In Erinnerung an unsere Freundinnen Amara und Uta Berxwedan jiyan e – Leben bedeutet Widerstand zu leisten! Servin Nudem |
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„... damit der Traum Wirklichkeit wird“ Ich hab geträumt,
der Krieg wär vorbei, Der Traum ist aus!
Der Traum ist aus! Gibt es ein Land
auf der Erde, Der Traum ist ein
Traum, zu dieser Zeit, Der Traum ist aus!
Der Traum ist aus! |
Dieses
Lied spricht von den Träumen und der Hoffnung, die zwei unsere Freundinnen
im Herzen trugen und für deren Realisierung sie lebten und kämpften. Träumen
tun diesen Traum viele Menschen. Sie träumen von einer Welt ohne Kriege
und Gefängnisse, von einer herrschaftsfreien Welt, in der alle Menschen
gleichberechtigt und solidarisch ohne trennende Grenzen leben. Doch nur
wenige Menschen überwanden die Angst und hatten den Mut zu sagen: „... aber
ich werde alles geben, dass dieser Traum Wirklichkeit wird!“ Und nur sehr
wenige von ihnen machten sich auf den Weg, nach einem Land zu suchen, in
dem sich der Traum verwirklichen ließe. Letztendlich verließ viele damit
auch der Mut zu träumen. Und so blieb ihnen letztendlich nichts anderes
übrig, als sich in die Verhältnisse eines Landes und die Monotonie des Alltages
einzugliedern, mit denen sie sich einst im Widerspruch befanden. Doch entgegen
dem Zwang zur Unterordnung und Gleichgültigkeit gibt es doch Menschen, die
aus den für sie vorbestimmten Bahnen ausbrechen. Ihnen gelingt es, die scheinbar
unüberwindbaren Grenzen zu überwinden, ihre Geschichte im Zusammenhang mit
der Geschichte anderer Menschen und Völker zu begreifen und gemeinsam nach
neuen Befreiungsperspektiven zu suchen. Diese Suche führte unsere Freundinnen
Uta und Amara nach Kurdistan.
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Ein Jahr ist nun vergangen, seit uns am 31. Mai 2005 die unbegreifliche Nachricht erreichte, dass unsere Freundinnen Uta und Amara bei einem tragischen Autounfall in Südkurdistan ihr Leben verloren hätten. Uta und Amara, zwei Internationalistinnen, die niemals aufgehört haben, den Traum von einem freien Leben zu träumen und die auf der Suche nach Wegen waren, diesen Traum zu realisieren – auch wenn sie wussten, dass es schwer ist. Ihre Kraft und Lebenslust, ihre Ideen und Kritiken begleiteten uns tagtäglich und sind bis heute lebendig. Auch wenn sie in unseren Herzen und Gedanken weiterleben, so verspüren wir zugleich auch immer wieder die unbeschreiblichen Schmerzen über den Verlust. Ihre physische Abwesenheit hat bei uns allen, ihren Freundinnen und Freunden, Bekannten und Verwandten eine große, unauffüllbare Leere hinterlassen ... Trotz der sehr verschiedenen Lebensgeschichten vereinigten
sich die Ziele und Wege von Uta und Amara, die sie schließlich nach Kurdistan
führten: Amara wurde im Jahr 1981 als Kind einer türkischen Familie in
Ankara geboren. Im Anschluss an ihre Schulzeit studierte sie dort Soziologie.
Während ihrer Studienzeit an der Universität in Ankara lernte sie die
kurdische Befreiungsbewegung kennen und beteiligte sich an den Kampagnen
der kurdischen StudentInnenbewegung. Denn sie konnte und wollte zu dem
Unrecht und der Verleugnungspolitik des türkischen Staates nicht schweigen.
Nachdem sie aufgrund ihres politischen Engagements verhaftet worden war,
ging sie nach ihrer Freilassung aus dem Gefängnis nach Europa. Hier spielte
sie bis zum Frühjahr 2005 eine aktive Rolle in der Arbeit der kurdischen
Frauenbewegung. Sie trug die Freiheitsideologie dieses Kampfes in ihrem
Herzen und ihrem Bewusstsein. Und es war ihr insbesondere wichtig, hierfür
auch andere junge Frauen zu gewinnen. Mit ihrer warmen Ausstrahlung und
Lebensfreude konnte Amara schnell Freundschaften aufbauen. Freundschaft
und Prinzipien hatten in ihrem Leben einen hohen Stellenwert. Beharrlich
hinterfragte sie Widersprüche und zeigte ihre Ungeduld gegenüber Unzulänglichkeiten.
Das systemkonforme Leben in Europa fand sie unerträglich. Demgegenüber
wartete sie mit großer Ungeduld darauf, wie sie es ausdrückte, „endlich
von ihrem Recht Gebrauch zu machen“, die Natur und den Kampf in den Bergen
Kurdistans kennen zu lernen. Der internationalistische Freiheitskampf und die Suche nach einem menschenwürdigen Leben, ihre aktive Teilnahme an der Vollversammlung des Kongra-Gel sowie ihre Entschlossenheit, ihre Erfahrungen und ihr Wissen für den Aufbau einer freien Gesellschaft einzusetzen, all dies charakterisierte die Lebensgeschichten unserer Freundinnen Uta und Amara. Aber der plötzliche Tod im Mai raubte ihnen die Gelegenheit, den Sommer zu erleben und das Heranreifen der Früchte ihres Wirkens in der kurdischen Frauenbewegung weiterzuverfolgen. Jedoch haben sie als Frauen selbstbestimmt ein Leben gelebt, das viele sich nicht getraut hätten zu leben. Aber durch ihren Mut und ihre Liebe haben sie zugleich vielen anderen Menschen neuen Mut gegeben, beharrlich zu sein, zu träumen und zu kämpfen – bis der Traum Wirklichkeit wird! |
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An
die wertvollen FreundInnen und GenossInnnen von Ekin Ceren Amara
Es ist ein Jahr ohne unsere Tochter vergangen. Die Eltern von Amara Ankara, Mai 2006 |