Amed (Diyarbakir) - Die heimliche Hauptstadt Kurdistans

vom Kurdistan Informations Zentrum

Woher kommt der Name?

Der älteste Name Ameds (Diyarbakirs) erscheint in assyrischen Geschichtsquellen als Amid oder Amed. Diese Quellen stammen aus dem Jahr 1300 v. u. Z.. Das ist auch die Epoche, in der die erste geschichtlich bezeugte Ansiedlung Ameds entstand. In griechischen und lateinischen Quellen erscheint es als Amido und Amida. In den Quellen erscheint nach der Okkupation durch die arabischen Armeen auch Amid und Kara (Schwarzes) Amid.

Es heißt, dass der Zusatz ‘Schwarz’ von der Farbe der Steine kommt, die beim Bau der Stadt verwendet worden sind.
In manchen anderen Quellen wird erklärt, der Name Diyarbakir käme von dem Herrscher, dem Stammesfürsten namens Bekr, der sich mit dem arabischen Einfall in der Gegend niedergelassen hat. Als Diyar-i Bekri (in der Bedeutung von ‘Gebiet von Bekr’). Im Laufe der Zeit hat man daraus den Namen Diyarbekir abgeleitet.

Der türkische Kolonialismus hat dann den Namen Diyarbekir in seiner eigenen Sprache in Diyarbakir umgewandelt (1937). Im Volk ist der Name Amed verbreitet.

Überblick

Unsere Stadt Amed ist aufgrund der zentralen Rolle, die sie in der Geschichte für die Zivilisation gespielt hat, eine der bekannten Städte des Mittleren Ostens.

Da die Seidenstraße durch Amed führte und Amed Herbergszentrum war, erlangte sie größere Berühmtheit. Neben diesen geographischen Aspekten war Amed auch eine unserer Städte, die bei den Aufständen eine große Rolle spielte und dafür bekannt ist, von Generation zu Generation Bühne heldenhaften Widerstands geworden zu sein. Außerdem stellt
das Stück Erde, auf dem sie gegründet wurde, die Mitte ganz Kurdistans dar.

Durch die historische Rolle, die Amed spielte, hat sie beim Volk das Recht erwirkt, als ‘Paytaxt’ (Hauptstadt) betrachtet zu werden.
Heute denkt man bei Amed an die Burg des Widerstandes. Wenn man Amed sagt,fallen einem die Kerker ein; wenn man Kerker sagt, der historische Widerstand von Führern wie Mazlum, Kemal und Hayri.

Es hat viele archäologische Grabungen gegeben, um die Geschichte dieser wichtigen Stadt vor der schriftlichen Geschichtsschreibung zu belegen.

Die Chronologie der Geschichte beginnt im Jahr 7250 v. u. Z.. Amed ist mit seiner 9000-jährigen Geschichte eine der ältesten Ansiedlungen.

Bei der zur Amed gehörenden Stadt Ergani befinden sich zwei Orte (der Hügel Hacilar und das Dorf Hillar), deren Gründungungen bis ins 9.Jhd. v. u. Z. zurückreichen.

Für die ersten Ansiedlungen Ameds hat das arische Volk der Hur den von den Flüssen Tigris und Euphrat bewässerten Bereich genutzt. Sie haben das Stück Erde, das auch die heutige Stadt Amed mit umfasst, zu ihrem Siedlungsgebiet gemacht.
Die damalige Hauptstadt Waschukanni wird ganz in der Nähe der heutigen Stadt Amed vermutet. Die sich um 1200 v. u. Z. auf diesem Boden angesiedelten Hur spalteten sich Mitte 1200 v. u. Z. in zwei politische Einheiten, die der Hur und der Mitan.
Die Assyrer begannen im 14.Jhd. v. u. Z. in der Region eine wichtige Rolle zu spielen, in dem sie die Vorherrschaft der Mitan und Hur in der Region beendeten und das Siedlungsgebiet ihrer eigenen Kontrolle unterstellten. Die Assyrer setzten ihre Herrschaft als Alleinherrscher in dem Gebiet bis zum Eintreffen und Ansiedeln der Urar zum Anfang des 7. Jhd. v. u. Z. fort. Zeitweilig kam dieses Gebiet in der Zeit vom 12. bis zum 7.Jhd. v. u. Z. in den Machtbereich der Hethiter und Aramäer. Nach der Ansiedlung der Urartu in dem Gebiet breitet sich ihre Vorherrschaft über noch größere Gebiete aus. Der Bau der ‘Herda’ Burg fällt in diesen Zeitraum.
Danach ziehen die Skyther als dritte Kraft in die Region ein. Die Assyrer, Urar und Iskiter setzten ihre Vorherrschaft in Form von Kämpfen gegeneinander auf verschiedenen Einflussebenen fort. Viel später begannen auch die Kimmerer Einfluss zu gewinnen. Der Krieg zwischen diesen Kräften dauerte lange und als Resultat wurden die Assyrer die einflussreichste Kraft mit der Gründung eines starken Imperiums, das bis zum Jahr 612 andauerte. Nachdem die Assyrer wiederum von den Medern geschlagen wurden, erfolgte die Gründung des Medischen Reiches, das im Jahr 550 durch eine großangelegte Schlacht von den Persern zerschlagen wurde.
Der kurdische Mervani-Staat im 9.-10.Jhd. n. u .Z. nahm auch Amed in seine Einflussregion und im 17.Jhd. kam es endgültig unter die Herrschaft der Osmanen. Bis zum gescheiterten Scheich-Said Aufstand 1925, blieb es unter der totalen Kontrolle des türkischen Staates.

Die Region geriet unter eine Reihe von Herrschaften, wie die der Makedonier, Parther-Sassaniden, Römer-Byzantiner, Türken, Araber, Mongolen, bis hin zu dem bis in unsere Tage reichenden türkischen Kolonialismus.

Durch diese belebte Geschichte war und ist Amed bekannt für sein bedeutendes Handels- und Handwerkspotential und hat heute in der Geschichte Kurdistans die Rolle der am häufigsten besetzten Stadt.

Geografie

Die Provinz Amed liegt südöstlich von Anatolien und im Norden Mesopotamiens.Die Höhe über dem Meeresspiegel der Stadt Amed liegt bei 660 m. Die Amed-Ebene ist von allen Seiten mit Bergen umgeben. Vom Nordwesten, den ganzen Norden entlang, bis zum Nordosten wird diese Ebene von den südöstlichen Taurusbergen begrenzt, die an vielen Stellen Höhen über 2500 Meter erreichen und sehr zerklüftet sind, weshalb sie für die operierende Guerilla geeignet ist. Die Ebene hat einen Durchmesser von ca. 70 - 100 km.
Amed befindet sich im Übergangsbereich von der arabischen Platte zu den Hochebenen von Ararat und Anatolien.

Die Provinz Amed grenzt an viele Städte in der Mitte Kurdistans: im Osten an Batman, Besiri, Kozluk und Sason, Mus-Zentrum; im Süden an Merdin, Mazidagi, Savur, Gercüs; im Westen an Ruha (Urfa), Siverek, Viransehir zu Semsur (Adiyaman) gehörendes Genger, an das zu Meleti (Malatya) gehörende Pötürge; im Norden an die zu Elaziz (Elazig) gehörenden Bezirke Sivrice, Maden und Palu und an die zu Cewlik (Bingöl) gehörenden Bezirke Genc und Solhan.

Die Entfernung von Amed zu anderen Städten beträgt folgendermaßen: Ruhe (Urfa) 184 km, Elaziz 162 km, Van 384 km, Ankara 946 km, Istanbul 1384 km, Semsur (Adiyaman) 205 km, Erzirom 330 km, Merdin 94 km, Dersim 295 km.

Die Ebenen in der Region haben im allgemeinen eine rotbraune Farbe und reihen sich meist wie eine Kette mit den Tälern aneinander, durch welche Flüsschen und Bäche in den Tigris-Fluss fließen. Die wichtigsten Ebenen in dem Gebiet sind:
Gevran-Ebene (auch Ergani-Ebene genannt), Karahan-Ebene, Gervan-Ebene, Amed-Ebene, Karahan-Ebene, Kiki-Ebene, Behremki-Ebene, Dide-Serit-Ebene (Pamuklu, Anbarcay, Sinan und die Silvan-Ebene).

Der wichtigste Fluss Diyarbakirs ist der Tigris (Dicle). Mit seinen vielen großen und kleinen Seitenarmen ist er der die ganze Region bewässernde Fluss.

Seine Quelle ist der Hazar-See und durch viele schon früh einmündende Wasserzuläufe fließt der Tigris sehr üppig. Die Länge des Tigris vom Ursprung in Gölcük in 1155 Meter über dem Meeresspiegel bis zur Grenze Südkurdistans beträgt 452 Kilometer. In Amed fließt er auf 560 Meter Höhe und in Cizre schließlich auf 350 Meter Höhe.

Außer dem Fluss Amed sind der Ambar Cayi, Batman Cayi, Kalhane Suyu, Medya Cayi, Sinek Cayi, Göz Suyu, Sinan Suyu und Cüngüs Suyu die fließenden Gewässer der Region.

Die Stadtmauern Ameds sind weltweit berühmt. Nach der chinesischen Mauer sind sie heute mit einer Länge von 5 km die längsten noch stehende antike Mauer. Sie wurden im 3.Jhd. v. u. Z. errichtet und vom Mitanni-Reich ausgebaut. Von Zeit zu Zeit wurden diese Mauern immer wieder renoviert oder ausgebaut. Auf den Mauern befinden sich Motive wie Sonnen- und Sternensymbole, Löwe, Stier, Reh, Adler, Pferd, Krebs und Waffen, die u.a. von der arischen Kultur zeugen.

Amed war bis zu einer bestimmten Zeit innerhalb der Stadtmauern eingeschlossen, breitete sich jedoch später durch die Weiterentwicklung des Stadtzentrums um die Mauern herum aus.

In der Stadtmauer finden sich 7 Tore, durch die jeweils die Verbindung mit einem Bezirk hergestellt wurde. Heute existieren nur noch die vier Tore Dagkapi, Urfakapi, Merdinkapi und Diclekapi und die heute noch stehende 12 Meter hohe und 3 - 5 Meter breite Stadtmauer befindet sich im Stadtzentrum.

Etwa 50% der Gebäude des Stadtzentrums sind historische Gebäude. Außerdem erfreuen verschiedene architektonische Werke wie Schlösser, Burgen, Moscheen und Minarette das Auge. Die Melonen von Amed sind sehr berühmt. Jedes Jahr wird ein Melonenfestival veranstaltet, auf dem Melonen in verschiedenen Größen gezeigt werden.

Erdöl, geologische Bodenschätze wie Eisen und Blei-Zink sind die hauptsächlichen unterirdischen Reichtümer Ameds, wobei die Bergwerke in der Umgebung von Ergani einen wichtigen Platz einnehmen.
In der Nähe des Bezirkes Dicle gibt es Barit , in der Umgebung des im Bezirk Cinar gelegenen Dorfes Ballibaba Phosphor. Außerdem spielen die Rohstoffe für Ziegel, die es in der Nähe der Zentralprovinz gibt und die in der Nähe der Provinz Hazro vorkommende Steinkohle eine wichtige Rolle unter den Bodenschätzen Ameds.

In Amed gibt es zwei Heilquellen:

Die Cermik-Quelle befindet sich 3 Kilometer von der Stadt Cermik entfernt, an der Hauptstraße Amed-Cermik. Die Wassertemperatur dieser Quelle beträgt 40 Grad, aus der in der Sekunde 3 Liter fließen. In der Umgebung dieser Quelle, die bei verschiedenen Krankheiten heilsam ist, befinden sich 23 Hotels.

Das Ankaris-Heilwasser befindet sich an der Hauptstraße Amed-Hani 3 Kilometer von der Stadt Hani und hilft bei Gelbsucht und Nierensteinen.

Klima

In Amed ist ein strenges Festlandklima und halbtrockenes Ebenenklima vorherrschend. Die Sommer in der Region sind ziemlich heiß und die Winter mäßig kalt. Die heißesten Monate im Zentrum sind Juni, Juli, August und September. Die Monate, in denen die Temperaturen unter 0 Grad sinken sind Januar und Februar. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 15,9 Grad. Das Jahresmittel der Niederschläge in der Region beträgt 495,9 mm. In den Randbezirken liegt das Niederschlagsmittel viel niedriger als im Zentrum. Im Dezember, Januar, Februar und März sind die meisten Niederschlägen, dagegen im Juli und August die Wenigsten.
Die mittlere Windgeschwindigkeit im Zentrum Ameds beträgt 2,6 m. Der stärkste Wind ist ein Festlandswind. Nach den Statistiken sinken die Temperaturen in Amed an 64 Tagen unter 0 Grad und steigen an 124,4 Tagen über 30 Grad. Als höchste Temperatur im Stadtzentrum wurde 46,2 Grad gemessen.

Siedlungsgebiete und Einwohnerzahlen

Amed hatte vor den Flüchtlingsströmen in den letzte Jahren nach Dolik (Antep) die zweitgrößte Einwohnerzahl der Städte Nordwest-Kurdistans. Überhaupt hat sich die Demographie infolge des schmutzigen Krieges des türkischen Staates in Kurdistan verändert. Wir werden hier die Zahlen von 1990 geben:
Zu Amed gehören 11 Bezirke, 14 Landkreise und 670 Dörfer. Im Jahr 1990 betrug die Gesamteinwohnerzahl 778.150 Menschen, die Fläche 15.354 Quadratkilometer. Nach dem Zentrum sind die am dichtesten besiedelten Bereiche Silvan, Bismil und Ergani.
Zentralbezirk: Er ist der Einwohnerzahl und der Fläche nach das größte Siedlungsgebiet. 1990 betrug die Einwohnerzahl 323.448 (heute dürften nach verschiedenen Schätzungen 1,5 - 2,5 Millionen Menschen dort leben) und ist 3.010 Quadratkilometer groß.
Die Einwohnerdichte lag bei 107 Personen pro Quadratkilometer im Jahr 1990.
Bezirk Lage Einwohnerzahl Gesamtfläche qm Einw. pro qm
Bismil Nordosten 61.517 1.748 36
Cermik: Südwesten 36.893 1.032 32
Cinar: Süden Diyarbakirs 35.668 1.952 18
Cüngüs: nordwestl. Gebirge 17.995 489 37
Dicle: Norden Gebirge 35.170 738 48
Ergani: nördlich Ameds 59.359 1.489 40
Hani: Norden Gebirge 23-018 415 55
Hazro: gebirg. Nordosten 18.947 419 45
Kulp: Nordosten 42.047 1.601 26
Lice: Norden Ameds 41.402 1.083 38
Silvan: Osten 82.699 1.379 60

Große Bevölkerungsverluste hatten vor allem die Bezirke Kulp, Lice, Silvan, Dicle, Hani und Hazro als Folge der systematischen Entvölkerungsaktionen der türkischen Armee.
+ hat Flüchtlinge aufgenommen evtl. Verdoppelung der Einwohnerzahl
++ Name erinnert an Scheich-Said-Aufstand 1925
+++ am dichtesten besiedelte Provinz

Kultur

Die Kultur ist in Amed sehr stark entwickelt und spiegelt die Tradition der kurdischen Kultur wieder. Ein Großteil der fälschlicherweise als türkisch bezeichneten Volksmusik kommt aus Amed und eine Reihe von Sängern sind durch Lieder aus Amed “berühmt” geworden. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Leute von Amed ein Talent für Folklore und Musik haben, in fast jedem Stadtteil gibt es eine Folklore- oder Musikgruppe. Die Lieder von Amed sind meist traurige Lieder. Die Hochzeiten werden mit großen Festen gefeiert, dabei wird der Dik-Tanz aufgeführt, der mit davul - zurna (große Trommel und Oboe) begleitet wird und sehr lebendig und lebhaft ist.

Amed im nationalen Befreiungskampf

In Amed konzentrierten sich die Aktivitäten der verschiedenen kurdischen Organisationen im Widerstand gegen die Fremdmächte. Somit spielte Amed eine wichtige Rolle bei der Kolonialisierung unter der Herrschaft der türkischen Republik.
In den Epochen der Vergangenheit ist Amed (Diyarbakir) als die Hauptstadt Kurdistans betrachtet worden. Sie besaß eine kosmopolitische Struktur auf wichtiger Ebene und war und ist ein Gebiet, wo Personen aller sozialer Schichten aufeinandertreffen.
Deshalb gab es sowohl in der Vergangenheit, als auch heute anhaltend Versuche der türkischen Herrschenden, gerade in Amed ein Zentrum zur Verbreitung der kemalistischen Ideen zu stärken und somit ein Art Modellkemalismus zur errichten.

Vor dem Putsch 1980 hatte Amed eine große Basis für die Opposition. Nach dem Putsch 1980 konzentrierte sich der Widerstand im E-Typ Gefängnis. Dort führten kurdische Gefangene 1982 Widerstände und Todesfasten durch. Diese Zeit, die von Angst, Einschüchterung und Schrecken überschattet war, beeinflusste und prägte im nachhinein viele Menschen.
Der Gefängniswiderstand wurde zu einer Quelle, um die Bevölkerung wieder zu organisieren.

In den folgenden Jahren wuchs langsam, aber stetig die kurdische Freiheitsbewegung auch hier an. 1991 demonstrierten mehr als 100.000 Menschen, weil ein damaliger Funktionär der HEP (Vorgänger von HADEP) namens Vedat Aydin ermordet wurde. Der Staat antwortete mit einem Massaker: mehr als 15 Tote, Hunderte Verletzte. Dies bildete einen Wendepunkt, denn nun breitete sich der Krieg aus, was auch nun direkt in Amed zu spüren war.

Hunderte Menschen pro Jahr wurden tagtäglich auf offener Straße von Killerkommandos des türkischen Staates kaltblütig niedergeschossen.

Dorfzerstörungen und Vertreibungen führten dazu, dass Hunderttausende nach Amed kamen. Die Stadt wuchs von etwa 400.000 auf heute mehr als 1,5 Millionen Menschen an.

Im April gewann dann die HADEP bei den Kommunalwahlen mit knapp 70% den Bürgermeisterposten. Seitdem ist ins Rathaus eine neue Form des Regierens auf kommunaler Ebene eingezogen.