NACHBEREITUNG DER ANTI-ATOM-AKTIONSTAGE (27.-30.7.97)

Vom 27. bis zum 30.Juni fanden in Garching und München Aktionstage gegen den Forschungsreaktor FRM II statt. Ausgangspunkt verschiedener Aktionen war ein Widerstandscamp in Oberschleißheim. Am Freitag, Samstag und Sonntag hielten sich ungefähr 50 Personen im Camp auf. An der Demonstration in München sind es 120 gewesen.Radioaktivitaet Unsere Nachbereitung gliedert sich in drei Punkte: Zum einen die Mobilisierung, zum anderen die reale Umsetzung und zum Schluß gehen wir auf künftige Mobilisierungen ein.

I.

Die Mobilisierung

Die Mobilisierung für die Aktionstage begann spät und richtete sich auschließlich auf Teile der linksradikalen Scene. Und genau dort setzt unsere Kritik an: Wir glauben das es sinnvoller gewesen wäre, dort zu mobilisieren, wo Betroffenheit vorhanden bzw. entwickelbar ist.

Das sind für uns zum einen die Schulen und Universitäten, da das Geld für den Bau des FRM II zu einem Drittel aus dem Bildungsetat genommen und damit aus der Lehrmittelförderung geraubt wird. Wir glauben, daß Infotische mit breit angelegten Flugblattverteilaktionen an Schulen durchaus einiges an Mobilisierung gebracht hätten und es vorallem auch Perspektive besitzt, da

Dasselbe gilt für Siemenswerke, wobei die Mobilisierung mit Schwerpunkt auf der von Siemens betriebenen Hochspitzentechnologie und des damit verbundenen Arbeitsplatzabbaus hätte laufen können. Eine in der gesamten Produktion wahrzunehmende berechtigte Wut vieler Angestellter, die aufgrund eines brutalen Stellenabbaus und gleichzeitiger hoher Konzerngewinne beruht, konnte über Mobilisierungen gegen den FRM II aufgegriffen und gegen die Verantwortlichen gerichtet werden. Daß gerade die Neutronenquelle nicht der Arbeitsplatzsicherung, sondern genau dem Gegenteil dient, liegt in der Logik des Kapitals: Weitere Perfektionierung (zur Produktivitätssteigerung) und Kosteneinsparung durch Arbeitsplatzabbau (alleinige Einstellung spezialisierter Arbeitskräfte) und damit noch höherer Profit für immer wenigere.

Das dritte, unserer Meinung nach sinnvolle Feld der Mobilisierung: Die ansässige Bevölkerung in und rund um Garching. Als direkt Leidtragende (permant ist die Bevölkerung im Umkreis des Reaktors einer Niedrigstrahlung ausgesetzt, die erwiesenermaßen zu einem 3mal, bei älteren Personen sogar 7mal, höheren Risiko an Leukämie zu erkranken führt.; Information Prof. Edmund Lengfelder vom Otto-Hug Strahleninstitut) eines einzig und allein der Profitmaximierung dienenden Großprojekts könnte auf Dauer ein bis dahin gezeigter Unwille (tausende von Unterschriften gegen den FRM Ig zum aktiveren Widerstand werden. Das hieße für unsere Mobilisierung, in den Monaten vor geplanten Widerstandsaktionen, Veranstaltungen durchzuführen, Infostände aufzustellen oder auch durch Hauswurfsendungen zu informieren.

II.

Die Umsetzung

Die Arbeitsgemeinschaft FRM II - NIE hat im Großen und Ganzen dem Camp eine gute Struktur gegeben, schaut mensch sich das organisatorisch Geleistete an.

Was uns gefehlt hat und für zukünftige Mobilisierungen in jedem Fall berücksichtigt werden sollte sind feste Arbeitskreise, die sich schon weitaus früher mit Themen auseinandersetzen und diese an Aktionstagen anbieten, um damit eine Mobilisierung gegen den Bau inhaltlich zu füllen. Auch wäre eine eingerichtete Stelle mit den aktuellsten Infos, die ins Camp kommen, um die BesucherInnen zu informieren sinnvoll (wir gehen hierbei von einer weitaus größeren TeilnehmerInnenzahl aus).

Was in der Zukunft in jedem Fall Konsens sein sollte: Keine Drogen auf den Camps! Es ist eine Gefahr für alle TeilnehmerInnen, da über die Argumentation des Drogenkonsums, ein Camp durchsucht und in der Öffentlichkeit noch leichter diffamiert werden kann.

Die dezentralen Aktionen waren, wie auch schon die Mobilisierung, abgetrennt von der politischen Diskussion (wo und mit welchen Inhalten macht es Sinn, Flugis zu verteilen), verliefen aber trotzdem ganz erfolgreich. Die Demo am Sonntag war schlecht besucht. Bei einer Beteiligung von 120 Leuten, wobei die Hälfte Camp-BesucherInnen waren, läßt vieles auf eine zu spät angesetzte und falsche Mobilisierung schließen. Wir teilen die Position der Gruppe PUK (Perspektive und Kampf) auf dem Nachbereitungstreffen, die es sinnvoller gefunden hätte, bei derartig niedriger TeilnehmerInnenzahl, die Demonstration in eine Kundgebung umzuwandeln (auf dem Kundgebungsort waren mehr Menschen, als auf großen Teilen der Route).

Radioaktivitaet III.

Für die Zukunft ...

... sollten begangene Fehler nicht wiederholt, Mobilisierungen auf der Grundlage einer antikapitalistischen Bewegung (Einbindung sozialer Spannungsfelder wie Kürzungen an Schulen, Entlassungen in Siemenswerken) begonnen und Strategien, wie das umgesetzt werden könnte erarbeitet werden.

Und dann in jedem Falle: Die politische Thematisierung der Atomwirtschaft und seiner Ursachen. Sind Anfang der 70er Jahre, die Grundlagen für den volkswirtschaftlich auf den ersten Blick absolut unrenta-blen Bau von Atomkraftwerken auf die Ölkrise 1972 zurückzuführen, so ist im Bau des FRM II ebenfalls ein weitergefächertes Interesse zu erkennen.

Damals ging es um das Streben nach Unabhängigkeit auf dem Energiesektor. Eingebettet in die Block-konfrontation wollte sich der westliche Imperialismus ein eigenes Energiemonopol schaffen. In ganz Europa entstanden Atomkraftwerke. Der tiefere Sinn dieses Unternehmens war die Profitsteigerung durch eine bessere Ausgangslage auf dem Weltmarkt.

Auch heute bemüht sich das Kapital, eine ideale Marktchance nicht zu verpassen. Diesmal liegt sie in der Hochspitzentechnologie und dementsprechend eifrig wird die Forschung betrieben. Der FRM II ist dabei nur ein weiteres Großprojekt.

Für uns bedeutet die Verwirklichung ihrer Pläne Arbeitsplatzabbau, Streichung von Geldern an Schulen/Unis und gesundheitliche Schäden für Mensch und Natur!

Radioaktivitaet Entwickeln wir einen zähen Widerstand mit vielen Aktionsformen um den Bau viele Steine in den Weg zu legen (auch parlamentarische Anfragen, z.B. Überprüfung der Geschehnisse um die Vergabe des Generalunternehmervertrags an Siemens ohne Baugenehmigung und öffentliche Ausschreibung obwohl es in der BRD ein Monopolverbot gibt! ).

Die Interessenskonflikte zwischen dem nach Profitstreben des Kapitals (Siemens, Baukonzerne...) und den sozialen Bedürfnissen der Menschen verschärfen!

Die am Bau beteiligten Konzerne (Siemens), deren politische Komplizen (CSU, Stadt München) und exekutiven sowie judikativen Organe, wie Polizei und Gerichte, zur Rechenschaft ziehen t

Sofortige Stillegung aller Kernkraftwerke!

Die klassenlose Gesellschaft erkämpfen!

Zusammen Kämpfen, München Juli 1997

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zusammen kämpfen,
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81667 münchen,
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