleistet wird, trotz der Verstümmelung der Mühe wert ist und die Isolation durchlöchert.Anläßlich einer Diskussion über unabweisbare Preiserhöhungen und erforderliche Spenden hat sich nun herausgestellt, daß die Angehörigengruppe die Einschränkung ihrer Meinungsäußerung so stark empfindet, daß sie ein eigenes Eintreten für das Info durch einen Spendenaufruf von der Zusicherung abhängig machen will, daß Verlag und Redaktion in Zukunft die zum Abdruck gegebenen Beiträge widerspruchslos verantworten. Eine solche Zusicherung kann der Verlag nicht geben. Schon der Tatbestand einer solchen Zusicherung würde den Verlag angreifbar machen.Die Finanzierung des Angehörigen Info ist nur noch bis Ende März gesichert. Wie sieht diese Finanzierung überhaupt aus? Nach unserer Kalkulation ergeben sich für jedes Heft bei einer Druckauflage von 1630 folgende Kosten:Für die Herstellung der Druckvorlage: 673,62DMFür Druck und Weiterverarbeitung 526,96DMAboverwaltung, Vertrieb und Porto 1132,12DMMehrwertsteuer 163,29DMSumme der Kosten 2495,99DMEinnahmen aus Abo- und Verkaufserlösen 1846,15DMDeckungslücke 649,84DM pro Ausgabe.Diese Deckungslücke wurde bisher aus der vor allem vom BWK betriebenen allgemeinen Spendensammlung für GNN- Verlagsprojekte geschlossen. Mit der Ausweitung der Benutzergruppen führt dieses "Eintopfverfahren" zu schwierigen Entscheidungen, auf die die Spender auch gar keinen Einfluß nehmen können. Deswegen wurde in den letzten Jahren darauf hingearbeitet, daß die zuschußbedürftigen Projekte konkret durch Aufruf der jeweiligen Herausgebergruppen gefördert werden. So wurde z.B. verfahren bei den Politischen Berichten, beim Kurdistan-Rundbrief, bei den Antifaschistischen Nachrichten und anderen Publikationen.Durch die Unterstützung eines Spendenaufrufes nehmen die Heraugebergruppen auch die wirtschaftliche Verantwortung für das Bestehen eines Projektes wahr. Wir begreifen, wie schwer es der Angehörigengruppe fallen muß, sich mit einem zensierten Produkt so weit zu identifizieren. Das ist auch für uns nur in der Alternative von Widerstand und Wehrlosigkeit möglich.Dennoch muß ein Weg gefunden werden. Die Angehörigengruppe hat gegen den Schritt einer Preiserhöhung, die nach Ansicht des Verlages auf alle Fälle nötig ist, keine Einwände erhoben. Der Preis war jetzt einige Jahre stabil, die Preiserhöhungen z.B. beim Papier und vor allem die mehrfachen wuchtigen Preiserhöhungen durch die Post wurden nicht auf die Abo-Preise weitergegeben.Die Preiserhöhung beim Info tritt allgemein zum 1.1.95 in Kraft. Dadurch würde aber die Deckungslücke nur zu unfähr einem Drittel geschlossen. Für den erheblichen Rest wären Spenden erforderlich. Wir gehen davon aus, daß einige Spenden auch aus dem bisherigen Kreis kommen würden, halten es aber für ausgeschlossen, daß entferntere Freunde spenden, wenn die direkt Interessierten nicht einmal aufrufen wollen.Es wird sich also bis Ende März irgendwas ändern müssen. Deswegen haben wir es für am besten gehalten, die ab jetzt herausgehenden Rechnungen nur bis Ende März zu stellen.Wir erklären ausdrücklich, daß der Verlag auch aus politischen Gründen an der Fortführung des Angehörigen Info interessiert und auch weiterhin bereit ist, die Verfolgungsversuche v.a. der Bundesanwaltschaft nach seinen Kräften abzuwehren.Ob das der Mühe wert ist, hängt davon ab, ob im Urteil der Leserinnen und Leser das Info einen Beitrag zum Kampf gegen die Isolation und für die Freilassung der Gefangenen aus der RAF leistet.Der GNN-Verlag

Herausgeber: Angehörige und FreundInnen politischer Gefangener in der BRD, Postgerkarte 050205, 65929 Frankfurt/M. Erscheint vierzehntäglich bei GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein/Hamburg m.b.H., Palmaille 24, 22767 Hamburg. V.i.S.d.P.: Jeannette Hülbig. Redaktionsschrift und Bestellungen: GNN-Verlag, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel.: (040)381393, Fax: (040)3898331 (mit Empfängervermerk). Einzelpreis: 1,20 DM. Ein Halbjahnement kostet 28,60DM, ein Halbnement 39DM, Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei einer Bestellung ab 3 Stück 30% Rabatt, ab 50 Stück das Heft zu 0,75 DM, jeweils plus Versandkosten. Bei Bestellungen bitte Einmacht beifügen oder Überweisung auf das folgende Verlagskonto: Hamburger Sparkasse, BLZ 20050550, Konto-Nr. 1330/110055. - Herstellung und Drucklegung: GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein/Hamburg m.b.H.Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist das Angehörigen-Info so lange Eigentum des Absenders, bis es dem Gefangenen ausgehändigt wird. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info dem Gefangenen nicht perlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken.Spendenkonto der Angehörigen: Sonderkonto Kiener, Landesgirokasse Stuttgart, BLZ 60050101, Kt.-Nr. 5454194.