Die Vorgeschichte:
Es lief alles völlig einfach an, wir planten gemeinsam mit dem
Lübecker Bündnis gegen Rassismus eine Outing-Kampagne gegen führende
Neonazi-Kader aus Lübeck, die sich in der letzten Zeit besonders durch
faschistische Provokationen und Aktionen hervorgetan hatten. Der erste
„Auserwählte“ war Ulrich Schwetasch. Ulrich Schwetasch ist seit vielen
Jahren aktiver Faschist. Im Verfassungsschutzbericht 1984 des Landes Schleswig-Holstein
wurde Ulrich Schwetasch erstmals namentlich erwähnt. Damals war er
Kreisvorsitzender der neofaschistischen Jungen Nationaldemokraten (JN)
in Bad Segeberg. Später tummelte er sich im Dunstkreis verschiedener
Nazi-Organisationen (u.a. DVU, DLVH und NPD). Inzwischen scheint er sich
in der NPD etabliert zu haben. In diesem Jahr tauchte er bei mehreren Nazi-Aktionen
auf. Am 1. Mai nahm er an einem verbotenen Aufmarsch militanter Neo-Nazis
in Hannoversch-Münden teil, der später von der Polizei aufgelöst
wurde. Nur zwei Tage nach dem faschistischen Brandanschlag auf die katholische
St. Vicelin-Kirche in St. Jürgen, am 24. Mai, meldete Ulrich Schwetasch
eine Demonstration unter dem Motto: „Kirchenasyl wider Gesetz und Recht“
in Lübeck an. Diese wurde wenig später aufgrund einer starken
antifaschistischen Gegenmobilisierung verboten. Weiter nahm er am
21. Juni an einer Rep-Veranstaltung in Lübeck-Moisling teil, die spontan
von BASTA!-Lübeck und Oldesloe und einigen MitstreiterInnen des Lübecker
Bündnis gegen Rassismus blockiert und wenig später von der Polizei
aufgelöst wurde. Am 9. August nahm er an einer Nazi-Propagandaaktion
am Holstentor teil. Dort versuchten etwa 20 Nazis aus Lübeck, Hamburg
und Segeberg den Kriegsverbrecher und Hitlerstellvertreter Rudolf Heß
auf Flugblättern zu verherrlichen. Erst nach einer halben Stunde rang
sich die Polizei endlich dazu durch, dem Treiben ein Ende zu setzen: Ein
großer Teil der Nazis wurde für ca. 8 Stunden festgenommen.
Leider konnte sich Ulrich Schwetasch durch Flucht seiner Festnahme entziehen.
Wenig später tauchen in Lübeck immer wieder vereinzelt Plakate
auf, auf denen ebenfalls Rudolf Heß verherrlicht wurde. Verantwortlich
zeichneten die gleichen Gruppen, die auch das Flugblatt unterzeichneten.
Für uns ist klar, wer hinter den Plakatier-Aktionen steckt, doch scheint
die Polizei diese Straftaten lieber zu billigen, anstatt die Verdächtigen,
die es zur Genüge gibt, genauer unter die Lupe zu nehmen.
Wir wollten uns nicht auf die Bullen verlassen!
Also starteten wir gemeinsam mit dem Lübecker Bündnis gegen
Rassismus eine Outing-Kapagne gegen einen der Drahtzieher im braunen Netz
der Faschos. Am Abend des 17. August steckten wir über 2000 Flugblätter
in Moislings Briefkästen und verklebten mehrere Hundert Aufkleber.
In den Flugblättern versuchten wir die Moislinger Bevölkerung
auf die Umtriebe ihres braunen Nachbarn Ulrich Schwe-tasch aufmerksam
zu machen und riefen für den 23. August zu einer Demonstration gegen
diesen auf. Während der Flugblatt-Aktion wurde eine Gruppe von uns
von der Polizei aufgegriffen und vorübergehend festgenommen. Den Grund,
den die Bullen vorschoben, war, daß wir eine Genehmigung hätten
beantragen müssen. Einen Tag später meldeten wir dann die
angekündigte Demo an. In der Anmeldung kündigten wir eine geschätzte
Teilnehmer-Innenzahl von ca. 100 Leuten an. Bereits am Dienstag teilte
uns ein Schreibtischtäter des Ordnungsamtes telefonisch mit, daß
unsere Demo verboten werden würde. Grund war eine überaus phantasievolle
„Gefahrenprognose“ der Lübecker Polizeiinspektion. Die Bullen wollten
uns weißmachen, daß aufgrund ihrer „Erfahrungen Übergriffe“
von uns „auf das Eigentum und die Person des Ulrich Schwetasch zu erwarten“
wären. U.a. sei mit „erheblichen Ausschreitungen zu rechnen, die eine
unmittelbare Gefahr für Leib und Leben des Herrn Schwetasch bedeuten“
würden. Was für’n Schwachsinn! Seit es das Lübecker Bündnis
und BASTA! gibt, mußte die Polizei noch nie bei einer Aktion oder
Demo eingreifen! Mensch muß sich einfach mal vorstellen, daß
in einer Stadt, die durch faschistische Brandanschläge und Übergriffe
in die Schlagzeilen gekommen ist und Politiker aufgrund dieser Gewalt Tränen
vergossen haben, eine antifaschistische Demonstration verboten. Wir wollten
dieses Verbot nicht auf uns sitzen lassen und gingen juristisch dagegen
vor. Nach langem hin und her und einer unendlichen Verschwendung von Faxpapier
wurde unsere Demo doch endlich in der 2. Instanz, d.h. vom Oberverwaltungsgericht
Schleswig, genehmigt. So fuhren wir also wie angekündigt nach Moisling,
um dort gemeinsam mit ca. 100 FreundInnen zu demonstrieren. In Moisling
wurden wir dann prompt von einer halben Hundertschaft der Eutiner Bereitschaftspolizei
und einigen Anhängern der Lübecker „Trachtengruppe“ empfangen.
Höchst merkwürdig, daß die Schlümpfe noch gar nix
von der Aufhebung des Verbots wußten! So wurde also noch eine Zeit
lang hin und her telefoniert bis wir dann endlich losziehen konnten. Alles
in allem war die Demo ein voller Erfolg! Ulrich Schwetasch wird sich in
Zukunft nicht mehr anonym in Moisling bewegen können!
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