Für den 14.07.1997 plante die Antifa Saarlouis gemeinsam mit der Autonomen Antifa Heidelberg eine Infoveranstaltung zu den Jungen Nationaldemokraten (JN). Da mit einem großen Andrang an Veranstaltungsbesucherlnnen zu rechnen war. sollte die Veranstaltung im großen Saal des Alten Betriebshofes (KOMM) stattfinden. Dies wurde uns durch den SBS e.V.-Vorstand vertraglich zugesichert. Am 06.07.1997 wurde die kurzfristige Kündigung des Veranstaltungssaals durch den KOMM-Trägerverein SBS e.V. ausgesprochen. Diese Entscheidung wurde vom Vorstand des SBS e.V. getroffen, der von den Bündnisgrünen dominiert wird. Die beiden wichtigsten Funktionäre des SBS e.V. sind Hubert Ulrich (Landesvorsitzender der Bündnisgrünen im Saarland) und Gabriel Mahren (ebenfalls Funktionär der Bündnisgrünen). Diese Entscheidung war der eindeutige Versuch eine antifaschistische Aufklärungsveranstaltung zu verhindern und ist somit als ein Versuch politischer Zensur zu werten.
Da der große Saal verweigert wurde, mußte die Veranstaltung in den Infoladen "Bambule" verlegt werden. Bereits Stunden vor dem angekündigten Beginn der Veranstaltung sammelten sich die Neonazis im nahegelegenen Ludwigspark. Die Benutzung der uns bislang zur Verfügung stehenden Gemeinschaftstoilette des KOMM wurde zunächst nur in Begleitung von zwei Zivilbeamten der Polizei gestattet (auch Frauen durften nur unter Begleitung der männlichen Beamten zur Toilette gehen). Später wurde die Benutzung ganz untersagt und nach einer Entscheidung von Hubert Ulrich wurde das Schloß durch die Feuerwehr ausgewechselt. Die BesucherInnen mußten nun auf die Grünanlagen um das KOMM herum ausweichen. Wer unbeobachtet austreten wollte, mußte sich in die Stadt begeben und war so einer Bedrohung durch die dort anwesenden Neonazis ausgesetzt. Kurz vor der Veranstaltung drang eine Gruppe von etwa 20 Neonazis bis in Sichtweite des KOMM-Geländes vor. Unter Ihnen befanden sich der Dillinger JN-Aktivist Peter Strumpler, die JN-Kader Irina Beikert und Rene-Rodriguez Teufer (beide aus dem Rhein-Neckar-Raum). Sie provozierten und versuchten die Situation zu eskalieren. Trotz unserer Überlegenheit (über 100 anwesende Antifaschistlnnen) gingen wir hierauf aber nicht ein.
Die Veranstaltung, die eine Stunde später als geplant begann, lief weitgehendst reibungslos und erfolgreich ab. Lediglich einmal unterbrach ein Drohanruf den Ablauf. Die Veranstaltung wurde von über siebzig Personen besucht. In ihrem Verlauf wurde auf die ideologische Ausrichtung, Zielsetzung und Struktur der JN eingehend eingegangen. Bedeutende Personen aus dem Bundesvorstand sowie regionale Bezüge wurden mittels Dias, Videovorträgen und Referaten vorgestellt.
Gegen 23.00 h war die Veranstaltung zu Ende. Auf dem Heimweg wurde eine Gruppe von BesucherInnen von 15-20 Skinheads verfolgt und angegriffen. Die Skinheads schlugen mit Baseballschlägern und Dachlatten. aus denen Nägel hervorragten auf die AntifaschistInnen ein. Nur durch das energische Eingreifen zur Hilfe gerufener AntifaschistInnen konnte Schlimmeres verhindert werden.
Etwa 30 Minuten nach dieser Auseinandersetzung stürmte ein behelmter Polizeitrupp samt Hundestaffel den Infoladen Bambule. Sie hielten die etwa 20 hier verbliebenen BesucherInnen fest und durchsuchten den Raum, Sie drangen gewaltsam ein und stießen BesucherInnen auf den Boden und über Stühle hinweg. Telefonate mit Anwälten wurden verhindert., der Telefonanschluß schließlich lahmgelegt. Auf Anfrage gaben die Polizeibeamten weder den Einsatzleiter noch Dienstnummern bekannt. Es wurden Aktenordner, Stöcke zur Selbstverteidigung vor faschistischen Angriffen und etliche weitere Gegenstände beschlagnahmt. Trotz Aufforderung wurde durch die Beamten keine Liste beschlagnahmter Gegenstände ausgestellt. Nach etwa zwei Stunden waren alle festgesetzten Personen wieder außerhalb des Infoladens. Zuvor wurde jedeR einzeln einer Ganzkörperkontrolle unterzogen und alle vorhandenen Autos durchsucht. Das Gelände des KOMM wurde unter tatkräftiger Hilfe der Feuerwehr durchsucht. Das Schloß des Infoladens wurde ausgetauscht. Es wurde beobachtet, wie die Adressen von zumindest zwei Antifaschisten durch Polizeibeamte an den JN-Kader Alexander Feyen weitergegeben worden.
Einen Tag danach ging dem Infoladen die fristlose Kündigung des angemieteten Raumes zu.
20.07.1997
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