Seit 10 Uhr begann sich am Samstag der kleine Platz vor dem Penny-Markt zu füllen Eine halbe Stunde später war die Menge auf 40 bis 50 Leute angeschwollen und bewegte sich mii einem 1'ransparent "Wir leben hier, wir bleiben hier" in Richtung Marktplatz. Dort wurde ein Flugblatt verlesen, das sich auf die kürzliche Räumung, die Platzverwcisc und die unmenschliche Behandlung durch die Polizei bezog. Der Einsatz der Polizei war auf der . Grundlage des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes durchgeführt worden. Schon im Vorfeld der Kundgebung waren mindestens 4 Personen in Lüchow von der Polizei in Gc~vahrsan genommen worden (am Freitag Abend einej ungc Frau aus Uelzen, Sainstag frür 3 Personen aus Lüchow). Aus dem Umfeld der Demonstranten wurde laut. daß i or Kurzem im Ratskeller zu einer Veranstaltung geladen war, die Unterschrißen für ein energisches Vorgehen gegen die Buntschöpfe sammlte.
Was man in New York "zero tolerance", in Berlin 'Revitalisierung der Innenstadt", in Frankfurt/M. "Sperrgebietsverordnung", und schließlich in Hamburg und Lüchow "Platzverweise" nennt, hat überall diegleiche Botschaft; Arme passen nicht in das Erscheinungsbild der Städte. Denn dort sollen die Menschen, die es sich leisten können, nach Lust und Laune konsumieren, ohne dabei vom Anblick des Elends und der Andersheit beeinträchtigt zu werden. Außerdem muß zur Ansiedlung profitabler Wirtschafts- und Tourictenzenrren der "enziale Ballast" übe Bord geworfen und die Beeitstellung von Geldern für soziale Projekte und Unterkünfte gekürzt werden.
Wer nicht kaufen kann, soll gehen. Sie stören die Inncnstadtbcrciche, wo mit viel Mühe öffentliche Plätze mit Kosumtempeln zubetoniert wurden. Unerwünschte Personengruppen wrrden ordnungspolitisch beseitigt.
Seit Beginn der 90er Jahre wird der sozialen Aneignung öffentlichen Raums durch Obdachlose und andere sogenannte Randgruppen ein Repressionsprogramm entgegengestellt. das mittels Verordnungen und Verschärfung bereits bestehender Gesetze die rechtliche Grundlage für Vertreibung und Ausgrenzung schaflt.
Doch die Mehrheit definiert, was "abweichendes" Vcrhaltcn, was eine 'Randgruppe" ist. "Herumlungern", "aggressives Betteln" ict also erst dann "verhalteosaulfällig". ivcnn die Mehrheit die Wahrnelwnung durchsetzt. daß die Innenstadt dafür nicht da sei. Nur allzu scluicll wird eine dcrartigc Stienatsioung mit Schmutz und Übel in Verbindung gebracht. Wo von Unwirklichkeit die Rede ist, i;4 der Parasit nicht weit und seine Vernichtung im Prinzip auch nicht.
Dies bekommen also all jene zu spüren. die nach der herrschenden Meinung überflüssig sind und als bettelnde Existenzen den Kaufivilligcn liohctischc Probleme bereiten.
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