„Hînbûna
Kurdî – Kurdisch lernen“
Reimar Heider
Obwohl es einige Lehrbücher
der kurdischen Sprache gibt, hatten diese in der Vergangenheit stets
mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Keines war darunter, das man
uneingeschränkt empfehlen konnte. Deshalb wird hin und wieder der Versuch
unternommen, ein neues Lehrbuch auf den Markt zu bringen. Mehr durch
Zufall stieß ich auf das kürzlich erschienene „Hînbûna Kurdî - Kurdisch
lernen“ von Ahmed Begik und Rosemarie Neumann.
Das Buch kommt in einer spartanischen Gestaltung daher, auf 240 DIN
A4-Seiten finden sich kaum Abbildungen, und die vorhandenen sind aus
anderen Lehrbüchern übernommen. Dagegen enthält es sonst alles, was
man sich von einem Lehrbuch wünschen kann: Dialoge, Lesetexte, intelligent
gestaltete Übungen, Konjugationstabellen, Wörterlisten deutsch-kurdisch
und kurdisch-deutsch und sogar einen Grammatikindex. Man merkt auf den
ersten Blick: Dies sollte ein Allroundbuch werden, mit besonderem Schwerpunkt
auf Dialogen und der Vermittlung der Grammatik.
Die Zielgruppe des Buches ist nicht ganz offensichtlich. In den Aufgaben
werden die LeserInnen durchgehend gesiezt, auf die Frage „Wie alt bist
Du?“ stehen allerdings nur die Zahlen 1–12 zur Verfügung. Auch die äußerst
spärlichen Abbildungen sind Kinderbüchern entnommen.
Andererseits sind viele Erläuterungen der grammatischen Konstruktionen
recht anspruchsvoll gehalten und keineswegs kindgerecht.
Tatsächlich betont schon das Vorwort die besondere Situation des Kurdischlernens.
Oft sind keine Kurse vor Ort, viele Lernende sind weitgehend auf sich
allein gestellt. Bekannt ist auch die Situation, dass MuttersprachlerInnen
eine bestimmte grammatische Konstruktion zwar kennen, aber nicht ausreichend
erklären können. „Hînbûna Kurdî“ leistet in dieser Hinsicht hervorragende
Arbeit. Ich kenne kein anderes Lehrbuch, welches die Grammatik so ausführlich
und gut erklärt. Dabei wimmelt es allerdings von lateinischen Fachbegriffen.
Leider enthält das Buch viele unnötige Fehler und Ungenauigkeiten. „Hînbûna
Kurdî“ ist wahrscheinlich das einzige Lehrbuch, das es fertigbringt,
auf der Titelseite einen Rechtschreibfehler im Buchtitel zu enthalten
(KURDİ statt KURDÎ). Bedeutender ist ein Fehler in der Aussprachetabelle:
Das erste „i“ in Mizgîn wird mit dem „I“ im deutschen Wort „Insel“ gleichgesetzt,
was bei Anfängern für erhebliche Verwirrung sorgen dürfte. Auch bei
„r“ und „x“ sind die Erklärungen mangelhaft. Obwohl das „x“ dem deutschen
„ch“ in „Bach“ oder „machen“ entspricht, sehen die Autorinnen „kein
Vorbild im Deutschen“.
Kurdisch ist noch nicht standardisiert, deswegen gibt es gerade in Fragen
der Rechtschreibung viele Diskussionen. Trotzdem zeichnen sich in vielen
Fragen seit einigen Jahren de-facto Konventionen ab, die für die meisten
kurdischen Presseorgane gelten. So verwenden beispielsweise mittelerweile
alle Neuerscheinungen das Standardalphabet, was in Petra Wurzels „Rojbaş“
und Ludwig Pauls „Kurdisch Wort für Wort“ noch nicht der Fall ist. Leider
verlässt „Hînbûna Kurdî“ diesen Konsens jedoch an anderen Stellen und
schreibt beispielsweise „gotîye“ statt „gotiye“, „zman“ statt „ziman“,
„dixweynim“ statt „dixwînim“ und „Tirk“ statt „tirk“. Schlimm daran
ist vor allem, dass anders als bei grammatischen Varianten kein Hinweis
auf die verbreiteteren Varianten erfolgt.
Der Wortschatz ist überwiegend praxisnah und gut gewählt, einige Wörter
wie „canik“ (Dame) sind allerdings kaum geläufig, wie mir zwei Muttersprachlerinnen
bestätigten.
Die Kritikpunkte sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die AutorInnen
mit „Hînbûna Kurdî“ ein solides Lehrbuch vorgelegt haben, das vielen
Ansprüchen gerecht wird. Für Erwachsenenkurse besonders an Universitäten
und zur Vertiefung von bereits Gelerntem kann ich „Hînbûna Kurdî“ empfehlen,
ebenso als Kurzgrammatik, da die Grammatik von Bedirxan praktisch nicht
erhältlich und sehr ausführlich ist. Zusammen mit Übungsbuch und Vokabelliste
erhält man für 18 Euro einen Band, der alles Nötige enthält.
Herausgeber des Buches ist der in Köln ansässige Verein „Eine Schule
für Kurdistan e. V.“ zusammen mit „Neue Deutsche Schule“, dem Verlag
der GEW Nordrhein-Westfalen.
Zu bestellen ist es bei „Eine Schule für Kurdistan e. V.“, Glockenblumenweg
4, 51061 Köln, zum Preis von 18,– Euro. Die ISBN lautet 978-3-87964-311-0