Gehe ich durch die Straßen, und schaue mir an, was in
meinem Umfeld passiert, muß ich mich oft zusammenreißen, um
nicht abzudrehen. Schon morgens stehen sie im Penny-Markt und holen sich
ihr „Frühstück“ -Bier und ‘ne Flasche Klaren. Im Sozialamt das
gleiche, die Leute sitzen da, bis es tönt: „Schröder“, um dann
mit gesengtem Kopf ins Zimmer des Sozitypen zugehen. Kinder, die auf dem
Schulhof um sich schlagen, Menschen die auf der Strecke bleiben ... -es
muß mehr als das hier geben!
Soziale Leistungen werden immer mehr gekürzt, angeblich damit
die Abgabenlasten der Unternehmen und Konzerne nicht zu groß werden.
Siemens und die Deutsche Bank fahren Rekordgewinne (nach eigenen Angaben
haben sie dieses Jahr die höchsten Gewinne seit 1945). Wer in Zukunft
auf Sozialhilfe angewiesen ist, soll für zwei Mark die Stunde arbeiten
gehen. Die Zahl der Opfer einer verfehlten Politik nimmt täglich zu
- Rekordzahlen bei den Arbeitslosen, das massenhafte Fehlen von qualifizierten
Ausbildungsplätzen und Kürzungen an den Schulen sind dafür
ein Zeichen. Immer höhere Anforderungen bei gleichzeitigen Einbußen
im Bereich von
Schule, Berufsschule und Uni bringt Menschen hervor, die in ihrer Perspektive
immer weiter einschränkt sind. Wir leben in einer Gesellschaft in
der 20% der Bevölkerung mehr als die Hälfte des Volkseinkommens
besitzen. Das Gerede von „Wir sitzen alle in einem Boot“ ist Quatsch. Wir
sitzen nicht in einem Boot mit Managern, Kohl und Großunternehmern.
Es ist ein Skandal, daß ein reiches Land wie Deutschland die Armut
von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zuläßt. Die Beschneidung
und Zerstörung unserer Lebensperspektive ist eine Zeitbombe
für diese Gesellschaft. Doch trotz dieser Erkenntnis wissen wir, daß
diese Entwicklung weder zufällig noch unüberlegt stattfindet.
Armut und Reichtum sind zwei Seiten einer Medaille, die Kapitalismus heißt.
Solange die Grundlage des Reichtums die Ausbeutung men-schliche Arbeitskraft
ist, muß mehr Reichtum auch mehr Ausbeutung und mehr Armut bedeuten.
Der ehemalige französische Innenminister prägte den Spruch wonach
Arme und Reiche das gleiche Recht haben, unter Brücken zu schlafen.
Dieser Ausspruch macht deutlich, daß die rechtliche Gleichheit, die
die Grundlage unserer bürgerlichen Gesellschaft bildet, auf einer
wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheit beruht. Ein kurzer Blick unter
die nächste Brücke oder den nächsten Park kann jeden überzeugen,
wie weit her es mit der Gleichheit im Kapitalismus ist.
...das kann ja nicht mehr schlimmer werden ...
Bei vielen Menschen
zieht die Parole „Ellenbogen raus, und durch“. Sie hoffen, daß wenn
sie nicht mucken, auch nicht auffallen und z.B. gefeuert werden. Es ist
immer noch so, daß wer Sozialhilfe bekommt, sich oft dafür schämt
und unterbezahlte Jobs annimmt. In der Schule kann nur mithalten, wer die
geilsten Klamotten hat und wer für dreißig Mark in die Disco
kann. Wer da nicht mithalten kann, holt sich das Geld anderweitig oder
bleibt Zuhause. In übelster Stammtischmanier berichten Fernsehen und
Zeitungen über „Sozialschmarotzer“, die nicht arbeiten wollen. Menschen,
die bei dem höher, schneller, weiter der Unternehmer nicht mithalten
können oder wollen, werden diskriminiert und als arbeitsscheues Pack
bezeichnet. Waren zuerst Minderheiten wie Behinderte, Kranke, ältere
Menschen, Flüchtlinge und EinwanderInnen Opfer der Sparpolitik, sind
es in zunehmendem Maße wir alle. Von daher ist es notwendig, wenn
anderen Unrecht widerfährt, zu-sammenzustehen!: Wenn es auf dem Schulhof
Prügel setzt, unser Nachbar auf der Straße von Faschisten angepöbelt
wird und der Kollege auf der Arbeit runtergemachtwird.
Allein wirst du eingemacht! - Gemeinsam sind wir stark ...
|