Angehörigen Info 178

23.2.1996

Herausgegeben von Angehörigen, Freunden und Freundinnen politischer Gefangener in der BRD


Freilassung von Hanna Krabbe

26 gefangene Frauen aus Lübeck schreiben an das OLG Düsseldorf

Nachdem vor einigen Wochen 41 gefangene Männer aus Lübeck eine Resolution zur sofortigen und bedingungslosen Freilassung von Hanna Krabbe verabschiedeten und an das OLG Düsseldorf, Richter Steffen und an den Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig schickten (im Info Nr. 177 veröffentlicht) bekamen wir jetzt den folgenden Brief der gefangenen Frauen zugeschickt, worüber wir uns natürlich sehr gefreut haben.

(Initiative Freiheit für Hanna Krabbe, c/o Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg)

 

Lübeck, den 14.2.96

Hallo Ihr Lieben,

wir sind 26 Gefangene der JVA Lübeck und wollen Euch mit unsern Unterschriften für die Freilassung von Hanna Krabbe unterstützen. Leider bestehen hier kaum Verständigungsmöglichkeiten mit den Ausländern, daher fehlen zur Vervollständigung 6 Unterschriften, denn zur Zeit sind hier 32 Frauen in Haft. Wir möchten Euch mit diesem Schreiben unsere Solidarität den politischen Gefangenen gegenüber vermitteln. Hier die von mir gesammelten Unterschriften, welche ich namentlich aufführe, da eine Kopie leider nicht möglich war. Das Original befindet sich beim OLG Düsseldorf.

(Unterschriften folgen)

 

An das Oberlandesgericht Düsseldorf

6. Strafsenat

OLG Steffen

Postfach 30 02 10

40402 Düsseldorf

Lübeck, den 14.2.96

Betreff: Freilassung von Hanna Krabbe

 

Sehr geehrter Herr Steffen.

 

Wir sind 26 Gefangene der JVA Lübeck und wollen uns mit unseren Unterschriften für die sofortige Freilassung von Hanna Krabbe einsetzen. Derzeit befinden sich hier 32 gefangene Frauen in Haft, da die Verständigungsmöglichkeiten mit den Ausländern leider beschränkt sind, fehlen zur Vervollständigung 6 Unterschriften. Die Entscheidung für die Freilassung von Hanna Krabbe darf nicht verzögert und nicht durch ein Gutachten blockiert werden.

 

Hochachtungsvoll

Die Inhaftierten der JVA Lübeck

Anbei die gesammelten Unterschriften


Aufruf zum Aktionstag am 18. März

Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit

Macht mit! Wir initiieren den 18. März als Tag der politischen Gefangenen, als Kampftag für die Freiheit der Gefangenen aus Klassen- und Befreiungskämpfen in aller Welt.

 

Wir rufen diesen Aktionstag aus, um gemeinsam an sie, ihre Unterdrückung und ihren Widerstand zu erinnern. Ein Tag unserer Solidarität und Verbundenheit mit den gefangenen Genossinnen und Genossen in Deutschland und aller Welt. Solange die Verhältnisse nicht grundlegend verändert sind, wird es Kämpfe geben. Es wird Gefangene geben, es wird Flüchtlinge und Immigranten geben, weil Menschen sich nicht abfinden mit den Zuständen und auf eine bessere Zukunft hoffen.

Die Menschenrechte werden uns nicht auf einem Silbertablett serviert. Wir kriegen sie nicht geschenkt, von keiner Regierung, keinem Staat, keiner internationalen Institution. Davon gehen wir aus. Auch, daß dafür jeder Tag ein Kampftag sein müßte.

Der 18. März ist kein internationaler Kampftag, aber vielleicht ein Schritt in diese Richtung. In vielen Ländern erinnern revolutionäre Organisationen und Basisbewegungen an einem Tag an ihre Gefangenen. Es sind Tage, die auf Widerstandsaktionen oder staatliche Unterdrückungen Bezug nehmen.

In der Geschichte der Klassenkämpfe hatte der 18. März mehrfach Bedeutung. In der 1848er Revolution steht er für das Bündnis der Geldsäcke und Aristokraten gegen das entstehende Proletariat. Und 1871 für den Beginn der Pariser Commune, diesem ersten Versuch, die bourgeoise Herrschaft zu beseitigen. Bis in die 20er Jahre hinein war der 18. März in der proletarischen Bewegung der "Tag der Pariser Commune".

Diesen historischen Bezug nahm die Rote Hilfe zum Anlaß, 1923 den "internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen" auszurufen. Daten, an die wir anknüpfen wollen, auch um daran zu erinnern, daß es in Deutschland schon mal einen Kampftag für politische Gefangene gab, um Solidarität zu verankern und zu einem politischen Ausdruck zu kommen.

 

So auch heute!

 

Ein Tag, an dem wir ungeachtet aktueller und unmittelbarer Anlässe das Bewußtsein um die politischen Gefangenen wachhalten und unsere Solidarität und Verbundenheit mit ihnen demonstrieren.

Internationale Solidarität ist unsere Waffe. Ist das nur eine Parole oder unsere Wirklichkeit? Hungerstreiks hunderter Gefangener in Spanien und Euskade, vor wenigen Wochen Knastaufstände in der Türkei und in Abschiebeknästen hier. Gefangene aus der RAF seit 20 Jahren im Knast. In Palästina trotz und wegen des Autonomieabkommens keine Freiheit für alle politischen Gefangenen.

 

Und wo sind wir?

Fortsetzung nächste Seite oben

Sicher, wir sind angeschlagen, aber wir sind nicht still. Die Herrschenden sind uns nicht losgeworden. Der Kampf um die Freiheit der gefangenen Genossinnen und Genossen ist notwendig. Auch wenn der revolutionäre Wind schwach bläst, nehmen wir Folter, Unterdrückung, unmenschliche Behandlung und Mord nicht hin. Wir wissen, es geht vielen in diesem Land so. Wo es Widerstand gibt, gibt es Verfolgung.

Die Betroffenen brauchen unsere Solidarität! Die staatlichen Angriffe im vergangenen Jahr auf linke Strukturen und kurdische Organisationen in der BRD führen die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns genauso dringend vor Augen, wie die Kampagne gegen die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal die Möglichkeit internationaler Solidarität mit politischen Gefangenen gezeigt hat.

 

Bündeln wir unsere Kräfte am 18. März!

Libertad! ist eine Initiative, deren Ziel es ist, gegen staatliche Unterdrückung zu arbeiten und Solidarität mit den von der Klassenjustiz verfolgten Gefangenen und von Repression bedrohten Menschen zu organisieren.Unsere Solidarität ist nicht abhängig von der jeweiligen Linie der Kämpfenden, aber davon, wer auf welcher Seite steht: wir gegen sie, unten gegen oben, Teil eines weltweiten emanzipatorischen Prozesses.

Schluß mit der Verfolgung organisierter Kurdinnen und Kurden in der BRD!

Für die Freiheit und Würde der Menschen!

Freiheit für die Gefangenen aus der RAF und anderen linken Projekten!

Macht mit! Propagiert den Aktionstag und den Gedanken internationaler Solidarität.

Ergreift die Initiative. Beteiligt euch an den Aktionen: bundesweit, regional, lokal. Achtet auf die Ankündigungen in eurer Stadt.

Veranstaltung am 10.3. in Frankfurt / Main

"3. Welt."-Haus, Westerbachstr. 47, Hinterhof / 1.Stock, Frankfurt-Rödelheim

16.00 Uhr: Beginn mit einer Plakatausstellung zu politischen Gefangenen, Knastkämpfen und Aktionstagen weltweit. Libertad!-Infotisch. Essen und Getränke.

17.00 Uhr: ein Spielfilm über das berüchtigte Gefängnis Libertad zu Zeiten der Militärdiktatur in Uruguay: "Mit den Augen der Vögel"

19.00 Uhr: Veranstaltung

- Vorstellung der Initiative Libertad!

- Warum soll der 18.3. ein Kampftag sein?

- Beitrag eines Zeitzeugen zur Geschichte des 18. März und damit verbunden der Roten Hilfe

- Vortrag zu politischen Gefangenen in Deutschland

- Vortrag zu kurdischen politischen Gefangenen in der BRD


Veranstaltung mit Ruppert von Plottnitz am 25.1.96 in Mannheim

Politischer Protest, Terrorismus und der Staat

Zum Umgang der Bundesrepublik mit Andersdenkenden

Am 25. Januar fand in Mannheim eine Veranstaltung von Amnesty International mit dem Grünen-Justizminister von Plottnitz statt. Zahlreiche AktivistInnen des Heidelberger Infobüros verwandelten die Veranstaltung in ein Tribunal gegen den staatlichen Umgang mit politischen Gefangenen. Sie verteilten das folgende Flugblatt, außerdem wurde mit Transparenten und geschickt gestreuten Redebeiträgen die Situation der politischen Gefangenen angeprangert und die Abschaffung der Sonderhaftbedingungen gefordert sowie die Freiheit aller politischen Gefangenen und ihre Zusammenlegung in einer Männer- und einer Frauengruppe bis dahin. Von Plottnitz verstieg sich dabei in Antworten, eine Zusammenlegung der politischen Gefangenen stehe einer Gleichbehandlung aller Gefangenen entgegen, weshalb er eine solche ablehne. Ähnlich zynische Statements brachte er auch zur Forderung der Rücknahme des Verbots kurdischer Organisationen und Vereine oder der Abschaffung von Abschiebeknästen. Die Veranstaltung und ihr Ablauf fanden keinerlei Erwähnung in der bürgerlichen Presse, aber den überwiegend liberalen BesucherInnen der Veranstaltung wurde eindrucksvoll gezeigt, welches Denken sich hinter dem angeblich so fortschrittlichen grünen Justizminister verbirgt.

 

Anläßlich der heutigen Veranstaltung wollen auch wir uns die Frage stellen, wie es der BRD-Staat mit politisch Andersdenkenden hält. Diese Haltung wird am deutlichsten, wenn wir uns mit der Situation der politischen Gefangenen in der BRD beschäftigen:

"... worum es den staatlichen Exekutivorganen geht, ist die Bekämpfung, die militärische und politische Unschädlichmachung von Individuen und Gruppen, die nicht mehr als Angeklagte, sondern als längst schuldige politische und militärische Gegner begriffen werden ..."

"... Der gesamte Charakter eines politischen Verfahrens wird zentral bestimmt von dem Vorwurf, daß sich die Angeklagten im Zusammenhang mit den ihnen zur Last gelegten Aktionen von einer bestimmten politischen Überzeugung leiten ließen, der Überzeugung nämlich, daß die gesellschaftlichen Verhältnisse in der BRD nicht - wie es offizieller Lesart entspricht - gerecht, rechtsstaatlich und demokratisch, sondern daß diese Verhältnisse als vom Kapitalismus und Imperialismus beherrschte und bestimmte prinzipiell ungerecht und deshalb zu bekämpfen sind."

"... In diesem Verfahren geht es also um den Schutz eines durchaus partikularen Interesses, dem nationalen und internationalen Interesses am Fortbestand des Kapitalverhältnisses und der von ihm produzierten wirtschaftlichen und sozialen Abhängigkeit der Mehrheit der Bevölkerung. Zur TRadition dieses Interessses gehört es, daß es sich um Menschenrechte und Menschenwürde noch nie gekümmert hat, wenn es sich in Gefahr sah und zur Selbstverteidigung geschritten ist ... Es zielt darauf ab, politische Positionen, die es politisch und praktisch ablehnen, die Welt des Kapitalismus als die beste aller Welten zu preisen, zu isolieren, zu ersticken und unschädlich zu machen ..." "... Wir hörten viel von der ,Solidarität aller Demokraten' und von der ,freiheitlich-demokratischen Grundordnung'. Diese Beschwörung von Einheit, Freiheit und Demokratie begleiten eine politische Entwicklung in der BRD, in der von realer Demokratie und von politischer Freiheit nichts, von willkürlicher politischer Herrschaft, von politischer Bespitzelung, Beschnüffelung und Unterdrückung jedoch viel zu spüren ist." (Rupert von Plottnitz am 28.10.75) Heute ist Rupert von Plottnitz hessischer Justizminister und somit mitverantwortlich für die strafrechtliche Verfolgung politisch Andersdenkender. Er ist mitverantwotlich für die verschiedensten Formen der Isolationsfolter und die Vernichtungshaft gegen die politischen Gefangenen in der BRD, die dagegen seit 25 Jahren Widerstand leisten. Konkret ist seine Dienststelle eingebunden in der "Koordinierungsgruppe Terrorismus" (KGT), die unter anderem verantwortlich ist für

- die Verschärfung der Haftbedingungen wie aktuell bei Christian Klar und Birgit Hogefeld

- die Verweigerung von ausreichender medizinischer Behandlung bei allen Gefangenen aus der RAF, am schlimmsten aber bei Heidi Schulz

- Prozesse gegen bereits verurteilte Gefangene aus der RAF oder aktuell gegen Monika Haas.

Im Gegensatz zu Herrn von Plottnitz sind wir der Meinung, daß sich an den oben von ihm selbst beschriebenen Verhältnissen in der BRD nichts - aber auch gar nichts - zum besseren geändert hat:

- Gerade auch in Hessen werden politisch Andersdenkende kriminalisiert, verfolgt, bespitzelt und mit Isolationshaft gefoltert.

- Gerade auch in Hessen wird Recht gebeugt, indem mit konstruierten Mordanklagen Birgit Hogefeld der Prozeß gemacht wird.

- Indem Monika Haas der Prozeß gemacht wird, auf der Grundlage erkaufter Kronzeugenaussagen, um somit die Geschichte des Widerstands der 70er Jahre endgültig juristisch verfälschen und abschließen zu können.

- Gerade auch in Hessen werden Menschen verfolgt und in Beugehaft gesteckt, weil sie sich weigern, gegen FreundInnen auszusagen, gegen welche auf der Grundlage von erlogenen Spitzelaussagen ermittelt wird.

- Gerade auch in Hessen wird der legitime kurdische Widerstand kriminalisiert, polizeilich verfolgt, und die Menschen werden an der Ausübung demokratischer Grundrechte gehindert, nur weil sie KurdInnen sind.

- Gerade auch in Hessen gibt es überfüllte Abschiebeknäste, in denen Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen darauf warten, in Tod und Elend abgeschoben zu werden.

Für all dies trägt Ruppert von Plottnitz die juristische und politische Verantwortung.

Gerade ihm als ehemaligem Verteidiger von Jan Carl Raspe und der Eltern des im Hungerstreik zu Tode gekommenen Holger Meins müßte die aktuelle Geschichte der politischen Gefangenen in der BRD bekannt sein.

 

Seit 25 Jahren kämpfen politische Gefangene gegen dieses staatliche Kalkül von Unterwerfung und Vernichtung. Konkret bedeutet dieses Programm, welches heute unter der Verantwortung der KGT fällt, die weitere Verschärfung der Haftbedingungen, die Verweigerung von medizinischer Behandlung, immer neue Prozesse gegen RAF-Gefangene und andere und die Verweigerung ihres Zusammenkommens.

Aber was ist der Grund für das Nicht-enden-Wollen des Vernichtungsinteresses dieses Staates?

Die Gefangenen, die seit 10, 15 und 20 Jahren gegen dieses Programm kämpfen, dabei vieles in diesem Kampf um ihre Überlebensbedingungen gegen den Staat durchgesetzt haben und tagtäglich aufs neue durchsetzen müssen, sind keine Opfer. An dem Tag, an dem sie diesen Status annehmen, haben sie den Kampf verloren. Sie sind in all den Jahren Subjekte geblieben. Sie kämpfen weder aus Heldentum noch aus trivialen persönlichen Bereicherungsgründen - sie kämpfen aus ihrer Identität als Revolutionärinnen und Revolutionäre.

Und wenn wir draußen dazu aufrufen, diesen Kampf zu unterstützen - mit aller Kraft, die wir aufbringen können -, dann hat dies nichts mit Mitleid oder Barmherzigkeit zu tun, sondern dann geht es uns darum, daß der Kampf der Gefangenen für menschenwürdiges Leben und ihre Freiheit gerechtfertigt ist.

Die Gefangenen, von denen wir hier sprechen, sind im Knast für ihre revolutionäre Politik und Praxis in den 70er und Anfang der 80er Jahre - sie sind politisch verantwortlich für die Praxis der Guerilla -, und sie sind im Knast, weil die RAF in dieser Zeit die Machtfrage an der Frage der Gefangenen gestellt hat. Der besondere Haß und der Vernichtungswille der Herrschenden erklären sich in diesem Zusammenhang.

Die 70er Jahre - und darin auch die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten und Altnazi Schleyer - hat die herrschende politische Klasse dieses Landes weder vergessen, noch sind sie bereit, die "Verantwortlichen" für diese Phase, in der dem "demokratischen" System endgültig die Maske entrissen wurde und es seitens der RAF eine bedingungslose Solidarität mit den weltweiten Befreiungskämpfen gegen Imperialismus gab, kampflos freizulassen.

Auf die Frage, was die politischen Gründe für den Geiselstatus der Gefangenen sind, finden wir in diesem politischen Kontext die Antworten.

 

Die Herrschenden in diesem Land tragen die Verantwortung für den Tod von mindestens 26 KämpferInnen aus der RAF und anderen Militanten, die auf der Straße oder im Knast zu Tode kamen.

 

Wir dürfen dies nie vergessen, um zu verstehen, in welchem Zusammenhang sich unser Kampf um und mit den Gefangenen bewegt.

 

Unsere konkreten Forderungen - nicht nur für den heutigen Tag - sind:

 

* Sieglinde Hofmann, Heidi Schulz, Eva Haule und Brigitte Mohnhaupt müssen sofort zusammenkommen - bis zu ihrer Freilassung

* Helmut Pohl, Rolf-Clemens Wagner, Rolf Heißler und Christian Klar müssen sofort zusammenkommen - bis zu ihrer Freiheit

* Sofortige und bedingungslose Freilassung von Hanna Krabbe nach 21 Jahren Haft

* Einstellung aller 129 / 129a-Verfahren

* Schluß mit der Beugehaft und Freilassung aller wegen Beugehaft Inhaftierten

* Einstellung des Verfahrens gegen Monika Haas und aller anderen Kronzeugen-Prozesse

* Freiheit für alle kurdischen Gefangenen

* Weg mit dem Verbot kurdischer Vereine und Organisationen

* Auflösung aller Abschiebeknäste

 

* Freiheit für alle politischen Gefangenen

Kontakt und Information: Infobüro für die Freiheit der politischen Gefangenen, Postfach 10 31 64, 69021 Heidelberg


Neue ZeugInnenvorladungen

 

in einem Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Weiterstadt

 

Anfang Februar erhielten insgesamt 25 Personen aus Wiesbaden und anderen Städten erste Vorladungen als ZeugInnen in einem "Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion".

Betroffen sind bisher 20 Menschen in Wiesbaden, zwei aus Hamburg und jeweils eine/r in Karlsruhe, Frankfurt und aus dem Hunsrück, die früher in Wiesbaden gewohnt haben.

Gemeint ist wohl das Ermittlungsverfahren, welches von der Bundesanwaltschaft (BAW) im Zusammenhang mit der Sprengung des Knastneubaus in Weiterstadt durch ein Kommando der RAF im März 1993 geführt wird

Da ZeugInnen kein Recht auf Akteneinsicht in den Verfahren haben, zu denen sie vorgeladen sind, kann niemand mit Sicherheit sagen, ob es sich um das ursprüngliche Ermittlungsverfahren wg. Weiterstadt handelt. Das wurde zuerst gegen den Spitzel des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes Klaus Steinmetz geführt, 1994 aber eingestellt und dann gegen "Unbekannt" eröffnet. Wir gehen aber davon aus.

Es ist anzunehmen, daß die Vorladungen in Wiesbaden etwas mit dem bekanntgewordenen Haftbefehl der BAW gegen Steinmetz zu tun haben. Auf jeden Fall aber besteht ein politischer Zusammenhang mit den Durchsuchungen, Verfahren und Vorladungen in der Fritzlarer Straße in Frankfurt. Sechs BewohnerInnen des teilbesetzten Hauses waren zuletzt im Dezember 1995 als ZeugInnen in einem 129a-Ermittlungsverfahren gegen eine ihrer MitbewohnerInnen vorgeladen. Vier von ihnen sitzen seitdem in Beugehaft.

ZeugInnenvorladungen und Beugehaft sind juristische Instrumente, die die staatlichen Verfolgungsbehörden in den letzten beiden Jahren wieder verstärkt als Druckmittel einsetzen: ob in früheren Verfahren im Zusammenhang mit Weiterstadt, wg. Radikal und K.o.m.i.t.e.e., gegen Antifas in Weimar oder anderswo.

Auch deshalb wird niemand von uns den Vorladungen zum BKA am 12. bzw. 13.2. in Wiesbaden Folge leisten.

 

Wiesbaden, 6.2.96


Mitteilung von der Fritze zu den Verhaftungen und Verfahren

An die solidarischen Freunde und Freundinnen!

Seit zwei Monaten sitzten Jens, Nik, Petra und Conny in Beugehaft. Conny wird jetzt entlassen, da bei ihr der Bundesgerichtshof für zwei der drei gestellten Fragen nachträglich den 55 anerkennt. Jens, Nik und Petra sollen, so die momentane Lage, die fünf Monate ganz absitzen.

Seit Dezember erreicht uns eine breite Solidaritätswelle.

Besuche bei den vier Gefangenen werden gemacht, Knast-Abos übernommen, notwendige Geldspenden treffen ein, die Fritze bekommt ein Auto geschenkt, Solidaritätsfeste und andere Unterstützungsaktionen wie die Knastkundgebungen in Bruchsal, Bühl, Heimsheim und Schwäbisch-Gmünd werden organisiert.

Wir freuen uns über eure Solidarität.

Wir können sie gut gebrauchen.

Steinmetz, sein Motorrad mit den Koffern, die Knastsprengung in Weiterstadt durch die RAF, angebliche Sprengstoffspuren, Ladungen, Beugehaft, die Bedrohung von Andrea und ihre Entscheidung, wegzugehen das alles hat uns ziemlich überfordert.

(Kein Wunder. Wir sind ein Wohnprojekt, das versucht, den Alltag gemeinsam zu organisieren, aber politische Entscheidungen wurden und werden meistens individuell gefällt.)

Wir konnten uns lange nicht darüber verständigen, wie wir uns wehren sollten. Unterschiedliche Einschätzungen, "kein Bock" zum Diskutieren, Vedrängung, Angst.

Manche wollten klärende Worte unter uns, auch in Flugblättern andere mauerten oder schwiegen.

Das erklärt euch vielleicht, weshalb unsere Texte so schwammig waren.

Einige Klärungen:

Wie kam das Motorrad überhaupt in die Fritze?

Andrea sagt: "Ich kaufte im September 1993 das Motorrad aus der Hinterlassenschaft von Steinmetz. Ich hatte ein irgendwie geartetes Gefühl, mich rächen zu können, da ich ein Fitzelchen von dieser Sau Steinmetz in den Fingern hatte. (...) In meinem Zustand nach Bad Kleinen, betroffen, verletzt, beschämt, fassungslos, verstört, dachte ich nur, das war der ,Supergau', etwas Schlimmeres kann nicht mehr passieren. Es war klar, daß Steinmetz den B. alles liefern wird, was er weiß und meint zu wissen, und an irgendwelche Folgen in puncto Motorrad wollte ich nicht glauben, obwohl mich Leute warnten. (...) Ich habe mich mühsam und alleine, aber mit Hilfe einiger GenossInnen durch diesen Morast gewühlt, der der schrecklichste Abschnitt meines Lebens ist. Trotz aller Fehler und der scheinbar ausweglosen Situation habe ich neuen Mut gefaßt." (Dezember 1994 - der vollständige Text kann in dem Reader "Steine im Getriebe" nachgelesen werden.)

Neben dem Motorrad erhielt Andrea die dazugehörenden Koffer, eine Motorrad-Gabel und den KFZ-Brief (und eine Steinmetz-Blanko-Unterschrift für den Fall, daß sie das Motorrad auf ihren Namen umschreiben will).

(...)(Text unvollständig übermittelt, d. Red.) sie von September 93 bis zur Hausdurchsuchung im Mai 94 verschlossen in der Fritze. Diese Koffer sind der Joker im Ermittlungsverfahren. In ihnen sollen die maßgeblichen "Sprengstoffspuren" gefunden worden sein, die die Hatz auf Andrea begründen.

Als im Zuge der ersten Hausdurchsuchung verschiedene Beschlüsse aus Karlsruhe auf unseren Tischen landeten, haben wir nur ganz zögerlich über alles geredet.

Wir wußten nicht alle, daß Andrea das Steinmetz-Motorrad erworben hatte. Trotzdem gab es erst nach der zweiten Hausdurchsuchung im Dezember das erste Plenum. Wenige Wochen später hatten sich die meisten von uns wieder beruhigt.

Wir warteten ab.

Dann kamen die Ladungen, und wir waren mit dem 55, Aussageverweigerung und Beugehaft beschäftigt. Das Interesse, sich mit dem ganzen Angriff tiefer auseinanderzusetzen, blieb bei den meisten von uns oberflächlich. Es waren anstrengende Wochen, in denen wir schon Probleme hatten, den Alltag zu organisieren.

Im Dezember 95 wurde Sven bei einer Grenzkontrolle festgenommen. Im BAW-Beschluß vom 13.12. liest sich das folgendermaßen: Bei der Durchsuchung seiner Person und Sachen seien schriftliche Unterlagen, vor allem Briefe, gefunden worden. Die Inaugenscheinnahme habe ergeben, daß die Briefe von Andrea W. stammen. (...) Die Originale seien wieder an Sven S. ausgehändigt worden.

Am nächsten Tag veranlaßte die Bundesanwaltschaft eine erneute Hausdurchsuchung, um angeblich Hinweise zu dem Aufenthaltsort von Andrea W. zu gewinnen und ob Briefe und Notizen Aufschluß geben könnten über die angeblichen Pläne von Andrea W., den bewaffneten Kampf in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen.

Seit diesem Tag wird gegen Andrea ermittelt wegen 129a ("Mitgliedschaft in einer eigenständigen terroristischen Vereinigung"). Die BAW spricht von Hinweisen, daß Andrea sich in einem Ausbildungslager der PKK aufhalten würde und plane, mit einer Handvoll Leute zurückzukommen.

Gegen Sven ermittelt die BAW als "Unterstützer" dieser angeblichen "terroristischen Vereinigung".

Zu den beiden Verfahren können wir als Fritze nicht mehr sagen.

Der vorläufig letzte Stand:

Nachdem die BAW im Dezember 95 gegen Klaus Steinmetz ein Verfahren wegen Weiterstadt eingeleitet hat, weitet der Staatsschutz die Ermittlungen aus. Seit Anfang Februar gibt es in Wiesbaden 25 BKA-Vorladungen im Weiterstadt-Verfahren gegen "Unbekannt".

Wir brauchen eure Solidarität auch weiterhin!

Fritze im Februar 1996

Anmerkungen der Redaktion:

1.Conny ist am 11.2.entlassen worden.

2. Über 200 Menschen beteiligten sich an den 4 Knastkundgebungen.

Veranstaltung: Ein Sprengstoffkoffer in der Fritze?

 

29.2., 19.30 Uhr, Frankfurt. Von Bad Kleinen nach Frankfurt-Bockenheim: Ein Verfassungsschutz-Spitzel, sein Motorrad und angebliche Sprengstoffunde. Die Folgen: Hausdurchsuchungen, Ermittlungsverfahren, Flucht, Aussageverweigerung und Beugehaft. Mit Beiträgen zu dem laufenden Verfahren, Beugehaft, Aussageverweigerung und zum laufenden Verfahren. Ort: "Dritte Welt"-Haus, Westerbachstr. 47, Hinterhof / 1 Stock

Brief einer Gefangenen:

"heute war etwas geiles. direkt vor unserer mauer war eine demo, alle hingen wie die affen am fenster. sie haben demonstriert wegen den inhaftierten frauen hier, besonders wegen der 4 beugehaftgefangenen. ich natürlich geh runter in die küche und hole 2 topfdeckel, die u-haft, die direkt neben unserem bau ist, hat auch voll mitgemacht. das war vielleicht laut, aber geil. alles hat gegrölt und mit sämtlichen sachen gegens gitter geknallt. 2 scheiben gingen zu bruch. aber du kennst ja die regel nr. 1, ich hab nichts gesehen. das hättest du sehen müssen, ah ja, die b. sind auch gekommen, die haben da draußen ganz schön was zu hören bekommen. stell dir vor, die hatten sogar hunde dabei. die sind wirklich verschärft, die idioten."


Auslieferungsverfahren gegen Benjamin Ramos Vega vor Bundesverfassungsgericht

Ein Jahr nach der Verhaftung von Benjamin Ramos Vega am 28.1.95 in Berlin hat sich die Auseinandersetzung um seine Auslieferung an den spanischen Staat weiter zugespitzt: Ende Dezember '95 gab das Berliner Kammergericht dem politischen Druck aus Bonn und Madrid nach und erklärte die Auslieferung des Katalanen, dem die spanische Justiz die Unterstützung der baskischen Organisation ETA vorwirft, für "rechtlich zulässig". Benjamin Rasmos Vega reagiert auf den Beschluß mit einem unbefristeten Hungerstreik. Die VerteidigerInnen reichten beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Klage gegen das Urteil ein, weil das Kammergericht die Tatsache, daß die Anklage auf durch Folter erpreßten Aussagen beruhe, nicht berücksichtigt habe. Das BVG leitete inzwischen ein Verfahren ein. Am 12.1.96 unterbrach Benjamin Ramos Vega seinen Hungerstreik, um die Entscheidung aus Karlsruhe abzuwarten.

 

Noch im Oktober hatte das Berliner Kammergericht in einem Beschluß die Auslieferung von konkreten Garantien der spanischen Behörden abgängig gemacht: Benjamin Ramos Vega solle nicht in Isolationshaft kommen, eine angemessene medizinische Versorgung erhalten, und in einem Verfahren sollten die unter Folter zustandegekommenen Aussagen keine Verwendung finden dürfen. Zu diesem Schritt sahen sich die Kammerrichter gezwungen, weil sie die Tatsache, daß die belastenden Aussagen gegen Benjamin Ramos Vega durch Folterungen zustandegekommen sind, nicht länger ignorieren konnten. Die Verteidigung hatte dies sowie die systematische Folter an politischen Gefangenen im spanischen Staat mit zahlreichen Dokumenten belegt. Der Druck auf das Gericht wurde noch dadurch verstärkt, daß zu dieser Zeit gerade die Verwicklung spanischer Regierungsstellen in die Mordanschläge der Todesschwadrone GAL auch in der BRD eine große Öffentlichkeit fand.

Der politische Hintergrund

Bemerkenswert an diesem Beschluß ist, daß ein deutsches Gericht offiziell die Einhaltung der Menschenrechte in einem EU-Partnerstaat wie Spanien in Zweifel zog. Baskische und katalanische Menschenrechtsorganisationen, die seit Jahren die Folter anprangern, werteten diese als großen Erfolg, wäührend die staatlichen Stellen und die bürgerliche Presse Spaniens mit einem Sturm der Entrüstung reagierten: Dem deutschen Botschafter in Madrid wurde eine offizielle Protestnote der Regierung überreicht, der spanische Innenminister forderte die BRD-Regierung sogar auf, ihre Gesetze entsprechend zu verändern. Wenige Wochen später trafen sich Mitte November die EU-Innenminister auf der spanischen Kolonie La Gomera, Mitte Dezember waren dann die Regierungschefs der EU-Staaten wie bei Felipe Gonzales in Madrid zu Gast. In diesen illustren Herrenrunden war auch die gemeinsame Bekämpfung linker Organisationen wie die ETA und die reibungslose Auslieferung von festgenommenen Oppositionellen Thema. Die spanische Botschaft in Bonn war sich nicht zu schade, in einem dreiseitigen Brief an das Kammergericht ihre erneute Forderung nach der Auslieferung von Benjamin Ramos Vega dann auch damit zu begründen, die die EU-Staaten doch "ein solidarisches Vorgehen aller Staaten zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Justizwesen durch Überstellung der für Terrorakte Verantwortlichen an die zuständigen Justizbehörden" vereinbart hätten. Das Berliner Kammergericht verstand diesen Hinweis sehr gut und paßte sich schnell den politischen Vorgaben an: häßliche Dinge wie Folter wurden schnell unter den Teppich gekehrt, und von den eben noch geforderten Garantien über die Einhaltung der Menschenrechte war auch nicht mehr die Rede. Stattdessen erklärten die Richter die Auslieferung zwischen Weihnachten und Neujahr kurzerhand für "rechtlich zulässig". Das ist für Gerichte eigentlich ein ungewöhnlicher Zeitpunkt, aber die Zeit drängte: Dem scheidenden EU-Ratsvorsitzenden Felipe Gonzales, der ja als wahrscheinlicher Initiator der Todesschwadrone GAL eine klare Vorstellung von Menschenrechten hat, sollte drei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit ein Abschiedsgeschenk gemacht werden.

Verschärfte Haftbedingungen

Die schärfere Gangart des Gerichts und der Staatsanwaltschaft war für uns als Solidaritätskomitee seit Anfang Dezember spürbar: Obwohl Benjamin und seine Lebensgefährtin inzwischen geheiratet hatten ,wurde die Überwachung der Besuche durch B.dolmetschern und LKA-Beamte mit Tonband aufrechterhalten, es wurde sogar erneut ein Berührungsverbot verhängt. Erstmals lehnten die Staatsanwaltschaft und das Kammergericht Besuche wegen Sicherheitsbedenken ab, ebenfalls erstmalig wurde einer eigens angereisten Vertreterin der baskischen Gefangenenhilfsorganisation Gestoras Pro Amnistia ein Sonderbesuch verweigert und ihr ein Termin zwei Wochen später angeboten. Besuche, die früher von einem Schließer überwacht wurden, können jetzt nur noch in Anwesenheit von LKA-Beamten mit Tonbandaufzeichnung stattfinden. Eine gerichtsvereidigte Dolmetscherin, die schon bei zahlreichen Besuchen übersetzt hatte, wird seit Dezember '95 ohne Begründung abgelehnt, weil sie ihnen als Linke nicht in den Kram paßt. Mittels einem schon länger abgeschlossenen politischen Strafverfahren versuchen sie jetzt, ihr die Gerichtsvereidigung zu entziehen.

Hungerstreik

Direkt nach dem Urteil des Kammergerichts begann Benjamin Ramos Vega am 29.12.95 einen unbefristeten Hungerstreik, um sich "mit allen Mitteln" seiner Auslieferung zu widersetzen. Während des zweiwöchigen Hungertreiks nahm er 7 kg ab. Angesichts seiner HIV-Infektion und seines durch die einjährige Isolationshaft angegriffenen Gesundheitszustandes hat er den Hungerstreik relativ gut überstanden. Es ist aber kla, daß unter diesen Bedingungen und mit einem Normalgewicht von 50 kg die Entscheidung für einen Hungerstreik eine existentielle war, die sehr schnell zu schweren körperlichen Schäden führen kann. In diesen zwei Wochen wurden die Haftbedingungen weiter verschärft: Unter dem Vorwand der "Suizidgefährdung" haben die Schließer jede Stunde das Licht angemacht und an die Zellentür gebollert, so daß Benjamin Ramos Vega nicht durchschlafen konnte. Nach dem Eingang seiner Klage beim Bundesverfassungsgericht setzte er den Hungerstreik aus - mit der Ankündigung, ihn im Falle einer negativen Entscheidung aus Karlsruhe wieder aufzunehmen.

Verfassungsbeschwerde

Mit der Einleitung des Verfassungsbeschwerde-Verfahrens durch die Karlsruher RichterInnen ist die Strategie der reibungslosen Abschiebung, wie sie von Seiten der EU-Innenminister vorangetrieben wurde, erneut durchbrochen.

Am 24.1.96 forderte das BVG das Bundesministerium der Justiz zu einer Stellungnahme dazu auf, wie "das Schweigen des Kammergerichts zu der vom Beschwerdeführer geltend gemachten politischen Verfolgung zu bewerten"sei. Weiterhin fordern die VerfassungsrichterInnen eine Antwort auf die Frage, wie "Artikel 15 Vereinte Nationen-Übereinkommens vom 10.12.84 gegen Folter in Hinblick auf die Verwendung von Beweismitteln auszulegen" sei, "die erst durch Verwendung der unter Folter erzwungenen Aussagen aufgefunden werden konnten". Gemeint ist hiermit die konspirative Wohnung, deren Anmietung für das ETA-Kommando Barcelona Benjamin Ramos Vega zur Last gelegt wird. Ausdrücklich weist das BVG darauf hin, daß "von der Erlangung der Aussage zur Wohnungsanschrift durch Folter auszugehen sei". Diese WSohnung ist das einzige, was die spanische Justiz gegen Benjamin Ramos Vega vorzubringen hat, und deswegen sietzt er seit über einem Jahr in Auslieferungshaft.

Jetzt ist die Frage der Auslieferung wieder offen. Das deutsche Justizministerium ist gezwungen, explizit zur Folter im spanischen Staat Stellung zu nehmen. Das ist ein Widerspruch zu ihrem politischen Kalkül, jegliche Menschenrechtsverletzungen innerhalb des Schengener Vertragsgebietes zu leugnen und damit die reibungslose Auslieferung als Bestandteil der Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten zu gewährleisten. Wir werten diese Entwicklung als großen Erfolg.

Internationale Solidarität

Der Hungerstreik Anfang Januar war von zahlreichen Solidaritätsaktionen begleitet: In Donosti und Bilbo wurden die deutschen Konsulate besetzt, in Gasteiz und in Bilbo (Baskenland) gab es Demonstrationen und Menschenketten, in Barcelona eine Kundgebung vor dem deutschen Konsulat, in der BRD wurden Veranstaltungen und Kundgebungen in Berlin, Bremen, Heidelberg und Hamburg organisiert. In seiner Erklärung zur Unterbrechung des Hungerstreiks schrieb Benjamin Ramos Vega: "Die Gefühle, die so viel Solidarität aus der BRD, dem Baskenland und Katalonien in mir auslösten, haben mir geholfen, unbeugsam und meiner selbst sicher zu bleiben."

Seit Mitte Januar sind 600 Gefangene aus dem baskischen Gefangenenkollektiv und ihre Angehörigen draußen sowie 70 Gefangene aus der GRAPO / PCE(r) im Hungerstreik. Sie fordern die Wiederzusammenlegung des Kollektivs im Baskenland und die Anwendung des Artikels 60, der Haftunfähigen die Entlassung auf Bewährung garantiert. Die politischen Gefangenen sind seit 1987 auf über 90 Knäste im gesamten Staatsgebiet verteilt und werden dort isoliert. Mit am ernstesten ist die Situation von Juan Manuel Perez Hernandez, der an "verfrühtem Altersschwachsinn" erkrankt ist, nicht spricht, nicht läuft und in 17 Jahren Haft drei Herzinfarkte erlitten. Er wird offiziell als schwerbeschädigt und unheilbar krank anerkannt, was den spanischen Staat aber nicht hindert, ihm Bewährung und angemessene medizinische Behandlung zu verweigern - das ist kein Einzelfall: Jährlich sterben in den Knästen rund 100 Gefangene wegen unzureichender medizinischer Versorgung. Genau wie während des Hungerstreiks von Benjamin Ramos Vega wird auch seit Beginn ihres Streiks der Terror gegen die politischen Gefangenen verschärft: Auch sie werden nachts jede Stunde geweckt, um sie am Schlafen zu hindern und sie so zu zermürben.

 

Es ist klar, daß Benjamin Ramos Vega sich mit aller Kraft dagegen wehrt, an diesen Staat ausgeliefert zu werden.

 

Solidaritätskomitee Benjamin Ramos Vega, Wilhelmstr. 9, 10963 Berlin, Fax: (0 30) 2 51 83 39


Aufruf zur Solidarität mit "radikal"

Wir dokumentieren hier einen Aufruf, im Zuge der Geschehnisse um die Kriminalisierung der "radikal" alle bundesweiten und regionalen Zeitungen, Zeitschriften und Magazine im April unter dem Namen oder Beinamen "radikal" erscheinen zu lassen.

"Jede Person hat das Recht, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreitern ... Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung ... werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."

Wenn in einem Land die Freiheit des Worten nur darin besteht, alles sagen, schreiben und drucken zu können, um damit Geld zu verdienen, und nicht, Stimme zu sein für die Entwicklungen, Probleme und Kämpfe in der Gesellschaft, dann handelt es sich nur um eine Freiheit von wenigen gegenüber anderen.

Die Freiheit des Wortes, so wie wir sie verstehen, ist das Recht, Einfluß zu nehmen auf die täglichen Ereignisse in unserem Leben, in unserer Gesellschaft und in der Welt, ist das Recht, anzuklagen und zu verteidigen, Fehler zu erkennen und nach Lösungen zu suchen, für ein menschenwürdiges Leben, für eine menschenwürdige Gesellschaft. Freiheit des Wortes, Freiheit der Diskussion ist Freiheit an sich, ist ein Teil von Selbstbestimmung, ist ein Teil von Menschenwürde.

Ein verbotenes Wort, eine verbotene Stimme, eine verbotene Diskussion sind Beleg für Sprachlosigkeit, sind Beleg für Geistlosigkeit, für Schwäche, sind ein Kennzeichen von Diktatur.

Repression, Gewalt und Verfolgung gegenüber Einrichtungen, die Podium sind für Diskussionen, die offen sind für Meinungsvielfalt, erzielen nicht die Verhinderung möglicher "Straftatbestände", sondern sie verhindern Diskussion, werden somit zu Unterdrückung, sind Beschneidung von Freiheit. Diskussionen, die an den Betroffenen vorbei geführt werden, die deren freie Meinungsäußerungen einschränken, behindern oder verbieten, ob es um Gewalt als politisches Mittel, Abschiebung oder z. B. Euthanasie u. ä. geht, sind keine freien Diskussionen.

Die Freiheit des Wortes bedeutet nicht, jede Meinung wertungsfrei zu repräsentieren, wie es angeblich die bürgerliche Presse tut, sondern Stimmen, die sich gerade auch gegen Unterdrückung wenden, zu befreien von Unterdrückung.

Diese Freiheit des Wortes, wie wir sie verstehen, wurde erkämpft und erstritten, ist weder Geschenk noch Gnade. Sie muß verteidigt werden mit Verstand und der Macht von Solidarität. Der Angriff auf die vermeintlich "schwächsten Glieder", auf Projekte wie die "radikal" und Infoladenstrukturen, sind ein Angriff auf das Prinzip der Pressefreiheit. Die Kriminalisierung solcher Projekte soll spalten, macht aus Kommunikation Mittäterschaft, soll Solidarisierung verhindern.

Es ist ein Angriff gegen unsere Zeitung, gegen unsere Leserinnen und Leser.

 

Rückmeldeadresse:

Redaktion "Radikale Zeiten",

c/o Informationsdienst Schleswig-Holstein,

Bahnhofstr. 44, 24534 Neumünster


"...die Kronzeugenregelung wollen sie jetzt nicht mehr hergeben"

Der Fall Monika Haas und die Kronzeugenregelung

Seit Anfang November 1994 sitzt Monika Haas in Frankfurt in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft ihr die Beteiligung an der Landshutentführung 1977 vor. Sie habe Waffen nach Mallorca geschmuggelt und diese an das palästinensische Kommando "Martyr Halimeh" weitergegeben, das die Lufthansamaschine nach Mogadischu entführt hat. Ihre Untersuchungshaft wird mit der vermeintlichen Fluchtgefahr gerechtfertigt und das, obwohl Monika Haas seit 13 Jahren legal mit ihren drei Kindern in Frankfurt lebt und dort bis zum Zeitpunkt der Verhaftung als Frauenbeauftragte an der Uni-Klinik arbeitete. Die Anklage der BAW stützt sich auf Aussagen Soraya Ansaris (Souhaila Andrawes), der einzig Überlebenden des palästinensischen Kommandos, die am 25. November letzten Jahres von Norwegen an die BRD-Justiz ausgeliefert wurde. Am 18. Januar begann der Prozeß vor dem Staatsschutzsenat in Frankfurt.

Einige Hintergründe zur Geschichte

Am 13. Oktober 1977 wird über dem Mittelmeer die Lufthansamaschine "Landshut" von einem palästinensischen Kommando im Zusammenhang mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten und Vorstandsmitgliedes von Daimler Benz, Hanns Martin Schleyer, vom 5. September 1977 durch die RAF gekapert. Das PFLP-Kommando (PFLP: Volksfront zur Befreiung Palästinas) fordert die Freilassung von elf RAF-Gefangenen in der BRD und zwei Palästinensern in der Türkei. In der BRD ist seit Anfang September als Reaktion auf die Schleyer-Entführung das Parlament faktisch abgeschafft, und eine sogenannte Kleine Lage, der Politiker aller Fraktionen angehören, tritt an die Stelle der Regierung. Eine totale Nachrichtensperre wird verhängt. In bezug auf die Forderungen des palästinensischen Kommandos bleibt die BRD hart und beauftragt am 15. Oktober '77 Staatsminister Hans Jürgen Wischnewski, die Stürmung der Landshut durch die GSG 9 vorzubereiten. Obwohl sich am 16. Oktober '77 die Sowjetunion und die DDR als Vermittlerinnen anbieten, weigert sich die BRD, Verhandlungen aufzunehmen. Am Abend des 16. Oktober wird daraufhin der Flugkapitän der Lufthansamaschine erschossen.

Am 18. Oktober leitet die GSG 9 mit Unterstützung der SAS, einer britischen Antiterroreinheit, die Stürmung der Landshut unter dem Decknamen "Feuerzauber" ein und erschießt dabei drei der vier Mitglieder des Kommandos. Soraya Ansari überlebt als einzige schwerverletzt. In derselben Nacht kommen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe im Gewahrsam der BRD-Justiz zu Tode. Irmgard Möller überlebt mit schweren Verletzungen. Die staatliche Selbstmordversion hinterläßt bis heute zahlreiche unauflösliche Widersprüche und wird von einer internationalen Untersuchungskommission offen angezweifelt.

Soraya Ansari

Soraya Ansari wird nach der Stürmung der Landshut an die somalischen Behörden übergeben und dort zu 20 Jahren Haft verurteilt. Nach knapp zwei Jahren wird sie begnadigt. 1981 verurteilt sie ein italienisches Gericht in Abwesenheit zu 30 Jahren, da die Lufthansaentführung über italienischem Luftraum stattfand. Seit 1991 lebt sie in Oslo. 1994 wird sie dort aufgrund einer Intervention der deutschen Bundesanwaltschaft von der norwegischen Polizei festgenommen und mehrfach von Beamten der BAW verhört. Diese lesen ihr Auszüge aus einer Akte der DDR-Staatssicherheit vor, in der über die Beteiligung von Monika Haas an der Landshut-Entführung gemutmaßt wird, und machen keinen Hehl daraus, daß sie besonders an einer Belastung von Haas interessiert sind. Sie, die sich nach Mogadischu vom bewaffneten Kampf losgesagt hatte, macht Aussagen, verneint jedoch immer wieder, etwas über einen Waffentransport durch Haas zu wissen. Die Auslieferungsdrohung an die BRD und die Aussicht auf ein Verfahren wegen erpresserischen Menschenraubes, Eingriffes in den Flugverkehr, jeweils mit Todesfolge, sowie Mordes und versuchten Mordes, versetzt sie zunehmend in Panik, und sie weitet ihre Kollaboration mit der BAW auf die Belastung Monika Haas aus. Mit der Kronzeugenregelung bekanntgemacht und der Aussicht, mit drei Jahren "davonzukommen", hält sie das, was ihr aus der Akte der Staatssicherheit vorgelesen wird, zuerst für möglich, dann für gut möglich und schließlich für die Wahrheit. Mit diesen Aussagen hofft sie einer Auslieferung an die BRD zu entgehen, wird aber trotzdem am 25 November '95 der bundesdeutschen Justiz übergeben. Seitdem sitzt sie in Hamburg in Untersuchungshaft und wartet auf ihren verordneten Kronzeugenauftritt gegen Monika Haas, von dem entscheidend der Ausgang des Verfahrens abhängen wird.

Am 25 Januar diesen Jahres läßt sie im Prozeß gegen Monika Haas einen an die BAW gerichteten Brief verlesen, in dem sie klarstellt, nicht als Kronzeugin gegen Haas zur Verfügung zu stehen. Gleichzeitig beteuert sie jedoch, seinerzeit in Oslo gegenüber der BAW keine Falschaussagen gemacht zu haben, so daß ihre Erklärungen widersprüchlich bleiben. Am 15. Februar wird sie vor dem Staatsschutzsenat in Frankfurt auftreten müssen.

Die Geschichte der Kronzeugenregelung

Die Diskussion um die Einführung der Kronzeugenregelung ins bundesdeutsche Recht wird seit etwa Anfang der 70er Jahre geführt. "Reuigen Täter/innen", die bereit sind, andere Mitglieder ihrer Zusammenhänge so zu belasten, daß eine Verurteilung und Inhaftierung möglich wird, wird Straffreiheit beziehungsweise eine erheblich mildere Strafe versprochen. Meist ist hier der/die Kronzeuge/in das einzige Instrument, das die Anklage zur Verurteilung anderer Verdächtiger in den Händen hält.

Bei der Diskussion um die Kronzeugenregelung muß zwischen ihrer Einführung beispielsweise in das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zur Bekämpfung der "Drogenkriminalität" (im Januar 1982), und von der Einführung in das politische Strafrecht unterschieden werden. Letztere scheitert lange Jahre vermeintlich immer wieder daran, daß die sogenannte liberale Öffentlichkeit Bedenken an der Rechtsstaatlichkeit einer solchen Regelung äußert. So werden in den 70er und 80er Jahren diesbezügliche Gesetzesentwürfe mehrfach vom Bundesrat aufgrund öffentlichen Drucks zurückgewiesen. Dies ist jedoch wenig mehr als ein Scheinsieg der "liberalen Öffentlichkeit". 1976 wird der 129a als erstes "Anti-Terror"-Gesetz verabschiedet und mit ihm zahlreiche weitere politische Sondergesetze. So können die Sicherheitsbehörden den vorläufigen Verzicht auf die Kronzeugenregelung leicht verkraften. Hinzu kommt der klare Wille der Sicherheitsstrategen, das "Problem" bewaffneter revolutionärer Gruppen im deutschen Herbst '77 auf rein militärische Art und Weise zu lösen.

In den 80er Jahren nehmen die Bestrebungen, endlich ein bundesdeutsches Kronzeugengesetz einzuführen, wieder an Intensität zu, und 1987 wird das "Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus" (noch ohne Kronzeugenregelung) verabschiedet sowie der 129a verschärft. Im Mai 1989 schließlich wird die Kronzeugenregelung im Rahmen eines "Gesetzespaketes zur inneren Sicherheit" ins politische Strafrecht aufgenommen und tritt am 19. Juni '89 in Kraft. Zunächst bleibt sie auf drei Jahre beschränkt und enthält einige Zugeständnisse an das "liberale Rechtsempfinden". So dürfen des Mordes Bezichtigte, die Kronzeugen werden, nicht völlig straffrei ausgehen, sondern müssen mit mindestens drei Jahren (gegenüber lebenslang) bestraft werden. Im Dezember '92 wird das Gesetz auf weitere drei Jahre verlängert und erhielt jetzt im Dezember '95 Gültigkeit bis Ende 1999.

Die Kronzeugenregelung - ein Denunziantengesetz,

oder: "Denen ist es egal, ob es der Wahrheit entspricht."

Die Kronzeugenregelung ist ein neues Rechtsinstrument in der bundesdeutschen Strafjustiz. Die Behauptung der Befürworter/innen, es handele sich lediglich um eine Weiterführung der "tätigen Reue", ist falsch, da nicht die "Umkehr" oder "Einsicht" eines Täters oder einer Täterin belohnt wird, sondern die Menge von verratenen Informationen über Mitglieder, Sympathisant/inn/en und Strukturen politischer Gruppen. Wie weit diese der Wahrheit entsprechen, ist noch einmal eine ganz andere Frage. Schließlich wird der bzw. die Kronzeuge/in alles daran setzen, mit möglichst belastenden Aussagen gegen Dritte die Verhandlungsmasse gegenüber der BAW zu erhöhen (und wenn sie auch frei erfunden sind), da es ja immerhin um Freiheit beziehungsweise Jahre des Straferlasses oder eine lange Haftstrafe geht. Auf der anderen Seite sind auch die Möglichkeiten der Anklage, den oder die Kronzeugen/in in diese Richtung unter Druck zu setzen ("das reicht noch nicht"), immens.

Hinzu kommt, daß in Gerichtsverfahren die nach bürgerlichem Rechtsverständnis ausgewogenen Befugnisse der drei Parteien Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung aus den Angeln gehoben werden. Am auffälligsten ist der Machtzuwachs der Staatsanwaltschaft, denn sie entscheidet über die Bedingungen des "Deals" mit dem/der Kronzeugen/in. Eine öffentliche Beweisaufnahme findet kaum mehr statt, da sich das Verfahren fast ausschließlich auf die Aussagen des/der Kronzeugen/in bezieht. Gleichzeitig wird die traditionelle Rolle der Verteidigung (die des/der Kronzeugen/in) als Gegenpart zum Ankläger ins Gegenteil verkehrt. Sie wird zum Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft und kann nur noch versuchen, durch eigene Ermittlungen zu Lasten Dritter die Wichtigkeit des/der Kronzeugen/in zu erhöhen. Leidtragende sind die von dem/der Kronzeugen/in belasteten Menschen. Sie geraten in einen nahezu rechtsfreien Raum. Die einzige, äußerst geringe Chance, einer Verurteilung zu entgehen, besteht für sie darin, den/die Kronzeugen/in der Lüge zu überführen und selbst ihre eigene Unschuld zu beweisen. Bei der Fülle von Denunziationsmöglichkeiten auf der einen und der extremen Schwierigkeit, diese zu widerlegen, auf der anderen Seite, ein in aller Regel hoffnungsloses Unterfangen. Der Grundsatz: "Im Zweifel für den Angeklagten" gilt hier also, wie in allen politischen Strafverfahren, nicht mehr. Eine zusätzliche Schwierigkeit für die Verteidigung des oder der Beschuldigten ergibt sich aus dem Umstand, daß der/die Kronzeuge/in Fragen der Verteidigung mit dem Hinweis auf mögliche Selbstbelastung in der Regel nicht zu beantworten braucht.

All diese Gründe sprechen dafür, daß die Kronzeugenregelung und ein "rechtsstaatliches Selbstverständnis" unvereinbar sind. Sie ist vielmehr, wie andere Sondergesetze auch, Mittel der politischen Justiz, der (auch präventiven) Aufstandsbekämpfung und dient zur Verschärfung der Repression gegen politisch tätige Menschen. Dies hat ihre Anwendung in Ländern wie zum Beispiel Italien gezeigt und bleibt weiterhin die Motivation für ihre Anwendung durch die Justiz auch in der BRD.

Das Begraben der Geschichte...

Der Prozeß gegen Monika Haas begann am 18. Januar 1996 vor dem Staatsschutzsenat des Frankfurter Oberlandesgerichts. Der Prozeß gegen Haas und die von der Bundesregierung und BAW bewirkte Auslieferung Ansaris zeigen zweierlei: Zunächst den unbedingten Willen der BRD-Justiz und des Staates, mit Monika Haas nun endlich eine vermeintlich Verantwortliche an den Geschehnissen im Oktober 1977 abzuurteilen und damit einmal mehr einen Teil unliebsamer BRD-Geschichte für Jahrzehnte hinter Gitter zu bringen. Geschichte, die für den Versuch von militantem Widerstand in der Metropole und für internationale Solidarität steht. Ob dabei mit Monika Haas die Richtige getroffen wird, spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Gleichzeitig geht es darum, von der eigenen Verantwortung an den blutigen Ereignissen in Mogadischu und Stuttgart-Stammheim abzulenken und diese Seite der Geschichte ad acta zu legen.

... und die Absicherung
der Herrschaft

Zum zweiten soll das Repressionsinstrumentes Kronzeugenregelung endgültig durchgesetzt werden. Es gilt nun, sie nach ihrer nochmaligen Verlängerung bis Ende '99, durch "erfolgreiche" Anwendung auf Dauer zu etablieren. Mit viel Mühe hat sich hier die BAW Soraya Ansari als für sie wertvolle Kronzeugin aufgebaut, und sie wird viel daran setzen, daß ihr diese nicht vollends wegbricht. Jüngste Äußerungen Ansaris könnten dazu Anlaß zur Hoffnung sein. Doch ob nun Ansari im Sinne der BAW "funktionieren" wird oder nicht: Uns muß es darum gehen, die Kronzeugenregelung als solche anzugreifen und ihren Charakter als Repressionsinstrument darzustellen.

Die BRD, seit 1989 wieder in der Lage, ungebremst ihre imperialistischen Großmachtinteressen durchzusetzen - aktuell als kriegführende Macht auf dem Balkan -, verstärkt durch sich häufende Repressionsmaßnahmen auch den Druck nach innen. Das Verfahren gegen Monika Haas steht letztlich in einer Reihe mit dem Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK, den Prozessen gegen Mitglieder verschiedener DDR-Behörden, den zunehmenden Verfahren nach 129/129a gegen Antifaschist/inn/en und die vermeintlichen Macher/innen der Zeitung "radikal". Die Kronzeugenregelung ist ein Instrument, diese Repression juristisch abzusichern und weiterzuführen.

 

Abschaffung der Kronzeugenregelung!

Freilassung von Monika Haas!

Februar 1996

Rote Hilfe Hamburg, Postfach 306302, 20329 Hamburg, Kto.-Nr.: 84610203 (BLZ 20010020)

Ivan Jelinic weiter im Hochsicherheitstrakt in Straubing

Wie bereits berichtet, wurde Ivan Jelinic am 26.10.95 von Bruchsal nach Straubing verlegt. Dort sitzt er seitdem in totaler Isolationshaft. Seit über 3 Monaten verweigert Ivan den Hofgang wegen der schikanösen Durchsuchung vorher und nachher durch die B. Sie gehen nicht mal auf seine Forderung ein, es wenigstens bei einer Metallsonde und Abtasten zu belassen. So verbringt er 24 Stunden am Tag in der Einzelzelle. An Silvester mußte er im Dunkeln sitzen, weil er nicht mal eine Kerze bewilligt bekam. Post, die er nach draußen schickt, wird willkürlich angehalten. So hatte ein linker Nürnberger Radiosender über seine katastrophale Situation berichtet, was ihn veranlaßte, dem Sender sofort zu schreiben. Er beschreibt das in einem Brief so: "Hat mich gefreut, die Information, daß ein Knastbericht zu meiner Situation gesendet wird. Hab natürlich sofort reagiert und Postkarte mit Grüßen geschickt, eine schöne Karte aus Stockholm; Wandbild mit 'nem autonomen Reiter, für Zusammenlegung der politischen Gefangenen. Hatte es mehrere Jahre lang durch die Knäste bewahrt und beschützt, es sollte ein Geschenk sein. Nach ein paar Tagen kam die Eröffnung: es wird angehalten, es könnte eine geheime Nachricht für unbekannte Mitgefangene in anderen Knästen sein. Hab nicht mal die Karte zurückbekommen." Ähnlich ging es auch mit Texten zu seinem Postkarten-Projekt "Solidarität gegen die Isolation", die ebenfalls im Nato-Stacheldraht hängenblieben. Seit dem 5. Februar ist er im Streik, d.h. er verweigert die Anstaltskost und nimmt nur Wasser und Brot zu sich, um gegen diese willkürlichen Schikanen zu protestieren. Inzwischen sind die Postkarten mit verschiedenen Motiven und Losungen in Druck gegangen, ein ihm in diesem Zusammenhang geschicktes Plakat zur Isolation wurde angehalten, was demnächst vor Gericht verhandelt werden muß. Ivan sieht darin auch eine Chance, daß seine Situation bekannter wird, egal wie das Urteil ausgeht.

Seit über 10 Jahren ist Ivan gefangen, die letzten vier Jahre davon in totaler Isolationshaft: zuerst in Celle, dann nach gelungenem Ausbruchsversuch in Bruchsal und nun seit letztem Oktober in Straubing. In all den Jahren hat er sich nicht brechen lassen und u.a. in mehreren Hungerstreiks immer wieder dagegen gekämpft. Auch jetzt ist seine Haltung ungebrochen:

"Natürlich ist das (Postkarten-)Projekt nicht aufzuhalten, weil ich jederzeit neue zeichnen kann, sie müßten mir schon die Hände absägen, um es aufzuhalten. Das tun sie nicht, sie versuchen mir eine Schere ins Gehirn zu implantieren bzw. mundtot zu stellen ... Hier soll mein Geist zum Stillstand kommen ohne Kommunikation von Gesicht zu Angesicht."

Ivan muß sofort raus aus dem Trakt!

Schreibt ihm massenhaft: Ivan Jelinic, Postfach 5 65, 94315 Straubing


Spanien

Politische Gefangene noch einmal im Kampf gegen die Verlegung

Am 9.Januar traten fünf politische Gefangene aus PCE(R) und GRAPO in einen Hungerstreik mit der Forderung: Zusammenlegung aller Gefangenen dieser Organisationen in einen Knast, Freilassung der schwerkranken Gefangenen und der politischen Gefangenen die nach dem Gesetz ihre Strafe schon abgesessen haben.

Tage später sind drei weitere Gefangene, die in Sevilla eingesperrt sind, dazugekommen, und die Mehrheit der Gefangenen aus diesen Organisationen haben ihre Absicht signalisiert, ab dem 19. Januar in den Hungerstreik zu treten. Dazu kommt auch die Entscheidung der Gefangenen von ETA und ihrer Bewegung, den Kampf für die Zusammenlegung in einem Knast in Baskenland mit der Unterstützung ihrer Angehörigen zu führen.

Dies sind die Fakten, die uns alle zum Nachdenken und zum Handeln bringen sollten.

Warum hören die politischen Gefangenen mit ihrem Kampf für die Zusammenlegung nie auf und riskieren imer wieder ihr Leben? Ist es vielleicht unmöglich zu erreichen, daß diese Regierung oder die, die ihr folgen wird, den Forderungen der Gefangenen für ein würdiges Leben innerhalb der Knäste entspricht? Wer unten den wahren Demokraten unterstützt nicht das Recht dieser Männer und Frauen auf ihre physische und psychische Integrität ?

Die Hauptfrage aber ist,daß die Verlegungs- und Vernichtungspolitik der Regierung der GAL die ganze Zeit mit dem Widerstand der politischen Gefangenen konfrontiert war, und jetzt ist die Zeit gekommen, in der an den Wahlurnen über die Praxis dieser Regierung entschieden werden wird. Die Gefangenen sagen, daß sie ihren Kampf nicht aufgegeben haben und nicht aufgeben werden. Es ist also ein Schrei, der sich an uns alle richtet und der unsere Solidarität fordert.

Sie haben die Initiative ergriffen , wie es zur Avantgarde KämpferInnen gehört, aber sie wissen, daß ihre eigenen Anstrengungen und Opfer allein nicht genügen, um die kriminelle Politik der Resozialisierung und der massiven Vernichtung der politischen Gefangenen zu stoppen. Es ist nötig, die Solidaritätsbewegung mit allen unseren Kräften auf der Straße zu unterstutzen.Alle ArbeiterInnen und wahren Demokraten müssen die politischen Gefangenen in ihrem Kampf unterstützen, weil in diesem Kampf nicht nur die Gefangenen, sondern wir alle viel zu gewinnen haben.

Die ArbeiterInnen in den Betrieben, die SchülerInnen in den Schulen und Gymnasien, die jungen Leute in den Stadtteilen oder Dörfern, wir alle können unsere Unterstützung für den Kampf dieser eingeknasteten Männer und Frauen zeigen, weil sie nicht mehr machen können, als ihr eigenes Leben zu riskieren.

GEGEN DIE VERLEGUNGS- UND VERNICHTUNGSPOLITIK DER POLITISCHEN GEFANGENEN!!

DIE GEFANGENEN ALLEIN KÖNNEN NICHT GEWINNEN; DEINE UNTERSTÜTZUNG IST NÖTIG, UM IHREN TOD UND IHRE VERNICHTUNG ZU VERHINDERN!!

Angehörige und FreundInnen der politischen Gefangenen, AFAPP, 19.1.96

Fortsetzung nächste Seite

Anmerkung der Übersetzerin:

Die GRAPO/PCE(R) Gefangenen hatten ihren Hungerstreik am 1. Februar ausgesetzt, nachdem seitens des Staates bestimmte Versprechen gegeben wurden (Abkommen vom 30. Januar, Folge der Initiative von APD (Gruppe für die Menschenrechte), die erreicht haben, daß sich der Direktor von Instituciones Penitenciarias, der leitende Gefängnisdirektor und zwei Rechtsanwältinnen von ALA (Freie Assoziation von RechtsanwältInnen) an einen Tisch setzten: Der Direktor hatte vorgeschlagen, einen positiven Bericht zu schreiben für die sofortige Anerkennung der Haft-unfähigkeit im Fall der schwer erkrankten Gefangenen, und er hat, nach der Ablehnung der Zusammenlegung, bis eine grundsätzliche politische Entscheidung fallen könnte, auch in bezug auf die ETA-Gefangenen, der Verlegung von zwei Gefangenen pro Trakt zugestimmt. Er hat sich auch bereiterklärt, die Freilassung von den Gefangenen, die schon drei Viertel ihrer Strafe abgesessen haben (2 Gefangene seit 1977), zu verhandeln.

Die Gefangenen haben erst mal ihren Hungerstreik abgebrochen in der Erwartung, daß diese Zusagen erfüllt werden.

Am 15. Februar, nachdem sich nichts weiter bewegt hatte, haben die Gefangene entschieden, den Hungerstreik wiederaufzunehmen, und dieses Mal unbefristet, bis alle Forderungen erfüllt worden sind.

Zuerst werden 16 Gefangene in fünf verschiedenen Knästen anfangen, aber es ist gut möglich, daß auch die anderen Gefangenen aus diesen Organisationen (insgesamt 56) wieder in den Hungerstreik treten werden, sobald sie davon erfahren.


Erklärung der baskischen politischen Gefangenen

 

Die 580 ETA-Gefangenen in französischen und spanischen Knästen haben am 15.1. eine unbefristete Hungerstreikkette angefangen mit der Forderung nach Wiederzusammenlegung des baskischen Kollektivs im Baskenland. Zur Zeit sind etwa 100 ETA-Gefangene in 20 Knästen im Hungerstreik. Alle 14 Tage wechselt die Gruppe.

Außerhalb der Knäste und seit dem 21. Dezember sind die Angehörigen und FreundInnen der politischen Gefangenen auch in einer Hungerstreikkette: jede Woche eine neue Gruppe von 15 Menschen treffen sich in einer Kirche in Donostia, wo sie das politische Fasten durchführen. Die Forderung ist, wie bei den Gefangenen, Zusammenlegung. Auch mit dieser Forderung fand am 31.Dezember eine Demonstration in Bilbo statt, wo etwa 40 000 Menschen die Forderung der Gefangenen unterstützt haben.

Weitere kleinere, aber regelmäßige Solidaritatskundgebungen finden in Städtenund Dörfern statt.

Diverse Sabotageaktionen unterstützen auch diesen Kampf.

Der Staat hat bis jetzt noch keine Antwort gegeben, außer die schon bekannte Repression gegen Gefangene und Angehörige. Im Knast von Jaen, am 28.1., gab es Angriffe und Drohungen seitens vierzig Schließern gegen die Gefangenen, die zum Besuch der Angehörigen kommen wollten: "Flur", das heißt, die Gefangenen mußten zwischen den vierzig Schließern durchgehen, die sie mit Tritten und Schlägen sowie Drohungen gegen sie selbst und ihre Angehörigen malträtierten. Die Gefangenen in Jaen sind deswegen in den Hungerstreik eingetreten.

An die baskische Gesellschaft

 

Wir, die baskischen politischen Gefangenen, haben entschieden, in einen unbefristeten Kampfzyklus einzutreten. Wir beginnen deshalb am 15. Januar eine Hungerstreikkette für die Wiederzusammenlegung unseres Kollektivs in Euskal Herria (1). Das ist eines unserer fundamentalen Rechte, und wir werden den Kampf fortsetzen, bis wir unser Ziel erreicht haben.

Zuerst möchten wir uns für die zahlreiche Solidarität der baskischen Gesellschaft bedanken. Der Kampfeswille, den unsere Angehörigen und unsere vielen FreundInnen zeigen, stärkt uns besonders. Die Beständigkeit des Kampfniveaus und die Hingabe der neuen Generation baskischer Jugendlicher sollten und allen die Augen öffnen. (...) Sie gibt uns Mut, Kraft und frischen Wind. (...)

Lange Jahre schon sind wir der Verstreuung, den Schlägen, der Isolation und systematischen Verweigerung der Menschenrechte ausgesetzt. Lange Zeit waren wir Objekt von Bestrafung und politischer Erpressung. Sie haben gedacht, daß wir angesichts eines solchen Angriffes nachgeben und unserem politischen Projekt abschwören würden. In diesem Sinne benutzte die Regierung in Madrid die Verstreuung als zentrale politische Strategie, in dem Glauben, durch die Vergrößerung unseres Leidens bessere Ergebnisse zu erzielen. Die Pariser Regierung versuchte währenddessen, der Isolation und der Verstreuung, der die baskischen politischen Gefangenen in Frankreich unterworfen sind, den Anschein von Normalität zu verleihen, um die Existenz des politischen Konflikts zu vertuschen. Zwei unterschiedliche Systeme mit dem gleichen Ziel: die Unterdrückung von Euskal Herria und die Bestrafung derjenigen, die dafür kämpfen.

Nichtsdestotrotz ist die Verstreuung gescheitert, politisch gesehen war es für sie eine Niederlage. Aber das bedeutet nicht, daß wir die Wunden, die sie in unserer Haut hinterlassen hat, die Genossen, die vom Knast getötet wurden, die Strafe, die sie für unsere Familien und das Leiden, das sie für die vielen FreundInnen und GenossInnen immer noch bedeutet, einfach so vergessen könnten.

Wir werden das alles nicht vergessen, weder heute noch an dem Tag, an dem wir durch die Straßen und über die Wege eines freien Euskadi gehen können. Das Gesicht des Henkers vergißt man nie, in welcher Gestalt er auch immer erscheint. Die Stunde der klaren Worte ist gekommen. Wir meinen damit die Verantwortlichen dieses kontinuierlichen Angriffs auf uns, alle und jeden einzelnen. Die Verantwortlichen sind zweifellos die Regierungen von Paris und Madrid, weil sie mit ihren Angriffen auf uns die Freiheit von Euskal Herria auslöschen wollen. Dieselbe Verantwortung tragen die Führer der PNV (2), die zusammen mit den Regierungen unser Leiden geplant haben und daraus politischen Profit ziehen wollen .Von Anfang an haben sie sich bis zum äußersten der starken Hand der spanischen Macht bedient, um uns physisch und politisch zu zerstören, all das für ein paar Groschen und einer Handvoll schäbiger Stimmen. (...) So ist es: während widerliche Politiker unsere Zellen aussuchen, schließen die KnastwärterInnen die Türen ab, und die Medien bemühen sich, diese Arbeit zu vervollständigen, indem sie unsere Stimme verschweigen, wenn diese die Knastmauern, die uns einschließen, überwindet. (...)

Wir Männer und Frauen bilden ein Kollektiv, das Kollektiv der baskischen politischen Gefangenen. (...) Die Wiederzusammenlegung in Euskadi ist ein Recht, das uns zusteht, ein fundamentales Recht, und in keinster Weise eine Forderung, die billig verkauft werden könnte. Wir klagen in aller Deutlichkeit die politischen Manöver und dieses schmutzige Spiel der PNV an, das gut vor Augen führt, daß ihre Führer nicht die minimalste Moral besitzen. Sie langweilen uns, diese kleinen Pseudopolitiker mit ihren falschen Reden und ihren Worten, die keinen Pfifferling wert sind. Es sind dieselben, die jedes Mal, wenn sich die Wahlen nähern, ein Kopfgeld auf ein ganzes Volk aussetzen. Was ist der Grund dafür, daß sie, die bis heute behaupten, daß wir nicht mehr wären als Kriminelle, sie, die die Verstreuung uneingeschränkt unterstützten und mit unseren Leben spielten, plötzlich anfangen, von irgendeiner "Annäherung" (3) zu reden? Man hat den Eindruck, daß für die Führer der PNV der Nabel der Welt zwischen den Mauern von Ajuria Enea (4) liegt. (...)

Es heißt, die Geschichte wiederhole sich. Das scheint zumindest für jene zu stimmen, die nicht lernen wollen. Mit der Anerkennung der Zerstückelung des Baskenlandes kehrten die Führer der PNV den Wünschen des Volkes den Rücken; und sie wollten mit diesem vergifteten Bonbon die gesamte abertzale Linke (5) erpressen. (...)

Es sieht so aus, als ob jetzt wir das Tauschobjekt sind. Aber: welches ist heute das vergiftete Bonbon? Da die PNV dazu fähig ist, jedwede politische Verbindung einzugehen, wechselt das Bonbon mit dem Partner, den sie wählt. Wenn sie die PP (6) wählt, käme dies ihrer Heiligsprechung Spaniens gleich, was für das Baskenland eine finstere Zukunft bedeuten würde. Wenn sie sich dazu entscheidet, mit der PSOE (7) weiterzumachen, bliebe es das gleiche Spanien, mit dem Unterschied, daß es für die Baskischstämmigen in Brüssel ein Büro ohne baskische Fahne geben würde. (...)

Wir bleiben standhaft, wir haben Hoffnung und sind bereit, einen neuen Schritt zu gehen. Wir werden niht in dieselbe Falle tappen wie diejenigen, die Euskal Herria in drei Stücke geteilt haben, denn um das zu verhindern, verfügen wir über das beste Gegenmittel: wir kämpfen für ein politischen Projekt, für die Freiheit Euskal Herrias. Aus diesem Grunde hat man uns eingesperrt, und deshalb führen wir unseren Kampf selbst aus diesen Zellen heraus weiter. Unser Ziel ist die Selbstbestimmung und die territoriale Einheit, denn die einzige Möglichkeit, den Konflikt zu lösen, besteht darin, Euskal Herria das Wort zu erteilen, das ist die einzige demokratische Alternative. Wir wollen, daß unser Volk frei ist, vereint von Balona bis Tutera und von Encaraciones bis Maule, ohne jede aRt von Abhängigkeit von Paris oder Madrid. Deswegen werden wir weiter voranschreiben, denn unsere Rechte und die Euskal Herrias gehen Hand in Hand. Unsere Freiheit besteht darin, die Ketten zu sprengen, die sowohl Madrid als auch Paris unserem Volk angelegt haben. Uns allen stehen schwere Zeiten bevor, sowohl uns, die wir hier in diesen Zellen sitzen, als auch der Gesamtheit der Einwohner Euskal Herrias. Die in Paris eingeleiteten Wirtschaftsreformen werden im spanischen Staat ihre Fortsetzung finden, so daß wir, die Bewohner Euskal Herrias, doppelt getreten werden. Mit der Instabilität der beiden Regierungen kündigen sich für uns weitere Repressionswellen an, die gegen die Aktivisten der abertzalen Linken gerichtet sein werden. Doch die von ihr seit dem Ende des letzten Jahres gezeigte Stärke und Entschlossenheit für die Freiheit Euskal Herrias trägt Früchte und zeigt, daß es eine solide Basis gibt, um weitere voranzukommen. Wir fühlen uns mit alle denen verbunden, die sich den CRS (8) und der Ertzaintza (9) entgegenstellen. Wir fühlen uns jedem Abertzalen verbunden, der im Stillen im Bereich der Kultur oder dem sozialen Leben in den Vierteln tätig ist. Wir alle werden weiter vorangehen und uns den Weg bahnen, bis wir die Freiheit errungen haben.

Wir sind uns bewußt, daß der Kampf lang sein wird, denn diejenigen, die über Jahrhunderte die Sehnsucht eines Volkes nach Freiheit erstickt haben, werden sich bis zum Schluß an der Repression und der Unterdrückung ergötzen. Wir sind uns ebenso bewußt, daß wir die Wiederzusammenlegung in Euskal Herria nicht morgen erreichen werden, wenngleich es ein Recht ist, das uns zusteht. Wir bleiben jedoch voller Hoffnung, denn die abertzale Linke zeigt ihre Entschlossenheit genauso wie wir. Die große Kundgebung in Bilbo sowie die Hungerstreiks an verschiedenen Orten sind ein Ausdruck dieser Entschlossenheit, und sie sind das Zeugnis, das wir uns gegenseitig ablegen: ihr auf der Straße und wir aus den Knästen heraus. Die Verstreuung der Gefangenen ist politisch wirkungslos geworden, aber trotzdem ist der menschliche Preis, den sie verursacht, weiter zu zahlen. Die Amnestie wird ein Schritt auf dem Weg in die Freiheit Euskal Herrias sein, und die Aufhebung der Verstreuung der Gefangenen durch die Wiederzusammenlegung in Euskal Herria wird der angemessene Schritt auf dem Weg zur Amnestie sein. Darin besteht unser unmittelbarstes Ziel, und dank der Bemühungen, die ihr alle unternehmt, werden wir es erreichen.

 

Das Kollektiv der baskischen politischen Gefangenen

 

6. Januar 1996

 

Anmerkungen:

1 Das Baskenland (Euskal Herria) ist geteilt in einen spanisch besetzten Süden (Euskadi) und einen französisch besetzten Norden (Iparralde).

2 Die Partido Nacional Vasco (PNV) ist bürgerlich-nationalistisch und traditionell die stärkste Partei Euskadis. Im Tausch für ihre Zusammenarbeit mit den Institutionen und Parteien des spanischen Nationalstaates verfügt sie über einen relativ großen Handlungsspielraum in der baskischen Regionalregierung.

3 Die "Annäherung" bedeutet die Verlegung der baskischen politischen Gefangenen in Knäste nördlich von Madrid und so "näher zum Baskenland".

4 Der Pakt von Ajuria enea, benannt nach dem Palast der baskischen Regionalregierung in Gasteiz, ist eine 1988 getroffene Übereinkunft und ein Bündnis aller baskischen und spanischen Parlamentsparteien zur Isolierung und Bekämpfung der baskischen Befreiungsbewegung, konkret der Partei Herri Batasuna und der bewaffneten Organisation ETA.

5 Die abertzale (ungefähr: "patriotische") Linke ist ein Sammelbegriff für alle, die die Ziele Unabhängigkeit und Sozialismus für das Baskenland unterstützen, und drückt eine Abgrenzung zum bürgerlichen Nationalismus der PNV aus.

6 Die Partido Popular (PP) ist die rechte spanische Oppositonspartei und wahrscheinliche Gewinnerin der kommenden Wahlen. Personell und programmatisch hat die PP Überschneidungen mit dem Franco-Faschismus.

7 Die sozialdemokratische PSOE regiert Spanien seit 1982.

8 Spezialeinheit zur Aufstandsbekämpfung der französischen Polizei.

9 Baskische Polizei, die zumindest formal der autonomen baskischen Regierung untersteht.


T E R M I N E

 

18.3., 20.00 Uhr, Nürnberg. Lese- und Diskussionsabend mit Felicia Langer, israelische Anwältin und Trägerin des alternativen Nobelpreises: Kommt jetzt endlich Frieden in den Nahen Osten? Ort: KOMM-Festsaal

Prozeß gegen Kurdinnen und Kurden vor OLG Hamburg

 

Am 20.3.96 beginnt vor dem Oberlandesgericht in Hamburg ein 129a-Verfahren gegen die Kurdinnen Azime Yilmaz und Meryem Yagicibulut und den Kurden Sait Bilgin. Ihnen wird von der Bundesanwaltschaft "Rädelsführerschaft, Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" vorgeworfen.Die Kurdistan Solidarität Hamburg ruft zu einer Kundgebung zu Prozeßbeginn vor dem Gerichtsgebäude in Hamburg auf. Der Prozeß wird um 9.30 Uhr beginnen. Da wie bei allen Staatsschutzprozessen mit langen Einlaßzeiten zu rechnen ist und der Saal nur ca. 40 Sitzplätze hat, soll die Zeit vor dem Gerichtsgebäude ab 8.30 Uhr für eine Kundgebung genutzt werden, um die Öffentlichkeit über den Prozeß zu informieren.

Genaue Informationen zum Prozeß haben wir im Info 176 veröffentlicht.

Ausstellung für Mumia Abu-Jamal

 

Die Ausstellung "International Political Prisoners Unite To Save Mumia Abu-Jamal Art and Writings Against Death Penalty" ist zur Zeit auf Europa-Tournee. In der BRD wird die Ausstellung von Anfang April bis Juni, evtl. Juli zu sehen sein.

 

Bis jetzt sind folgende Städte geplant: Wuppertal, Köln, Saarbrücken, Marburg, Wiesbaden, Bremen, Hamburg, Berlin. Weitere Städte sind interessiert. Damit die Ausstellung möglichst in allen Städten, die Interessen haben, gezeigt werden kann, müssen die jeweiligen Termine und die Route der Ausstellung koordiniert und baldmöglichst festgelegt werden.

 

Alle, die die Ausstellung in ihrer Stadt / Region zeigen möchten, können sich bis zum 29. Februar (Stichtag!) beim Unterstützungskomitee für Mumia Abu-Jamal, Wuppertal, c/o Infoladen melden.

 

Dort könnt Ihr auch Informationen über die organisatorisch-technischen Fragen zur Ausstellung nachfragen:

 

Infoladen Wuppertal,

Brunnenstr. 41,

42105 Wuppertal,

Tel.: (02 02) 31 17 90

(am besten donnerstags von 15 bis 18 Uhr, sonst auf Anrufbeantworter Nachricht hinterlassen), Fax: (02 02) 8 19 03.


Peru

Zahlreiche Verhaftungen nach einer
verhinderten MRTA-Aktion

Am 1.12.95 wurde ein 22köpfiges Kommando der MRTA nach einem mehrstündigen Feuergefecht in Lima festgenommen. Ursprünglich wollte das Kommando den Kongreß besetzen, um die anwesenden Abgeordneten als Geiseln zu nehmen. Ziel dieser Aktion wäre es gewesen, die Gefangenen aus den Hochsicherheitstrakten zu befreien. Aufgrund von eigenen Fehlern wurde diese militärische Operation von staatlichen Stellen verhindert. Genaueres steht in der Erklärung "Freiheit für die gefangenen Guerilleros/as und Kader" der Nationalen Leitung der MRTA, die in den "Politischen Berichten" 3/96 dokumentiert worden ist.

Die Verhafteten wurden von geheimen Militärgerichten in Schnellverfahren zu hohen Strafen verurteilt: Dei US-Bürgerin Lori Berenson und 3 weitere PeruanerInnen wurden zu lebenslänglich, 4 zu 30 Jahren und die 16 Gefangenen zu 25 Jahren verurteilt. Lebenslänglich bedeutet für die Gefangenen in Peru Knast tatsächlich bis zu ihrem Tod. (d. Red.)

"Ich werde verurteilt werden für mein Anliegen gegen Hunger und Armut, welches in diesem Land existiert. Hier in Peru kann niemand die Ungerechtigkeit leugnen. Da ist die institutionalisierte Gewalt, die die besten Söhne getötet hat und Kinder dazu verurteilt, an Hunger zu sterben. Falls es ein Verbrechen ist, sich über inhumane Bedingungen zu sorgen, in denen die Mehrheit dieser Bevölkerung lebt, dann werde ich mein Leiden akzeptieren. Aber dies ist keine Liebe zur Gewalt. Das ist nicht, ein krimineller Terrorist zu sein, weil in der MRTA, da sind keine kriminellen Terroristen. Es ist eine revolutionäre Bewegung. Ich liebe diese Menschen. Ich liebe diese Menschen, und obwohl diese Liebe mich mein Leben lang ins Gefängnis bringen wird, werde ich nie aufhören zu lieben und nie die Hoffnung und das Selbstvertrauen verlieren, daß es einen neuen Tag mit Gerechtigkeit in Peru geben wird." (Lori Berenson)

Eilaktion

Die bolivianische Regierung läßt (in Bolivien anerkannte) politische Flüchtlinge peruanischer Herkunft an die peruanische Polizei ausliefern und macht sich somit strafbar, indem sie internationale Abkommen und Verträge bricht!!!

Die bolivianische Regierung läßt Verhaftungen durchführen, ohne über den Aufenthalt und den Gesundheitszustand von Kindern, welche ebenfalls verhaftet wurden, Auskunft zu geben!!!

Die Fakten:

1. Am 1. Dezember 1995, nach einem Zusammenstoß einer Gruppe Militanter der Revolutionären Bewegung Tupac Amaru (MRTA) und Militärs sowie der Polizei versucht die peruanische Regierung, als Teil ihrer repressiven Antiguerilla-Strategie, Druck auf die bolivianische Regierung auszuüben. Sie soll im Exil lebenden peruanischen Bürgern, von denen die peruanischen Behörden glauben, sie seiien Mitglieder der MRTA außerhalb Perus, also in diesem Fall auf bolivianischem Staatsgebiet, nachspionieren und diese bekämpfen.

2. Gleichzeitig mit der Ankunft des peruanischen Außenministers in Boliviens Hauptstadt La Paz wurden 13 PeruanerInnen in verschiedenen bolivianischen Städten verhaftet und der Polizei vorgeführt. Diese repressive und schier unglaubliche Maßnahme hatte zum Ziel, Verhaftungen der Leute zu arrangieren, die der Mitgliedschaft der MRTA bezichtigt werden.

3. Um am Ende diese repressive Aktion in einem anderen Staat zu legalisieren, wurde die bolivianische Polizei von der peruanischen Geheimpolizei infiltriert, da angeblich die Möglichkeit bestand, daß MRTA-Leute bei der Entführung des Industriellen und bolivianischen Ex-Ministers Samuel Doria Medina (welche von bolivianischen Gruppen organisiert wurde) beratende Funktionen übernommen hatten.

4. Ergebnis dieser repressiven Maßnahmen sind Verhaftungen und Deportationen jener, die der Mitgliedschaft der MRTA bezichtigt werden, die peruanischen BürgerInnen Rosa Ercidia Gonzalez Ramirez und Marina Lourdes Gonzalez Delgado, die der peruanischen Polizei übergeben wurden und von dieser später wieder freigelassen wurden.

Auch wurde Elizabeth Ochoa Mamani, seit 1994 anerkannter politischer Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention (welche von Bolivien unterschrieben wurde) verhaftet. von Elizabeth Ochoa weiß man sicher, daß sie gefoltert wurde und von ihren Kindern (Ernesto, 2 Jahre, und Melisa, 4 Jahre!!!) getrennt wurde, als auch, daß der Aufenthaltsort der Kinder unbekannt ist.

5. Von der peruanischen Regierung abgesegnet und auf Antrag des bolivianischen Regierungsministeriums wurden die folgenden peruanischen BürgerInnen von Interpol in Uruguay verhaftet:

Luis Alberto Miguel Samaniego und Silvia Sonia Gora Rivera (diese in Begleitung ihrer Tochter, 4 Jahre!!!). Diese peruanischen Staatsbürger, die Tochter eingeschlossen, wurden in uruguayischen Gefängnissen "in Gewahrsam genommen" - "Schutzhaft mit dem Ziel der Auslieferung" - wie die offizielle Version des Regierungsministeriums lautet.

Angesichts dieser Tatsachen:

Die unterzeichnenden Personen und Organisationen fordern:

Wir erklären hiermit unsere große Sorge um die Gesundheit und die physische Integrität von Elizabeth Ochoa Mamani und ihrer Kinder Melisa und Ernesto.

Wir klagen die bolivianische Regierung aufgrund der Nichteinhaltung der Genfer Konventionen und der offensichtlichen Unterlassung von Schutz politischer Flüchtlinge peruanischer Herkunft an.

Wir fordern von der bolivianischen Regierung wie von allen anderen Regierungen auch, die Absichten der peruanischen Regierung zurückzuweisen, außerhalb ihrer Staatsgrenzen zu operieren.

Aufgrund dieser von uns oben geschilderten Ereignisse rufen wir dazu auf, eine Bürgerinitiative zu gründen, um die Freiheit aller, insbesondere der Kinder, aber natürlich auch aller anderen Gefangenen zu erreichen!!!

Hier die Adresse der bolivianischen Botschaft fürProtestbriefe usw: Konstaninstr. 16, 53179 Bonn, Tel.: (02 28) 36 20 38.


Herzlichen Glückwunsch!

 

Am 14.3. hat Margret Mohnhaupt, die Mutter von Brigitte Mohnhaupt, und am 17.3. Vreni Lauterbach, die Mutter von Heidi Schulz, Geburtstag.

Wir gratulieren herzlich.


Herausgeber : Angehörige und FreundInnen politischer Gefangener in der BRD, Postlagerkarte 05 02 05, 65929 Frankfurt / M. Erscheint vierwöchentlich bei GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein / Hamburg m. b. H., Palmaille 24, 22767 Hamburg. V. i. S. d. P. : Christiane Schneider (wg. Krankheit vertreten durch Martin Fochler, deshalb ist das Info dieses Mal auch nur 12 Seiten stark) . Redaktionsanschrift und Bestellungen : GNN-Verlag, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel. : (0 40) 38 13 93, Fax : (0 40) 3 89 83 31 (mit Empfängervermerk). Einzelpreis : 3,00 DM. Ein Halbjahresabonnement kostet 27,00 DM, ein Halbjahresförderabonnement 30,00 DM, Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei einer Bestellung ab 3 Stück 30 % Rabatt, ab 50 Stück das Heft zu 1,90 DM. Bei Bestellungen bitte Einzugsvollmacht beifügen oder Überweisung auf das folgende Verlagskonto : Hamburger Sparkasse, BLZ 200 505 50, Konto-Nr. 1269/122 311. - Herstellung und Drucklegung : GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft in Schleswig-Holstein / Hamburg m.b.H. Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist das Angehörigen-Info so lange Eigentum des Absenders, bis es dem Gefangenen ausgehändigt wird. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info dem Gefangenen nicht persönlich ausgehändigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushändigung zurückzuschicken.

Spendenkonto der Angehörigen :

Sonderkonto Kiener, Landesgirokasse Stuttgart, BLZ 600 501 01, Kt.-Nr. 5454194.