Nie wieder Faschismus!

Antifaschistische Aktionen stehen an

Zur Unterstützung der Jugendlichen, die derzeit in Pinneberg wegen eines Angriffes auf die Bundesgeschäftsstelle der FAP angeklagt sind, machen antifaschistische und internationalistische Gruppen aus Hamburg und Umgebung eine Solidaritätsdemonstration (Aufruf in dieser Ausgabe). Bundesweit laufen z.Zt. etliche Ermittlungen und Anklagen gegen AntifaschistInnen. So sind z.B. in Kassel Menschen angeklagt, weil sie Nazis überfallen haben sollen, um deren Teilnahme am letztjährigen "Rudolf-Heß-Marsch" zu verhindern. In Berlin sitzen seit längerem Menschen im Knast, denen Beteiligung an einem Angriff auf Funktionäre der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" vorgeworfen wird, in dessen Verlauf der Faschist Gerhard Kaindl erstochen wurde. Ganz unabhängig davon, wie mensch zu diesen Aktionen steht: Die Stärke einer antifaschistischen Bewegung zeigt sich auch in der Solidarität mit angeklagten AntifaschistInnen. Die Kriminalisierungswelle kann sich gegen jede/n richten, dessen Gegenwehr sich nicht in Appellen an den Staat erschöpft, insofern richten sich die Verfahren gegen die antifaschistische Bewegung insgesamt. Darum beteiligt Euch an der

Demonstration gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen, Flüchtlingen und AntifaschistInnen! S-Bahnhof Pinneberg, Samstag, 19.3. 10.30 Uhr

Zu dem Verfahren in Berlin findet eine Informationsveranstaltung statt: Samstag, 19.3., 19.00 Uhr im Volkshaus (Feldstr. über dem Hyper-Markt)

Eine wichtige Einrichtung für die Vernetzung der Neonazis stellen seit geraumer Zeit die sog. "Nationalen Infotelefone" dar. Die FAP unterhält - vor den Ohren des Verfassungsschutzes, der keinen Grund zum Eingreifen sieht - ein solches in einer Privatwohnung in der Eiffestraße. Dagegen gibt es eine

Demonstration gegen das "Nationale Infotelefon" Freitag, 25.3., 14.00 Uhr U-Burgstraße, ab 15.30 Uhr längere Kundgebung, wahrscheinlich Eiffestr./Höhe Borstelmannsweg (der Aufruf lag zum Red.-Schluß noch nicht vor)

Und dann müssen wir noch ein bißchen fahren. Schon am 12.3. demonstrierten in Lübeck 1000 AntifaschistInnen gegen eine geplante REP-Kundgebung, bei der Schönhuber auf dem Marktplatz reden wollte. Das konnte verhindert werden. Jetzt bitten die Auricher Antifas um unsere Solidarität. Schon am 8. Mai 93 überfielen 120 Nazis, nach einer Veranstaltung der "Nationalen Liste" in Oldenburg, das Auricher JuZ "Schlachthof". Während die Polizei zusah, konnten AntifaschistInnen die Nazis vertreiben. Im Einblick - der Terrorliste der Naziszene - erschienen besonders viele Namen und Adressen aus Aurich. Die Polizei geht nicht gegen die z.T. bekannten Nazis vor. Stadt und Polizei wollen vielmehr, daß das JuZ "Schlachthof" verschwindet, deshalb kommen ihnen die Nazi-Angriffe auch gar nicht ungelegen. Die AuricherInnen wollen jetzt mit einer Demo in die Offensive gehen:(Fortsetzung nächste Seite)

"Dem Terror entschlossen entgegentreten!" Solidaritätsdemo Samstag, 26.3. 11.00 Uhr vor dem JuZ "Schlachthof", Breiter Weg 24, Aurich Möglicherweise fährt auch ein Bus aus Hamburg, Interessierte sollten mal im "Schwarzmarkt" nachfragen. (F - AG/R)

Ostermarsch 1994

Nach 1989 haben in Deutschland Nationalismus, Militarismus und Rassismus neuen Aufschwung genommen. Die Bundesregierung versucht, ihren außenpolitischen Handlungsspielraum um eine militärische Option zu erweitern. Die letzten Jahre - insbesondere der Krieg am Golf, im ehemaligen Jugoslawien und der Militäreinsatz in Somalia - haben gezeigt: Militär löst keine Probleme! Deutsche Politik muß sich wieder der Verantwortung seiner Vergangenheit stellen: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen! Deshalb fordern wir eine grundlegende Neuorientierung der deutschen Außen politik:

Konflikte politisch lösen! Verbot aller Waffenexporte Weltweite nukleare Abrüstung Atomwaffensperrvertrag unbegrenzt verlängern Kein Einsatz deutscher Soldaten! weder im Ausland noch im Inland Weitere Reduzierung der Bundeswehr Deutliche Senkung des Verteidigungsetats Globale Probleme lösen! UNO demokratisieren Entwicklungsmöglichkeiten schaffen Eine ökologische Wirtschaft entwickeln Asylrecht wiederherstellen

Osterdemonstration am Montag, 4.4.93 Friedensgottesdienst in der neuen Nikolaikirche 11.30 Uhr, Klosterstern Auftaktkundgebung, 12.00 Uhr, Klosterstern Abschlußkundgebung, 14.00 Uhr, Stephansplatz

Traditionsdemo

Ostermarsch?

Die BRD ist im Krieg. Die deutsche Bundeswehr beteiligt sich weltweit an Kriegseinsätzen. Etwa bei der gescheiterten UN- Mission in Somalia oder beim Jugoslawienkonflikt, wo deutsche Soldaten an der Luftüberwachung beteiligt sind und so direkt ins Kriegsgeschehen eingreifen. Die Bundesregierung forciert eine Politik, die zur Durchsetzung politischer und ökonomischer Interessen auch stärker auf militärische Mittel zurückgreifen will. In den Verteidigungspolitischen Richtlinien vom November 1992 wird offen formuliert, daß die Aufrechterhaltung des Zugangs zu Märkten und Rohstoffen ein Sicherheitsinteresse der BRD sei, dessen Schutz zu den Aufgaben der Bundeswehr gehöre. In der Öffentlichkeit werden dagegen militärische Einsätze als "Friedenssicherung" und "Schutz der Menschenrechte" dargestellt - die UNO und die führenden Industrienationen als Väter, die mittels Prügelstrafe Zucht und Ordnung schaffen. Einzelne Politiker überlegen öffentlich, die Bundeswehr auch im Inneren einzusetzen. Die BRD avancierte zum weltweit drittgrößten Rüstungsexporteur, und um diesen Platz zu halten, wird eine weitere Lockerung der Rüstungsexportvorschriften angestrebt - dabei werden schon jetzt Waffen in Spannungsgebiete geliefert, etwa in die Türkei, wo in Kurdistan Krieg geführt wird. Gründe, auf die Straße zu gehen, gibt es wahrlich genug - eine öffentlich wahrgenommene Friedensbewegung existiert aber erst in Ansätzen. In Hamburg findet auch dieses Jahr wieder ein Ostermarsch statt. Der Ostermarsch und seine inhaltliche und organisatorische Vorbereitung sollte Anlaß sein, über den Stand der antimilitaristischen Bewegung und der Friedensbewegung in der BRD nachzudenken. Es ist nicht ein einzelnes Ereignis, einer der vielen Skandale, die der Anlaß für diese Demonstration sind, sondern es wird militärische Außenpolitik insgesamt thematisiert und kritisiert. Das bietet die Chance, nicht in der Defensive zu verbleiben, sondern eigene Vorstellungen eines anderen, eines entmilitarisierten Deutschlands zu entwickeln, einer BRD, die einen Beitrag zur Lösung der globalen Probleme und Spannungen leistet, anstatt diese weiter zu verschärfen. Damit könnte die Friedensbewegung handlungs- und durchsetzungsfähiger werden. Dazu ist es notwendig, sich an der Entwicklung der Friedensbewegung zu beteiligen - die inhaltliche und strategisch- taktische Diskussion zwischen den unterschiedlichen Strömungen der Friedensbewegung und der antimilitaristischen Bewegung in Gang zu bringen, um gemeinsam handlungsfähiger zu werden. Am Ostermontag mitzumarschieren, ist dazu ein erster Schritt. Die PDS vertritt im Bundestag konsequent pazifistische Positionen und hebt sich damit deutlich von allen anderen Parteien ab. Dem Thema Antimilitarismus und der Mitarbeit in der Friedensbewegung wird sich aber nur sehr zögernd angenommen; die Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit, Armut, Nationalismus, Rassismus, "Nord-Süd-Konflikt" und Militarismus werden kaum diskutiert. Die Diskussion über diese Zusammenhänge, darüber, wie militärische Gewalt in der Politik künftig ausgeschlossen werden kann und so die Voraussetzungen geschaffen werden können, an die Lösung sozialer und globaler Probleme heranzugehen, ist unabdingbar, um einen Beitrag zur Zusammenarbeit der verschiedenen außerparlamentarischen Bewegungen zu leisten mit dem Ziel, gesamtgesellschaftlich durchsetzungsfähig zu werden. Eine stärkere Friedensbewegung, eine wachsende außerparlamentarische Opposition würde auch einen Beitrag zum Erhalt einer parlamentarischen Opposition im Bundestag leisten und so die Chancen einer konsequent antimilitaristischen Politik, die sich den Interessen der Mehrheit der in der BRD lebenden Menschen zuwendet, verbessern. Markus Gunkel

Gesamtmetall

erzwingt "Wende"

Tarifabschluß Metall: Lohnsenkung und extreme Flexibilisierung

Im engsten Kreis haben sich die "Spitzen" von Gesamtmetall und IG Metall auf einen "Pilotabschluß" für die Tarifbewegung in der Metallindustrie geeinigt. Wichtige Kernpunkte sind: - Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung werden nach fünf Nullmonaten ab 1. Juni dieses Jahres um 2 Prozent erhöht, umgerechnet auf die Laufzeit sind das ca. 1,17 Prozent. - Das Weihnachtsgeld wird 1994 um 10 Prozentpunkte verringert. - Weihnachtsund Urlaubsgeld werden 1994, 1995 und 1996 auf der Basis Stand 1993 berechnet. - Die Urlaubsregelungen sind bis 1996 weitgehend wieder in Kraft. - Eine Jahresarbeitszeit wird möglich. Die Arbeitszeit kann über zwölf Monate, vorher sechs, ungleich verteilt werden. - Die Betriebsparteien können die wöchentliche Arbeitszeit von 36 auf bis zu 30 Stunden kürzen. Gilt die Kürzung für die gesamte Belegschaft, gibt es keinen Lohnausgleich, ein Verlust von 17% des Einkommens tritt ein. Gilt die Kürzung nur für Teile der Belegschaft, gibt es einen teilweisen Lohnausgleich. Eine Beschäftigungsgarantie für zwei Jahre gilt nur, wenn die Gesamtbelegschaft von der Verkürzung betroffen ist. Die Einführung dieser Arbeitszeitreduzierung ist vom Betriebsrat nicht erzwingbar. Nach Saldobildung auf der Lohnseite handelt es sich um einen Nullabschluß. Damit hat Gesamtmetall das vielleicht wesentlichste Ziel der beabsichtigten "tarifpolitischen Wende" erreicht. "Der Artikel 0 des Grundgesetzes >Der Besitzstand ist unter allen Umständen zu wahren< kann künftig keine Geltung mehr haben", hatte Gesamtmetall- Hauptgeschäftsführer Kirchner vorgegeben (Handelsblatt, 29.9.93). Und DIHT-Präsident Stihl zum Zweck der Kündigung der Tarifverträge durch die Metallindustriellen: " kein einziges Prozent Lohnerhöhung und somit auch keinen Preisausgleich" (Handelsblatt, 29.9.93). Mit der Jahresarbeitszeit können die Kapitalisten weiter flexibilisieren. Die tariflichen Grenzen für die Dauer des Arbeitstages und das freie Wochenende sind dürftig. Schranken finden sich in der gesetzlichen Arbeitszeitordnung. Mit dem neuen Arbeitszeitgesetz allerdings zunehmend weniger. Die Nichtausdehnung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden kann in Großbetrieben durch Aushilfskräfte kompensiert werden. Die Mittelständler haben über den "Mangel", nicht auf 40 Wochenstunden gehen zu können, bereits die Nase gerümpft und werden betrieblich, unter just-in-time-Druck, hier nachsetzen. Ein echter Entlassungsschutz besteht nicht. Die Betriebsräte haben kein Erzwingungsrecht für "Arbeitszeitverkürzung statt Entlassungen". Nach einem Zweijahreszeitraum mit 17% geringerem Lohn wird ein neuer betrieblicher Lohnstandard vorhanden sein. Und ein neuer Intensitätsstandard. Nicht- Teilzeitbeschäftigte werden kaum mehr mithalten können. Die Konsequenzen dieses Abschlusses für die gewerkschaftliche Tarifpolitik jedenfalls werden immens sein. -(gka, aus: Politische Berichte 5/94)

Fielmann expandiert gen Osten

Viele zahlen zu

Vor einigen Ausgaben skizzierten wir die Strategie deutscher Konzerne, den Wirtschaftsraum Osteuropa als Billiglohngebiet zu unterwerfen (siehe: Voscheraus Standortpolitik - im Dienste der Großraumstrategien der Konzerne, Lokalberichte 24/93). Eines der Unternehmen, das den "industriellen Hinterhof", wie deutsche Banker Osteuropa und die westlichen GUS-Staaten inzwischen gerne bezeichnen (so G. Waldheim in Die Bank 10/93), zur Erzielung von Höchstprofiten zu nutzen sucht, ist Fielmann. Nach dem Zusammenbruch des RGW und der Annexion der DDR hatte er zunächst in Ostdeutschland investiert. Mit bis Ende 1993 44 Verkaufsfilialen in den neuen Bundesländern eroberte er den neuen Markt und wurde Europas größter Brillenkonzern. Mit der Übernahme der ehemaligen Rathenow Optischen Werke (ROW) in Mecklenburg- Vorpommern, wo er Gestelle produzieren läßt, hatte er 1992 ein erstes Standbein für die Ostexpansion geschaffen. Es folgte 1993 die Übernahme der Corona GmbH in Osterburg. Das war aber nur der Auftakt. Seit Ende letzten Jahres läßt Fielmann, der 1971 mit einem Brillengeschäft in Cuxhaven begann, auch in Minsk, Belorußland, arbeiten. Belomo, ein Hersteller für Waffenoptik, liefert Fertigungshallen und Infrastruktur, Fielmann Maschinen und "Know how" für das Gemeinschaftsunternehmen, an dem er 75% der Anteile hält. Die Facharbeiterinnen und Facharbeiter sollen in den ostdeutschen Fielmann-Betrieben umgeschult werden. In Minsk erhalten sie einen Monatslohn von ca. 150 DM (Hamburger Abendblatt, 19.10.93) - ein Bruchteil der im Westen der BRD und auch der in Ostdeutschland gezahlten Löhne. Zunächst werden im Minsker Werk nur Brillengläser geschliffen, die Fassungen und Rohgläser aus der BRD importiert. Aber noch in diesem Jahr wird das Werk um Anlagen für die Herstellung von Fassungen erweitert, hier soll ab der zweiten Jahreshälfte gearbeitet werden, anschließend um eine Flächenschleiferei für Rohlinsen. Dank der Niedrigstlöhne rechnet Fielmann dann in Minsk mit Stückkosten für die Gestelle von 2,50 bis 3,50 DM gegenüber zwischen 9 und 15 DM in den Werken Rathenow und Osterburg! (Handelsblatt, 25.10.93) Von dieser Basis aus will Fielmann die GUS-Märkte erobern. 1,2 Millionen Brillen pro Jahr ließen sich in Belorußland verkaufen, so die Rechnung, und 20 Millionen in der GUS. Die Eröffnung eigener Filialen auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR ist in Planung. Aber auch für den Export der zu Niedrigstlohn produzierten Brillen in die EU rechnet sich Fielmann einiges aus. Seine Profite steigen enorm. Alle anderen zahlen zu. Als Billiglohnraum, dem deutsch-europäischen "Wirtschaftskernraum" als "industrieller Hinterhof" angegliedert, haben Osteuropa und die GUS-Länder keine Entwicklungsperspektive. Und auf den Arbeitsmarkt in der BRD werden die von deutschen und anderen Konzernen dort durchgesetzten Niedrigstlöhne unweigerlich zurückschlagen. -(scc)

Für Aufhebung des

Wohnwagengesetzes

Rund 70 Menschen demonstrierten am Freitag, 100 noch einmal am Samstag mit Treckern und Bauwagen-Gespannen für "Selbstbestimmung und Lebensvielfalt" und vor allem für die Abschaffung des Hamburger Wohnwagengesetzes. Rund 2000 Menschen leben in Hamburg in Bau- oder Wohnwagen, ganz überwiegend aus Not, d.h. mangels bezahlbarer Wohnungen. Während sich die Wohnungsnot fast von Tag zu Tag verschärft, die Obdach- und Wohnungslosigkeit zunimmt, bietet das Wohnwagengesetz den Behörden Handhabe für Schikanen, Räumungen und Kriminalisierung der Bewohner. Die GAL-Fraktion in der Bürgerschaft unterstützt den Widerstand dagegen mit folgendem Antrag zur

Aufhebung des Wohnwagengesetzes vom 10. Juli 1959 Seit Mitte der 80er Jahre ist in Hamburg zunehmend eine neue Form der Wohnungsversorgung entstanden: das Leben in Wohn- und Bauwagen insbesondere auf innerstädtischen Brachflächen bzw. Baulücken. Vor dem Hintergrund der sich immer weiter zuspitzenden Wohnungsnot ist diese Form der Unterbringung überwiegend als Selbsthilfestrategie von Wohnungslosen zu bewerten, denn die Alternative hieße Obdachlosigkeit. Bei einem Teil der BauwagenbewohnerInnen wurde die "Not zur Tugend", und sie begreifen ihren selbstgeschaffenen Wohnraum mittlerweile als selbstgewählt. Ob aus der Not heraus oder freigewählt, das Leben im Wohn- bzw. Bauwagen ist illegal, die BewohnerInnen werden kriminalisiert. Das Hamburger Wohnwagengesetz aus dem Jahre 1959 verbietet das Aufstellen jeglicher Wohn- und Bauwagen auf Flächen, die nicht öffentlich als Campingplätze ausgewiesen sind. D.h.: Selbst wenn Besitzer von Grundstücken bereit wären, eine Fläche zur Verfügung zu stellen, schützt dies die BewohnerInnen nicht vor der Konsequenz aus dieser Form der Illegalität: Vertreibung. Die Bauwagenplätze als Schutz vor Wohnungslosigkeit können also jederzeit hin- und hergeschoben bzw. aufgelöst werden, die BewohnerInnen haben keinerlei Rechtsansprüche. Es kann nicht darum gehen, mangels ausreichender Alternative die Substandards der Bau- und Wohnwagen als Wohnmöglichkeit zu etablieren. Deshalb muß auch die gewerbliche Vermietung von Bau- und Wohnwagen zu Wohnzwecken ausgeschlossen werden. Für diejenigen, die für sich jedoch aufgrund fehlender Zugangsmöglichkeiten zum Wohnungsmarkt keine andere Alternative sehen, müssen endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Aus diesen Gründen möge die Bürgerschaft beschließen: 1. Gesetz zur Aufhebung des Wohnwagengesetzes in der Fassung vom 10. Juli 1959, einziger Paragraph: Das Wohnwagengesetz vom 10. Juli 1959 wird mit Wirkung zum aufgehoben. 2. Der Senat wird aufgefordert, eine Verordnung zu erlassen, mit dem ausschließlichen Ziel, die gewerbliche Untervermietung von Bau- oder Wohnwagen zu Wohnzwecken auszuschließen. 3. Die Bezirke werden aufgefordert, mindestens ein im Besitz der Liegenschaft befindliches Grundstück in zentraler Lage als Bau- oder Wohnwagenplatz zur Verfügung zu stellen. Hierbei sind die Grundstandards der Ver- und Entsorgung zu gewährleisten.

Kein Quarree

in Ottensen

Am Samstag, den 5.2., gab es eine Demonstration gegen den geplanten Bau des Schickimicki-Einkaufszentrums "Quarree" in Ottensen. Die Woche davor wurde wieder einmal mit Bauvorbereitungen bzw. dem Abriß des ehemaligen Hertie- Kaufhauses begonnen. In der Ottenser Hauptstraße wurde ein erster Bauzaun errichtet, die dort ansässigen Händler vertrieben. Seit Jahren wehren sich OttenserInnen gegen den Bau, da sie eine erneute Verteuerung des Stadtteils erwarten. Das Quarree ist für kaufkräftige Besucher aus den Elbvororten ausgerichtet. Viele in Ottensen lebende Menschen mit weniger Geld werden vom Quarree nichts haben, ganz im Gegenteil werden sie über kurz oder lang aus dem Stadtteil vertrieben. Schon jetzt werden teure Eigentumswohnungen gebaut, Mieten steigen, teure Restaurants und Kneipen etablieren sich. In diesem Konzept werden Punks und Obdachlose nur stören und so, wie jetzt schon die fliegenden Händler, verjagt werden. Zusätzlich wird sich das Verkehrsaufkommen in Ottensen erheblich vergrößern, da die Käufer ja von außerhalb kommen sollen. Aus diesen Gründen zogen ca. 400 Menschen durch Ottensen um das von behelmten Polizisten massiv bewachte Baugelände. Auf einer Kundgebung wurde ein Modell des Quarrees symbolisch verbrannt bzw. "gesprengt". Es war mit Knallkörpern gefüllt, die dann explodierten. Nach Beendigung der Abschlußkundgebung belagerte die Polizei noch weiterhin den Stadtteil, allerdings nicht lang genug (hihihi). In der Nacht schmissen ca. 30 Personen den ungeliebten Bauzaun um. Einer wurde dummerweise leider im Laufe der Nacht festgenommen. Ihm wird Landfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen . -(Fr)

FrauenStreikTag

6000 Frauen protestierten nach einer Pressemitteilung des Streikkomitees am 8. März in Hamburg. Sie kamen aus allen Ecken der Hansestadt auf dem Rathausplatz zusammen. Es fanden zahlreiche Aktionen und kleine Demonstrationen statt; Straßen und Plätze wurden unterwegs umbenannt; der Arbeitskreis überbezirkliche Mädchenarbeit ließ an der Finanzbehörde ein Transparent gegen die Sparpolitik des Senats herunter; gegen die Sparpolitik demonstrierten ebenfalls Frauen- und Mädchenprojekte aus Rahlstedt und Großlohe und verschiedene Einrichtungen der sozialen Arbeit; in der Stiftung berufliche Bildung nahm ein Drittel aller Frauen an einer Betriebsversammlung teil und zog danach mit Krach zum Rathaus; die Ost-West-Straße wurde gegen 16.00 Uhr für eine Stunde blokkiert; Kirchenfrauen zogen von der Katharinenkirche zur Petrikirche und und und. Dieser 8. März war der Auftakt, schreibt das Streikkomitee: "Wir haben ein Signal gegeben und gezeigt, daß wir nicht bereit sind, unsere Benachteiligungen weiter hinzunehmen." (Red., nach Pressemitteilung des Streikkomitees)

PDS-Parteitag beschloß Wahlprogramm

Am Wochenende, 11.-13.3.94, fand in Berlin der PDS-Wahlparteitag in Vorbereitung der Europa- und Bundestagswahlen 1994 statt. Zwei Punkte standen dabei im Mittelpunkt: einmal die Wahl der Bundesliste für die Europawahlen (Landeslisten sind hier nicht vorgesehen) und zum zweiten die Verabschiedung des Europa- und Bundestagswahlprogramms. Bei der Wahl der Bundesliste ist im wesentlichen das zu vermelden, was schon zuvor erwartet worden ist: Die PDS kandidiert auch hier mit einer Offenen Liste, versucht das Wahljahr '94 mit anderen demokratischen und linken Kräften in Gemeinsamkeit zu gestalten. Bestimmte Versuche, dabei Menschen aus der kommunistischen Bewegung auszugrenzen, fanden keine Mehrheit und wurden - schon bei der Bestimmung des Wahlverfahrens - deutlich zurückgewiesen. Auf den vorderen vier Listenplätzen (für die ein gesondertes Wahlverfahren für jeden einzelnen Listenplatz stattfand und bei denen der Parteivorstand von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch machte), wurden folgende Personen gewählt: Hans Modrow (1), Sylvia Yvonne Kaufmann (2), Susanne Schunter Kleemann (3) und Heinrich Fink (4). Neben den gesetzten SpitzenkandidatInnen aus der PDS (Hans Modrow und S.Y. Kaufmann) also eine parteilose Hochschulprofessorin aus Bremen, die sich insbesondere durch wissenschaftliche Ausarbeitungen zur Frauenfrage einen Namen gemacht hatte, und mit Heinrich Fink, ehemaliger Rektor der Humboldt-Uni, eine Person mit hoher Symbolkraft für den Widerstand gegen eine bestimmte Art und Weise der politischen und kulturellen Abwicklung der BewohnerInnen der ehemaligen DDR. Ab Platz 5 wurden dann in zwei Wahlgängen jeweils 7 weitere Frauen und 7 weitere Männer ausgewählt und in jeweils einem weiteren Verfahren (wobei jeder Delegierte drei "Präferenzstimmen" besaß) die Listenreihenfolge bestimmt. Das weitere Ergebnis: Guiseppina Paglia (5), Fritz Schumann (6), Marion Arnold (7), Leo Mayer (8). Auch hier kam das Prinzip der offenen Liste zum Tragen und wurde - ohne daß spezielle Vornominierungen erfolgten - einfach durch das geheime Wahlverhalten der Delegierten bestätigt: auf den ersten Platz die Förderationssekretärin für die Bundesrepublik der italienischen kommunistischen Sammlungsbewegung (RC), dann mit Fritz Schumann ein bekannter Landwirtschaftsexperte aus dem PDS-Landesverband Sachsen-Anhalt, schließlich Leo Mayer, der von der DKP vorgeschlagen wurde und Konzernbetriebsrat bei Siemens aus München ist, und - noch dazwischen - die Sprecherin des Verbandes der Behinderten. Auf den weiteren Plätzen kandidieren darüber hinaus z.B. ein Mitglied der Kommunistischen Partei Spaniens, ein griechischer Genosse der KKE, eine Frau aus der Friedensbewegung in Baden-Württemberg sowie weitere KandidatInnen aus der PDS. Insgesamt also ein Ergebnis, das insofern besonderer Erwähnung bedarf, als daß es Ausdruck eines politischen Willens einer breiten Mehrheit unter den Delegierten gewesen ist, denn schließlich bewarben sich für die insgesamt 18 Listenplätze gut und gern das Dreifache an KandidatInnen. Mit dieser politischen Entscheidung dürften dabei auch Maßstäbe für die Landeslisten zur Bundestagswahl gegeben sein. Es würde den Rahmen dieses kurzen Berichtes sprengen, wenn auf die vielfältigen Veränderungen zu den Programmentwürfen zur Bundestags- und Europawahl eingegangen wird. Deshalb zunächst nur soviel: Die Programme sind besser geworden als das, was an Entwürfen zunächst zur Diskussion stand. Dies betrifft insbesondere auch das Europawahlprogramm. Dabei setzten sich auch Anträge durch, die z.B. auf eine genauere Ausprägung des antimilitaristischen Profils orientierten. Wer Genaueres wissen will, hat - ab nächster Woche - die Möglichkeit, über die Palmaille 24 einen Sonderdruck unseres INFOS abzufordern, in dem unter anderem auch die Reden, die beschlossenen Programme etc. veröffentlicht sind (Tel. 040/3892164). Andreas Grünwald

Bundestagswahlen '94

PDS/Linke Liste beschließt

KandidatInnenbewerbungsverfahren Die PDS/Linke Liste will zu den anstehenden Bundestagswahlen bundesweit mit Offenen Listen kandidieren. In Ausführung der beschlossenen Wahlkampfplanung für Hamburg (siehe INFO/Lokalberichte Nr. 5/94) hat der Arbeitsausschuß der PDS/Linke Liste Hamburg auf seiner Sitzung am 7.3.94 zwei Beschlüsse für ein offenes und transparentes KandidatInnen-Bewerbungs- und Findungsverfahren beschlossen, über das wir nachfolgend informieren. -(red. INFO)

Zur Umsetzung der in der beschlossenen Wahlkampfplanung der PDS/Linke Liste Hamburg angestrebten Wahlpolitik für 1994 beschließt der Arbeitsausschuß folgendes vorläufige KandidatInnen-Bewerbungs-/ Findungs- und Aufstellungsverfahren: 1. Der geschäftsführende Arbeitsausschuß führt bis zum 10.4.94 Gespräche mit verschiedenen politischen BündnispartnerInnen, die sich für die Unterstützung unseres Wahlkampfes interessieren. Kontakte sind hergestellt mit: Gruppe Arbeiterpolitik, DKP, VSP, AL. Vorschläge für weitere Gespräche können dem geschäftsführenden Ausschuß bis zum 30.3.94 gemacht wer den. Während dieser Gespräche wird die Frage gestellt, ob Vorschläge für die Landesliste der PDS/LL in Hamburg oder für Direktkandidaturen existieren. 2. In Zusammenarbeit mit sich bildenden Wahlaktivs sollen GenossInnen für die Direktkandidaturen in den Wahlkreisen gefunden werden (Ergebnisprüfung: 11.4.94). 3. Alle KandidatInnen (Landesliste und DirektkandidatInnen) werden auf Landesversammlungen gewählt, Wahlkreismitgliederversammlungen werden nicht einberufen. 4. Die Wahl der KandidatInnen erfolgt in 2 Landesversammlungen. Auf einer ersten Landesversammlung werden die DirektkandidatInnen gewählt. Auf einer 2. Landesversammlung wird die offene Landesliste gewählt. 5. Der Arbeitsausschuß schlägt für das Wahlverfahren vor, daß für jeden Listenplatz ein gesonderter Wahlgang durchgeführt wird. Die Liste ist quotiert, wobei für Platz 1 mit einem Frauenplatz begonnen wird und dann jeweils im Wechsel ein Männer- und ein Frauenwahlgang durchgeführt wird. Ein genaueres Wahlverfahren wird bis zum 21.3.94 erarbeitet. 6. Im nächsten INFO wird über das vorläufige Wahlverfahren informiert. GenossInnen, die kandidieren möchten, werden gebeten, ihre Kandidatur möglichst bis zum 10.4.94 anzuzeigen. 7. Die erste offene Landesversammlung zur Wahl von (Direkt-) KandidatInnen findet am Sonnabend, 23.4.94 statt (11-18 Uhr). Der Wahl der KandidatInnen ist eine Aussprache über einen Wahlaufruf der PDS/LL Hamburg vorgeschaltet. Der Arbeitsausschuß beschließt den Entwurf auf seiner Sitzung am 21.3.94. Die zweite offene Landesversammlung (Aufstellung der Landesliste) findet am Sonntag, 29.5.94, statt (11-18 Uhr). »mehrheitlich bei 1 Nein-Stimme beschlossenÀ

Ergänzender Beschluß zur KandidatInnenfindung Der AA beauftragt den geschäftsführenden Ausschuß, mit verschiedenen bisher vorgeschlagenen Personen ein Gespräch über eine mögliche Kandidatur auf einem der vorderen Listenplätze zu führen. Der AA bittet alle GenossInnen, möglichst bald (bis Ende März '94) hierfür weitere Gesprächsvorschläge zu unterbreiten. Über die Ergebnisse kann und soll erst nach Durchführung dieser Gespräche informiert werden. »bei 1 Enthaltung angenommenÀ Anmerkung der Redaktion INFO: Wir bitten darum, Bewerbungen für unsere Landesliste bzw. für Direktkandidaturen in den Wahlkreisen möglichst bis zum 28.3.94, 18 Uhr in der Geschäftsstelle einzureichen. Nur dann ist gesichert, daß bereits in der Ausgabe 7/94 (kommt am 31.3.94 heraus) im Rahmen über die vorliegenden Bewerbungen informiert werden kann. Über später eingegangene Bewerbungen wird in Ausgabe 8/94 (erscheint am 14.4.94) informiert (Einreichschluß hierfür: Dienstag, 12.4.94, 10 Uhr). Der Bewerbung für eine Kandidatur im Wahlkreis sollte eine kurze KandidatInnenvorstellung anbeigelegt werden (bitte nicht mehr als 2000 Anschläge), die dann ebenfalls im INFO veröffentlicht wird.

TERMINE

Di, 22.3.Prozeß gegen Totalverweigerer (siehe auch letzte Ausgabe). 11.00 Uhr Amtsgericht Wandsbek, Schädlerstr. 28

Mi, 23.3.Treffen der AG Frieden und Entmilitarisierung der PDS/LL, Thema: 1. Nationalismus und Jugoslawienkonflikt; 2. Ostermarsch. 18.00 Uhr, Büro der PDS/LL, Palmaille 24

Mi, 23.3.Diskussionsveranstaltung der DKP Wandsbek, Linke zur Wahl, Gespräch mit VertreterInnen verschiedener Parteien, 19.00 Uhr, Brakula, Bramfelder Chaussee

Mo, 28.3.Treffen der AG Bildungspolitik der PDS/LL, 17.00 Uhr, Büro der PDS/LL, Palmaille 24

Di, 29.3.Treffen der AG Antirassismus der PDS/LL, Thema: Diskussion zum Thema Asyl, Flucht und Offene Grenzen, auch bezogen auf Wahlprogrammatik (bzw. Wahlkampfmaterial). 19.30 Uhr, Büro der PDS/LL

Mi, 30.3.Treffen des Wahlaktivs Wandsbek der PDS/LL, 19.00 Uhr, "Fenske" im Brakula, Bramfelder Chaussee

Mi, 30.3.Die Friedensinitiative Rissen lädt zu einer Podiumsdiskussion zum Thema: "Bundeswehr in alle Welt?" Mit Jörg Bode (Pastor), Dr. Marliese Dobberthien (MdB), Dr. Wolfgang Vogt (AG Friedens- und Konfliktforschung), Dr. Michael Inacker (Welt am Sonntag), Konrad Lübbert (Pastor), Volkhild Bünz (FI Rissen). 19.30 Uhr, Evangelisches Zentrum Rissen, Iserbarg 1

Do, 14.4.Was hat Deutschland mit dem Jugoslawien-Konflikt zu tun? Unter diesem Titel veranstaltet das Hamburger Forum eine Diskussionsveranstaltung mit dem Hamburger Völkerrechtler Prof. Dr. Norman Paech. 19.30 Uhr, HWP, Von-Melle-Park 9, Hörsaal

Seminar: Faschismustheorien Am 17.4. wird in Pinneberg, Bahnhofstr. 24, Brahmshaus, von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr ein Seminar zu Faschismustheorien veranstaltet. Folgende Faschismustheorien werden behandelt: 1. Faschismus als Produkt des Führers; 2. Faschismus als Produkt nationaler Besonderheiten; 3. Faschismus als Mittelstandsbewegung: Die soziale Basis faschistischer Bewegungen: a) soziologische Theorien, b) psychologische Theorien; 4. Faschismus als Totalitarismus; 5. Faschismus - phänomenologisch; 6. Faschismus als Modernisierung; 7. Faschismus als Bündnis: a) die Bündnispartner und ihre Ziele, b) die Herrschaftsstruktur des Faschismus: Folgerungen und Fehldeutungen; 8. Faschismus als Diktatur des Monopolkapitals. Auf dem Seminar soll über ihre Wirkung, ihren Einfluß und von wem sie benutzt werden, diskutiert werden. Es wird eine Materialmappe geben, die im Vorwege verschickt wird. Sie beinhaltet die Theorien in kurzer Form. Anmeldungen bitte bis zum 26.3. (möglichst schnell, da nur begrenzt Plätze zur Verfügung stehen) bei: Antinar- Vorbereitungsgruppe, c/o GNN, Steindamm 26, 25337 Elmshorn. Informationen und Rückfragen: Dirk, Tel.: (040) 8406620. Es wird ein kleiner Unkostenbeitrag erhoben.

Vorankündigung: Offene Landesversammlung der PDS/Linke Liste Hamburg Sonnabend, 23.4.94, 1118 Uhr, Ort: N.N. Vorläufige Tagesordnung: 1. Politische Aussprache zur Bundestagswahl 1994, Diskussion des Wahlaufrufs der PDS/LL Hamburg 2. Wahl der Delegierten für den Parteirat der PDS 4. Wahl der DirektkandidatInnen für die Wahlkreise in Hamburg 5. Verschiedenes Offene Landesversammlung, Sonntag, 29.5.94, 1118 Uhr, Ort: N.N. Vorläufige Tagesordnung: Wahl der Landesliste der PDS/LL Hamburg zur Bundestagswahl '94. Gäste sind herzlich willkommen!

Gedenken an Ernst Thälmann und Rudolf Breitscheid Am diesjährigen 18. August werden 50 Jahre vergangen sein seit dem Mord an dem Vorsitzenden der KPD, Bürgerschafts- und Reichstagsabgeordneten, Ernst Thälmann, durch ein SS-Kommando im Konzentrationslager Buchenwald. Bei einem Luftangriff auf Industrieanlagen in der Nähe der Lagerbaracken des KZ Buchenwald kam am 24. August 1944 Rudolf Breitscheid, einer der führenden Politiker der SPD in der Weimarer Zeit und Mitglied ihres Parteivorstandes, ums Leben. Um mitzuhelfen, dies in das öffentliche Bewußtsein zu bringen, werden aus Anlaß des 50. Todestages von Thälmann und Breitscheid zentrale Kundgebungen vorbereitet, und zwar zum 18.8.94.

Kundgebung zur Wiederkehr des 108. Geburtstages von Ernst Thälmann Am Freitag, den 15. April, um 17.00 Uhr vor dem Thälmann-Haus in Hamburg- Eppendorf, Tarpenbekstr. 66 aus Anlaß der 108. Wiederkehr des Geburtstages von Ernst Thälmann. Die Thälmann- Tochter Irma Gabel-Thälmann wird an der Kundgebung teilnehmen.

Vorankündigung Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen des Kuratoriums "Gedenkstätte Ernst Thälmann" e.V. Wie im Jahre 1993 wird unser Kuratorium im laufenden Jahr Vorträge und Diskussionen zu zwei weiteren Geschichtsthemen veranstalten: Arbeiterwiderstand 1944 (Arbeitstitel). Erste Hälfte Juni 1994. Mit der Veranstaltung wird an das Wirken der größten Widerstandsgruppe Bästlein, Jacob, Abshagen erinnert, u.a. an das vor 50 Jahren stattgefundene historische Treffen von Adolf Reichwein und Julius Leber aus dem sozialdemokratischen Widerstand mit Franz Jacob und Anton Saefkow als Mitglieder der Inlandsleitung der illegalen KPD. Das Ende von Weimar - Lehren für die Gegenwart (Ende September '94). Diese Veranstaltung wird sich mit Geschichtslügen auseinandersetzen. (Aus dem Rundbrief aus dem Thälmann-Haus, hrsg. vom Kuratorium "Gedenkstätte Ernst Thälmann" e.V., gekürzt)

Flüchtlinge aus dem ehem. Jugoslawien retten! Das internationale flüchtlings forum führt eine Unterschriftensammlung gegen die geplante Abschiebung von 200000 Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien durch. "Die Bundesregierung zwingt Flüchtlinge dazu, sich einen Nationalpaß zu besorgen. Sie verstößt mit dieser Praxis gegen geltendes deutsches und internationales Recht (@53 AuslG und Art. 15 Internationales Völkerrecht). Jeder, der das Geschehen auf dem Balkan verfolgt, weiß: Der Krieg gegen die Zivilbevölkerung tobt unvermindert weiter. Die Behörden benutzen jedoch die Nationalpässe, um die Flüchtlinge in den Krieg abzuschieben", heißt es in dem Aufruf. Ab dem 30. April sollen Kriegsflüchtlinge und Deserteure abgeschoben werden. -(scc)

Transrapid

Symbol für Konzern- und Export

förderung um jeden Preis

Am 2. März beschloß das Bundeskabinett den Bau einer Transrapidstrecke von Hamburg nach Berlin. Nachdem das umstrittene Verkehrsprojekt bereits 1992 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde, schickt sich die Regierung nun an, es noch vor der Bundestagswahl durch Bundestag und Bundesrat beschließen zu lassen, um die Planung für den Trassenbau einleiten zu können. Verkehrsminister Wissmann will dafür dieser Tage ein besonderes Planungsgesetz einbringen. Damit soll ermöglicht werden, daß bis zum Jahre 2005 die Magnetschwebebahn die 284 km lange Strecke zwischen Hamburg und Berlin im Zehn-Minuten-Takt in jeweils ca. 53 Minuten zurücklegen kann.

"Ökonomisch, ökologisch und verkehrspolitisch zukunftsweisendes Projekt"?

Mit der Entscheidung werde "ein neues Kapitel in der Geschichte der Verkehrstechnologien aufgeschlagen". Solche Lobeshymnen werden von Verkehrsminister Wissmann, Forschungsminister Krüger und natürlich von den Vertretern des Betreiberkonsortiums Thyssen-Industrie, Siemens und Daimler-Benz/AEG landauf, landab herausposaunt. Thyssen-Chef Rohkamm bezeichnete den Kabinettsbeschluß als ein "Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Deutschland". Der Vorstand der Siemens-Verkehrstechnik, Martinsen, erklärte, das System sei in der Lage, den Kurzstreckenluftverkehr zu ersetzen und "werde in hohem Maße den Kraftfahrzeugverkehr ersetzen" (Handelsblatt, 3.3.94). Eine wahre Wunderwaffe also. Die Kritiker werden in das Lager der Fortschrittsfeinde und Ewiggestrigen einsortiert, wie vom Kommentator des Abendblatts, der sie mit Leuten vergleicht, die den Ochsenkarren der ersten Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth vorgezogen hätten. Hätten sich damals die "professionellen Bedenkenträger" durchgesetzt, "die Teutonen wären statt eine führende Industrienation Bittsteller bei Weltbank und Hungerhilfe" (HA, 3.3.). Mit dieser massiven Einschüchterung jeder Kritik soll ein Projekt gefördert werden, von dem sich die beteiligten Konzerne endlich wieder einen weltweiten technologischen und wirtschaftlichen Konkurrenzvorsprung versprechen. Die Notwendigkeit der Referenzstrecke als Voraussetzung für Exporterfolge überwiegt denn auch in der Argumentation bei weitem noch den Nachweis des konkreten Nutzens der Städteverbindung durch Transrapid selbst. Kann das Antriebsprinzip der Magnetschwebebahn wegen seines reibungsfreien Vortriebs auf Magnetfeldern auch noch als revolutionär gelten, so gilt dies von der konkreten Realisierung wohl weit weniger: Zum einen ist die bis jetzt erzielte Rekordgeschwindigkeit von 435 km/h bereits von herkömmlichen Hochgeschwindigkeitszügen deutlich übertroffen worden (der französische TGV erreichte bereits 515 km/h), zum anderen spricht gegen seine Nützlichkeit entscheidend, daß er sehr einseitig auf Personentransport ausgelegt ist. Er wird dadurch den LKW- Strom auf der Autobahn zwischen Hamburg und Berlin nicht vermindern, und da er unvermeidlich in (zumindest finanzielle) Konkurrenz zum Ausbau der Schienenverbindung zwischen beiden Städten tritt, wird er auch eine Verlagerung der Transporte auf die Schiene eher behindern.

"Flüsternder Pfeil" oder Tiefflieger?

Die Angaben der Betreiber über Energieverbrauch und Lärmemission des Projekts, die günstiger als die von Hochgeschwindigkeitszügen ausfallen, sind eher mit Vorsicht zu genießen. Sprecher des BUND bezeichneten den Transrapid im Vergleich zur Bahn als "Energiefresser" (Handelsblatt, 22.2.). Immerhin kann man davon ausgehen, daß der euphemistisch als "flüsternder Pfeil" gelobte Zug die Anrainer der geplanten Strecke zwölfmal in der Stunde (Zehn-Minuten-Takt je Richtung) mit dem Lärmpegel eines Tieffliegers beglücken wird. Der Lärm wird sich mit dem der weitgehend parallel laufenden A24 vereinen, der durch den seit dem Anschluß erheblich angenen LKW- und PKW-Verkehr die Betroffenen bereits jetzt peinigt. Entchend dieser Erkenntnis haben sich bereits entlang der mutmaßlichen Trasführung zahlreiche Menschen zum Kampf gegen die Realisierung dieses Projekts zusammengeschlossen, so z.B. in der brandenburgischen Prignitz (Neues Deutschland, 4.3.). Welche Eingriffe die Anbindung der Stelzenbahn an die innerstädtischen Hauptbahnhöfe erfordert, wurde bisher noch schamhaft verschwiegen. Der niedersächsische Ministerpräsident Schröder (SPD) sprach davon, daß dazu ganze Häuserzeilen "plattgemacht" werden müßten. (Handelsblatt, 3.3.) Was die ökonomische Konzeption des Projekts betrifft, die ja laut Forschungsminister Krüger ebenfalls "zukunftsweisend" sein soll, so setzt die dem ganzen die Krone auf: Nachdem der Bund bereits 1,8 Mrd. DM für die Entwicklung gezahlt hat, sollen Bund und Länder nun die zweispurige Betonstelzenstrecke finanzieren, die nach Preisen von 1993 (also schon überholt) 5,6 Mrd. DM, tatsächlich, Kostensteigerungen und Finanzierungskosten eingerechnet, eher 8 bis 10 Mrd. teuer werden wird. Am Kapital der Betreibergesellschaft "Magnetschnellbahn Berlin-Hamburg GmbH" sind die an der Entwicklung beteiligten Konzerne und die großen Baukonzerne Ph. Holzmann, Dyckerhoff & Widmann sowie Hochtief gerade mit 500 Mio. beteiligt, weitere 300 Mio. sollen von der Bahn AG und der Lufthansa kommen sowie 500 Mio. von privaten Anlegern. Dieser Aktienerwerb soll wiederum mit 100 Mio. vom Bund subventioniert werden. Mit diesem Eigenkapital soll über Bankkredite ein Gesamtvolumen von 3,3 Mrd. DM finanziert werden. Die Betreiber behaupten, aufgrund der Wirtschaftlichkeitserwartungen nicht nur diese Kapitalkosten bedienen zu können, sondern sogar noch Beiträge zur Amortisation des Fahrwegs an den Bund in Höhe von jährlich mindestens 138 Mio. DM leisten zu können.

"Unrealistisches Finanzierungskonzept"

Die Annahmen, auf denen der Beschluß der Bundesregierung beruht, hat der wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Verkehr am 9. Februar dieses Jahres einer vernichtenden Kritik unterzogen. Es sind keine Alternativen geprüft worden: Eine konventionelle Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke könnte die Entfernung in nur 20 Minuten mehr bewältigen und erfordert "nur" 2,4 Mrd. DM Investitionskosten. Eine Verbindung mit Zügen in Neigetechnik (die Züge neigen sich in die Kurven und können so engere Kurven schneller durchfahren), die für die Strecke 40 Minuten länger braucht, kostet nur 1,5 Mrd. DM. Die Vorstellung, daß die Verbindung von jährlich 14,5 Mio. Menschen genutzt werde, die bei einem angenommenen Fahrpreis von ca. 100 DM die Basis der Wirtschaftlichkeitsrechnung bildet, ist angesichts der Tatsache, daß 1992 ca. 1,3 Mio. mit der Bahn und weniger als 1 Mio. per Flugzeug zwischen Hamburg und Berlin verkehrten, äußerst gewagt. Der Beirat sprach davon, daß Nachfrageprognosen, Erlösschätzungen, die Kalkulation der Investitions- und Betriebskosten sämtlich auf "idealen Randbedingungen" beruhten. Wer das Finanzierungskonzept auf politischen Wunschentwicklungen aufbaue, lege die Vermutung nahe, daß "die beteiligte Wirtschaft mit der Möglichkeit einer höheren Staatsbeteiligung rechne, als im Finanzierungskonzept ausgewiesen" (Handelsblatt, 10.2.). Mit anderen Worten: Die Notwendigkeit der Nachsubvention in Milliardenhöhe aus Steuergeldern ist bereits vorprogrammiert. Die Baukonzerne halten ihre Beteiligung nur aufrecht, wenn sie den Zuschlag bei den lukrativen Bauaufträgen kriegen, und sollte sich das Projekt schließlich doch nicht rechnen, so hat der Chef der Magnetbahn-Gesellschaft, Raschbichler, jede Verantwortung für den Abbau der Anlage von sich gewiesen: "Abriß und Entsorgung sei allein Sache der Bundesrepublik." (Stern 11/94, S. 197) E. Krummheuer schreibt im Handelsblatt: "Ganz gleich, wie die Rechnung für den Transrapid am Ende aussieht, ein Geschäft machen die am Projekt beteiligten Firmen dank der reichlich fließenden Steuergroschen allemal bei der Strecke Berlin-Hamburg." (3.3.94)

Für die Konzerne ist nichts zu teuer

Die Regierungskoalition kennt, den Einwänden ihrer eigenen Sachverständigen zum Hohn, keine Scham, wenn es gilt, den großen Konzernen und Finanzgruppen die Mittel zuzuschieben, die sie auf der anderen Seite bei den Sozialleistungen "einspart". Die Wünsche von Siemens, Thyssen, Daimler-Benz, Ph. Holzmann, eng verwoben mit den Finanzgruppen der Deutschen Bank und der Allianz-Versicherung, sind dieser Regierung Befehl. Den Optimismus des Kommentators der TAZ, das Projekt werde spätestens im Bundesrat am Widerstand der Grünen und der SPD scheitern, muß man nicht teilen. Zwar sind die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Niedersachsen dagegen, und die Bundestagsfraktion der SPD forderte alternativ eine kürzere Erprobungsstrecke für den Zug etwa von Berlin zum geplanten Flughafen Jüterbog, wobei die Bahn-AG und der Bundeshaushalt "aus allen Kosten- und Marktrisiken der Transrapid-Referenzstrecke herauszuhalten" seien (Handelsblatt, 8.3.). Die Entschlossenheit der Konzerne, ihr Projekt durchzuziehen, für das Thyssen-Chef Rohkamm den Kabinettsbeschluß für ein "Trumpf-As" hält, sollte man nicht unterschätzen. Die Magnetschwebebahn ist für sie in gewissem Sinne zu einem Symbol dafür geworden, wieweit sie die Gesellschaft ihren Weltmarktstrategien unterordnen können. Bereits im April 93 schrieb die Handelskammer: "In den nächsten Monaten muß sich erweisen, ob es im ausgehenden 20. Jahrhundert in Deutschland noch möglich ist, nicht nur neue Verkehrstechnologien zu entwikkeln, sondern auch anzuwenden." "Die Fragestellung lautet: >Soll das Magnetbahnsystem eine Marktchance erhalten oder nicht?<" (Hamb. Wirtschaft 4/93) Offensichtlich können sich die Betreiber der Unterstützung von Henning Voscherau sicher sein: "Eine Transrapid- Verbindung werde der Metropole Hamburg in Verbindung mit der absehbar stark an Bedeutung gewinnenden Bundeshauptstadt Berlin erheblich von Nutzen sein Über die regionalen Interessen hinaus mahnte Voscherau, den technologischen Sprung des Transrapid gegenüber der Rad-Schiene-Technik nicht zu klein zu schreiben." (Handelsblatt, 3.3.) -(ulj)

Voscheraus Exempel

Vorsichtige Anmerkungen zu einem "Angebot" des Ersten Bürgermeisters

Es gibt wohl keinen Grund, auf das "Angebot" von Voscherau (Hamburger Abendblatt, 25.2.94) mit Euphorie oder auch nur dem Gefühl "die Kuh ist vom Eis" zu reagieren (obwohl dies die gesamte Presse tut: "Deichbruch mit Herz", "frühlingshafte Läuterung", "Tau-Wetter"). Natürlich ist ein Gefühl der Entspannung angenehmer als die Räumung vor Augen. Aber vielleicht will Voscherau uns gar nicht entspannen. Die erste Aufgabe könnte sein: den Voscherau- Text ganz genau lesen, also auch den Anfang. Der Mann hat sich nicht umsonst - angeblich - selbst an die Schreibmaschine gesetzt. Im Anfangsteil beschwört Voscherau zunächst die Erinnerung an die "Gewalttaten und schweren Straftaten" der Hafenstraße. Nicht von ungefähr rückt er besonders die (niemals bewiesene) Legende von den vom Dach geworfenen Gehwegplatten ins Gedächtnis. Dann kommt das Schlagwort vom "rechtsfreien Raum" und die Mahnung des Gerichtspräsidenten. Das sind die Verpflichtungen Voscheraus. Anschließend verweist er als zentrale Begründung für seinen "neuen Kurs" Richtung "Angebot und Chance" auf die nun (wieder) umgeschwungene Stimmung in der Bevölkerung und bei "wichtigen Persönlichkeiten und Institutionen" gegen eine Räumung. Wenn dies sich auch politisch um- und durchsetzen solle, müsse bei der nun beginnenden Bebauung Ruhe herrschen. Die Räumungsalternative wird zwar wiederholt hinterfragt ("Lösung mit harter Hand"?), aber nicht aus der Hand gelegt ("Zeitachse 1994"). Damit hat Voscherau die Diskussion der letzten Monate zumindest vom Kopf auf die Füße gestellt: Es geht im Kern nicht um das bessere Baumodell für den Bauwagenplatz, es geht um Über- und Unterordnung; besonders um letzteres. Kaum ein Wort ist die Rede von den unterschiedlichen Vorstellungen zur Bebauung, den Bedürfnissen des Stadtteils, der Frage einer demokratischen Stadtentwicklung. Die BewohnerInnen der Hafenstraße sollen beweisen, daß sie sich unterordnen wollen unter das, was diese Gesellschaft mehrheitlich für ihr Leben beschließt. ("Ziel ist die Wiederherstellung des Rechtsfriedens und des staatlichen Gewaltmonopols.") Und das ist der Kern des Konflikts: der Minderheit keinen Platz einzuräumen, ihr Leben selbst zu gestalten. Die Frage der Bebauung des Bauwagenplatzes ist dafür lediglich ein Beispiel, vergleichbare Konfliktpunkte hat es in der Vergangenheit viele gegeben: Transparente an den Häusern; die Frage, wer dort Schutz bekommt; die Wandbilder etc. Der Prüfstein für das verlangte Wohlverhalten ist die gleiche alte - von uns (Inikreis) damals "Sippenhaft"-Gedanke genannte - Klausel, die bereits zur jetzigen Kündigung des Pachtvertrages von 1987 führte: Der Hafenstraße wird die Verantwortung für alles und jedes aufgebürdet, was in den nächsten Monaten in ihrem Wohnumfeld geschieht. Die Definitionsmacht für "friedliches Verhalten" liegt natürlich beim Senat, letztendlich bei Voscherau. Und diese Definitionsmacht muß immer wieder in Frage gestellt werden, muß thematisiert werden, damit nicht der Eindruck einer akzeptierten "Geschichtsschreibung von oben" entsteht. Schließlich wurde die Kündigung des Pachtvertrages vor dem Landgericht letztendlich auch nur wegen des Vorfalles bestätigt, daß ein an eine Hafenstr.-Hauswand pissender Tourist mit einem Farbbeutel beworfen wurde. Das war alles, was übriggeblieben war, aber entscheidend war die Stimmungsmache, die an die Straftatenvorwürfe vorher geknüpft worden war. Voscherau (und der gesamte Senat) hatten ein Problem, und es wird gerade bravourös gelöst: Für eine Räumung fehlte die Stimmung in der Stadt, für die Stimmungen fehlten die Straftaten, für die alten Straftatenvorwürfe von 86/87 fehlte die Erinnerung bei den Leuten, die "Gefährlichkeit der Hafenstraße" war beinahe in Vergessenheit geraten, für neue Straftaten würden eventuell die Verantwortlichen fehlen, aber gebaut werden muß trotzdem, eine schreckliche Zwickmühle. Das Angebot vom 25.2.94 löst alle Probleme: Unterwerfung oder Definition zu "nicht friedlich". Ein Zwischenfall bei der im Frühjahr beginnenden Bebauung läßt sich für den Fall konstruieren oder organisieren, daß eine Akzeptanz des Senats-Baumodells, als sozusagen "GeßlerÈut" des Voscherau- Exempels, nicht erfolgt. Inzwischen haben wir doch alles schon mal gehabt: verbotene Blitzlichtangriffe, gestohlene Maschinenpistolen, RAF-Hauptquartiere. Voscherau erinnert in seinem Text nicht umsonst an die "bisherige Geschichte der Hafenstraße" und die "Stimmung der Bevölkerung" als die zentralen Gradmesser für die Frage Räumung oder nicht. Die Beeinflussung der letzteren könnte schnell den Anschluß an die erstere suchen. Die von Voscherau propagierte "Kultur" der Unterwerfung der Minderheit unter das Diktat der Mehrheit darf nicht akzeptiert werden. Der Unterschied zwischen den beiden Baumodellen kann dabei nur ein Beispiel sein, denn schlauerweise haben die Senatsplanungen bereits wichtige Elemente des Hafenstraßen-Entwurfs aufgegriffen: Schulerweiterung und Kindertagesstätte. Im Abendblatt ist auf der Titelseite eine Zeichnung des Entwurfs von Oberbaudirektor Kossak, an welchem zuerst die große Überschrift "KITA" (Kindertagesstätte) über einem der Eingänge auffällt. Der Streit, welche der vom "Hafen-Baukonzept" geforderten Elemente in der Behördenplanung aufgenommen und welche "hinten runtergefallen" ist, wird daher in der Öffentlichkeit schwer klarzumachen sein. Wer Widerstand allein gegen das Senatsbaukonzept auf der Grundlage des Arguments der "besseren Planung" vorträgt, ist Voscherau schon halb auf den Leim gegangen, denn damit wird der politische Hintergrund des Konflikts verengt, und die Senatsseite hat die Möglichkeit, taktisch zu argumentieren, aber aus strategischen Beweggründen (grundsätzliches Plattmachen der Hafenstraße) zu handeln. Mensch könnte die ganze Diskussion aber offensiv mit dem Ansatz führen, welches Recht die Mehrheit der (Hamburger) Gesellschaft hat, einer Minderheit ihre Lebens- und Wohnumfeldgestaltung vorzuschreiben. Dies würde aber voraussetzen, daß mensch auch bereit ist, sich gegen die - gesellschaftlich normale - Legitimation von Entscheidungen durch die Mehrheitsbeschaffungsrituale (Bürgerschaftsabstimmungen, Bezirksversammlungen, Urabstimmungen in der SPD etc.) zu werden, wo eine Minderheit nichts gilt: vielleicht sich selbst wirklich als Minderheit darzustellen. Beim letzten Plenum war eher die Tendenz herauszuhören, dafür zu werben, daß man/frau mit "dem Hafenstraßenkonzept" selbst Mehrheit wird bzw. Abstimmungen von Gremien darüber selbst anzuregen. Diese Richtung bedeutet aber die Akzeptanz jeder Mehrheitsentscheidung (und letztlich jeder Mehrheitsstimmung). Ich halte das für den falschen Weg. Gleichzeitig muß der "Sippenhaft"- Gedanke im Voscherau-Vorschlag zurückgewiesen werden. Es ist unglaublich, die Frage des Wohnrechts von Menschen von der Unberührtheit und Sicherheit einer Baustelle abhängig zu machen. Eine Zuschreibung dieser Verantwortlichkeit darf schon aus rein tatsächlichen Gründen ("Bewacht >der Hafen< dann die Baustelle?") nicht akzeptiert werden. Schließlich müßte eine zu verwirklichende Aktionsidee Baukonzept, Genossenschaftsgedanken und die angestrebte Veränderung in der Eigentumsfrage (Überschreibung auf Genossenschaft) "stärker in die Öffentlichkeit bringen". Dies kann nur eine Aktion sein, die die Frage Hafenstraße wieder für viele Leute in ganz Hamburg - über den Stadtteil hinaus - als reale Beteiligungsmöglichkeit (also nicht nur über finanzielle Beteiligung im Rahmen der Genossenschaft) erfahrbar macht. Frank F., 28.2.94

Dokumentiert: Aufruf zur Demonstration

Schluß mit der Kriminalisierung von

MigrantInnen, Flüchtlingen und AntifaschistInnen!

Sofortige Einstellung des Verfahrens gegen die türkischen und kurdischen Jugendlichen in Pinneberg! Am 2. Dezember 1992 fand vor der Bundesgeschäftsstelle der FAP ("Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei") in Halstenbek eine Versammlung von etwa 30 türkischen, kurdischen und deutschen Jugendlichen statt, in deren Verlauf es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Faschisten der FAP und den Jugendlichen kam. Seit dem 18. Januar diesen Jahres werden sechs türkische und kurdische Jugendliche aufgrund dieses Vorfalls vor dem Amtsgericht Pinneberg wegen schwerem Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt. Die Auseinandersetzung fand wenige Tage nach den Morden von Mölln statt, zu einer Zeit, als die Brandstifter in den Politikeretagen und Konzernhochhäusern der deutschen Bevölkerung den "Antifaschismus" in Form von Lichterketten verordneten. Doch es gibt einen Widerstand jenseits dieser allgemeinen Betroffenheitsbekundungen: Der Angriff auf die FAP- Bundesgeschäftsstelle in Halstenbek ist Teil dieses Widerstandes. Wir unterstützen das entschlossene Vorgehen der Jugendlichen, die sich gegen Faschisten und deren Strukturen zur Wehr setzen. (.) Seit Jahrzehnten werden MigrantInnen und Flüchtlinge von der Politik der Regierung und Parteien als Feinde ausgemacht. Die staatlich forcierte rassistische Gewalt diente dann als Vorwand für die weitere Verschärfung der Sondergesetze gegen MigrantInnen: die faktische Abschaffung des elementaren Grundrechts auf Asyl, Lagerhaltung für Flüchtlinge, ein Ausländergesetz, das die MigrantInnen in allen Lebensbereichen benachteiligt und sie polizeilicher Willkür aussetzt. Die Aufmärsche der faschistischen Mörderbanden werden in kumpelhafter Begleitung der Polizei geduldet und geschützt und sind mit dem staatlichen Rassismus untrennbar verbunden; so beispielsweise der Aufmarsch der FAP in Fulda* und die Pogrome in Hoyerswerda und Rostock. Gleichzeitig heißt es, die Deutschen säßen alle in einem Boot. Unter diesem Deckmantel der Volksgemeinschaft betreiben Staat und Kapital ihren Angriff auch auf die Lebensbedingungen breiter Bevölkerungskreise: Sozial- und Lohnabbau, Einschränkungen von ArbeiterInnenrechten und nicht zuletzt der Angriff auf die von Frauen erkämpften Rechte. Widerstand und Selbstschutz von MigrantInnen, Flüchtlingen, Obdachlosen, Behinderten, AntifaschistInnen und all jenen, die erkannt haben, daß die Grenzen nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten verlaufen, werden kriminalisiert und verfolgt. Ein Blick auf den Prozeß in Pinneberg zeigt dies nur allzu deutlich. Der Nazi Jürgen Rieger ist im Pinneberger Prozeß als Nebenkläger zugelassen. Das Gericht duldet damit die Nazipropaganda Riegers und gefährdet die Angeklagten, weil Rieger die persönlichen Daten und Éußerungen der Jugendlichen mit Sicherheit an Nazistrukturen wie das "Nationale Infotelefon", "Anti-Antifa," Einblick usw. weitergibt. Im Verlauf des Prozesses, in dem die Angeklagten breite Unterstützung von MigrantInnen und AntifaschistInnen erhalten, ist es zu massiver Kriminalisierung der UnterstützerInnen gekommen. Vom ersten Tag an wurden Staatsschutz, Sondereinsatzkommando usw. zur Einschüchterung und Bespitzelung aufgefahren. Als UnterstützerInnen gegen Rieger protestierten, wurden einzelne im Gerichtssaal, im Vorraum und vor dem Gebäude zu Boden geworfen, getreten, ins Gesicht geschlagen und mit dem Kopf gegen eine Glaswand gestoßen. Personalien einzelner UnterstützerInnen wurden gezielt aufgenommen, nach dem dritten Prozeßtag gab es schon fünf Festnahmen und Anzeigen. () Zerschlagt die faschistischen Strukturen! Weg mit der FAP-Bundesgeschäftsstelle in Halstenbek!

Weitere Prozeßtermine beim Amtsgericht Pinneberg (Bahnhofstr. 17, Saal 1): Di 22.3., 29.3., 19.4., 26.4., 3.5. immer 9.00 Uhr.

Demonstration S-Bahnhof Pinneberg, Sa, 19. März, 10.30 Uhr

antifaschistische und internationalistische Gruppen aus Hamburg und Umgebung (aus Platzgründen gekürzt) * Anmerkung der Redaktion: Hier ist den FlugblattschreiberInnen ein Fehler unterlaufen: der Nazi-Aufmarsch in Fulda mit 500-600 Nazis im August '93 war eine Aktion weiter Teile der gewalttätigen Nazi-Szene, nicht nur der FAP. Organisiert war die Demo beispielsweise von Christian Worch von der Hamburger "Nationalen Liste".

In dieser Ausgabe:

Ostermarsch 1994 Gesamtmetall erzwingt "Wende" Fielmann expandiert gen Osten Weg mit dem Wohnwagengesetz Kein Quarree in Ottensen PDS beschließt Wahlprogramm Neue Proletarität? Transrapid: Symbol für Konzern- und Exportförderung Voscheraus Exempel

19. bis 27. März

Kurdische Widerstandswoche in Hamburg

Samstag, 19.3., 16.00 Uhr Alsterdorfer Sporthalle, U-Bahn Lattenkamp Das kurdische Neujahrsfest NEWROZ

Montag, 21.3., 17.30 Uhr Spritzenplatz, Altona DEMONSTRATION

Dienstag, 22.3., 19.00 Uhr Curio-Haus, Rothenbaumchaussee 15 INFORMATIONSVERANSTALTUNG Hintergründe des deutschen Engagements in Kurdistan -der Krieg in Kurdistan -Rolle d. BRD im Krieg gegen das kurdische Volk -Hamburgs Rolle -Diskussion Veranstalter: Bündnis gegen das Verbot der PKK und der kurdischen Organisationen, unterstützt von der Inforunde gegen Rüstungsgeschäfte

Donnerstag, 24.3., 17.00 Uhr Gerhart-Hauptmann-Platz KUNDGEBUNG gegen deutsche Waffenlieferungen in die Türkei

Samstag, 26.3., ab 10.00 Uhr INFORMATIONSSTÉNDE in - Altona, Große Bergstraße - Harburg, Lüneburger Straße - Bergedorf, Hauptbahnhof

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Lokalberichte HamburgNr. 6/1994, 17.März 1994 Herausgeberkreis: Arbeitsgemeinschaft gegen reaktionäre Gesundheitspolitik (AGG), Arbeitskreis Azania, Arbeitsgemeinschaft BWK bei der PDS/LL Hamburg, Freunde des kurdischen Volkes Hamburg, Anarchistische Gruppe/RätekommunistInnen (AG/R), Hochschul-Antifa, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg. Die Lokalberichte erscheinen in enger Zusammenarbeit mit dem Info der PDS/LL. Redaktionstreffen und Redaktionsschluß: Montag, 28. März, 18.00Uhr. Die Lokalberichte erscheinen vierzehntäglich. Jahresabo 39,- DM (Förderabo: 46,80,-), zu zahlen auf das Konto GNN-Verlag, HASPA, BLZ20050550, Kt-Nr. 1330/110055. Red. Lokalberichte, c/o GNN, Palmaille 24, 22767 Hamburg, Tel. 381393, Fax 3898331. V.i.S.d.P.: Christiane Schneider. Verlag, Herstellung, Drucklegung: Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung Schleswig-Holstein/Hamburg mbH

Distanzierung der Hochschul-Antifa Die Hochschul-Antifa distanziert sich von dem Beitrag von U.H. (Lorichte 5/94 vom 3. März). Da sich der Beitrag nicht inhaltlich mit Positionen aus der Antifa-Bewegung auseinandersetzt, erübrigt sich insoweit jede Kritik. Die Form des Artikels ist hingegen hochgradig unsolidarisch und ersetzt Argumente durch Vorurteile. Ein solches Vorgehen ist für die Diskussion unter AntifaschistInnen unakzeptabel und auch als "Ironie" oder "Polemik" nicht zu rechtfertigen. Hochschul-Antifa