Um die Frage zu klären, wie Flüchtlinge in Bad Oldesloe
leben, haben wir uns auf den Weg in die Kampstraße gemacht. Dort
befindet sich am Ende der Straße ein marodes Backsteinhaus, das früher
ein Fabrikgebäude war. Das Haus selbst befindet sich am Stadtrand
und gleich hinter dem Gebäude beginnen brachliegende Felder ihre Wildnis
zu demonstrieren. Das Motto „Zentralisierung und keine Gesellschaftsintegration
für Flüchtlinge“ trifft hier zu. Wir betraten also das Haus,
von dem man denken könnte, es wohnt niemand darin, wenn nicht ein
Auto vor der Tür gestanden hätte. Uns verwunderte die Öffentlichkeit
des Gebäudes, da keine Eingangstür verriegelt war und einfach
jeder hinein und hinaus spazieren konnte. Wir betraten den Flur, die Küche,
die gleich neben dem Eingang liegt und das Bad. Was uns sofort ins Auge
stach, waren der abbröckelnde Putz von Wänden und Decken, und
daß die vergilbten weißen Wände in vielen Ecken abstrakte
Muster von eindringendem Wasser aufwiesen, wo Pilze ihre Kolonien und Krankheiten
verursachen können. Die in der Küche
befindlichen Koch- und Spüleinrichtungen sind völlig heruntergekommen
und zum Kochen und Waschen ungeeignet. Die zwei Bäder mit sechs Duschkabinen
sind verkalkt und veraltet, bei den anderen sanitären Einrichtungen
sieht es nicht anders aus. Die Fenster sind morsch und lassen Nässe
und Kälte eindringen. Im zweiten Stock des Hauses befinden sich die
Zimmer der Flüchtlinge. Man stelle sich einen langen Flur vor, der
auf der linken und rechten Seite Türen zu den Zimmern zeigt, die etwa
zwei Meter auseinander liegen. Die Quadratmeterzahlen liegen unter den
Verhältnissen, um einen bis vier Flüchtlinge in einem Zimmer
unterzubringen. An jeder Tür wird auf die Nationalität der Flüchtlinge
verwiesen, an eine ausreichende Privatsphäre ist bei diesen engen
Verhältnissen nicht zu denken. Es werden oft Flüchtlinge ein
und ausgewiesen. Wo die Flüchtlinge genau landen ist uns nicht bekannt,
sie werden entweder in andere Asylbewerberheime umquartiert oder abgeschoben.
Die häufige Umquartierung macht die ohnehin schwierige Gesellschaftsintegration
noch unmöglicher. Im Haus befindet sich nur ein Münztelefon,
das beim Klingeln ein Chaos verursacht, da niemand auf Anhieb sagen kann,
wen der Anrufer sprechen möchte, was die Kosten und Nerven des Anrufers
strapaziert und den Kontakt zur Bezugsperson auf die Probe stellt. So kann
es dazu kommen, daß die Kontakte distanzierter werden. Wesentliches
Kriterium für die Unterbringung von Flüchlingen scheint zu sein,
Menschen in Einrichtungen unterzubringen, die für die Anzahl der Personen
ungenügend ausgestattet sind und zu alledem verwahrlosen. Nach dem
Besuch des Heimes in der Kampstraße, besuchten wir auch die Heime
in der Turm- bzw. Ratzeburgerstraße. Dort leben ganze Familien auf
wenigen Quadratmetern und die Lebensbedingungen entsprechen denen
der Kampstraße. In Bad Oldesloe leben derzeit etwa zweihundert Flüchtlinge
unter diesen Bedingungen, die versuchen das Recht auf Asyl zu erlangen,
wenige von ihnen bekommen es. Man muß die Lebensbedingungen der Flüchtlinge
verbessern und daraufhin arbeiten, die jetzigen Bedingungen publik zu machen,
um ein Bewußtsein zu schaffen, wie Flüchtlinge wirklich leben.
Man muß ihnen eine Existenz garantieren, die menschenwürdig
ist und ihnen das Recht auf Asyl gewährleisten, um nicht als Außenseiter
abgeschoben zu werden.
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