Mit veränderter Strategie und Taktik ins 21. Jahrhundert

Beschlüsse des 7. Kongresses der PKK über die organisatorische Neuordnung der Partei
Aus der Zeitschrift Serxwebun

In der letzten Ausgabe des Kurdistan Report veröffentlichten wir die Beschlüsse des außerordentlichen 7. Kongresses der PKK und einen Bericht. Die PKK hat die Demokratisierung der Türkei mit ihrer eigenen Demokratisierung und Umstrukturierung verbunden. Wir veröffentlichen die diese Fragen betreffenden Beschlüsse des außerordentlichen 7. Kongresses der PKK.
Nach dem Abschluss ihrer Erneuerungsphase geht unsere Partei mit einer veränderten Strategie und Taktik in das 21. Jahrhundert.
Unsere Partei entstand in den 70er Jahren aus einer ideologischen Gruppe und drückte dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts ihren Stempel auf. Die PKK-Bewegung hat ihre ideologische und politische Linie, ihre Kampfmethoden, ihre Taktik und ihren organisatorischen Aufbau den in der Welt, der Region, der Türkei und in Kurdistan vorgefundenen Bedingungen angepasst und weiterentwickelt.
In den 90er Jahren kam es weltweit zu erheblichen Veränderungen in der Wirtschaft, der Politik und den sozialen Entwicklungen, die gemeinsam zu entscheidenden Veränderungen und einer neuen Ordnung der Welt führten. Dies wiederum zwang unsere Partei zu erneuten Modifikationen. Obwohl sich unsere Partei bereits seit mehreren Jahren mit diesen Veränderungen beschäftigt hatte, wurden sie sowie die aus ihnen folgende neue Phase der Partei erst durch die Analysen und Ausführungen des Parteivorsitzenden Abdullah Öcalan auf Imrali verwirklicht. Man erkannte die Notwendigkeit, den eigenen Blickwinkel zu verändern, von der Herangehensweise an die nationale Frage bis hin zu umfassenden gesellschaftlichen Problemen und den Kampfmethoden. Die veränderte Wirklichkeit erfordert auch eine Neustrukturierung innerhalb der Organisation.
Da die türkische Regierung während der Zeit der Republik mit ihrer Verleumdungspolitik, ihrer oligarchischen Politik und Justiz unserer Partei keine andere Möglichkeit ließ, sah sich unsere Partei gezwungen, den revolutionären Kampf in den Vordergrund zu stellen.
Der Grundstein für unsere Partei wurde in der Türkei von der intellektuellen Jugend gelegt. Dieser Aufbau, den unser Vorsitzender mitgestaltete, verlagerte sich dann von der Türkei nach Kurdistan, wo die Organisierung in den unterschiedlichen Regionen und unter den verschiedenen Bevölkerungsschichten vorangetrieben wurde. Es wurde versucht, das Proletariat (unter Einschluss der Landarbeiter) auf der Basis des revolutionären Widerstandes zu organisieren, um gegen die Macht ankämpfen zu können, die eine demokratisch-revolutionäre Entwicklung verhinderte. Zu dieser Zeit war es zwingend erforderlich, in strengster Konspiration und Illegalität zu arbeiten, da die Organisation mit allen Mitteln bekämpft wurde. In manchen Regionen bekam die Organisation einen enormen Zulauf von der ärmsten Dorfbevölkerung und dem gesamten Volk, so dass sich die übrigen Gründungsmitglieder und der Vorsitzende entschlossen, eine Partei zu gründen. Nach der Gründung der PKK wurde die Organisation überwiegend aus dem armen Bevölkerungsteil der Dörfer, der Arbeiterklasse, sowie der intellektuellen Jugend aufgebaut und den Bedingungen entsprechend Komitees und Niederlassungen gegründet. Nach dem Militärputsch (vom 12. 9. 1980 an) zog sich unsere Partei ins Ausland zurück, entwickelte eine militärische und politische Ausbildung und bereitete sich auf den Guerillakampf vor. In den folgenden Jahren wurden nicht nur Kurden in der Türkei, sondern auch in anderen Ländern organisiert. Nachdem der 15. August ein Erwachen unseres Volkes ausgelöst hatte, wurde die ERNK (Nationale Befreiungsfront) und in der 3. Mitgliederversammlung der Partei die ARGK (Volksbefreiungsarmee) gegründet.
Unsere Partei hat heute alle Kurden in Kurdistan und die große Mehrheit der im Ausland lebenden Kurden erreicht. So hat das kurdische Volk zum ersten Mal in seiner Geschichte ein gemeinsames Denken und kollektives Bewusstsein entwickelt und sich organisiert. Heute hat unsere Partei mehr erschaffen und ist viel mehr als nur eine Partei. Sie hat alle Institutionen geschaffen, die für ein Volk notwendig sind, wie z.B. Medien, kulturelle Institutionen und als letztes den KNK (Nationalkongress Kurdistans). Die PKK ist eine internationale Bewegung. Sie wurde durch ihre Ideologie zwar regional gegründet, doch hat sie mittlerweile viele Freunde und Förderer aus anderen Nationen und Völkern gewonnen und sich mit verschiedenen Organisationen solidarisiert.
Ein weiterer Bereich, dem sich unsere Partei und unser Vorsitzender intensiv widmeten, ist die freie Organisierung unter den Frauen. Nach dem 3. Parteikongress wurde der YJWK (Verband der freien patriotischen Frauen Kurdistans) gegründet, später nahm der Verband den Namen YAJK (Freier Frauenverband Kurdistans) an, ist heute eine bedeutende Kraft und kann sich frei und unabhängig gestalten. Daher hat sich unser Frauenverband während der 6. Mitgliederversammlung der Partei entschlossen, eine Frauenpartei mit dem Namen PJKK zu gründen.
All diese Entwicklungen zeigen, dass unsere Partei die Wiederbelebung einer ganzen Nation weitgehend erfolgreich abgeschlossen hat. Doch unser jetziges Organisationssystem ist nicht geeignet, entsprechend den Bedingungen der neuen Weltordnung zu agieren. Daher ist es notwendig, organisatorische Veränderungen vorzunehmen, damit unsere neue Strategie und Taktik zum Erfolg führten.
Unter der Führung unserer Partei hat der nationale Unabhängigkeitskampf gegen die Verleumdungs- und Vernichtungspolitik des türkischen Staates in Kurdistan wichtige Entwicklungen in Gang gesetzt und auch in der Türkei zu Veränderungen geführt. Damit wurden alle Voraussetzungen geschaffen, statt des bewaffneten Widerstandes einen politischen Kampf zu führen. Aus diesem Grunde muss unsere Partei auch bedeutende organisatorische Änderungen vornehmen. Diese neue Organisierung macht es erforderlich, einige nicht mehr notwendige Institutionen abzuschaffen, während neue geschaffen werden müssen, die der demokratische Kampf erfordert. Unsere Volksbefreiungsarmee ARGK hat ihre Arbeit erfolgreich erfüllt, indem sie die Verleumdungs- und Vernichtungspolitik abwehrte und damit deren Misserfolg offenkundig machte. Die ARGK hat es weitgehend erreicht, die Hindernisse für eine erfolgreiche demokratische Lösung unserer Probleme zu beseitigen und das Kurdenproblem weltweit auf die Tagesordnung zu setzen. Trotzdem wird die ARGK bestehen bleiben, um das kurdische Volk nötigenfalls solange zu verteidigen, bis in der Türkei die erforderlichen Verfassungsänderungen durchgeführt werden und die kurdische Identität Anerkennung findet.
Auf die gleiche Weise muss sich die ERNK neu organisieren und verändern. Unsere Partei hat unserem Volk in Nordwestkurdistan und der Türkei zur Wiedergeburt verholfen und wird die dabei gewonnene Führungsrolle auch in der Phase der Inangriffnahme einer demokratischen Lösung innehaben. Sie hält es jedoch für erforderlich, auch in den anderen kurdischen Gebieten, mit den anderen Völkern, die mit dem kurdischen Volk zusammen leben, eine demokratische Lösung zu fordern und voranzutreiben. Unser Kampf hat auch in diesen Gebieten die notwendige Entwicklung in Gang gesetzt. Alle diese Themen hat unsere Partei auf dem 7. außerordentlichen ausführlich diskutiert und folgende Beschlüsse gefasst:
1) Da wir uns in einer Phase grundlegender Veränderungen unserer Politik befinden, ist es notwendig, auf höchster Ebene der Partei organisatorische Umgestaltungen vorzunehmen, neue Organisationen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Umorganisierung erfolgreich alle an jedem Ort erreicht. Diese Aufgabe wird die PKK übernehmen, da sie die Möglichkeit hat, ihre Organisationen in alle Regionen, in denen das kurdische Volk lebt, zu entsenden, sie aufzubauen und zu entwickeln.
2) In der Türkei soll eine legale Partei gegründet werden, die die demokratische Lösung des Kurdenproblems anstrebt, da fast die Hälfte des kurdischen Volkes in der Türkei lebt. Außerdem soll ein demokratischer Block geschaffen und gefördert werden, der nicht nur bestimmte Klassen und ethnische Gruppen anspricht, sondern sämtliche Probleme in der Türkei aufgreift.
3) Im ganzen Süden unseres Landes sollen unsere Aktivitäten, die bisher unter dem Namen PKK-Basur (Süd) liefen, eine demokratische Bewegung und demokratische Veränderungen zum Ziel haben.
4) In Ostkurdistan soll unser Volk eine demokratische Bewegung mit dem iranischen Volk für ihre demokratischen, kulturellen und anderen Rechte schaffen und entwickeln.
5) Im Kleinen Süden (syrischer Teil; Anm. d. Übers.) soll unser Volk zusammen mit dem arabischen Volk eine demokratische Bewegung schaffen und vorantreiben, um die vorhandenen legalen Rechte mit den vorhandenen Organisationen weiter zu entwickeln und zu fördern.
6) Die in der Gruppe der europäischen Staaten lebenden Kurden sollen sich mit dem Ziel organisieren, ihre ethnischen und kulturellen Werte zu schützen und ihre Verbundenheit mit ihrem Land in Einheit und gegenseitiger Unterstützung in einer Freiheitsbewegung zu stabilisieren und zu fördern.
7) Die Kampfeinheit für eine nationale und gesellschaftliche Befreiung, die ARGK, soll neu organisiert und entsprechend den neuen Bedingungen und dem demokratischem Kampf als Verteidigungskräfte weiter bestehen.
8) Die freie Frauenbewegung (PJKK) soll sich den neuen Bedingungen entsprechend organisieren, sich mit den Organisationen der freien Frau in der Welt verbinden und zu einem geeigneten Zeitpunkt eine außerordentliche Mitgliederversammlung durchführen.
9) Die Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) soll sich in die Kurdische Demokratische Volksunion umwandeln und versuchen, die demokratischen, sozialen, kulturellen und sonstigen Bedürfnisse unseres in Europa lebenden Volkes durchzusetzen, indem sie sich neu organisiert und umgestaltet, die in die ERNK eingegliederten Organisationen und Verbände den neuen Umständen anpasst, andere Nationen aus Kurdistan bei deren Organisierung unterstützt und indem die ERNK-Flagge als Symbol für die kurdische Identität und die kurdische nationale Einheit in allen Regionen Akzeptanz findet.
10) Alle Institutionen unserer Medien sollen zentral organisiert werden.
11) Nationale Kultur- und Kunstinstitutionen sollen zentralisiert werden.
Politische Arbeit
Es ist das größte Versäumnis unserer Partei, dass sie sich nicht genügend in der Türkei organisiert hat und wenig Beziehungen in der Türkei hat, obwohl sie außerhalb unseres Landes größte Unterstützung findet. Unsere veränderte Strategie basiert vor allem darauf, dass die Demokratisierung in der Türkei Erfolg hat. Deshalb müssen die Massen in der Türkei umfassend organisiert und eine aktive Bewegung geschaffen werden. Es ist wichtig, diese Öffentlichkeitsarbeit, die unsere Partei von Anfang an zum Ziel hatte, richtig durchzuführen. Von den Werktätigen bis zur breiten demokratischen Öffentlichkeit müssen alle Schichten angesprochen und organisiert werden. Hierbei sollten wir uns nach unseren Parteirichtlinien verhalten und weder als Mitläufer noch individualistisch oder als Befehlshaber auftreten. Auch ist es zwingend erforderlich, nicht nur die Kurden, sondern auch alle anderen Nationen unter Berücksichtigung ihrer nationalen, sozialen und ethnischen Besonderheiten zu organisieren. Außerdem soll diese Öffentlichkeitsarbeit nicht auf die Guerillaeinheiten gestützt, sondern auf der Grundlage ihrer eigenen Kräfte und Möglichkeiten entwickelt werden.
In der breiten Öffentlichkeit muss sehr vielseitig und vielschichtig gearbeitet werden. So muss z.B. von der Gewerkschaftsarbeit bis zu jeder Art von Vereinen und legalen Parteien alles genutzt werden. Ebenso soll der demokratische politische Kampf entwickelt und von passiven Rechtsbekundungen bis zu Demonstrationen und Streiks alle möglichen Aktionen entwickelt werden. Es ist unerlässlich, die während der langen Kriegsjahre unterbrochenen Beziehungen zwischen dem kurdischen und dem türkischen Volk neu zu knüpfen, den gegeneinander geschürten Hass in demokratische und friedliche Willensbekundungen und Gefühle umzuwandeln und die Brüderlichkeit der Völker in Kampagnen und Aktionen zu entwickeln und zu fördern. Nur die Berücksichtigung der besonderen Situationen und Bedingungen jeder Schicht kann eine erfolgreiche Organisierung der Bevölkerung nach sich ziehen. Arbeiter und Werktätige sollen in Gewerkschaften, Vereinen und Verbänden organisiert, den Bedingungen entsprechende Aktionen entwickelt und auf dieser Basis die breiten Massen der Bevölkerung organisiert und eine demokratische politische Bewegung erschaffen werden. Besonders das große Potential der Frauen soll von der legalen Parteiarbeit bis zu den verschiedensten Stiftungen und Vereinen in diese Arbeit einbezogen werden und mit friedlichen und demokratischen Aktionen die Bildungs- und Kulturarbeit weiterentwickelt werden. Von besonderer Wichtigkeit ist es, die Jugend in verschiedenen Jugendorganisationen zusammenzuschließen und im politischen Kampf zu unterstützen. Richtig ist auch, die Dorfschützer, die dem kurdischen Volk keinen Schaden zugefügt haben, oder die sich zu ihrem Volk bekennen, der neuen Situation entsprechend in unsere Arbeit einzubeziehen und zu organisieren.
Bei einer solchen Öffentlichkeitsarbeit ist es wichtig, sich mit anderen demokratischen politischen Organisationen zu vereinen oder Bündnisse zu schaffen. In verschiedenen Situationen können mit ihnen zusammen Dachorganisationen und Wahllisten gebildet werden, wie auch viele verschiedene andere Verbindungen und Einheiten. Daher sollten unsere Beziehungen zu diesen Organisationen, mit denen wir im Widerspruch stehen, so gestaltet werden, dass potentielle Verbindungen mit ihnen keinen Schaden nehmen können. Die vom Volk gewählten regionalen Vertretungen und öffentlichen Ämter sollen vom Volk unterstützt und gefördert werden. Auch in den anderen kurdischen Gebieten soll auf diese Weise gearbeitet werden. Die auf Grund des Krieges im Exil lebenden Flüchtlinge können in die Heimat zurückkehren. Die in Europa lebenden Flüchtlinge und Personen können sich aber auch ihren regionalen Gegebenheiten entsprechend organisieren und unseren Kampf unterstützen, indem sie dort politische Arbeit leisten.
Kulturarbeit
Der Bereich der Kultur und Sprache hat einen besonderen Platz bei der friedlichen und demokratischen Lösung des Kurdenproblems. Durch die bisher geleistete vielschichtige Arbeit und Organisierung ist hier eine solide Grundlage geschaffen worden. Jetzt muss dieser wichtige Bereich noch besser strukturiert und nicht nur als Teilbereich in der gesamten Organisation gesehen werden. Es ist eine vielseitige Arbeit erforderlich, um die kurdische Sprache systematisch zu entwickeln und zu fördern. Hierfür ist es nötig, die Arbeit der Sprachwissenschaftler zu fördern und zu unterstützen, Institutionen der Linguistik zu schaffen und zu organisieren. Die Spracherziehung wie auch Fortbildungskurse sollen in Schulen und Kursen den regionalen Gegebenheiten entsprechend entwickelt und dazu Lehrer ausgebildet werden. Insbesondere Kinder und Jugendliche sollen ihre gesamte schulische Erziehung in kurdischer Sprache erhalten, wofür die Möglichkeiten geschaffen werden müssen. Die Arbeit soll auf die Legalisierung und Anerkennung der kurdischen Sprache und zu diesem Zweck auf die Ausschöpfung aller legalen politischen Möglichkeiten und die Bereitstellung der notwendigen Arbeitsmaterialien für die Spracherziehung ausgerichtet sein. Auch die kurdischen Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, sowie kurdische Kunstsammlungen, Lexika und Wörterbücher müssen erarbeitet bzw. entwickelt werden.
Es ist sehr wichtig, die kurdische Sprache, Kultur und Geschichte zu erforschen, die auf diesem Gebiet Arbeitenden zu unterstützen, diese Arbeiten gut zu organisieren und alle Ergebnisse gründlich zu analysieren. In diesem Rahmen soll eine den aktuellen Erkenntnissen entsprechende Geschichte Kurdistans erarbeitet werden. Eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit ist es, in den Bereichen Kultur und Kunst umfassende Arbeit zu leisten und zu organisieren. Von größter Wichtigkeit ist es, diesen Bereichen - der Musik, der Folklore, des Theaters, des Kinos, der Malerei usw. - besondere Beachtung zu widmen, sie zu unterstützen und zu fördern, die künstlerischen Ergebnisse dem Volk nahe zu bringen und zu analysieren. Alle diese Bemühungen der Künstler sollen unterstützt und organisiert werden, indem ihnen in jeder Region Möglichkeiten zum Aufbau von Vereinen, Arbeitsräumen und ähnliches geboten werden.
In allen diesen Bereichen sollen die bis jetzt in Kurdistan, der Türkei, im Mittleren Osten und in Europa laufenden Bemühungen und Arbeiten neu überprüft und gestaltet werden; Versammlungen und Vorträge sollen über die Themen Kunst und Kultur gehalten und neu geplant werden, indem alle Möglichkeiten ausgeschöpft und Kulturzentren, Sprach- und Kultur-Fördergesellschaften geschaffen werden und eine allgemeine kurdische Nationalbibliothek aufgebaut wird. Alle diese Arbeiten sollen in erster Linie in der Türkei und in Kurdistan, aber auch überall auf der Welt durchgeführt werden.
Diplomatische Aktivitäten
Ein wichtiger Punkt der politischen Arbeit ist die Öffentlichkeitsarbeit und Diplomatie, die Kontinuität erhalten und zur Reife gebracht werden muss. Bekanntermaßen ist das Kurdenproblem bislang im Kontext des Krieges in die Öffentlichkeit gebracht und um Unterstützung geworben worden, wobei in Einzelfällen auch gravierende strategische und taktische Fehler gemacht wurden. Jetzt muss aus diesen Fehlern gelernt und auf Grund der gesammelten Erfahrungen und entsprechend den neuen Richtlinien Öffentlichkeitsarbeit geleistet und Diplomatie betrieben werden. Vor allem geht es darum, sich den neuen strategischen Veränderung anzupassen und die Beziehungen sowie die für sie erforderlichen Methoden nach ihnen auszurichten. In der Vergangenheit wurde der Krieg in den Vordergrund gestellt. Heute muss eine Diplomatie betrieben werden, die sich auf Frieden und politische Arbeit stützt und durch die Demokratisierung der Türkei zur demokratischen Lösung des Kurdenproblems beiträgt. Das erfordert in jedem Fall Veränderung und Erneuerung. Von der alten Diplomatie, die die türkische Regierung als Feind bloßgestellt hatte, soll übergegangen werden zu einer Diplomatie, die die türkische Regierung in eine demokratische Richtung drängt. Das hat zur Folge, dass sich verschiedene politische Ebenen und Aktionsziele verändern und mit ihnen auch die Aktionen und politischen Arbeiten. Die Planung und Organisation, die Art und Weise unserer Arbeit müssen entsprechend unserer neuen Strategie erneuert und umgestaltet werden. Dementsprechend müssen sich auch die professionell Arbeitenden organisieren und fortbilden. Denn die Kader können sich nicht mehr auf Krieg stützen, sondern müssen die Regeln der Diplomatie beherrschen und in der aktuellen Politik und Strategie Sicherheit erlangen.
In diesem Rahmen sind die Beziehung zu regionalen politischen Mächten besonders wichtig. Die Beendigung des Krieges und unsere strategische Umorientierung hat auch Änderungen in der regionalen Politik hervorgerufen. Wir müssen diese wahrnehmen und ihnen entsprechende Beziehungen aufbauen. Einerseits müssen wir die Angriffe gegen unsere Strategie abwehren und andererseits unsere Beziehungen mit den regionalen demokratischen Kräften in Hinblick auf eine demokratische Union im Mittleren Osten gestalten. Dies erfordert ein hohes Maß an Sensibilität, Vielseitigkeit, Toleranz und diplomatischer Arbeit. Andererseits ist auch die diplomatische Arbeit in der EU von großer Bedeutung. Es hat sich gezeigt, dass sich die Demokratisierung der Türkei im Rahmen der EU durch Einbeziehung der Türkei als EU-Beitrittskandidat vollziehen und dass deshalb auch die Lösung des Kurdenproblems im Rahmen der EU stattfinden wird. Es ist also möglich und auch wichtig, die Öffentlichkeitsarbeit in Europa und die Situation der kurdischen Bevölkerung richtig zu analysieren und die Lösung des Kurdenproblems in der EU zu erreichen. Die diplomatische Arbeit in der EU sollte sich nach diesen Kriterien ausrichten, dieser Aufgabe die ihr gebührende Bedeutung geben und entsprechend organisiert werden und feindliche Angriffe abwehren.
Die diplomatische Arbeit in Russland-Kaukasus ist ebenfalls wichtig, da auch in dieser Region große Teile der kurdischen Bevölkerung leben, die Region Beziehungen zur Türkei unterhält und sich in einer besonderen politischen Lage befindet. Bei dieser Arbeit müssen wir aber besondere Sensibilität entwickeln und die aktuelle Politik wie auch deren politischen Nutzwert berücksichtigen. In der gegenwärtigen Phase ist es auch wichtig, die Beziehungen zu den USA und anderen Komplottstaaten nicht vollkommen abzubrechen, gleichzeitig jedoch auf alles vorbereitet zu sein und Vorsicht walten zu lassen.
Es ist andererseits auch notwendig, mit anderen Völkern und Nationen, die in demokratischen Ländern um Unabhängigkeit kämpfen, Beziehungen aufzubauen und zusammen zu arbeiten. Das gilt ebenfalls für alle nichtstaatlichen Vereine, Organisationen und Institutionen. In diesem Rahmen ist es ein Muss, in allen Bereichen eine groß angelegte Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, um zur Demokratisierung und Lösung des Kurdenproblems zu gelangen. Deshalb ist es angemessen, den Umständen entsprechend Büros, Vereine und ähnliche Institutionen zu gründen, für deren Bekanntmachung Lobbies zu schaffen, die diplomatische Arbeit zentral zu organisieren und dabei auch den KNK (Kurdischer Nationalkongress; Anm. d. Übers.) mit einzubeziehen, der die kurdische nationale Einheit und die Demokratie fördert.
8. Militärische Arbeit
Unsere bewaffneten Verteidigungskräfte haben dazu beigetragen, die kurdische Identität in aller Welt sichtbar zu machen und zu festigen. Sie werden auch weiterhin bei der Lösung dieses Problems eine Rolle spielen. Ihre Existenz ist von der Entwicklung des Kurdenproblems abhängig und ihre Zukunft wird sich bei der Lösung des Problems herausstellen. Also müssen wir ihre Aktionen und deren Umstände unter diesem Gesichtspunkt betrachten.
Vor allem ist es wichtig, die militärische Seite von der politischen zu trennen und beides eigenständig zu organisieren. Das erfordert, dass sich unsere militärischen Kräfte ihrer eigenen Aufgaben intensiver widmen und sich fachlich weiterbilden müssen. Sie müssen sich neu organisieren, indem die professionellen Kämpfer innerhalb der Guerilla und die für den Kampf nicht geeigneten ihren Neigungen entsprechend anders eingesetzt und von den militärischen Kräften getrennt werden. Das wird unsere militärischen Einheiten professioneller machen und ihre Kampfkraft erhöhen. Es ist für unsere neue Phase die wichtigste Aufgabe, diese Differenzierung vorzunehmen, sie neu zu organisieren, indem unsere Kräfte einer eingehenden ideologisch-politischen Bildung unterzogen werden, eine umfassende militärische Bildung erhalten und in jeder Hinsicht bestens ausgerüstet sind, so dass jeder Kämpfer beharrlich vorbereitet und ausgebildet wird. Verbunden mit dieser Arbeit werden unsere Kräfte bei geeigneter Situation aus dem Norden zurückgezogen und wie oben beschrieben neu organisiert werden und ihnen neue Kräfte hinzugefügt werden. Außerdem müssen verschiedene militärische und praktische Vorbereitungen getroffen werden.
Auch muss, entsprechend den Neuerungen und Veränderungen, ein neuer Führungsstil entwickelt werden. In Verbindung mit der neuen politischen Kampfstrategie soll die militärische Verteidigung ihre Grundsätze weiter entwickeln und nach der sogenannten Zilan-Methode analysiert und systematisiert werden. Dies soll allen unseren Kämpfern vermittelt werden und sie sollen darauf vorbereitet werden, jederzeit zu Aktionen bereit zu sein. Außerdem soll die Geschichte der ARGK erforscht, analysiert und die Ergebnisse in einem Buch zusammengefasst werden.
Unsere vorbereiteten und neu organisierten Volksverteidigungskräfte werden die ihnen zufallenden Aufgaben erfolgreich erfüllen.