Ich glaube, es hätte Urmels Text gut getan, genauer zu trennen zwischen den grundsätzlichen bzw. politischen Aspekten der Debatte und der konkreten Geschichtsaufarbeitung in Sachen KOMITEE. Es ist immer schwer, allgemein zu diskutieren, dabei aber ein ganz konkretes Beispiel dazu im Kopf zu haben, und ganz besonders schwer ist es dann, wenn persönliche Betroffenheit mit im Spiel ist
Weil ich nicht umhin komme, sowohl allgemein als auch speziell zu argumentieren, orientiere ich mich grob an der von Urmel gewählten Aufteilung und beginne mit Überlegungen zum Abtauchen und dem drumherum.
Die Einwände von Urmel gegen den Mythos des Abhauens teil ich voll und ganz.
Natürlich ist der Knast nicht die "Univetsit0t der Revolution", aber er ist auch nicht unvermeidlich das Grab alier Trume, als das er uns oft erscheint. Die von Urmel kritisierte Gleichstellung von Flucht=gut und Knast=schlecht ist wirklich zu schwarz-weiß gestrickt. Es muß immer überlegt werden, wie ein Mensch drauf ist und wie die Lebensbedingungen sich je nach Entscheidung (wenn denn eine möglich ist) entwickeln innen. Wenn ich fremde Sprachen schlecht lernen kann und vor mir scheinbar endlose Jahre der Einsamkeit, Abhängigkeit und Unsicherheit liegen, wähle ich vielleicht lieber ein Überschaubarere Zeit im Knast...
Im dritten Teil des Textes kommt Urmel wieder auf diese allgemeinen Überlegungen zurück und schreibt einiges zum Thema "Würde", dem ich nichts hinzuzufügen habe.
Diejenigen, die ein Mitteilungsbedürfnis haben, sitz meistens auch die, die tiefer in den ganzen Schlamassel verstrickt sind und von daher sehr auf ihre Worte achten müssen. Andere sind mit hineingezogen worden und wehren sich gegen diese Situation, wollen am liebsten gar nicht mehr darüber reden, schon gar nicht öffentlich.
Das Ergebnis kann dann durchaus eine Art öffentlicher Unsichtbarkeit der Mitbetroffenen sein. Manchmal ist es auch anders, es bildet sich eine Gruppe, die das "Umfeld" nach außen repräsentiert, ab nun zurecht oder zu Unrecht, aufgrund von Informationshierarchien oder zufälligen Entwicklungen, und die wohl meistens nach und nach in den einzelnen persönlichen oder politischen Konflikten aufgerieben wird... ich finde den Wunsch von Menschen aus dem "Umfeld" berechtigt, daß ihre Situation, ihr Streß, ihre Schwierigkeiten von anderen wahrgenommen und respektiert werden. Ich glaube. daß das normalerweise auch geschieht, nur eben nicht in Form öffentlicher Stellungnahmen, sondern praktisch und auf den jeweiligen Vertrauensebenen.
Meine Erfahrung im Fall KOMITEE ist, daß es, durch die Zw5nge der Situation bedingt, viel praktische 8eschkfägung mit der Situation gab, dagegen die persönliche Verarbeitung des Stresses und Verlustschmerzes oft zu kurz kam (was auch durch keine weitere öffentliche Thematisierung hätte ersetzt werden können).
Von mir selber kann ich sagen, daß ich das in Urmels Text anklingende Gefühl des "Alleingelassen-werdens" mit dem Streß nicht teile. Das ginge mir vielleicht anders, wenn ich immer noch - wie früher einmal - den Anspruch auf dem Buckel tragen wurde, die linksradikale Szene solle mir ein Familienersatz sein, in dem individuelle Probleme einzelner Mitglieder automatisch zum Problem aller werden. Das kann nicht funktionieren.
Aber ist es nicht andererseits so, daß Menschen unter den verschiedensten Lebensbedingungen zu militanten Aktionen kommt, längst nicht immer als Ergebnis einer klaren Lebensentscheidung Die technische Vorbereitung ist die eine Seite, die Klarheit im Kopf die ändert. Und wer nicht aufgrund kristallen klarer Überlegungen diesen Weg geht, wird vielleicht auch erst nach und nach die eigenen Brüche, Schwächen und Widerspruche bemerken.
Eine weitere nicht zu unterschätzende Gefahr ist die lsolierung der Militanz im eigenen Saft. In einer Zeit, wo militante Aktionen seltener werden und viele junge Linksradikale sie zwar gut finden, aber kaum praktische Erfahrungen damit sammeln können, kann leicht eine Tendenz der Militanten entstehen, sich abzukapseln (wie in den siebziger Jahren). In den eigenen, vertrauten Kreisen gibt es Nestwärme, müssen manche Diskussionen nicht noch einmal wiederholt werden, sind die Leute (vermeintlich) besser auf die möglichen Repressionsschläge vorbereitet. Das - notwendige - Hochhalten der Verantwortlichkeit und der Überlegung, was dem eigenen sozialen Umfeld zuzumuten ist, bestärkt solche Tendenzen. Damit sollen die wie gesagt notwendigen Überlegungen vor der militanten Aktion nicht kleingeredet werden. Sie innen nicht oft genug benannt werden. Ich bin überzeugt davon, daß die militanten Aktionen der radikalen Linken voll sind von Fehlern, Ungenauigkeiten und falschen (Selbst)-Einschätzungen der Beteiligten, so daß es ein wahres Wunder ist, wie gut die meisten zu klappen scheinen - vermutlich liegt es nur daran, daß auch die Arbeit der Repressionsorgane voll ist von Fehlern, Ungenauigkeiten und falschen Einschätzungen.
Mein erster Gedanke war, daß hier Konflikte offengelegt werden, die erst mal unter den Betroffenen geklärt werden sollten, und daß es sicher Menschen gibt, denen diese C0enlegung nicht behagt - sei es aus persönliche oder aus anderen Gründen. Es wäre ja auch erst noch zu klirren, ab diese Konflikte wirklich, wie Urmel schreibt, grundsätzlicher politischer Natur sind. ES bringt aber auch wenig, eine solche Aufarbeitung in Form öffentlicher Stellung- und Gegenstellungnahmen zu beginnen.
Wenn es Urmels Absicht war, reale Konflikte vorn Sommer 1995 zu verallgemeinern und darauf aufbauend eine politische Analyse mit über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung zu entwickeln, so ist dies meiner Meinung nach nur in Ansätzen gelungen. Der Stil des Textes ist zwar objektiverend, aber der Inhalt befreit sich nicht von der eigenen Nähe und Verstricktheit in die konkrete Situation. Es wird eine ziemlich gradlinige Argumentationslinie gelegt, die stark darauf beruht, daß bei mehreren möglichen Schlußfolgerungen/Gedanken stets nur einer weiterentwickelt wird. Gleich zu Anfang wird gesagt, um wen es geht Um diejenigen, die sich mit "derartigen Situationen auseinandergesetzt haben" haben (laut eigenem linksradikalen Anspruch) und diesen darum "einigermaßen gewachsen" sein sollten (also geht es z B. nicht um zufällig hineingezogene Zeuginnen). Scheinbar ist das "Sich-Auseinandersetzen" und das "Gewachsen-sein" praktisch dasselbe. Was ist mit den Menschen, die trotz "Auseinandersetzung" (wo fangt die an, wo hört die auf?) der Situation nicht gewachsen sind? Mit denen, die ihrem eigenen Anspruch zuwiderhandelten und sich nicht "auseinandersetzten'"? Mit denen, die der Situation früher einmal gewachsen waren, aber heute nicht mehr? Mit denen, die Urmel zwar dem linksradikalen/autonomen Spektrum zurechnet, die sich da selbst aber gar nicht so sicher sind? Kurzum: Was taugt der von Urmel schematisch an den Anfang gestellte autonome Idealmensch für die Beurteilung der Wirklichkeit im April 1995? Meiner Meinung nach wenig. Und noch etwas: Es wird auch nichts dazu gesagt, in welchem Maße sich überhaupt objektiv beurteilen läßt. ob jemand der Situation gewachsen war oder nicht. In einem bunt gemischten Umfeld, wo viele Leute wenig voneinander wul3ten und deswegen die einen taten, was ihnen logisch erschien, während ebendies anderen (mit anderem Wissensstand) Oberhaupt nicht einleuchtete, ist es wahrscheinlich, daß das damalige Verhalten mancher Leute manchen anderen bis heute rätselhaft ist und als ein "Der Situation-nicht-gewachsen-sein" angesehen wird, weil sie die Hintergründe nicht kennen...
Schon in der Einleitung zu diesem Teil von Urrnels Text wird somit als selbstverständlich dargestellt, was ich gar nicht so selbstverständlich finde. Es ist eine Vereinfachung und gleichzeitig das Festklopfen eines hohen Leistungs-Anspruches, womit eine der Grundlagen für die folgende Argumentation des Textes gelegt wird.
Urmel entwickelt eine gradlinige Gedankenfolge, die verkürzt etwa so aussieht Viele von der Repression Betroffene seien der Situation 1995 nicht gewachsen gewesen, weil sie kein Verhältnis mehr zu praktischer Militanz hatten; die "Ernsthaftigkeit ihres sozialrevolutionären Engagements" sei darum letztlich fraglich. Urmel suggeriert, es habe "tele" Leute gegeben, die ihre eigene Unsicherheit und Distanz kompensiert hatten, indem sie Wut gegen die Gesuchten, die Gruppe KOMITEE oder auch andere Betroffene richteten. Und Urmel spricht ausdrücklich nur von Menschen aus dem linksradikalen bzw. autonomen Spektrum!
Die Schwäche dieser Argumentation liegt nicht darin, daß sie an sich aus der Luft gegriffen eure All das, was hier als weitgehend psychologischer Prozeß beschrieben wird, existiert. Wir kennen es vermutlich alle aus Diskussionen mit ehemals radikalen, inzwischen 'geläuterten' Menschen Da ist zuerst das schlechte Gewissen gegenüber uneingestandenem Aufgeben von Positionen, das in die kritisierende Flucht nach vorne umgewandelt wird, und später dann die Abwehrhaltung, mit der die eigene Vergangenheit verdrängt werden soll All das gibt es, und auch im Fall KOMITEE ist es gewiß vorgekommen.
Doch die verallgemeinernde und objektivierende Weise, in der dieses Erklärungsmuster allen und allem Überpestülpt wird, was - vermeintlich - schlecht lief, schüttet das Kind mit dem Bade aus. Und Urmel spart hier nicht mit kräftigen Worten: "Unheimlich weil Aggression, Mißtrauen und Verständnislosigkeit untereinander", "Unmengen von Aggressionen mobilisiert", 'Viel Wut auch auf die Gesuchten"...
Aus meinen Erinnerungen heraus kann ich sagen, daß ich wohl Aggression, Mißtrauen und Verständnislosigkeit untereinander erlebt habe damals - aber mir fallen dazu ganz andere Gründe ein. Nur in einem einzigen konkreten Fall werde ich Urmels Argumentation für zutreffend halten. Urmel mag andere und mehr solche Fälle kennen, dennoch bleibt Urmels Erklärungsversuch einer unter einigen, die alle ihre Berechtigung haben. Um ein paar Möglichkeiten zu nennen: Vielleicht trafen auch Menschen zusammen, die sich schon früher nicht grün waren. Vielleicht gab es Mißtrauen, weil allem Anschein nach ein paar Leute sehr grobe Fehler begangen hatten. Vielleicht reagierten Menschen anders als erwartet, weil sie Dinge wußten, die andere (auch Urmeer nicht wußten. Oder genau umgekehrt, weil sie Dinge nicht wußten, die andere (auch Urmeer für bekannt hielten. Vielleicht klappte die Kommunikation unter Menschen manchmal schlecht, was gerade unter dem Druck tatsächlicher oder auch nur eingebildeter Überwachung schnell passiert. Vielleicht wurden Menschen in schwierigen persönlichen Situationen erwischt. Vielleicht fingen manche sofort mit Verdrängungsarbeit an, weil sie es sonst nicht aushalten konnten. Vielleicht gab es Leute, die plötzlich überrascht merkten, daß 'sich auseinandersetzen mit' und 'praktisch drinstecken' zwei ganz verschiedene Paar Schuhe sind. Vielleicht gab es Menschen, die sich überschätzten. Vielleicht waren auch welche überlastet. All das kann zu Konflikten zwischen Menschen fuhren, ohne daß dabei jemand militanter Politik die Legitimation abspricht.
Ich finde es unangemessen, sich eine einzelne dieser möglichen Erklärungen rauszupieken und daraus zusammen mit dem eingangs erwähnten hohen Anspruch eine Art Beweisführung zu entwickeln, die am Ende dahin fuhr am "sozialrevolutionärem Engagement" derer zu zweifeln, die den Ansprüchen (angeblich) nicht genügten. Das ist genau die Art eingeschränkter Begrifflichkeit, die Urmel an anderer Stelle zurecht der 'Gruppe wider den Knick' vorwirft. Der dahinterstehenden Problematik, wie militante Politik in der radikalen Linken wieder eine breitere Verankerung finden kann, wird eher ein Trendienst erwiesen, wenn die ganz unterschiedlichen Gründe für Kritik, Distanz oder Streß innerhalb des Umfeldes so pauschal abgekanzelt werden. Vielleicht war eine Aussage in dieser Schärfe von Urmel nicht beabsichtigt, aber die beschriebene Darstellung, in der in jedem Absatz Differenzierung verlorengeht, führt letztlich konsequent da hin. Wenn allen, die auf Repressions-Situationen nicht angemessen-verantwortlich reagieren, die Ernsthaftigkeit ihres Engagements angezweifelt würde, blieben wohl nicht mehr viele ernsthafte Kämpferinnen ohne Makel übrig - nicht nur im Fall 'KOMITEE, sondern auch in den anderen Repressionsstürmen der letzten Jahre, seien es die spektakulären Fälle 'Kaindl oder 'Radikal' oder auch die vielen unauffälligen kleineren Verfahren, die zum Alltag der Repression gehören.
'Viel Wut auf die Gesuchten" (Urmel) habe ich übrigens überhaupt nicht erlebt Im Gegenteil, ich habe viel Solidarität gespurt Was ich aber auch mitbekommen habe, war eine gewisse Teilnahmslosigkeit bei vielen Szene-Leuten, als gehe sie das alles nicht so an. Wo ich mit Menschen darüber gesprochen habe, bekam ich meist zu hören: sie würden ja etwas tun, wenn klarer gemacht würde, was jetzt angesagt ist und was nicht. Es war also eher Hilflosigkeit, die sich durch klare Vorgaben auch Indem ließ. Und vorgeben konnten natürlich nur diejenigen, die wußten, was die Interessen der unmittelbar Betroffenen waren. Dazu gab es lange Zeit wenig Klarheit, wofür alle aus dem Umfeld und auch die Betroffenen selbst ihren- Anteil an Verantwortung zu tragen haben.
Die Kritik, die es 1995 an der Gruppe KOMITEE gab, fand und finde ich überwiegend solidarisch und, wo nicht, so doch zumindest überlegt. Ich hätte mir vom KOMITEE noch einiges mehr an Selbstkritik vorstellen können. Eine kritische Reflexion ihres politischen Projektes gab es nur in Ansätzen, und letztlich überwog in ihrer Auf16sungserklirung eine Stimmung von 'wir haben Fehler gemacht und verantworten uns dafür, aber eigentlich war alles im Prinzip richtig' (die Justiz denunziert vielleicht auch deswegen die erklärte Auflosung der Gruppe als angebliches Täuschungsmanöver). Ich selbst lasse mich gerne nach der Ernsthaftigkeit meines sozialrevolutionären Engagements fragen und bin dennoch der Meinung, daß das vom KOMITEE entwickelte Konzept nicht durchdacht war und letztlich eine unreflektierte Wiederholung dessen war, was Gruppen wie die RZ und lokale Ansätze wie in Berlin die 'Revolutionären Viren' Ende der 80er Jahre bereits selbstkritisch hinterfragt hatten: Militante Kleingruppen sind nicht Guerilla, sie können nicht politische Orientierung der radikalen Linken sein. Sie können deren Kämpfe begleiten, aber nicht anleiern oder gar ersetzen. Die Demonstration, daß militante Aktionen möglich sind, hat keine politische Qualität aus sich heraus. sondern ist auf ein Umfeld von Menschen angewiesen, die dies politisch verarbeiten. Bei der KOMITEE-Erklärung (wie auch früher schon bei Erklärungen militanter Gruppen, v.a. aus dem antiimperialistischen Spektrum) habe ich den Eindruck. daß die wortreich erläuterte politische Idee des Projektes einerseits und der eine Satz zu dem moralischen Motiv, sich nicht abfinden zu wollen mit den herrschenden Verhältnissen, andererseits, die wirkliche Gewichtung der Motive für das Projekt etwas verzerren. Die ganze linksradikale autonome Politik ist vom moralischen Motiv durchzogen, und in seiner Übersetzung in die Worte 'revolutionäre Ungeduld macht es auch die Trennlinie zur traditionellen kommunistischen Politik deutlich sichtbar, welche das Zügeln, Kanalisieren und notfalls Unterdrücken eben dieser Ungeduld bedeutet. Aber während wir in unseren Sturm- und Drangjahren, als wir uns radikalisierten, dieses starke moralische Motiv ganz in Ordnung fanden, kam später die realpolitischere Überbauung mit Projekten und Strategien. Die militante linksradikale Politik hat jedoch bisher weniger als andere politische Kampffelder Projekte und Strategien entwickelt, aber blieb und bleibt stark moralisch besetzt, sozusagen der rächende 'Batman' der Autonomen, die schrote Insel im Meer der Anpassung und Kleinlichkeit Alle Versuche, militante Strategien zu entwerfen, endeten damit, daß die einzelnen Gruppen sich von den aktuellen Bedürfnissen ihres jeweiligen Mikrokosmos fuhren ließen, ab 'RAF oder 'Guerillas diffuse'. Oder? Damit will ich nicht sagen, daß das an sich schon schlecht sei - es zeigt lediglich an, in welchem Verhältnis die militanten Gruppen zur linksradikalen Politik im allgemeinen stehen: eben nicht in einem orientierenden, sondern eher in einem kommentierenden. Urmel wirft die Frage auf, wie im konkreten Fall von Linksradikalen mit der politischen Verantwortlichkeit und dem Verhältnis zu Militanz umgegangen wird. hh teile nicht die Entartung, daß alle Linksradikalen willens und in der Lage sein mußten, mit heftiger Repression umzugehen. Dazu kennen ich diese Szene viel zu lange und bin pragmatischer geworden. Wenn wir diesen Anspruch wie ein Banner vor uns hertragen, werden wir zwangsläufig auf die Nase fallen; vergleichbar ist das Spannungsverhältnis zwischen 'Anna und Artur halten's Maul' und die Realitat dauernder Aussagen von Linksradikalen bei Bullen/ Justiz...
Eine linksradikale Szene, die sich ihrer Verletzlichkeit bewußt ist und darüber diskutiert, wie damit umzugehen ist, ist letztlich st4rker als eine Szene, die versucht, sich durch das Errichten von 'Dämmen' bzw. Tabus zu schützen und dann um so entsetzter und überraschter ihre tatsächliche Verletzbarkeit praktisch erlebt.
Nicht zuletzt aus den hoch gesteckten Erwartungen entstehen schnell Mißtrauen und Enttäuschung, und daraus wiederum Geringschätzung und Ungenauigkeit Urmel benennt das Mißtrauen, scheint sich aber nicht bewußt zu sein, daß zumindest der mittlere Teil seines/ihres Textes davon dominiert ist. Und vielleicht wird auch mir vorgeworfen werden, ich begegnete Urmels Text mit Mißtrauen... jedenfalls spreche ich mich selbst keinesfalls frei von dem Druck des hohen Anspruches, der so oft spaltet anstatt zu vereinen. Die dabei entstehenden Risse werden natürlich von den Sicherheitsbehörden ausgenützt, ebenso wie die Tatsache, daß viele Betroffene trotz all der Texte über das Ausmaß der Repression im Lande kaum praktische Erfahrung damit haben und darum zuallererst empört und mit Paranoia reagieren. Militante linksradikale Praxis wird vorläufig das 'Privatvergnügen' einer weniger Menschen bleiben, und ringsherum werden viele sein, die den möglichen Konsequenzen nicht oder schlecht gewachsen sind. Aber war das jemals anders? Wir müssen das Beste draus machen.
Wawa der Waran Juni 1997
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